Grenzkontrollen: Wer entscheidet, wer reinkommt?

Warum hat es die neue Regierung so sehr auf Migrant:innen abgesehen? Und wie sind die gesteigerten Grenzkontrollen einzuschätzen?
Die Union hält, was sie im Wahlkampf versprochen hatte: Härterer Kurs bei der Migration. Das bedeutet für die neue CDU-geführte Regierung unter anderem Zurückweisungen von Asylsuchenden direkt an den Grenzen. Und dafür auch mehr Grenzkontrollen. Das hat Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) wenige Stunden nach seinem Amtsantritt am 7. Mai mit einer Anweisung an die Bundespolizei vorgegeben.
Er behauptet, illegale Migration gefährde die Stabilität Deutschlands und Europas. Ein jahrhundertealtes Argument der Rechten: Einwanderung sei die Ursache aller wirtschaftlichen, sozialen und politischen Krisen hier bei uns. Das sagen aber nicht nur die Rechten hier in Deutschland, überall auf der Welt wird dieses „Argument“ immer lauter: Nigel Farage in Großbritannien, Donald Trump in den USA, Giorgia Meloni in Italien und unzählige mehr.
Aber wer destabilisiert eigentlich unser Zusammenleben, egal wo auf der Welt?
Die Wohnungskonzerne, die uns gegeneinander ausspielen und mit der Angst leben lassen, kein Dach mehr über dem Kopf zu haben, wenn man es wagt, sich über verfallende Häuser zu beschweren.
Die Politiker:innen — Rechte bis „Sozialdemokrat:innen“ –, die uns erklären, dass leider gerade kein Geld da sei für unsere Krankenhäuser, Schulen und Bibliotheken.
Die Polizei, die uns unterteilt in „Gefährder“ und „Opfer“, die uns auf Demos zusammenschlägt, aus unseren Wohnungen schmeißt, wenn wir die Miete nicht mehr zahlen können und die unsere Streiks angreift, wenn wir zu laut und klar unsere Forderungen auf die Straße tragen.
Offene Grenzen statt rassistischer Abschottung!
Die Bundespolizei hat natürlich auch jetzt wieder keinen Moment gezögert ihre Unmenschlichkeit direkt unter Beweis zu stellen: „Unsere Kollegen werden jeden Asyl- und Schutzersuchenden zurückweisen, außer Schwangere, Kranke, unbegleitete Minderjährige“, sagte der Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Andreas Roßkopf.
Und genau so ist es auch gekommen: Erste Personen wurden in den vergangenen Wochen unter anderem an den Grenzen zu Luxemburg und Polen zurückgewiesen.
Wir werden damit ganz konkret daran erinnert, dass vor dem deutschen Gesetz eben nicht alle Menschen gleich sind. Wer durch Zufall (denn mehr ist es nicht) mit einer deutschen Staatsbürger:innenschaft auf die Welt kommt, darf eben die Grenze problemlos überschreiten, die für beispielsweise afghanische Staatsbürger:innen jetzt zur unüberwindbaren Hürde wird. Manche Menschen dürfen sich frei bewegen – sie müssen nur am richtigen Ort geboren sein.
Wir fordern offene Grenzen für alle, egal wo sie geboren sind und welche Nationalität sie haben. Die Arbeiter:innenklasse hat keine nationalen Grenzen, wir sind international verbunden durch unsere Kämpfe für bessere Arbeitsbedingungen, aber auch ein besseres Leben.
Fachkräftemangel und „illegale Migration“ – wer entscheidet, wer bleiben darf?
Rechte Regierungen überall, darunter auch die deutsche, wollen selbst entscheiden, welche und wieviele Arbeiter:innen aus dem Ausland kommen sollen, um vom deutschen Kapital ausgebeutet zu werden. Konkret sollen Arbeiter:innen aus dem Ausland nur kommen, um bestimmte Lücken in der deutschen Wirtschaft – wie den Fachkräftemangel – zu schließen. Und von vergangenen Generationen an Gastarbeiter:innen wissen wir: Wenn sie diese Funktion erfüllen, werden sie von den Politiker:innen und dem Staat, die sie hergeholt haben, als Menschen zweiter Klasse behandelt.
Und mit rassistischer Hetze im Sinne von „Die Ausländer nehmen uns die Jobs weg“, werden wir noch mehr gespalten und die Löhne aller gedrückt.
Unterschiedliche Stimmen erheben sich, um das aktuelle Vorgehen des Innenministers Dobrindt und der Bundespolizei zu kritisieren. Am häufigsten ist dabei zu hören, dass diese Art der Abweisungen an den Grenzen ja nicht mit EU-Recht konform wäre und auch die Zusammenarbeit mit anderen EU-Ländern bei der Migration gefährden könne.
Oder wie Katarina Barley, die Vizepräsidentin des Europaparlaments, sagte: Die Grenzkontrollen kämen in Brüssel „ganz, ganz schlecht“ an. Die Grenzkontrollen alleine könnten das Problem nicht lösen. „Wir erwecken eine Erwartungshaltung bei den Bürgern, die man nicht erfüllen kann.“ Und was schlussfolgert die SPD-Politikerin daraus? Es bräuchte stattdessen sogenannte Schleierfahndungen, bei denen die Polizei verdeckte oder anlassunabhängige Personenkontrollen durchführen kann!
Auf genau dieser Ebene bewegen sich die Kritiken an den Grenzkontrollen, die sich nur auf die juristische (Un)Rechtmäßigkeit der Maßnahmen beschränken. Sowohl das deutsche als auch das europäische Gesetz lassen viele weitere menschenfeindliche Regelungen zu, denken wir nur an Frontex. Sind diese dann etwa okay, weil sie sich innerhalb des rechtlichen Rahmens bewegen?
Es ist leicht zu denken, dass die CDU zusammen mit der AfD gerade die schlimmsten Änderungen voranbringen. Aber wir dürfen nicht vergessen, wer vor anderthalb Jahren das rassistische „Rückführungsverbesserungsgesetz“ vorgeschlagen hat: Die selbsternannte „Fortschrittskoalition“.
Wir können auf keine Regierungspartei vertrauen, wirklich antirassistische Politik zu machen und uns die Bewegungsfreiheit zu geben, die wir alle brauchen.