„Gideons Streitwagen“: Israel beschleunigt Gaza-Genozid

Die zweite Phase des Plans zur vollständigen Eroberung des Gazastreifens hat am Wochenende begonnen. Die israelische Armee befahl den Bewohner:innen von Khan Younis, die Stadt zu evakuieren, während der gesamte Streifen von der Luftwaffe unter Beschuss genommen wurde.
Netanjahus Flucht nach Vorne
Während Trump enorme wirtschaftliche und militärische Deals mit Saudi-Arabien und Katar aushandelt, Sanktionen gegen Syrien aufhebt, die Freilassung von Edan Alexander direkt mit der Hamas organisiert und Gespräche mit dem Iran ankündigt, plant Israel unter Netanjahus rechtsextremer Regierung die vollständige militärische Besatzung des Gazastreifens. Die neue Bodenoffensive wird von der anhaltenden Bombardierung aus der Luft begleitet. In den letzten Tagen starben mehrere hunderte Palästinenser:innen in Gaza, darunter viele Frauen und Kinder. Israel macht vor keiner Schule, Krankenhaus oder Hilfseinrichtung Halt. Die erste Phase von „Gideons Streitwagen“ ging darum, Rafah komplett dem Boden gleichzumachen und das Gebiet so zu gestalten, dass die gesamte Bevölkerung des Streifens dort konzentriert werden konnte. Wie die New York Times dokumentierte, wurde das Gebiet tatsächlich eingeebnet, während die kolonialen Streitkräfte eine Reihe von Infrastrukturen errichteten, um die Zwangsumsiedlung der Bevölkerung zu erleichtern. Jetzt geht die Offensive in die zweite Phase. Diese beinhaltet die Zwangsevakuierung der Bevölkerung von Khan Yunis nach Rafah. Die Palästinenser:innen aus dem ganzen Gazastreifen sollen also nach und nach in das südlichste Gebiet konzentriert werden, um sie am Ende gesammelt aus ihrer Heimat zu vertreiben. Die monatelange Akzeptanz des Westens, unter der Führung der US-Regierung, nahm Netanjahu bis jetzt zurecht als Freifahrtschein wahr.
Aber inwiefern ändert sich die weltpolitische Lage? Netanjahu und Trump waren in der ersten Amtszeit des US-Präsidenten unzertrennlich. Die Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem war ein Zeichen der bedingungslosen Unterstützung für das zionistische Projekt. Auch die Abraham Accords waren ganz nach Netanjahus Geschmack. So wurde die Frage um Palästina, insbesondere eines palästinensischen Staates, bei den Verhandlungen mit den Golfstaaten komplett ausgeklammert. Die Lage hat sich heute allerdings verändert und das Regime in Saudi-Arabien macht das Thema zu einer unumgehbaren Bedingung. Gleichzeitig will sich Trump als Anti-Kriegs-Präsident inszenieren und einige in seiner MAGA (Make America Great Again)-Anhängerschaft empfinden Israels Kriegswahn als Hindernis für ihre Ziele.
Hunger als Waffe
Neben der flächendeckenden Bombardierung des Gazastreifens ist das Aushungern der Bevölkerung eine perfide Strategie der israelischen Besatzungsmacht. Die Vereinten Nationen warnen davor, dass 14.000 Babys in den nächsten 48 Stunden sterben könnten, wenn nicht genug Hilfsmittel den Gazastreifen erreichen. Kurz nach der Ankündigung der Staatschefs Großbritanniens, Kanadas und Frankreichs, deshalb gegen Israel Sanktionen zu verhängen, ließ Netanjahu weniger als zehn Lastwagen mit Hilfsgütern in das Gebiet. Die UN nennt das „einen Tropfen im Ozean“. Heute diskutiert auch die EU über mögliche Sanktionen gegen Israel. Es könnte sich also um einen Kurswechsel der imperialistischen Staaten in Bezug auf Israel handeln. Die entscheidende Frage ist aber mit Sicherheit die „special relationship“ zwischen den USA und Israel. Bis jetzt war Israel der wichtigste staatliche Player des Westens in der Region, und die Methoden und Waffen des israelischen Militärs sind eine Art Versuchslabor für andere Staaten, allen voran die USA. Vielleicht ist Trump aber nicht mehr von der Wichtigkeit des israelischen Staates überzeugt und sieht es eher als Risiko für die US-Hegemonie Westasiens.
Die neuen Entwicklungen auf staatlicher Ebene sollten aber nicht zur Schwächung der internationalen Palästinasolidarität führen. Gerade jetzt müssen wir auf die Straße und als Arbeiter:innenklasse die menschenverachtende Politik Israels an den Pranger stellen. Es ist, trotz allem Opportunismus, ein guter Schritt, dass die Bewegung wächst und durch bekannte Personen an Öffentlichkeit gewinnt. Jetzt müssen aber auch die Beschäftigten der Rüstungsindustrie und der Häfen und die Gewerkschaften davon überzeugt werden, dass keine deutschen Waffen mehr in Israel landen dürfen.