„Wir brauchen keine Solidarität mit dem Arbeitgeber und den Reichen, sondern nur unter uns Arbeiter:innen überall in Europa“

07.03.2023, Lesezeit 3 Min.
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Foto: Maxi Schulz

Yunus, Auszubildender, spricht beim Streik im öffentlichen Dienst über Solidarität, über die Angriffe auf das Streikrecht und über den Kampf gegen Inflation, Aufrüstung und Krieg. Wir dokumentieren seine Rede.

Hey, liebe Kolleg:Innen, hier ist Yunus von den Auszubildenden. Wir stehen jetzt hier vor dem Krankenhaus, aber wir stehen ebenfalls vor unserem Ausbildungsbetrieb. In diesem Gebäude hinter uns werden Pflegekräfte ausgebildet, die in ein paar Jahren euch, eure Eltern und eure Kinder pflegen werden. Und es wird alles dafür getan, dass sie diese Ausbildung abbrechen. Das Geld reicht nicht aus. Wir werden von der Leitung sozusagen schikaniert. Unser Streikrecht wird angegriffen wegen Fehlzeiten. Wir sagen, dass es gar nicht geht, dass während in diesem Land Reiche immer reicher werden, wir als Auszubildende – wir haben alleinerziehende Kolleg:innen mit 2-3 Kindern – mit 700/800€ auskommen sollen. Wir sagen: Das geht so nicht! Wir werden das Geld, das uns zusteht, zurückholen!

Man muss auch sagen, dass es der Politik eigentlich nicht darum geht, den Personalmangel zu beenden, weil wir in Berlin seit Jahren sehen, wie an den Ausbildungsbetrieben gespart wird. Es gibt nicht genug Lehrkräfte. Es gibt nicht genug Schulen. Es werden Leute abgelehnt, die diesen Beruf trotz alledem machen wollen. Das war die Berliner Regierung, die das gemacht hat und jetzt sollen wir sozusagen für dieses Land zusammenstehen? Sie fordern von uns, dass wir Solidarität mit dem Arbeitgeber zeigen sollen. Wo war denn die Solidarität, als sie unsere Betriebe privatisiert haben? Wo war die Solidarität als sie Millionen Menschen in die Altersarmut verdammt, unsere Kolleg:innen sozusagen bei den Töchtern ausgelagert haben? Diese Solidarität ist keine Solidarität, die wir brauchen, sondern eine Vertuschung. Wir brauchen keine Solidarität mit dem Arbeitgeber und den Reichen, sondern nur unter uns Arbeiter:innen von BSR, von TVöD und überall in Europa.

Es gibt Aussagen, auf die wir eingehen müssen. Die CSU Mittelstandsunion hat bezüglich den Streiks der Kolleg:innen am Münchner Flughafen gesagt, dass die Gewerkschaften nicht das Recht haben, eine gesamte Gesellschaft in Geiselhaft zu nehmen. Als wären es die Gewerkschaften, welche die Gesellschaft in Geiselhaft nimmt! Wir wissen genau, wer die Gesellschaft in Geiselhaft nimmt. Das sind die Superreichen, das sind die 30-40 Großfamilien in Deutschland, die das gesamte Vermögen durch unsere Arbeit akkumulieren. Und dieser Kampf richtet sich eigentlich auch gegen sie. Und deswegen greifen sie uns an und das muss uns auch bewusst sein: Entweder bereichern sie sich weiter an uns oder wir werden ein gerechtes Leben führen als Arbeiter:innen.

Und zuletzt muss man sagen: Der Verteidigungsminister hat gesagt, dass unsere Streiks im öffentlichen Dienst gefährden würden, dass es genug Geld für Aufrüstung und Kriege gibt, die diese Bundesregierung führt. Wir sagen „Gut so!“, weil wir eben nicht das Geld für diese Aufrüstung wollen, keine Kriege wollen, sondern eine gute Daseinsvorsorge. Dass wir jungen Menschen, auch meine Kolleg:innen, keine Wehrpflicht wollen. Wir wollen nicht in die Armee eingezogen werden, um für die Kriege der Superreichen zu sterben. Wir stehen an der Seite unserer Kolleg:innen in der Ukraine und Russland, die gegen diesen Krieg sind und sagen 100 Milliarden in den öffentlichen Dienst statt in die Bundeswehr.

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