Kapitulation der LINKEN vor SPD und Grünen: „Sofortprogramm“

08.09.2021, Lesezeit 4 Min.
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Screenshot aus LINKE-Stream: "Janine Wissler und Dietmar Bartsch: Sozial und klimagerecht. Wir machen das."

Am Montag stellte die Linkspartei-Spitze ihr „Sofortprogramm“ für den Wahlkampfendspurt vor: Kein Wort zu NATO, die Schuldenbremse bleibt, Hartz IV auch. Noch mehr Unterwerfung unter SPD und Grüne geht kaum. Diese Partei und Rot-Rot-Grün sind nicht wählbar.

In weniger als drei Wochen finden die Bundestagswahlen statt. Für den Wahlkampfendspurt stellte DIE LINKE am Montag ein „Sofortprogramm“ vor, welches selbst die bürgerlichen Medien als „Werbung für Rot-rot-grün“ sehen, die es „SPD und Grünen leicht“ macht. Zwei Euphemismen für das Offensichtliche: Janine Wissler und Dietmar Bartsch kriechen mit diesem Papier vor SPD und Grünen, betteln angesichts der von beiden Parteien immer wieder geäußerten Skepsis vor Rot-rot-grün förmlich darum, doch auch mitregieren zu dürfen. Dafür gibt das „Sofortprogramm“ in vorauseilendem Gehorsam sogar viele Punkte des beim Parteitag Mitte Juni verabschiedeten Wahlprogramms auf, noch bevor überhaupt irgendwelche Koalitionsverhandlungen stattgefunden haben.

Um nur ein paar Beispiele zu nennen: Anstatt Hartz IV komplett abzuschaffen, sollen Regelsätze erhöht und Sanktionen gestoppt werden. Statt der Abschaffung der Schuldenbremse soll es erweiterte „Spielräume für kreditfinanzierte Gestaltung“ geben. Und – besonders skandalös – aus der Auflösung der NATO und dem Stopp aller Rüstungsexporte wird eine Reduzierung des Rüstungsetats „auf das Niveau von 2018“ und die Ablehnung von Rüstungsexporten nur noch „in Krisengebiete“, während zugleich nicht mehr alle Auslandseinsätze der Bundeswehr gestoppt, sondern „auf den Prüfstand“ gestellt werden sollen.

Besonders die Aufweichung der antimilitaristischen Haltung der Linkspartei markiert einen weiteren Schritt nach rechts im Dienste der „Regierungsfähigkeit“. Das klang schon bei der letzten Bundestagsabstimmung zum Afghanistan-Einsatz im August an, wo Linkspartei-Abgeordnete erstmals für den Bundeswehreinsatz in Afghanistan stimmten und Dietmar Bartsch anklingen ließ, dass die Frage der NATO einer Regierungsbildung mit der Linkspartei nicht im Wege stehen würde.

Innerhalb der Linkspartei gibt es, insbesondere in der Strömung Antikapitalistische Linke, auch Kritik am „Sofortprogramm“ der Parteispitze. So schreibt Thies Gleiss in der jungen Welt, das Sofortprogramm sei eine „Selbstaufgabe der Linken zugunsten einer vorab erklärten bedingungslosen Bereitschaft, sich an einer Regierung mit SPD und Bündnis 90/Die Grünen zu beteiligen“. Er beschreibt das Pamphlet gar als „Manifest für einen Putsch in der Partei“. Während der Diagnose der bedingungslosen Regierungsbereitschaft zuzustimmen ist, müssen wir dem Vorwurf des „Putsches“ jedoch widersprechen. Denn schon der Wahlparteitag der Linkspartei und das aktuelle Wahlprogramm waren voll auf die Regierungskoalition mit SPD und Grünen ausgerichtet. Wissler und Bartsch ziehen hier nur die letzten Konsequenzen. Und so ist es dann auch nicht vor allen Dingen ein „wahltaktisches Eigentor“, wie Sascha Staničić von der Sozialistischen Organisation Solidarität (Sol) schreibt. Sondern die Parteiführung macht einen weiteren großen Satz nach rechts – und wird noch weitere machen, wenn es der Regierungsbildung dient.

Gegen eine solche opportunistische und sich letztlich an die Interessen des deutschen Imperialismus anbiedernde Politik ist es notwendig, ein klares antiimperialistisches und sozialistisches Programm aufzustellen: „Für den sofortigen und bedingungslosen Rückzug der Bundeswehr aus allen Auslandseinsätzen und die Streichung jeglicher Auslandsschulden. Raus mit dem Imperialismus aus allen Ländern! Sofortige Auflösung der NATO und aller imperialistischen Bündnisse. Verbot von Waffenexporten. Im Inland fordern wir die Abrüstung der Polizei, die Auflösung des KSK und der Sondereinheiten der Armee, die Auflösung des Verfassungsschutzes, ein Ende aller rassistischen Polizeikontrollen und den Rauswurf der GdP aus dem Deutschen Gewerkschaftsbund. Wir fordern die vollständige Öffnung der Grenzen, die Abschaffung des rassistischen Asyl- und Lagersystems sowie volle demokratische und Arbeitsrechte für alle Menschen, die hier leben wollen. Wahlrecht ab 14 Jahre für alle hier lebenden Menschen – für volle Staatsbürger:innenschaft für alle! Gegen die imperialistische EU unter Führung des deutschen Kapitals werben wir für die Perspektive eines sozialistischen Europas der Arbeiter:innen.“

So etwas wird es mit der Partei DIE LINKE aber nicht geben können. Wie können wir dann endlich diesen sozialistischen Kurs einschlagen, den wir so dringend brauchen? Wir schlagen vor, nicht die Einheit mit einem Reformismus zu wahren, der für die Regierungsbeteiligung alle Prinzipien aufgibt, sondern gemeinsam Schritte in Richtung der Einheit der Linken auf revolutionärer Grundlage zu gehen. Damit können wir endlich für ein Sofortprogramm kämpfen, das seinen Namen verdient.

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