Spahn outet sich als reaktionärer „Lebensschützer“ – raus aus dem Gesundheitsministerium!

18.03.2018, Lesezeit 4 Min.
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Pharma-Lobbyist, Hartz-IV-Hetzer, Cannabis-Gegner – und jetzt reaktionärer "Lebensschützer": Jens Spahn will mit aller Macht seine ultrakonservative Agenda setzen. Seine frauenfeindliche Anti-Abtreibungsposition hat im Gesundheitsministerium nichts verloren.

Mit der neuen Bundesregierung scheint ein neues Muster in die Bundespolitik Einzug zu halten: Immer wenn man denkt, Jens Spahn könne nicht noch reaktionärere Dinge sagen, kommt ein neues Interview um die Ecke. Nach seiner empörenden Hartz-IV-Hetze, die den Hass von über hunderttausend Menschen auf sich gezogen hat, und reaktionären Anti-Cannabis-Aussagen, hat Jens Spahn in der neusten „Bild am Sonntag“ noch eine Schippe drauf gelegt. Das noch aus der Nazi-Zeit stammende Informationsverbot über Abtreibungen verteidigte er mit den Worten:

Mich wundern die Maßstäbe: Wenn es um das Leben von Tieren geht, da sind einige, die jetzt für Abtreibungen werben wollen, kompromisslos. […] [Es wird] manchmal gar nicht mehr berücksichtigt, dass es um ungeborenes menschliches Leben geht.

Spahn outet sich mit dem Zitat als „Lebensschützer“, wie sich die militanten Abtreibungsgegner*innen nennen. Das „Leben“, das sie zu schützen vorgeben, stellen sie gegen die Entscheidungsfreiheit von Frauen über ihren weiteren Lebensweg, ihren Körper und ihre Gesundheit. Letztlich werfen sie ihnen vor, Mörderinnen zu sein. Als wenn das nicht empörend genug wäre, vergleicht Spahn Abtreibungen mit Tierquälerei. Eine unglaubliche Beleidigung – besonders angesichts des gesellschaftlichen Stigmas, dessen sich Schwangere ausgesetzt sehen, die ihre Schwangerschaft abbrechen wollen. Denn Abtreibungen sind in Deutschland weiterhin nicht legal (nur „straffrei“ unter bestimmten Umständen), und Informationen über die Prozedur sind häufig nur schwer erhältlich.

Nachdem die SPD in der vergangenen Woche vor der CDU einknickte und einen Gesetzentwurf zur Streichung des §219a StGB zurückzog, welcher es Ärtz*innen verbietet, über Abtreibungen zu informieren, hatte es viel Kritik aus linken und feministischen Kreisen gegeben. Denn es schürt die Befürchtungen, dass dieser reaktionäre Paragraph aus Gründen des „Koalitionsfriedens“ mit der Union doch weiter bestehen bleibt.

Ein Paragraph, der in den vergangenen Jahren immer häufiger dazu geführt hat, dass Ärzt*innen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, von „Lebensschützer*innen“ gezielt angegriffen wurden – am prominentesten war der Fall von Kristina Hänel Ende letzen Jahres.

Schwangeren, die abtreiben wollen, wird es aufgrund dieses Gesetzes extrem schwer gemacht, Informationen über Abtreibungen zu bekommen. Eine NEON-Kommentatorin bemerkte dazu treffend:

Sie können sich tausend Bewertungen auf Google durchlesen, bevor Sie entscheiden, bei welchem schicken Zahnarzt Sie ihre professionelle Zahnreinigung vornehmen lassen wollen und wir gehen einfach auf gut Glück zum nächstbesten Frauenarzt und hoffen, dass der uns einigermaßen hygienisch bei einer der schwierigsten Entscheidungen unseres Lebens hilft.

Im schlimmsten Fall sind solche Eingriffe lebensgefährlich – jährlich sterben zehntausende Frauen weltweit an den Folgen einer unsicheren Abtreibung.

Spahn äußert sich indes nicht zum ersten Mal zum Thema Abtreibungen. Als gesundheitspolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag stellte er sich 2014 dagegen, die „Pille danach“ rezeptfrei erhältlich zu machen, denn sie seien „keine Smarties“. Als wenn die „Pille danach“, die in den meisten europäischen Ländern in der Apotheke frei erhältlich ist, von Frauen völlig gedankenlos wie Süßigkeiten verspeist werden würde.

Das zeigt, dass es Spahn eben nicht darum geht, „Leben zu schützen“, sondern darum, Frauen das Wahlrecht über ihr Leben, ihre Sexualität und ihre Gesundheit wegzunehmen. So jemand gehört nicht ins Gesundheitsministerium, denn die Gesundheit von Millionen von Frauen in Deutschland ist ihm offensichtlich scheißegal.

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