Wahlen 2021: Unser Leben ist mehr wert als ihre Profite!

06.09.2021, Lesezeit 20 Min.
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Ungültig wählen und die Einheit der revolutionären Linken aufbauen. Weil wir auf die SPD, die Grünen und DIE LINKE nicht vertrauen können, sondern nur auf unsere eigene Kraft. Erklärung der Revolutionären Internationalistischen Organisation zu den Wahlen.

Nach anderthalb Jahren Pandemie mit fast 100.000 Toten allein in Deutschland finden am 26. September Bundestagswahlen statt. Während der Pandemie ist das Vermögen der Superreichen um über 900 Milliarden Euro gestiegen – während die Regierung die Profite der Konzerne mit Milliarden subventioniert hat. Währenddessen hatten die Armen unter den Folgen der Pandemie am meisten zu leiden: Nicht nur waren arme und besonders migrantische Familien überdurchschnittlich oft unter den Kranken- und Todesfällen vertreten; unfassbare 15,5 Millionen Haushalte waren von Einkommensverlusten betroffen, zeitweise gab es über eine Million zusätzlicher Arbeitsloser und durch das Kurzarbeitergeld mussten Millionen Menschen enorme Lohnverluste hinnehmen, während geschlechtsspezifische Gewalt im Haushalt enorm zunahm. Diejenigen, die weiter arbeiteten, erfuhren immer stärkere Arbeitsbelastung. Das galt besonders im Gesundheitssektor, wo es in der Pandemie keine ausreichende Schutzausrüstung gab, weiterhin hunderttausende Stellen fehlen und unmenschliche Arbeitszeiten die Regel sind. Aber auch in prekären Bereichen, wo Befristungen, Nullstundenverträge oder mehrere Minijobs gleichzeitig inzwischen zur Regel zählen. Hinzu kommen die stetig steigenden Mieten, die in vielen Familien mehr als die Hälfte ihres Einkommens auffressen.

Und wie sieht die Zukunft aus? Die ökonomische Situation ist weiterhin sehr instabil und die Konjunktur bleibt stark von den unsicheren Prognosen des Weltmarkts abhängig. Die Inflation stieg im August mit beinahe vier Prozent auf den höchsten Wert seit fast 30 Jahren. Das wird einen enormen Druck auf die Reallöhne verursachen. Und obwohl sie in ihrem Wahlkampf mit sozialen Versprechen davon abzulenken versuchen, wollen die etablierten Parteien im Interesse des Kapitals die Kosten der Coronapandemie auf die arbeitende Bevölkerung und die Rentner:innen abwälzen. Die Wiedereinführung der Schuldenbremse und die Rente mit 70 sind zwei Kernthemen der bürgerlichen Agenda, die nach den Wahlen auf die Arbeiter:innenklasse zukommen werden.

Als wäre das nicht genug, hat die Flutkatastrophe im Westen Deutschlands endgültig bewiesen, dass auch imperialistische Staaten nicht vor den direkten Auswirkungen des Klimawandels gefeit sind: Hunderte Tote, zehntausende zerstörte Existenzen und unvorstellbare Schäden an Infrastruktur und Natur mitten in Deutschland, während zeitgleich Bilder von Waldbränden, Überschwemmungen und Hurricanes aus der ganzen Welt über die Bildschirme flimmerten. Die kapitalistische Profitmaschinerie bringt den gesamten Planeten immer stärker an den Rand des ökologischen Zusammenbruchs, während die Regierungen die Profitinteressen der Kapitalist:innen weiterhin schützen.

Währenddessen zeigte auch der Imperialismus seine hässlichste Fratze: Die imperialistischen Staaten verweigern der Mehrheit der Länder des Planeten den freien Zugang zu Impfstoffen. Die imperialistischen Armeen – unter ihnen auch die Bundeswehr – hinterlassen in Afghanistan nach 20 Jahren imperialistischer Barbarei ein Trümmerfeld und eine humanitäre Katastrophe unschätzbaren Ausmaßes. Ihnen folgen die erstarkten Taliban, von denen der Imperialismus das Land seit 20 Jahren angeblich „befreien“ wollte. Für diese Legitimation hatte sich auch der bürgerliche Feminismus unter Verweis auf die Durchsetzung von angeblichen Frauenrechten – mit Bomben und Drohnen – einspannen lassen. Und während die letzten Wahlkampfwochen davon geprägt waren, dass in den Medien mehr Militarismus gefordert wurde, fand in den vergangenen Jahren auch bereits im Inland eine immer stärkere Aufrüstung der von rassistischen Skandalen geprägten Polizei statt.

Zugleich sind in Deutschland über 14 Millionen Menschen vom Wahlrecht ausgeschlossen, weil sie keinen deutschen Pass haben, obwohl viele von ihnen schon seit vielen Jahren hier leben, oder weil sie noch nicht 18 Jahre alt sind, obwohl sie sich zum Teil schon seit Jahren politisch engagieren.

Das alles ist die Politik der Herrschenden, gegen die wir uns bei diesen Bundestagswahlen und danach zur Wehr setzen müssen. Und Kämpfe gibt es schon: Schon letztes Jahr streikten trotz der Pandemie Krankenhausbeschäftigte, genauso wie jetzt gerade im Vorfeld der Wahl. Die Streiks der GDL bei der Deutschen Bahn zeigen die Macht der Arbeiter:innen an den Schalthebeln der Produktion und Logistik. Immer wieder fanden in der Pandemie auch Kämpfe gegen Schließungen und Massenentlassungen statt, wie bei Voith in Sonthofen im vergangenen Jahr oder aktuell bei Bosch in München. Und auch in prekären Sektoren wie beim Lieferdienst Gorillas in Berlin oder im letzten Jahr bei Erntehelfer:innen wird gekämpft, zum Teil mit radikalen Mitteln wie wilden Streiks und Blockaden. Nicht zu vergessen die Kämpfe der Jugend, die trotz Pandemie im vergangenen Jahr massenhaft gegen Rassismus und Polizeigewalt auf die Straße ging und seit Jahren für eine Antwort auf die Klimakatastrophe protestiert.

Diese Kämpfe sind heute der Ausgangspunkt für eine Antwort der Arbeiter:innen und der Jugend auf die Pandemie und die Krise, die die Herrschenden auf uns abladen wollen.

Rot-Rot-Grün ist keine Antwort

Die Bundestagswahlen sind auch das Ende der Ära Merkel. In dieser Situation erhoffen sich viele Menschen von Rot-Rot-Grün eine Kehrtwende oder zumindest eine Alternative zu den Angriffen, die die herrschende Klasse auf die Mehrheit der Bevölkerung plant und die in den Wahlprogrammen von Union, FDP und AfD schon angekündigt werden.

Doch warum sollten wir den Wahlversprechen von SPD, Grünen und der LINKEN trauen? Die Praxis der drei Parteien an der Regierung zeigt, dass sie nicht nur ihre Versprechen nicht halten, sondern selbst genauso scharfe oder schärfere Angriffe auf die Arbeiter:innenklasse und die armen Massen durchführen, wie es rechte Regierungen tun. Das wichtigste Beispiel dafür ist zweifellos die Agenda 2010 der rot-grünen Regierung unter Gerhard Schröder. Vor den Wahlen 2002 hatten Grüne und SPD ja keinen Wahlkampf für massive Angriffen wie Hartz IV, die Schaffung eines riesigen Niedriglohnsektors und die Vertiefung von Kinder- und Altersarmut gemacht. Doch nach den Wahlen kamen sie dem „Reformdruck“ der bürgerlichen Opposition und der großen Unternehmensverbände nach und lancierten den schärfsten Angriff auf die Lebensbedingungen der großen Mehrheit der Bevölkerung seit Jahrzehnten. Und seitdem sind diese Parteien noch weiter nach rechts gegangen.

Auch heute steht Olaf Scholz als Spitzenkandidat der SPD nicht für eine Abkehr von der Ära Merkel, sondern für ihre Kontinuität – schließlich war die SPD Teil der Großen Koalition und Scholz ihr Finanzminister. In diesen Jahren und zuvor als Hamburger Oberbürgermeister hangelte er sich nur so von Skandal zu Skandal (Wirecard, Cum Ex, G20-Polizeigewalt). Und das Spitzenduo der Grünen, Annalena Baerbock und Robert Habeck, träumen den Traum eines grünen Imperialismus und sind ebenfalls offen für eine Koalition mit der CDU.

Viele, die sich von SPD und Grünen abwenden, setzen noch Hoffnungen in die Linkspartei. Doch dort, wo die Linkspartei selbst politische Verantwortung trägt, setzt sie dieselbe Politik um wie die anderen Parteien: fortgesetzte Sparpolitik, Abschiebungen, Zwangsräumungen und Polizeirepression. Trotz vollmundiger Rhetorik trägt DIE LINKE die antisoziale Politik von SPD und Grünen überall mit, wo sie dafür im Austausch Regierungsposten bekommt, wie sie es auf Länderebene bereits in Berlin, Bremen und Thüringen tut. Beispielsweise sind in Berlin Teile der landeseigenen Kliniken unter Rot-Rot zuerst privatisiert worden, während ihre Rückführung in die Mutterkonzerne – trotz rot-rot-grüner Regierung – immer noch verweigert wird. Gegen die Wohnungsnot schlägt die Linkspartei einen bundesweiten Mietendeckel vor. Aber mit SPD und Grünen ist weder der Mietendeckel noch die in Berlin vorgeschlagene Enteignung der Immobilienkonzerne umzusetzen. Anstatt einen Kampf auf der Straße und in den Betrieben zu führen, kanalisiert DIE LINKE die Wut der Mieter:innen in ein Vertrauen auf eine Koalition mit Grünen und SPD.

Aber auch diejenigen, die die Linkspartei wählen wollen, damit sie eine starke Oppositionspartei wird, haben in der Vergangenheit immer wieder mitansehen müssen, wie die Partei in der Opposition kleinlaut blieb, anstatt große Mobilisierungen und Proteste zu organisieren. In der Pandemie war sie Teil der überall beschworenen „nationalen Einheit“, anstatt ein soziales und gesundheitliches Alternativprogramm zur zynischen Politik der Bundesregierung im Interesse der Konzerne aufzustellen. Währenddessen schürten Teile der Partei wie Sahra Wagenknecht rassistische und LGBTIQ-feindliche Ressentiments. Und auch ihre antimilitaristische Haltung weicht DIE LINKE für eine Machtoption im Bund auf: Zum ersten Mal stimmten Linkspartei-Abgeordnete im August für den Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan. Die Ablehnung der NATO soll laut der Parteispitze in möglichen Koalitionsverhandlungen keine Rolle spielen. Kurzum: Diese angeblich antimilitaristische Partei nimmt sich heute vor, mit SPD und Grünen zu regieren, die den Afghanistan-Krieg 2001 selbst mit begonnen haben!

Überall dort, wo es Kämpfe gab und gibt, stehen die Parteien der rot-rot-grünen Landesregierungen auf der anderen Seite, wie aktuell beim Streik der Berliner Krankenhausbewegung. Diese Parteien sind eng verbunden mit den Bürokratien der Gewerkschaften, die unsere Kämpfe begrenzen, spalten und verraten. Doch um tatsächlich die auf uns zukommenden Angriffe zurückzuschlagen und die Kämpfe zu verbinden, die heute gegen Arbeitsbelastung, gegen Befristungen und Scheißjobs, gegen Schließungen, gegen Rassismus und Polizeigewalt, gegen Sexismus und gegen die Klimakatastrophe geführt werden, müssen wir in allen Kämpfen die Selbstorganisierung und die Verbindung der Kämpfe vorantreiben. Wir brauchen eine politische klassenkämpferische Alternative, Massendemonstrationen und politische Streiks, die der Regierung diese Forderungen aufzwingen. Weder SPD noch Grüne noch Linkspartei werden sich dafür einsetzen. Im Gegenteil haben schon mehrfach gezeigt, dass sie an der Regierung keine Unterstützung sind, sondern die harten Angriffe selbst durchführen und den Widerstand dagegen gleichzeitig in ungefährliche Bahnen kanalisieren.

Für eine politische Alternative der Arbeiter:innen, der Jugend, der Frauen und der Migrant:innen

Eine Stimme für Rot-rot-grün wird keine Stimme für die Verteidigung unserer Arbeits- und Lebensbedingungen sein. Ihre Wahlversprechen sollen uns die reale Politik vergessen lassen, die sie in den vergangenen Jahren durchgeführt haben. Wir trauen ihnen nicht! Wir trauen nur der Selbstorganisierung der Arbeiter:innen und der Jugend im Kampf, für ein Programm gegen die Krise, die die Kapitalist:innen uns aufzwingen. Ein Programm für einen Ausweg der Arbeiter:innen, der Jugend, der Frauen und der Migrant:innen aus der kapitalistischen Misere. Ein Programm, welches der Einheit mit dem Kapital, den staatlichen Institutionen und den Bürokratien die Einheit der Ausgebeuteten, Unterdrückten und der revolutionären Linken entgegenstellt.

Ein solches Programm muss von den dringendsten Maßnahmen ausgehen, die die Bedürfnisse der großen Mehrheit der Ausgebeuteten und Unterdrückten betreffen. Ein Notfallprogramm, um die Arbeiter:innenklasse und die Jugend in den Kämpfen zu vereinen und die Kapitalist:innen zu zwingen, die Krise zu bezahlen. Dazu gehören unter anderem:

  1. Unsere Gesundheit ist mehr wert als ihre Profite! Verstaatlichung des gesamten Gesundheitssystems unter Kontrolle von Arbeiter:innen und Patient:innen!

Wir fordern die sofortige Abschaffung des Fallpauschalensystems, die Reduzierung der Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich für alle Krankenhausbeschäftigten und die Schaffung von hunderttausenden neuen Arbeitsplätzen. Die Privatisierung der Krankenhäuser muss zurückgenommen werden; alle Krankenhäuser und Kliniktochterunternehmen müssen unter Kontrolle von Arbeiter:innen und Patient:innen verstaatlicht werden, ebenso alle medizinischen Labors und Pharmaunternehmen. Patente auf Medikamente und Impfstoffe müssen ersatzlos abgeschafft werden. Für volle reproduktive Rechte brauchen wir die Abschaffung der Anti-Abtreibungsparagraphen 218 und 219a StGB und das Recht auf kostenfreie und sichere Abtreibung für alle. Statt eines profitorientierten Versicherungssystems brauchen wir eine staatlich finanzierte kostenfreie Gesundheitsversorgung für alle und ein Verbot von Profitmacherei im Gesundheitssystem, in der Perspektive der Vergesellschaftung der gesamten Daseinsvorsorge und der Reproduktionsarbeit.

  1. Unser Klima ist mehr wert als ihre Profite! Verstaatlichung unter Arbeiter:innenkontrolle für den ökologischen Umbau der Industrie!

Gegen die Klimakatastrophe schlagen wir die Verstaatlichung der Autoindustrie, der Metall- und Elektroindustrie, der Chemie- und Energiekonzerne und aller essentiellen Dienstleistungen unter Arbeiter:innenkontrolle zum Zweck des ökologischen Umbaus vor. Die großen Konzerne, die seit Jahrzehnten unseren Planeten verschmutzen, müssen die Kosten der ökologischen Krise tragen, nicht die große Mehrheit der Arbeiter:innen und Jugendlichen, die heute die Konsequenzen erleiden. Gegen das Greenwashing von Bosch und Co., die Werksschließungen als ökologisch verkaufen, fordern wir den Erhalt aller Arbeitsplätze und ihre Umwandlung anhand ökologischer Kriterien, kontrolliert von den Arbeiter:innen selbst.

  1. Keine Profite mit der Miete! Entschädigungslose Enteignung aller Immobilienkonzerne!

Gegen die Wohnungskrise braucht es die entschädigungslose Enteignung aller Immobilienkonzerne, die Kappung aller Mieten auf 5 Euro/m² und ein Verbot von Mietsteigerungen, zusätzlich zu einem massiven Programm des sozialen Wohnungsbaus, finanziert aus Vermögenssteuern und den Profiten der großen Immobilienkonzerne. Gegen den Anstieg von patriarchaler Gewalt fordern wir die kostenlose Bereitstellung von ausreichend vielen Frauenhäusern und Wohnraum für Betroffene. Beim Volksentscheid zur Enteignung von Deutsche Wohnen und Co. in Berlin stimmen wir mit Ja, aber wir müssen heute schon Kämpfe auf der Straße und in den Betrieben vorbereiten, um den kommenden Berliner Senat zur entschädigungslosen Enteignung zu zwingen.

  1. Unsere Zeit ist mehr wert als ihre Profite! 30 Stunden pro Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich!

Wir schlagen die Reduzierung der Arbeitszeit auf 30 Stunden pro Woche bei vollständigem Lohnausgleich und die Aufteilung der Arbeit auf alle, die arbeiten können und wollen, vor. Damit hätten alle mehr Freizeit und es bliebe mehr Zeit für ihre eigene Reproduktion und die der Angehörigen, die so auch gerechter aufgeteilt werden könnte. Ab 60 Jahren muss die volle Rente möglich sein. Befristungen, Minijobs, Nullstundenverträge und sonstige Scheißjobs müssen verboten werden. Wir fordern gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit und ein monatliches Mindestnettoeinkommen von 1800 Euro – auch für Auszubildende –, eine Mindestnettorente in selber Höhe, und angesichts der steigenden Inflation eine automatische Anpassung der Löhne und Renten an die Preissteigerungen. Diejenigen, die nicht arbeiten können, müssen ein aus Reichensteuern finanziertes Arbeitslosengeld in derselben Höhe bekommen. Auch Elterngeld und ähnliche Leistungen müssen abzugsfrei dieselbe Höhe haben. Unternehmen, die schließen oder Massenentlassungen vornehmen, müssen unter Arbeiter:innenkontrolle verstaatlicht werden.

  1. Unsere Leben sind mehr wert als ihre Kriege! Nieder mit Imperialismus, Rassismus und Polizeigewalt!

Für den sofortigen und bedingungslosen Rückzung der Bundeswehr aus allen Auslandseinsätzen und die Streichung jeglicher Auslandsschulden. Raus mit dem Imperialismus aus allen Ländern! Sofortige Auflösung der NATO und aller imperialistischen Bündnisse. Verbot von Waffenexporten. Im Inland fordern wir die Abrüstung der Polizei, die Auflösung der KSK und der Sondereinheiten der Armee, die Auflösung des Verfassungsschutzes, ein Ende aller rassistischen Polizeikontrollen und den Rauswurf der GdP aus dem Deutschen Gewerkschaftsbund. Wir fordern die vollständige Öffnung der Grenzen, die Abschaffung des rassistischen Asyl- und Lagersystems sowie volle demokratische und Arbeitsrechte für alle Menschen, die hier leben wollen. Wahlrecht ab 14 Jahre für alle hier lebenden Menschen – für volle Staatsbürger:innenschaft für alle! Gegen die imperialistische EU unter Führung des deutschen Kapitals werben wir für die Perspektive eines sozialistischen Europas der Arbeiter:innen.

  1. Unsere Organisierung gegen ihre Profite! Für die Selbstorganisierung und die Verbindung der Kämpfe gegen die Bürokratien, die Regierung und das Kapital!

Diese Forderungen können wir nur erkämpfen, indem wir uns organisieren und ein Aktionsprogramm entwickeln, welches sich auf die aktuellen Kämpfe der Arbeiter:innen und der Jugend stützt und die kommenden Kämpfe vorbereitet. Das bedeutet auch, dass wir uns gegen die Bürokratien der Gewerkschaften und der sozialen Bewegungen organisieren müssen, die unsere Kämpfe spalten und begrenzen. Dazu brauchen wir in allen Kämpfen Organe der Selbstorganisation und der Koordinierung mit anderen Sektoren, damit alle Kämpfenden demokratisch über den Kampf entscheiden können. Statt der Einheit mit der Bürokratie, den Kapitalist:innen und ihrem Staat brauchen wir die Einheit der Ausgebeuteten und Unterdrückten – nicht nur, um unsere Forderungen zu erreichen, sondern um für die Perspektive einer Regierung der Arbeiter:innen zu kämpfen, die das Kapital enteignet und eine sozialistische Arbeiter:innendemokratie einführt.

Warum wir heute ungültig wählen, aber zugleich für den Aufbau einer revolutionären Alternative kämpfen

Das Programm, das wir skizziert haben, steht heute nicht zur Wahl. Keine politische Kraft, die wir mit unserer Stimme unterstützen können, will diese Perspektive aufbauen. Doch damit wir nicht ewig die Wahl des „geringeren Übels“ haben, müssen wir heute beginnen, diese Kraft zu schaffen. Wir nehmen uns vor, gemeinsam mit all jenen, die eine solche Perspektive erkämpfen wollen, Schritte in Richtung einer Einheit der revolutionären Linken zu gehen, die mit der reformistischen Linken bricht, die sich nur den staatlichen Institutionen und den Bürokratien unterordnet.

Bei den Bundestagswahlen ebenso wie bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus können wir keiner Partei unsere Stimme geben, denn wir vertrauen ihren Wahlversprechen nicht. Wir wählen ungültig, um ein Zeichen zu setzen, dass sie uns nicht repräsentieren. Wir nutzen unsere Stimme, um ein Zeichen zu setzen, dass wir uns in den aktuellen und kommenden Kämpfen organisieren, um eine Antwort der Arbeiter:innen, der Frauen, der Jugend und der Migrant:innen zu geben. Weil wir auf die SPD, die Grünen und DIE LINKE nicht vertrauen können, sondern nur auf unsere eigene Kraft. Auf die Kraft der Arbeiter:innen, die gerade bei der Bahn, im Krankenhaus oder beim Lieferdienst Gorillas streiken. Auf die Kraft der Jugend, die sich auf der Straße Rassismus, Polizeigewalt, Sexismus und Klimakatastrophe entgegenstellt. Darauf setzen wir, damit bei den nächsten Wahlen eine tatsächliche Alternative existiert, die ein Programm im Interesse der großen Mehrheiten vertritt.

Wir wollen eine revolutionäre Alternative aufbauen, die auch das Parlament zu einer Bühne der Kämpfe der Ausgebeuteten und Unterdrückten machen kann. Beispiele dafür gibt es in Ländern wie Argentinien mit der „Front der Linken und der Arbeiter:innen“ (FIT), mit der Kandidatur von Anasse Kazib für die Präsidentschaftswahlen in Frankreich oder seit Kurzem auch in Chile mit der „Front für die Einheit der Arbeiter:innenklasse“. Sie vertreten ein kompromisslos antikapitalistisches und sozialistisches Programm und erreichen damit Hunderttausende, ohne sich den Parteien und Institutionen des Regimes unterzuordnen.

In Deutschland sind viele Organisationen, die sich eine ähnliche Perspektive auf die Fahnen schreiben, weiterhin Teil der Linkspartei oder rufen zur Wahl der Linkspartei auf, wie die Sozialistische Organisation Solidarität (Sol), die Sozialistische Alternative (SAV) oder die Gruppe Arbeiter:innenmacht (GAM). Wir sind der Meinung, dass wir angesichts der großen Katastrophen, die auf die Menschheit zukommen – wie die Klimakatastrophe und die Verschärfung imperialistischer Spannungen, die zu neuen Kriegen führen können – endlich beginnen müssen, eine Alternative aufzubauen, die sich nicht länger der Illusion unterordnet, dass eine reformistische Partei wie DIE LINKE ein Ausdruck der Kämpfe der Arbeiter:innen und der Jugend sein kann.

Deshalb rufen wir hier auch dazu auf, gemeinsam in den aktuellen Kämpfen eine Perspektive der Selbstorganisierung gegen das Kapital, gegen die Regierung und gegen die Bürokratien der Gewerkschaften und der sozialen Bewegungen aufzubauen. Lasst uns schon heute beginnen, diese politische Alternative der Arbeiter:innen und der Jugend aufzubauen! Für die Einheit der revolutionären Linken statt Illusionen in Rot-rot-grün! Lasst uns eine große Kampagne zur Verbindung der Kämpfe starten und gleichzeitig darüber diskutieren, wie wir im Aufbau einer politischen Alternative vorankommen können. Wir wollen unsere Website Klasse Gegen Klasse für diese Debatte öffnen und laden alle Interessierten dazu ein, sich daran zu beteiligen.

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