Zweite Welle und wer zahlt jetzt?

07.08.2020, Lesezeit 4 Min.
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Das Robert-Koch-Institut, die Bundesoberbehörde für Infektionskrankheiten und wichtigste Beratungsstelle der Bundesregierung während der Pandemie, meldete gestern die höchste Anzahl an Neuinfektionen seit dem 7. Mai. Fast drei Monate lang waren die täglichen Meldungen an Neuinfektionen unter 1000 geblieben, gestern waren es 1045. Alles deutet darauf hin, dass wir auf eine zweite Welle zusteuern, aber mit welchen Konsequenzen?

Bild: KOBU Agency

Wie kommt es zu diesem Anstieg?

Im Gegensatz zum bekannten Corona-Ausbruch bei Tönnies – welcher durch die kriminelle Leitung des Millionärs Clemens Tönnies verursacht wurde -, werden die Infektionen jetzt nicht aus einigen, wenigen Hotspots gemeldet, sondern viel mehr verteilt auf viele Landkreise.

Die reaktionären bürgerliche Medien suchen den Ursprung im Ausland und schüren somit einen fremdenfeindlichen Diskurs, wie wir ihn zu Beginn der Pandemie gesehen haben. Zudem individualisieren sie die Ursachen der Ausbreitung des Virus auf den Rücken derer, die das System am laufen halten und sich nach Urlaub sehnen.

Die Tatsache, dass die Verbreitung des Virus nicht nur an der Gier eines einzelnen Unternehmers liegt, sondern flächendeckend auftritt, kann nur dadurch erklärbar sein, dass die Verbreitung durch unsere Lebensweise und besonders unserer Produktionsweise stattfindet.

1. Welle, 2. Welle oder kommendes Elend?

Diese neue Infektionszahlen eröffnen die Debatte, ob die momentane Entwicklung noch Teil der ersten Welle ist, eine Ankündigung der kommenden zweiten Welle – oder diese bereits angekommen ist?

Eine solche Debatte ist rein deskriptiv, Fakt ist: Das Virus verbreitet sich wieder und zerstört die Illusion der erfolgreichen Bekämpfung des Virus, das alles vorbei sei. Zudem ist diese Frage zweitrangig, da die akuten Fragen für die arbeitende Bevölkerung sind: Wie schützen wir uns vor weiteren Infektionen? oder auch: Wer wird für die Wirtschaftskrise zahlen?

Während im öffentlichen Diskurs über die Frage diskutiert wird, ob es nun schon zweite Welle ist oder nicht, häufen sich die Entlassungen, wie durch die Schließung mehrerer Karstadt-/Kaufhof- Häuser oder die Angekündigten 22.000 Entlassungen bei Lufthansa. Ferner ist auch die Frage der Kurzarbeitsregelung präsent, auf die weiterhin Millionen von Menschen angewiesen sind, die nach jetzigem Stand allerdings am 31. Dezember 2020 auslaufen wird.

Hinzu kommt, dass von den 600 Milliarden Euro, die als Rettungsfond im März von der Bundesregierung beschlossen wurden, nur 3 Milliarden in den Gesundheitssektor investiert werden sollen. Anstatt also die Symptome des schon vor der Pandemie unterversorgten und mangelhaft ausgestatteten Gesundheitssystems zu bekämpfen, gibt es nichts außer Pflaster.

Diese beiden Entwicklungen sind zwei der vielen Bestandteile der kommenden Wirtschaftskrise. Eine Krise, die jetzt schon alle Vorhersagen, mit den zu erkennenden Tendenzen, ins Lächerliche zieht. Die Prognose der EU-Kommission: Das deutsche BIP würde 2020 insgesamt um 6,5 Prozent einbrechen – dies wäre der stärkste Absturz seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs.
Diese Krise hat also das Potential, sich in eine Welle des Elends zu verwandeln.

Der Kampf gegen das Virus bedeutet der Kampf für den Arbeitsplatz

Das Robert-Koch-Institut ist besorgt über diese Entwicklung und schlägt vor, wir müssen uns an die AHA-Regeln halten: Abstand, Hygiene, Alltagsmasken.
Offensichtlich sind diese Maßnahmen nötig, aber wie soll man Abends auf dem Nachhauseweg von der Arbeit um 18 Uhr Abstand halten und auf Hygiene achten, wenn die U-Bahn voll ist? Wie sollen Arbeiter*innen diese Maßnahmen einhalten, wenn ihre Bosse diese bewusst umgehen?

Der Kampf gegen Corona bedeutet nicht, dass Tausende ihren Arbeitsplatz verlieren oder dass das Gesundheitssystem völlig überlastet ist. Das Problem liegt nicht am Virus, es liegt an dem System mit welchem versucht wird, es zu bekämpfen. Corona hat deutlicher denn je gezeigt, dass der Kapitalismus unfähig ist, die Bedürfnisse der Mehrheit der Bevölkerung zu befriedigen.

Damit nicht die Arbeiter*innenklasse die Folgen der Pandemie bezahlt, muss diese dafür kämpfen, die Produktion unter ihre demokratisch Kontrolle zu bringen. Dieser Weg ist der Einzige, der dazu führen kann, unnötige Todeszahlen zu verhindern. Um dies zu erreichen, haben wir zu Beginn der Pandemie ein Notfallprogramm aufgestellt, dessen Relevanz sich tagtäglich bewahrheitet.

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