Iran: Aufruf zum Generalstreik
Seit Donnerstag wird der Iran von Welle von Protesten und Aufständen gegen die neoliberale Diktatur überzogen. Unter dem Motto „Brot, Arbeit, Freiheit“ gehen hunderttausende Menschen in mehr als 20 Städten auf die Straße. Hier ist das gemeinsame Statement einiger der wichtigsten Gewerkschaften des Irans, der parallel zu einem Generalstreik-Aufruf ab 2. Januar veröffentlicht wurde. Übersetzung von Mina Khani.

Seit Donnerstag wird der Iran von Welle von Protesten und Aufständen gegen die neoliberale Diktatur überzogen. Unter dem Motto „Brot, Arbeit, Freiheit“ gehen hunderttausende Menschen in mehr als 20 Städten auf die Straße. Die Proteste weiten sich Tag für Tag aus und die Aufstände werden massiver. Das Regime antwortete mit Repression, die mehreren Protestierenden das Leben kostete. Hunderte Protestierende und Aktivist*innen wurden verhaftet.
Nach dem Atomabkommen und die mit diesem einhergehenden Neoliberalisierungsmaßnahmen wuchs aus Protest dagegen die Arbeiter*innenbewegung kontinuierlich. Der Staat antwortete mit immer härteren Repressionen gegen die im Iran illegalisierten Gewerkschaften. Nach einem neuen Angriff auf das Arbeitsrecht im Juli 2017 gab es eine Welle von Streiks, Protesten und Statements. Viele Gewerkschafter*innen und Arbeiter*innenaktivist*innen wurden daraufhin inhaftiert. In den letzten Monaten konfiszierten verschiedene Banken die Sparvermögen ihrer Kund*innen, parallel dazu traten einige Korruptionsskandale ans Licht. Dies war der Auslöser für die derzeitigen Aufstände, welche die Regierung wie üblich diffamiert als „Lumpen-Randale“, die aufgrund der Manipulation von konterrevolutionären und imperialistischen Kräften ausgelöst wurden.
Wir übersetzen das gemeinsame Statement einiger der wichtigsten Gewerkschaften des Irans, welches parallel zu einem Aufruf zum Generalstreik ab 2. Januar veröffentlicht wurde.
Statement der unabhängigen Arbeiter*innenorganisation über die Proteste der Bevölkerung
Die Bevölkerung, die die Unterdrückung, Repression, hohe Preise, Armut und Arbeitslosigkeit satt hat, ist seit vier Tagen in vielen Städten massiv auf der Straße, um in vereinten Reihen diese höllische Situation zu beenden.
Die zentralen Forderungen, die in diesen Generalprotesten der prekarisierten arbeitenden Bevölkerung des Irans im Mittelpunkt stehen, sind zum Beispiel: Bekämpfung der hohen Preise, der Armut und Arbeitslosigkeit. Dies sind die Forderungen, die seit Jahren von Lehrer*innen, Student*innen und Krankenpfleger*innen und vielen anderen Arbeiter*innen gerufen werden. Das Regime und die Machthaber haben es ignoriert und sie haben weiterhin die Bevölkerung ausgebeutet. Was wir heutzutage auf den verschiedenen Straßen verschiedener Städte beobachten, ist die Explosion der Wut der Arbeiter*innen über Korruption der mächtigen Personen des Regimes und die mit dem Regime verbundenen wirtschaftlichen Institutionen in großen Massen einerseits und anderseits die Armut und die dunkle Seite der Armut von Millionen von Menschen bis zu Arbeitslosigkeit von Millionen von Arbeiter*innen und Jugendlichen, Straßenverkäufer*innen, die mit repressiven Maßnahmen aus den Straßen vertrieben werden, und Lastenträger*innen, die an den Grenzen (in kurdischen Gebieten) ermordet werden. Den Arbeiter*innen werden Löhne aufgezwungen, die sehr weit unter der Armutsgrenze liegen und die lohnabhängigen Arbeiter*innen werden mit Gefängnissen und Peitschenhieben unterdrückt, wenn sie ihre Rechte einfordern und Freiheit verlangen.
Diejenigen, die bis gestern jede Art von Protesten der Arbeiter*innen und der nach Gerechtigkeit suchenden Bevölkerung mit Vorwürfen, wie der Gefährdung der Nationalen Sicherheit, mit Justiz und Gefängnissen unterdrückt haben und jetzt in dieser Situation die ausbrechende Wut von Millionen von Iraner*innen und die gerechtfertigten Proteste als manipulativ bezeichnen, müssen realisieren, dass jetzt eine Zeit gekommen ist, in der es nötig ist, grundlegende (humanitäre) Veränderungen durchzusetzen. Keine Repressionskräfte können den Widerstand der Arbeiter*innen und der Bevölkerung für Gerechtigkeit im Iran stoppen. Was für uns klar ist, was wir mit anderen Arbeiter*innen mitschreien werden, ist, dass die Forderungen für Beendigung der Armut durchgesetzt werden müssen.
Jede Art von Repression, Unterdrückung und Gefängnisse müssen abgeschafft werden.
Alle politischen Gefangenen müssen befreit werden. Die Ausbeuter*innen und diejenigen, die uns unterdrücken, egal in welcher Machtposition sie sind, müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Die geraubte Kapital der Bevölkerung muss ihnen zurückgegeben werden. Der Mindestlohn von Arbeiter*innen, im staatlichen und privaten Sektor muss sich verfünffachen. Die Machthaber dürfen keine horrenden Gehälter mehr bekommen. Komplette Gewerkschafts- und Vereinsfreiheit, komplette Meinungs- und Pressefreiheit und Parteifreiheit müssen sofort umgesetzt werden.
Es erklärt sich von selbst, dass jede Art die Forderungen der Arbeiter*innen des Irans durch Manipulationsvorwürfe, Repression oder Sabotage der Proteste seitens der Regierung oder der entmachteten Opposition zu ignorieren, zu nichts führen wird. Diesmal sind wir Arbeiter*innen und Bevölkerung des Irans diejenigen, die sich vereinen und solidarisch die Kontinuität der Proteste organisieren werden.
Verband Freier Iranischen Gewerkschaften
Strom- und Metall Gewerkschaft Kermanshah
Gewerkschaft der Maler/ Provinz Alborz
Verein der Arbeiter*innenrechte
Spende für Klasse Gegen Klasse
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Hier findet ihr eine Solidarität-Aufruf von AK Asyl Göttingen mit dem
Widerstand im Iran
Solidarische Grüße
Ak Asyl Göttingen
Solidarität mit dem Widerstand im Iran!
Seit einigen Tagen sind Millionen unterschiedlicher Bevölkerungsschichten
im Iran auf den Straßen unterwegs um Geschichte für ein selbstbestimmtes,
würdiges Leben zu schreiben. 38 Jahre nach der Revolution von 1979 sind
zum zweiten Mal wütende Proteste gegen das Regime ausgebrochen, das sich
im Zuge der Revolution gegen den Schah (Mohammad Reza Pahlavi) etabliert
hat. Im Namen der „Islamischen Republik Iran“ hat es in einer religiösen,
bestialischen Form alle sozialen und emanzipatorischen Bewegungen für
Demokratie und Freiheit vernichtet. Stattdessen hat das Regime das Land
durch Massenhinrichtungen, Mord, Folter und den Ausbau der Gefängnisse
gezeichnet.
Die Unruhen, die am Donnerstag den 28. Dezember 2017 wegen steigender
Lebensmittelpreise und hoher Arbeitslosigkeit in der nordöstlichen Stadt
Mashhad angefangen haben, haben sich schnell ausgeweitet. Sie gingen in
den nächsten Tagen in unverminderter Heftigkeit weiter und sprangen rasch
auf weitere Städte in anderen Provinzen über. Mittlerweile rufen die
DemonstrantInnen Parolen wie Tod der Diktatur, dem Wächterrat und für den
Sturz des islamischen Regimes.
Hier zeigt sich, dass die Aufständischen nicht nur gegen die
Lebensmittelpreiserhöhung und hohe die Arbeitslosigkeit, sondern vor allem
gegen 38 Jahre Bevormundung, Gängelung und Menschenrechtsverletzung durch
das islamische Regime und für ihre Freiheit und Selbstbestimmung auf die
Straße gehen. Seit Sonntag, dem 31. Dezember hat die staatliche Repression
gegen Protestierende zugenommen. In vielen Städten brennen staatliche
Gebäude, Polizeistationen und Autos.
Der Staat lässt Protestierende von seinen verhetzten und ideologisierten
Schlägerbanden, der „Bassidsch-Miliz“, erbarmungslos niederknüppeln,
ermorden und in Knäste stecken. Bis zum fünften Tag der Proteste gab es 21
Tote , 450 Festnahmen und viele Verletzte.
Die Behörden blockieren teilweise das Internet und soziale Medien. In
vielen Orten hatten Mobiltelefone keine Internetverbindung mehr.
Telegram, eine Messenger-Anwendung, die im Iran rund 25 Millionen
Menschen nutzen, und die Videos und Nachrichten zu den anhaltenden
Proteste weltweit verbreitet, wurde von staatlichen Behörden blockiert.
Wir, Menschen aus unterschiedlichen politischen und sozialen
Zusammenhängen, aus unterschiedlichen Herkunftsländern, senden unsere
solidarischen Grüße an die freiheitsbewegten Menschen im Iran, die trotz
der brutalen Repression ihr Leben riskieren und nicht aufgeben.
Repression fördert den Widerstand und dieser Widerstand hat unsere
Solidarität verdient. Eine Solidarität von Unten! Nicht die angebliche
Solidarität westlicher Regime, wie USA und Europa, sie bekunden.
Das islamische Terrorregime im Iran fällt nicht vom Himmel, sondern erhält
seinen Halt und Stabilität durch eine weltweite militärische
Partnerschaft, die dem kapitalistischen Profit dient.
Sämtliche moderne Waffentechnologien, die zur Zeit auf der ganzen Welt auf
den Straßen zur Unterdrückung der Aufständischen verwendet werden, sind
„Made in Europe, USA, Germany“ . Ihr Ziel ist Profite für die
Rüstungsindustrie zu erzielen. Zur Verwirklichung ihrer Ziele nehmen sie
den Tod der Aufständischen in den sozialen Kämpfen billigend in Kauf. Die
kapitalistischen Zentren im Westen sind beteiligt an den Kriegen im
Trikont, da sie mit den Diktatorischen Regimen dort Waffen-Geschäfte
tätigen. Denn heute können die iranischen Repressionsorgane mit der
Technologie von Siemens und Nokia Networks eine Überwachungsinfrastruktur
im Iran aufbauen und haben damit die Möglichkeit Inhalte der
Email-Kommunikation, das Netz und die Telefonate zu überwachen und zu
blockieren. Die Firma Rohde & Schwarz liefert die Schlagstöcke, die gegen
die DemonstrantInnen eingesetzt werden und ebenso die in den Gefängnissen
eingesetzten Foltergeräte, wie die tödlichen Elektroschocker. Es gibt
zahllose weitere tödliche Waffenlieferungen: Handfeuerwaffen von der Firma
Heckler & Koch oder Gasmasken für Tränengasangriffe von der Firma Dräger
aus Lübeck. Die blutige Unterdrückung des iranischen Aufstandes wird mit
Hilfe der genannten Firmen und ihren Geschäften mit dem Regime vollzogen
und mit Ignoranz und Schweigen der meisten PolitikerInnen und Medien
begleitet. Hier im Herzen von Europa nimmt kaum einer diese Kriege wahr.
Eine freie Gesellschaft ist eine Gesellschaft ohne Folter und ohne
politische Gefangene. Sie zeichnet sich durch die Freiheit der
Meinungsbildung und Meinungsäußerung, durch die Beseitigung der Ausbeutung
und Abschaffung der Geschlechterapartheid und Militarisierung aus.
Derzeit stellt sich die wichtigste Frage, wie sich diese Protestbewegung
im Iran weiterentwickeln wird. Im Unterschied zu den Protesten in 2009
zweifeln die Protestierenden dieses mal nicht an dem Ziel des Sturzes des
islamischen Regimes
Ohne den Sturz der islamischen Republik wird es keine Freiheit der
Emanzipationsbewegungen von Frauen-Lesben-Trans*Inter, Männern,
StudentInnen und ArbeiterInnen geben. Es wird keine Freiheit für die
Menschen geben
Wie auch immer sich dieser Widerstand in den kommenden Wochen und Monaten
entwickeln wird, eins steht fest: Der Iran kann nicht mehr zum
Ausgangszustand zurückkehren. Die massive Bewegung für eine Änderung
markiert die Startphase des Endes der existierenden Diktatur.
Der Kampf gegen das islamische Regime ist mehr als nur eine innere
Angelegenheit der IranerInnen, sondern auch ein ermutigendes Zeichen der
Hoffnung für Menschen im Nahen Osten, die früher oder später überall
gegen Diktatur und Unterdrückung aufstehen werden müssen. Dieser Kampf
ermutigt auch alle, die darauf hoffen, dass die Herrschaft der religiösen
Fanatiker im Iran und anderswo nicht ewig bleiben wird.
Islamische Herrscher und Regime haben Jahrzehnte mit vielfältigen
antikolonialen und antiimperialistischen Masken die Menschen rücksichtslos
unter ihre Kontrolle gebracht, ausgebeutet und davon profitiert sowie mit
Hilfe westlicher Machthaber viele Konflikte ethnisiert.
Freiheit für alle politischen Gefangenen weltweit auch im Iran!
Solidarität mit dem Widerstand im Iran!
Keine Militärexporte zur Unterdrückung der Freiheitsbewegung im Iran !
02. Januar.2018
AK Asyl Göttingen
email: akasylgoe@emdash.org [PGP Public Key]
Hintergrundinformationen zum Iran:
https://www.youtube.com/watch?v=6DQ9ALY6Aig&feature=youtu.be
http://www.gefangenen.info/tag/iran/
https://www.klassegegenklasse.org/auch-im-knast-ungebrochen-der-widerstand-iranischer-gewerkschafter/
http://onesolutionrevolution.de/solidaritaet-mit-hungerstreikenden-in-gohardasht-freiheit-fuer-alle-politischen-gefangenen-im-iran/
Was steht hinter dem „Atomdeal“ mit dem Iran?
https://www.klassegegenklasse.org/was-steht-hinter-dem-atomdeal-mit-dem-iran/
Regionalmacht nach der Wahl
https://www.akweb.de//ak_s/ak629/13.htm
Wohin treibt die Islamische Republik ?
http://www.inprekorr.de/458-iran.htm