Tunesien bis nach Rafah: Konvoi „Al-Sumoud” macht sich bereit nach Gaza zu marschieren

Als Teil eines internationalen Bündnisses marschieren Tausende über Nordafrika nach Gaza. Dabei sagen sie:„Wir kommen nach Gaza auf dem Land-, See- und Luftweg“. Was braucht es noch?
Tausende Jugendliche, Studierende und Gewerkschafter:innen versammeln sich in Vorbereitung auf die Aktion „Konvoi der Standhaftigkeit“, die ein Ende der Blockade des Gazastreifens fordert. Diese humanitäre Initiative wird vom Coordination of Joint Action for Palestine in Tunesien organisiert und soll am 9. Juni von der Hauptstadt Tunis aus über Libyen und Ägypten zum Grenzübergang Rafah aufbrechen.
Nach Angaben der Organisator:innen wurde der Online-Registrierungslink bereits am Montag geschlossen – rund 7.000 Anmeldungen waren eingegangen. Davon werden mindestens 2.000 Menschen sich der Reise anschließen. Auch Delegationen aus Algerien und Libyen beteiligen sich offiziell an dem Konvoi, der damit zu einer maghrebinischen Initiative mit regionaler Dimension wird.
Die Zusammensetzung der Teilnehmenden ist vielfältig: Jugendliche, Studierende, Arbeiter:innen aus dem Gesundheits- und Bildungssektor, Journalist:innen, Aktivist:innen, Gewerkschafter:innen und sogar über 70-jährige Rentner:innen – vereint im Willen, gegen die Blockade Gazas zu protestieren. Der Konvoi ist politisch und finanziell unabhängig, getragen von freiwilliger Arbeit und organisiert in Zusammenarbeit mit Partner:innen wie der tunesischen Gewerkschaft und den tunesischen Pfadfindern.
Ziel der Aktion ist es, den Völkermord am palästinensischen Volk nicht nur sichtbar zu machen, sondern auch direkte und sofortige humanitäre Hilfe zu fordern sowie den sofortigen Stopp der israelischen Blockade. Der geplante Reiseverlauf beginnt in Tunis, führt über Sfax, Gabès und Ben Guerdane, weiter durch Libyen über Tripolis, Misrata, Sirte, Bengasi und Tobruk. Am 12. Juni soll der ägyptische Grenzübergang Salloum erreicht werden, danach Kairo – und schließlich am 15. Juni der Grenzübergang Rafah.
Vor Ort wird ein internationales Komitee zusammentreten, bestehend aus Vertreter:innen der Resilience Flotilla, des Global March to Gaza und der Freedom Flotilla, um gemeinsam zu entscheiden, wie lange der Konvoi am Grenzübergang verbleibt, um auf die Öffnung zu drängen und die Einreise der Hilfsgüter zu erzwingen.
Diese Aktion ist Teil eines weltweiten Marsches nach Gaza, koordiniert von der Coordination of Joint Action for Palestine, an dem sich Tausende Menschen aus über 25 Ländern beteiligen. Die ersten Etappen wurden bereits auf dem Seeweg begonnen: Das Schiff „Madeleine“ verließ das süditalienische Catania mit 12 internationalen Aktivist:innen an Bord in Richtung Gaza. Der tunesische Landkonvoi trägt den Namen „Al-Sumoud“ – arabisch für „Standhaftigkeit“. Unter dem gemeinsamen Motto: „Wir kommen nach Gaza auf dem Land-, See- und Luftweg“ formt sich eine internationale Bewegung, die versucht, die Blockade durch direkten zivilen Ungehorsam zu durchbrechen.
Was den Konvoi besonders bedeutsam macht, ist nicht nur sein Ziel, sondern die Art seiner Entstehung: Er ist Ausdruck einer gelebten Selbstorganisierung. Ohne staatliche Institutionen, ohne Parteien, ohne Unterstützung durch große NGOs – getragen allein durch freiwillige Arbeit, Netzwerke von Gewerkschafter:innen, Aktivist:innen und solidarischen Personen. Diese kollektive Initiative zeigt, dass konkrete Hilfe und politischer Widerstand von unten möglich sind.
Doch solche Aktionen bleiben begrenzt, wenn sie nicht eingebettet sind in eine breitere Selbstorganisation der Arbeiter:innen weltweit. Nur durch Versammlungen in Betrieben, Schulen, Universitäten und Nachbarschaften – unabhängig vom Staat und kapitalistischer Kontrolle – kann eine wirkliche politische Kraft entstehen. Eine Kraft, die in der Lage ist, der imperialistischen Gewalt, die Gaza belagert, etwas Substanzielles entgegenzusetzen. Denn reale Solidarität entsteht nicht durch Appelle an Regierungen, sondern durch die kollektive Macht der Arbeiter:innenklasse. Wenn Arbeiter:innen weltweit beginnen, sich zu organisieren, ihre Arbeit niederzulegen, Häfen zu blockieren, Waffenlieferungen zu verhindern – dann wird Solidarität zur praktischen Kraft. Gaza braucht nicht nur humanitäre Hilfe – Gaza braucht eine internationale Bewegung der Arbeiter:innen, die sich selbst organisiert und das imperialistische System herausfordert.