Unsere Programmvorschläge für die Fachschaft Politik und Soziologie der Uni Münster

19.05.2025, Lesezeit 10 Min.
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Foto: KGK

Vom 2. bis zum 6. Juni finden an der Uni Münster die Wahlen der Fachschaftsvertretungen statt. Kandidat:innen von Waffen der Kritik treten auf der Liste der politisch aktiven Fachschaftler:innen für die Fachschaft Politik und Soziologie an.

Fachschaften sollen die Interessen der Studierenden einer Fachrichtung vertreten und entsenden dazu Repräsentant:innen in verschiedene Gremien ihrer Institute wie beispielsweise Berufungskommissionen oder Haushaltsausschüsse. Doch eine demokratische Beteiligung der Studierenden über ihre Studienbedingungen wird damit nicht erreicht. In den Gremien haben die Professor:innen die Mehrheit, obwohl sie eine kleine Minderheit im Verhältnis zu den Studierenden und Beschäftigten an der Uni bilden. Die Anwesenheit von Vertreter:innen der Studierendenschaft ist eher symbolisch zu werten. 

Die Fachschaften bieten allerdings einen Anlaufpunkt, um die Studierenden eines Fachbereichs zu organisieren, um gemeinsam über ihre Lage an der Uni, in ihrer Stadt und der Welt im Allgemeinen zu diskutieren und politische Schlüsse daraus zu ziehen. Dafür ist es notwendig, die Fachschaften nicht als Struktur zur Erlangung von Posten und der Anbiederung an die Professor:innen zu verstehen, sondern als Organ der studentischen Selbstorganisierung. Die Fachschaften sind in der repräsentativen Logik der bürgerlichen Demokratie angelegt, die demokratische Organisierung erschweren. Wir denken, dass auch eine andere Fachschaft möglich ist. 

In Münster ist das Plenum der Fachschaft für Politikwissenschaft und Soziologie bereits offen für alle Studierenden, um einen Ort des Austausches und der Diskussion zu ermöglichen. Wir wollen diesen Ort nutzen, um unsere politischen Ideen von einer demokratischen Universität und einer sozialistischen Gesellschaft zu diskutieren. Deshalb veröffentlichen wir unsere Vorschläge für ein politisches Programm in der Fachschaft, das wir dem Plenum zur Diskussion vorlegen. 

Gegen Kürzungen und Aufrüstung! Investitionen in Bildung statt Krieg!

Der deutsche Imperialismus rüstet sich, um mittelfristig seine Interessen in der Welt auch militärisch durchsetzen zu können. Es geht hierbei nicht um die Landesverteidigung, sondern um die Vorbereitung offensiver Interventionen. Die Zuspitzung der kapitalistischen Krise lässt die Wahrscheinlichkeit kriegerischer Konflikte steigen. In den Kriegen müssen hunderttausende junge Menschen sterben, um die Interessen der nationalen Bourgeoisie zu verteidigen. Es werden weder Menschenrechte noch Leben geschützt, sondern Profitinteressen verteidigt und ein System der Unterdrückung aufrechterhalten.

Der Uni Münster fehlen im Haushalt Millionen, weshalb im Lehrangebot gekürzt und notwendige Sanierungen aufgeschoben werden sollen. Dass es dem Staat nicht an Geld mangelt, haben die Politiker:innen mit ihrem Blankocheck für die Aufrüstung deutlich gemacht. Wir fordern: Kein Cent für die Bundeswehr! Milliarden für Bildung und Soziales! 

Die Institutsgebäude sind veraltet. Es gibt keine Klimaanlage, was es im Sommer erschwert, sich im Gebäude aufzuhalten. Im Übergang vom PoWi-Institut zur Aula am Aasee tropft bei Regen Wasser von der Decke und es schimmelt in den Gebäuden. Daran wird sich auch nichts ändern, wenn die Uni weiter sparen muss. Wir sagen: Das Geld ist in Schulen, Unis und Krankenhäusern besser angelegt als in Panzern von Rheinmetall. 

Unsere Unis müssen ein Ort der zivilen Forschung bleiben. Wir wollen nicht an den neuen Waffentechnologien forschen, die andernorts dann zum Töten verwendet werden. Wir haben den Anspruch, mit unseren Ideen, Entdeckungen und neuen Techniken die Menschheit als Ganzes voranzubringen und nicht die Profite einzelner Unternehmen oder Staaten. Deshalb stehen wir für die Verteidigung der Zivilklausel ein. Außerdem fordern wir, dass Vertreter:innen von Bundeswehr und NATO nicht an unserer Uni auftreten dürfen. 

Weiterhin fordern wir die Aufhebung des sogenannten „BDS-Beschlusses“ des AStA, der jegliche Kritik am siedlerkolonialen Staat Israel mit Antisemitismus gleichsetzt. Diese unwissenschaftliche und politische Bestimmung, die auf der IHRA-Definition beruht, liegt auch der Hochschulresolution zu Antisemitismus zugrunde, die eine kritische Auseinandersetzung mit dem israelischen Staat und der ethnischen Säuberung, die er in Gaza und der Westbank vorantreibt, zugunsten der deutschen Staatsräson unterdrücken soll. Wir wehren uns gegen diese Einschränkung von kritischem Diskurs, von Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Wir stehen an der Seite der Palästinenser:innen, für einen Staat mit gleichen Rechten für alle, die dort leben, unabhängig von Religion oder Hautfarbe.

Demokratische Mitbestimmung von Studierenden und Beschäftigten statt Professor:innenmehrheiten!

Die Universität ist nicht demokratisch organisiert. Zwar gibt es viele Gremien, in denen uns Studierenden Mitspracherechte suggeriert werden, aber faktisch haben wir keine Handlungsmacht. Die Gremien sind so strukturiert, dass Professor:innen die Mehrheit haben und ihre Interessen durchsetzen können. 

Wenn Studierende eigenständig Veranstaltungen planen, wie etwa die Lange Nacht der Bildung, werden sie von Teilen des Instituts und der lokalen Presse diffamiert und ihnen Steine in Form von überzogenen Auflagen in den Weg gelegt. Die studentische Selbstorganisierung soll uns so schwer wie möglich gemacht werden. 

Wir stellen uns eine andere Uni vor, eine Uni, die den Studierenden und Beschäftigten gehört. Universitäten sollten kein Ort sein, in dem vorgefertigte Curricula in große Massen von Studierenden reingepresst werden, um möglichst in Regelstudienzeit eine neue Generation von Arbeiter:innen, Beamt:innen und Angestellten auf den Arbeitsmarkt zu werfen. Universitäten sollten Raum für Forschung, Neugier und kritischen Diskurs sein. 

Wir Studierende sollten mitbestimmen dürfen, wie unsere Uni funktioniert. Gemeinsam mit den Beschäftigten, die den Laden am Laufen halten, der Verwaltung, den Techniker:innen, den Reinigungskräften und den wissenschaftlichen Mitarbeiter:innen bilden wir die große Mehrheit an der Uni. Deshalb sollten wir auch die Entscheidungen treffen, in Versammlungen der Institute, an denen alle Studierenden, Beschäftigten und Professor:innen gleichberechtigt teilnehmen können.

Für eine aktive Versammlungspolitik!

Die Universität ist kein vom Rest der Gesellschaft losgelöster Ort. Studierende, Beschäftigte und Professor:innen sind aktive Teile der Gesellschaft. Deshalb wollen wir auch über die gesellschaftlich relevanten Themen diskutieren, an den Orten, wo wir lernen und arbeiten. 

Wir sind keine passiven Objekte, die den gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen hilflos ausgeliefert sind. Wir sind ein Teil der arbeitenden Klasse, wir sind die aktiven Subjekte, die diese Gesellschaft gestalten und verändern können. Wir wollen nicht einfach nur in unseren Seminaren sitzen und die Welt analysieren und verstehen, wir wollen eine praktische Politik entwickeln, um im Bündnis mit der gesamten Arbeiter:innenklasse eine Welt frei von Ausbeutung und Unterdrückung zu erkämpfen.

In instituts- und uniweiten Versammlungen wollen wir gemeinsam über die wichtigen Fragen diskutieren, die sowohl die Institute und die Uni, aber auch die Gesellschaft als Ganzes betreffen, und praktische Vorschläge zur Intervention in den Klassenkampf machen. 

Arbeiter:innen und Studierende Hand in Hand: TV-L und TVStud unterstützen!

Ende des Jahres stehen die Verhandlungen über den Tarifvertrag der Länder an. Auch der Tarifvertrag für studentische Beschäftigte ist Teil davon. Anders als früher arbeitet der Großteil der Studierenden bereits während der Zeit an der Uni. Und auch danach werden die meisten ihre Arbeitskraft gegen Lohn verkaufen müssen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Die Studierendenschaft ist so prekarisiert, so proletarisch wie noch nie. 

Dass die meisten Studis bereits während des Studiums, in einer Zeit in der sie sich eigentlich auf die Auseinandersetzung mit ihren Studieninhalten fokussieren sollen, bereits arbeiten müssen, liegt an den deutlich höheren Lebenshaltungskosten und Mieten, die besonders in Unistädten wie Münster massiv gestiegen sind. Gleichzeitig sind Unterstützungssysteme wie Bafög so angelegt, dass kaum Studierende Anspruch auf die Unterstützung haben. Diejenigen Studierenden, die auf das Bafög völlig angewiesen sind, stehen unter Zeitdruck, weil die staatliche Unterstützung (die zur Hälfte auch nur geliehen ist) nur mit Leistungsnachweisen und während der Regelstudienzeit erteilt wird. Denjenigen, die im vierten Bachelorsemester noch nicht mit Sicherheit in zwei weiteren Semestern ihr Diplom abschließen, wird die Unterstützung entzogen – ob das einige zwingt, das Studium abzubrechen, weil nun der finanzielle Zwang entsteht, ein Arbeitsverhältnis einzugehen, interessiert nicht. Wer länger als drei Jahre versucht, seine Lebens- und Arbeitskraft in die eigene Bildung zu investieren, statt sie dem „Wirtschaftsstandort Deutschland“ zu widmen, kann sich keine Förderung erhoffen. 

Es liegt in unserem Interesse, auch über den Verhandlungen zum TVStud hinaus, die Arbeitskämpfe zu unterstützen und die Verbindung von Studierenden und Arbeiter:innen aufleben zu lassen. Gemeinsam können wir auch für bessere Bezahlung kämpfen, aber darüber hinaus ist eine große Streikbewegung, die nicht nur die unmittelbaren Arbeitsbedingungen zum Gegenstand der Verhandlung macht, sondern politische Forderungen aufstellt, in der Lage, die Lebensbedingungen für Studierende und Arbeiter:innen grundlegend zu verändern. 

Revolutionärer Marxismus an der Uni: Selbstorganisierte Studi-Seminare statt bürgerlicher Ideologie!

Die Universität ist ein Hort bürgerlicher Ideologieproduktion. Bürgerliche Staats- und Demokratietheorien wollen uns weismachen, dass wir im besten aller Systeme leben. Wir sehen das anders.

Der Marxismus findet an der Uni nicht statt, und wenn, dann nur als Karikatur. Wir wollen den revolutionären Marxismus, die wissenschaftliche Methode des dialektischen Materialismus und die Lehren von Revolutionär:innen wie Zetkin, Lenin und Trotzki an die Uni bringen. Der Marxismus erhebt, anders als andere politische Theorien, nicht nur den Anspruch, die Welt zu verstehen, sondern auch sie zu verändern, den Kapitalismus und seine Ausbeutung und Unterdrückung zu beenden. Einzig die ihrer gesellschaftlichen Stellung bewusste Arbeiter:innenklasse unter der Führung ihrer revolutionären Partei ist, mit  den Mitteln des Klassenkampfes, in der Lage, das verrottete System zu zerschlagen und ein neues aufzubauen, in dem Krieg, Klimakrise und Unterdrückung der Vergangenheit angehören.

Der Marxismus als wissenschaftliche Methode erlaubt uns, die Welt und die menschliche Gesellschaft zu verstehen. Dieses Verständnis dient uns als Grundlage, politische Vorschläge zu entwickeln, die Rolle der Arbeiter:innenklasse als Trägerin der gesellschaftlichen Veränderung zu begreifen und im Bündnis mit ihrer Avantgarde die Sache der Revolution voranzutreiben.  

In Münster gibt es auf Initiative der Fachschaft mit studentischen Seminaren die Möglichkeit, selbstorganisierte Seminare anzubieten, in denen sogar Creditpunkte für das Studium erreicht werden können. Diese Möglichkeit wollen wir nutzen, sofern unsere Vorschläge vom Institut akzeptiert werden, um ein Seminar zum Thema Marxismus und Staat gemeinsam zu organisieren. Wir werden uns außerdem dafür einsetzen, eigenständig als Fachschaft diese Seminare anzubieten, um diese klaffende Lücke im bürgerlichen Curriculum zu füllen.

Organisierung statt Vereinzelung – von Münster bis Buenos Aires!

Als Waffen der Kritik sind wir nicht nur in Münster präsent. Wir organisieren uns bundesweit und international, denn der Klassenkampf findet nicht nur lokal an einem Ort statt. In München kandidieren unsere Genoss:innen für die Soziologiefachschaft an der LMU und in Berlin sitzen wir im Studierendenparlament. Diese Stellungen ermöglichen es uns, breitere Teile der Studierendenschaft anzusprechen und für sozialistische Ideen zu begeistern. Doch unsere Verbindungen gehen viel weiter als das. Als Teil der „Trotzkistischen Fraktion – Vierte Internationale“ sind wir über Länder und Kontinente mit Genoss:innen auf der ganzen Welt verbunden, von Frankreich über den spanischen Staat bis nach Chile, Brasilien und Argentinien. 

Der Kampf für die sozialistische Revolution kann nur international gewonnen werden, deshalb organisieren wir uns schon jetzt weltweit. Schließ dich uns an und kämpfe mit uns für eine Welt frei von Ausbeutung und Unterdrückung und das schöne Leben für alle!

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