Mexikanische Regierung ermordet kämpfende Lehrer*innen

24.06.2016, Lesezeit 4 Min.
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In dem mexikanische Bundesstaat Oaxaca ermordete die Polizei zwölf Personen, die gegen eine neoliberale Bildungsreform kämpfen. Daraufhin wächst die Solidarität im ganzen Land und weltweit stellen sich Lehrer*innen gegen die Repression ihrer mexikanischen Kolleg*innen.

Es sind Bilder wie aus einem Kriegsgebiet. Über den brennenden Barrikaden kreisen Hubschrauber, Einheiten der mexikanischen Bundespolizei schießen mit Gewehren, anderen scharfen Waffen und Tränengasgeschossen gegen die Protestierenden. Bei der brutalen Repression gegen eine Blockade der Autobahn im südlichen Bundesstaat Oaxaca von kämpfenden Lehrer*innen und der örtlichen Bevölkerung starben dem Nachrichtensender Telesur zufolge mindestens zwölf Menschen. Dazu kommen Hunderte im ganzen Land, die infolge der Polizeigewalt verletzt wurden.

Es handelt sich um die härteste Repression sozialer Proteste der letzten Jahre in Mexiko. Die Regierung der Partei der Institutionellen Revolution (PRI) von Enrique Peña Nieto hat zu einem echten Krieg gegen die kämpferischen Lehrer*innen geblasen. Diese wehren sich seit 2013 gegen eine neoliberale Bildungsreform, die Privatisierungen vorantreiben, Schulen schließen und zusätzliche Kontrollen für die Lehrer*innen einführen soll.

„Empfohlen“ von der OECD und unterstützt von Unternehmensverbänden wie „Mexicanos primero“ („Mexikaner zuerst“) soll sie die Arbeitsbedingungen der Lehrer*innen noch weiter verschlechtern und die Bildung für den Markt profitabler machen. Die Bildungsreform ist Teil des sogenannten „Paktes für Mexiko“, den die drei wichtigsten Parteien des Regimes, neben der regierenden PRI auch die oppositionelle Partei Nationale Aktion (PAN) und die Partei der Demokratischen Revolution (PRD), geschlossen haben und der die Unterwerfung unter den Imperialismus vertieft unter anderem durch die Privatisierung des staatlichen Ölkonzerns Pemex.

Seit Anfang Mai sind die Lehrer*innen der demokratischen Gewerkschaft CNTE in den Streik getreten, Ende Mai haben sie ein Protestcamp in Mexiko-Stadt aufgebaut, das nun schon mehrfach von der Polizei geräumt wurde. Ihre Forderungen sind die Rücknahme der Bildungsreform, die Freilassung aller politischer Gefangener und die Wiedereinstellung tausender entlassener Lehrer*innen. Vor wenigen Wochen wurden zwei Vorstandsmitglieder der Gewerkschaft aus Oaxaca, einem der wichtigsten Orte des Kampfes, von Sondereinheiten der Polizei festgenommen. Doch der Kampf ging weiter. Besonders in den südlichen Regionen wie Chiapas, Michoacán und Oaxaca hat sich die Bevölkerung hinter den Protest gestellt und die Lehrer*innen bei Blockaden unterstützt.

Die PRI hatte in den letzten Monaten einige progressive Zeichen gesetzt, um ihre Unterstützung von den Mittelklassen zu sichern, wie die Legalisierung von Marihuana oder der gleichgeschlechtlichen Ehe. Doch die blutige Repression gegen die Lehrer*innen, die ein Ausweiten der Proteste verhindern soll, entblößt das wahre Gesicht von Präsident Peña Nieto und ist ein Signal an alle Arbeiter*innen und Jugendlichen. Diese hatten seit 2011 mehrere Protestbewegungen angeführt, die sich gegen die Korruption, die Militarisierung des Landes im Zuge des „Kriegs gegen die Drogen“ und die offensichtliche Verschmelzung der Drogenbanden mit der herrschenden Klasse richteten.

Doch ihre Rechnung ging nicht auf. In Nochixtlan selbst, wo die zwölf Lehrer*innen ermordet wurden, wurden alle Opfer der Repression in nahegelegenen Schulen und Kirchen von der Bevölkerung selbst versorgt. In Oaxaca und Chiapas schlossen sich immer mehr Menschen den tagelangen Straßenschlachten und Barrikaden an. In Mexiko-Stadt fand am Dienstag eine große Demonstration mit Arbeiter*innen der Telefongesellschaften, der Universitäten und anderer Sektoren statt. Tausende Studierende der wichtigsten Universitäten kamen in Vollversammlungen zusammen, um ihre Solidarität zu organisieren. Intellektuelle und Akademiker*innen verurteilten in einem offenen Brief die Repression und selbst am anderen Ende des Landes, in der Industriestadt Ciudad Juárez an der Grenze zu den USA werden die Lehrer*innen unterstützt.

In Ländern wie dem Spanischen Staat, Chile, Argentinien, Frankreich und den USA fanden Protestaktionen vor den Botschaften statt. In Berlin erklärten sich kämpferische Lehrer*innen, die an dem zweitägigen Warnstreik der GEW teilnahmen, solidarisch mit ihren mexikanischen Kolleg*innen. Angesichts der brutalen Gewalt der Regierung müssen die Arbeiter*innen und Jugendlichen Mexikos und der ganzen Welt die Lehrer*innen mit ihrer Solidarität stärken. Denn ein Sieg der mutigen Lehrer*innen wäre eine herbe Niederlage für die Regierung und ihre neoliberalen Pläne und eine Möglichkeit für Arbeiter*innen anderer Sektoren ebenfalls für ihre Forderungen zu kämpfen.

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