Warum sich Nazis in der Bundeswehr wohl fühlen

25.05.2017, Lesezeit 4 Min.
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Mit dem Skandal um den faschistischen Bundeswehroffizier Franco A. ist die Spitze des Eisbergs aus rechtsextremen Netzwerken und Wehrmachts-Traditionen in der Bundeswehr ans Licht gekommen. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen verdeckt mit ihrer angeblichen Aufarbeitung nur den strukturell militaristischen und nationalistischen Charakter der BRD-Armee.

Der Skandal in der Bundeswehr zieht immer größere Kreise: mit Franco A. wurde ein faschistischer Soldat enttarnt, der konkrete Terrorabsichten hatte. Seit dies bekannt wurde, gibt es täglich neue Medienberichte über Nazidevotionalien in Kasernen. Doch nicht nur ist nach neuesten Berichten klar, dass es sich nicht um eine radikalisierte Einzelperson handelt: Franco A. soll Verbindungen zu einer Nazi-Zelle an der Bundeswehr-Uni in Neubiberg bei München gehabt haben. Vier Soldaten der Uni sollen der Identitären Bewegung nahe stehen, auch sollen Bundeswehrangehörige, die jetzt untersucht werden, mit der rechten Burschenschaft Danubia zu tun haben. Einer der verdächtigen Studenten aus Neubiberg soll sich vor ein paar Monaten am Truppenstandort Munster befunden haben, als dort Munition verschwand. Es gibt Hinweise auf Kontakt zwischen diesem Studenten und Franco A.

Die rechten Bewegungen wie PEGIDA haben in der AfD ihren parlamentarischen Ausdruck gefunden und ziehen auf der Straße derzeit keine neuen Massen an. Das hat auch damit zu tun, dass die Geflüchtetenkrise in der öffentlichen Wahrnehmung weniger Aufmerksamkeit bekommt, was den Rassist*innen weniger Raum zur Agitation gibt. Vor dem Hintergrund dieser Stagnation der Rechten radikalisieren sich Einzelne, unternehmen Versuche der Selbstbewaffnung – wie die PEGIDA-Zelle um München, die erst vor kurzem bei Hausdurchsuchungen aufflog. Sie soll einen Schützenverein übernommen haben und steht im Verdacht der Bildung einer terroristischen Vereinigung.



Während Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) eine Kontinuität zwischen Wehrmacht und Bundeswehr abstreitet, ist diese unter Rechten ein positiver Bezug. So wies der PEGIDA-Sprecher Heinz Meiyer erst am Montag auf die vorbildliche Disziplin in der Truppe des dritten Reiches hin, Wehrmachtslieder wurden gespielt. Diese Lieder, zu deren Takt die Sowjetunion überfallen wurde, ließen sich bis vor kurzem noch in den Liederbüchern der Bundeswehr finden. Doch nicht nur im Musikalischen besteht eine Verbindung zwischen damals und heute – auch wurde die Bundeswehr überhaupt erst aus Kadern der Wehrmacht personell, und damit natürlich auch ideologisch, aufgebaut.

Ministerin von der Leyen versucht sich an einer Säuberung der Bundeswehr, während sie gleichzeitig betont, dass es sich um Einzelfälle handelt. Dafür erntet sie rechte Kritik aus der SPD, die die „Truppe“ beschmutzt sieht. Doch auch Durchsuchung und Umbenennung von Kasernen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Armee eines imperialistischen Staates nun mal dessen imperialistischen Interessen dient. Daraus geht eine Ideologie der Höherwertigkeit der eigenen Nation über andere hervor. Sie überfällt und besetzt andere Länder, wie Afghanistan und den Kosovo. Also egal wie schwulen- und lesbenfreundlich von der Leyen die Bundeswehr gestalten möchte, sie wird durch ihren konkreten Zweck – der Verteidigung der Interessen der deutschen Bourgeoisie – immer ein Nährboden für Rechte, und damit auch für faschistische Zellen, bleiben.



Dieser Nährboden ist umso fruchtbarer geworden, seit die Wehrpflicht abgeschafft wurde. Während Wehrpflichtige in den meisten Fällen nach etwa einem Jahr dort wieder normale Lohnabhängige sind und sich nicht so leicht von der reaktionären „Kameradschaft“ anziehen lassen, haben Berufssoldat*innen nichts anderes mehr. Der Militarismus wird materiell alles in ihrem Leben – und so auch ideell. Auch wenn Berufssoldat*innen einen Lohn bekommen, sind sie keine Arbeiter*innen. Sie sind die Söldner*innen des Kapitals und verteidigen dessen Interessen gegen die der Arbeiter*innen und Unterdrückten im Ausland.

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