Göttinger AStA schmust mit jungen Konservativen

09.05.2025, Lesezeit 4 Min.
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Die Hochschulgruppen im Studentenparlament schlugen sich auf die Seite des konservativen RCDS, statt einen Antrag zu behandeln, der eine Diskussion über die Mitschuld der Universität am anhaltenden Völkermord hätte anstoßen können.

Am 23. April gab es in Göttingen die reguläre Sitzung des Studierendenparlaments. Unter anderen Sachen, die auf der Tagesordnung waren, sollte über den Antrag einer der Hochschulgruppen (LEB, Linke Einheitsbewegung) abgestimmt werden. Der Antrag wurde in Zusammenarbeit mit Students for Palestine Göttingen geschrieben und betraf die Aussetzung von Kooperationen mit israelischen Universitäten. Der Antrag stellte eine Möglichkeit dar, gegen die Komplizenschaft der eigenen Universität mit dem Völkermord in Gaza vorzugehen. Die israelischen Universitäten sind vor allem ein verlängerter Arm der israelischen Regierungspolitik, indem sie pro-palästinensische Stimmen systematisch zum Schweigen bringen und pro-palästinensischen Aktivismus unterdrücken. Darüber hinaus arbeiten sie eng mit dem Militär und der Rüstungsindustrie zusammen und beteiligen sich an Ausbildungsprogrammen für Soldaten, die später zur Aufrechterhaltung des Apartheidregimes eingesetzt werden. Jegliche Kooperation mit solchen Institutionen verstößt gegen die Zivilklausel und macht die Universität zum Komplizen des laufenden Völkermordes.

Anstelle des erwarteten Verfahrens, das heißt Vorstellung und Begründung des Antrags, gefolgt von einer Befragung durch die Mitglieder des Parlaments und anschließender Abstimmung über den Antrag, stellte sich während der Sitzung heraus, dass der Punkt nicht mehr auf der Tagesordnung stand. Der Vorschlag, den Antrag zu streichen, kam vom RCDS (​​Ring Christlich-Demokratischer Studenten) und es gab, bis auf wenige Ausnahmen, keine Gegenstimmen von dem Rest der AStA-Parlamentsmitglieder. Als gewähltes Organ der Studierendenschaft ist der AStA dazu verpflichtet, die Belange der Studierenden ernst zu nehmen. Ein einfaches Streichen des Antrags stellt eine völlig undemokratische Entscheidung dar, vor allem an einem Ort, der für Debatten und Diskussionen gedacht ist.

Was uns dieses undemokratische Manöver zeigt ist, dass wir uns auf diese Art der Studierendenvertretung nicht verlassen können, egal ob sie sich wie in Göttingen links nennt oder nicht. Ein AStA, der mit dem Willen und Wünschen von rechten Hochschulgruppen mitgeht, kann uns in Zeiten des Aufstiegs der Rechten nicht vertreten und die Universität erst recht nicht zu einem Ort des Kampfes gegen die aktuellen Angriffe machen. Denn die Universität ist kein Ort fern der gesellschaftlichen Realität, wo wir mal in die Mensa oder zu Veranstaltungen gehen. Viel mehr müssen wir sie als einen Ort begreifen, an dem sich studentische Bewegungen an der Seite der Arbeiter:innen bilden können und an dem es Widerstand geben kann, vor allem gegen die Forschung für militärische Zwecke oder die Zusammenarbeit mit Institutionen, die zum Beispiel am Genozid in Gaza beteiligt sind. 

Dieser Fall zeigt uns wieder, dass der Kampf um die Demokratisierung von unseren Universitäten immer weiter geht. Politische Fragen dürfen nicht in kleinem Kreis von Vertreter:innen, die nur einen winzigen Teil der Studierendenschaft repräsentieren  entschieden oder nach der eigenen Agenda ausgeklammert werden, sondern sollten demokratisch von allen Studierenden und Beschäftigten in gemeinsamen Versammlungen abgehandelt werden. Versammlungen, wo jeder Mensch auch eine Stimme hat. Wir wollen unsere Uni nicht in die Hände von Gruppen legen, die die Zivilklausel abschaffen wollen. 

Die palästinasolidarische Bewegung ist im Moment viel kleiner geworden, der Grund dafür liegt zum Teil in der Natur des Begriffs „Bewegung“ selbst. Das bedeutet aber nicht, dass es Palästinasolidarität an sich nicht mehr gibt. Der Kampf für eine wirklich demokratische Uni, die systematisch gegen die Merz-Regierung kämpft, kann dann stattfinden, wenn palästinasolidarische Gruppen mit den Teilen der Studierendenschaft zusammenschließen, die auch das Ziel verfolgen, gegen  Aufrüstung und generell rechte Politik zu kämpfen. Studis gegen Rechts hat sich seit Ende letzten Jahres als einer Kraft etabliert, die sich der Krise, dem Krieg und dem Rechtsruck entgegenstellt. Gemeinsam können wir uns stärker für die Verteidigung der demokratischen Selbstverwaltung an den Unis einsetzen. 

Gerade in Zeiten des Rechtsrucks, der Kriminalisierung von Palästinasolidarität und der größten Aufrüstung, brauchen wir eine studentische Bewegung, die sich konsequent gegen Rechts, die Merz-Regierung und den Rassismus stellen!

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