Die Tagesschau hat keine Ahnung von Polizeigewalt

18.05.2023, Lesezeit 4 Min.
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Foto: Ayrin Giorgia / Klasse gegen Klasse

Die Tagesschau hat einen Artikel über eine Studie zur Polizeigewalt und deren Betroffenen veröffentlicht. Die richtigen Schlüsse daraus bleiben jedoch aus.

Forschende haben eine Studie unter dem Titel „Körperverletzung im Amt durch Polizeibeamt*innen“ veröffentlicht . Die Tagesschau nutzte dies für einen, um dort die Ergebnisse zu präsentieren. Für die Studie wurden mehr als 3300 Betroffene von Polizeigewalt befragt. Zudem wurden 60 Interviews mit Polizeibeamt:innen, Jurist:innen und Opferberatungsstellen geführt. Demnach geht die meiste Gewalt von Polizist:innen auf politischen Aktionen und Veranstaltungen aus, gefolgt von Sportveranstaltungen und anderen Großevents. Auch sind für jeden Fünften Betroffenen der Studie schwere Verletzungen wie Knochenbrüche, Verletzungen an Sinnesorganen und Gelenken sind für die Betroffenen eben keine Seltenheit Die psychische Belastung für die Betroffenen ist ebenfalls sehr hoch.  2021 gab es 2790 Ermittlungsverfahren wegen Polizeigewalt. 90 Prozent dieser Verfahren werden noch im Verdachtsfall eingestellt, lediglich 2 Prozent der Fälle werden von der Staatsanwaltschaft zur Anklage gebracht. Die Dunkelziffer von Fällen, die nie zur Anzeige gebracht wurden, ist deutlich höher. So haben 14 Prozent der Studienteilnehmer:innen angegeben, dass es in ihrem Fall zu einem Strafverfahren gekommen sei. Wenn es zum Verfahren kommt liegt die Definitionsmacht darüber ob herrschende Gewalt gerechtfertigt sei überwiegend bei den gewaltausübenden Beamt:innen.

Doch all die Deutlichkeit der Gewalt, die diese Studie aufzeigt, sieht die Tagesschau dennoch nicht als Anlass zu hinterfragen, wer die Deutungshoheit über Gewalt hat. Wie es sein kann, dass die überwiegende Gewalt gegen Menschen ausgeübt wird, die politische Arbeit machen, und warum Polizeigewalt nicht verfolgt wird, hinterfragt die Tagesschau nicht.

„Für Betroffene übermäßiger polizeilicher Gewaltanwendungen zum Beispiel entsteht so eine Situation, in der sie ohne Mechanismen, die der polizeilichen Dominanz entgegenwirken, in der Praxis kaum zu ihrem Recht kommen können“ schlussfolgern die Forschenden der Studie

Unabhängige Untersuchungskommission durch die Gewerkschaften – GdP raus aus dem DGB!

Derzeit haben die Betroffenen von Polizeigewalt de facto keine Chance auf Aufarbeitung. Die Polizei deckt sich gegenseitig und hat durch ihre Position und ihrer Strukturen die Definitionsmacht über Polizeigewalt. Doch wieso sollte die Polizei ihre eigene Gewalt kritisieren? Die befragten Beamt:innen, die Gewalt ausübten, haben zum größten Teil diese rechtmäßig und verhältnismäßig eingesetzt zu haben. Um eine Perspektive zu schaffen, in der Betroffene von Polizeigewalt Aufarbeitung erwarten können, braucht es unabhängige eine Untersuchungskommission, die von den Gewerkschaften gebildet werden. Diese muss dann überall da eingesetzt werden, wo es zu Polizeigewalt kommt. Dadurch, dass sich Betroffene nicht mehr an die Polizei wenden müssen und keine Angst vor der Verharmlosung ihrer Erlebnisse sowie einer möglichen Anzeigen haben würden, wären viel mehr bereit Polizeigewalt verfolgen zu lassen.

Das Problem: Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) ist derzeit noch Teil des Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Ein Widerspruch, der schnellstmöglich aufgelöst werden muss. So ist es die Polizei die den Schlagstock der herrschenden Klasse bildet um ihre Interessen nur zu gerne gegen die Arbeiter:innenklasse durchsetzen. Die Räumung von Lutzerath, aber auch kleinere Aktionen wie die Räumung des Bahnhofswald Flensburgs zeigen allen deutlich, dass die Aufgabe der Polizei nicht darin besteht, Menschenleben zu schützen, sondern bewaffnet Kapitalinteresse durchzusetzen. Gewalt gegen Menschen ist für Polizist:innen immer dann legitim, wenn Menschen  das Besitzverhältnis stören. Damit hat sie nichts im Gewerkschaftsbund zu suchen. Um sie nicht nur rauszuwerfen, sondern auch einen Sperrspitze gegen die Repression zu haben, müssen wir uns in den Betrieben, Universitäten und Schulen zusammen schließen und organisieren.

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