Kemal Kurkut: Acht Fotos und ein ermordeter kurdischer Jugendlicher

29.03.2017, Lesezeit 2 Min.
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Letzte Woche erschoss die türkische Polizei einen kurdischen Jugendlichen. In der Darstellung von Behörden und Zeug*innen existieren Widersprüche. Der Fall zeigt die Willkür des türkischen Staates gegenüber Kurd*innen.

Kemal Kurkut war Kurde, Geiger, Student. Der 23-Jährige lebte in Malatya und kam aus einer kurdisch-alevitischen Familie. Er überlebte 2015 den Anschlag auf eine Friedensdemonstration in Ankara, bei dem über 100 Menschen getötet wurden. Vergangene Woche wurde er bei der Newrozfeier in Diyarbakir von der Polizei exekutiert.

Laut der Regierung wollte er mit einem Messer in der Hand und einer Tasche auf den Festplatz treten. Die Beamt*innen sollen ihn erschossen haben, weil sie ihn als einen Selbstmordattentäter verdächtigt hätten. Abdurrahman Gök, ein Journalist, der bei der Ermordung anwesend war, veröffentlichte nach einigen Tagen acht Fotos. Auf diesen ist klar zu sehen, dass Kurkut am Kontrollpunkt halbnackt ist und keine Tasche bei sich trägt.

Nach den Aussagen der Zeug*innen gab es eine Auseinandersetzung zwischen der Polizei und Kurkut bei der Kontrolle am Eingang. Die Polizist*innen sollen ihn beleidigt und gezwungen haben, sich auszuziehen. Kurkut, der laut Zeug*innen einen Nervenzusammenbruch erlitt, zog sich aus und legte seine Tasche ab. Später kam heraus, dass sie nur Bücher und Klamotten enthielt. Anschließend ging er in eine Fleischerei, um sich ein Messer zu holen. Zurück am Eingang, lief er halbnackt durch den Kontrollpunkt und wurde daraufhin erschossen.

Die Widersprüche zwischen den Aussagen der Behörden und jenen der Zeug*innen zeigen den Versuch der Regierung, das Handeln der Polizei zu rechtfertigen. Warum verwendeten zwei Dutzend Polizist*innen kein Pfefferspray, um Kurkut zu stoppen, sondern eine Waffe, die ihm das Leben nahm? Wie konnte es die Gefahr eines Selbstmordattentats geben, wenn sich noch niemand auf dem Platz befand und Kurkut keine Kleidung und keine Tasche bei sich trug?

Der Fall zeigt die Lynchjustiz in der Türkei gegenüber Kurd*innen. Das Opfer war diesmal ein kurdischer Musiker, der selbst ein Selbstmordattentat des Islamischen Staates in Ankara überlebte. Nun verlor er sein Leben, weil er fälschlicherweise verdächtigt wurde.

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