Gegen Völkermord und Blockade: Gaza-Hilfsflotte sticht in See

Trotz israelischer Drohungen versuchen zwölf Aktivist:innen mit einer humanitären Mission, Gaza zu erreichen. Doch um den Völkermord zu stoppen, werden symbolische Aktionen nicht ausreichen.
Während der israelische Staat den Völkermord in Palästina verschärft, hat das Schiff Madleen der Freedom Flotilla Coalition (FCC) am Sonntag einen sizilianischen Hafen verlassen. In sieben Tagen soll es Gaza erreichen, mit Medikamenten, Nahrung, Hygieneprodukten und Babyausstattung an Bord. Zur zwölfköpfigen freiwilligen Crew gehören unter anderem Greta Thunberg, die EU-Parlamentsabgeordnete Rima Hassan, der Schauspieler Liam Cunningham und die Berliner Aktivistin Yasemin Acar. Die FCC wurde 2010 von verschiedenen palästinasolidarischen Gruppen und Initiativen gegründet und verfolgt das Ziel, mit gewaltfreien Mitteln die seit nahezu 20 Jahren anhaltende Blockade Gazas zu durchbrechen.
Laut Thunberg gehe es bei der Mission darum, das „internationale Bewusstsein für die anhaltende humanitäre Krise zu schärfen“. Dabei räumte sie ein, wie gering die Chance sei, tatsächlich die Blockade zu durchbrechen, aber „in dem Moment, in dem wir aufhören, es zu versuchen, verlieren wir unsere Menschlichkeit. Und egal wie gefährlich diese Mission ist, sie ist nicht einmal annähernd so gefährlich wie das Schweigen der ganzen Welt angesichts des live gestreamten Völkermords“.
Die Wahrscheinlichkeit, dass Israel das Schiff an der Ankunft hindern wird, ist hoch, wie auch Zaher Birawi, Vorsitzender des Internationalen Komitees zur Brechung der Gaza-Blockade, anmerkte. Bereits vor einem Monat hatte der israelische Staat ein Schiff der FCC mit Drohnen beschossen. Gestern veröffentlichte ein Crew-Mitglied der Madleen ein Video, das zeigt, wie das Schiff von einem Militärhelikopter umkreist wird. US-Senator Lindsey Graham kommentierte die Mission mit den zynischen Worten: „Ich hoffe, Greta und ihre Freunde können schwimmen“.
Nach einer fast drei Monate andauernden totalen Blockade aller humanitären Hilfe nach Gaza hat der israelische Staat am 19. Mai begonnen – in völlig unzureichendem Ausmaß – UN-Hilfslieferungen zuzulassen. Doch die Hungersnot ist damit keineswegs beendet: Laut einer UN-Sprecherin sei Gaza weiterhin „der hungrigste Ort der Erde“. Die von den USA und Israel gegründete Gaza Humanitarian Foundation erfüllt eine besonders perfide Funktion, indem sie dazu dienen soll, die Vertreibung der Palästinenser:innen und die Annexion Gazas durch die IDF zu beschleunigen. Am Sonntag hatte die IDF das Feuer auf Palästinenser:innen, die an einer der Ausgabestellen auf Nahrungsmittel warteten, eröffnet und dabei mindestens 31 Menschen ermordet. Das genozidale Ziel der israelischen Offensive bleibt klar. Erst vor wenigen Tagen bekräftigte Netanjahu seinen zur totalen Eroberung des Gazastreifens.
Vor diesem Hintergrund beweisen die Aktivist:innen der FFC großen Mut. Auch wenn die Regierungen von Staaten wie Deutschland und Frankreich nun beginnen, Netanjahu zu kritisieren und humanitäre Solidarität mit der Bevölkerung Gazas zu heucheln – sie haben den Genozid erst ermöglicht. Von ihrer Seite wird außer Beteuerungen und Beschwichtigungen nichts kommen – zu wichtig ist ihnen ihr strategisches Bündnis mit Israel. Der Versuch, die Solidarität mit Palästina unabhängig von diesen Regierungen umzusetzen, weist also in eine richtige Richtung. Zugleich muss uns klar sein, dass Aktionen, wie die der FCC nur einen symbolischen Wert haben.
Gerade jetzt, wo die Empörung über den Völkermord weltweit wächst, müssen wir die Kraft der Massenmobilisierungen unsere Mittel als Arbeiter:innen ausschöpfen, um über rein symbolische Aktionen hinauszugehen und einen wirklichen Unterschied zu machen. In allen Betrieben braucht es jetzt Versammlungen, um darüber zu beraten, wie der Genozid und die Hungersnot gestoppt werden können. Gewerkschaften von Gesundheitsarbeiter:innen könnten sich länderübergreifend koordinieren, um Hilfsgüter und medizinische Versorgung unabhängig zu organisieren. Auf Betriebsversammlungen könnten Spenden gesammelt werden, um massenhaft humanitäre Flotten zu schicken.
Als Arbeiter:innen haben wir die Möglichkeit, Waffen an Israel durch Streiks und Blockaden zu stoppen. So könnte die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di dazu aufrufen, dass der Transport von Rüstungsgütern in Häfen und Flughäfen markiert wird, und Arbeiter:innen aufrufen, den Transport aus Gewissensgründen zu verweigern. Die Gewerkschaften Cockpit und ver.di können Flüge nach Israel auf Sicherheits- und Rüstungsgüter prüfen und stoppen, transnet und GDL können ebenso auf der Schiene handeln. Französische Hafenarbeiter:innen haben kürzlich erst ein Beispiel geliefert.
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