Trans Frauen sind Frauen: egal, was das Gericht sagt 

18.04.2025, Lesezeit 5 Min.
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Foto: Howard Cheng (Shutterstock.com).

Das oberste Gericht in Großbritannien fällte diese Woche ein Urteil mit weitreichenden Folgen für Trans- und Frauenrechte.

Dem Supreme Court zufolge sind trans Frauen – gesetzlich betrachtet – nicht als Frauen anzusehen. Demnach solle künftig nur noch das „biologische“ Geschlecht für die Einbeziehung in das Gleichstellungsgesetz und die Bewertung als Frau relevant sein.

Das Urteil geschieht im Kontext eines weltweiten antifeministischen und queerfeindlichen Trends. Insbesondere dort, wo rechte Kräfte die Regierung stellen, häufen sich Angriffe auf queere Rechte, wie zuletzt in Ungarn, welches Pride Demonstrationen verbot und festlegte, dass nur zwei Geschlechter existieren. Ein ähnliches Dekret erließ auch Donald Trump gleich zu Beginn seiner zweiten Amtszeit. 

Hier zeigt sich, was wir bereits an anderer Stelle zusammengefasst haben: „‚Wahl‘ und ‚Freiheit‘ sind im Kapitalismus immer ein zweischneidiges Schwert. In der gesamten Geschichte des Kapitalismus bedeutete ‚Freiheit und Gleichheit für alle‘ Rassismus, Sexismus und Homo-/Transfeindlichkeit, die gesetzlich verankert und durch die Unterdrückungsmechanismen des Staates verstärkt wurden.“ Zwar hat es in den vergangenen Jahren weltweit auch eine Reihe von fortschrittlichen Reformen im Bereich von trans Rechten gegeben, doch dieser Fortschritt währt nur solange, wie er für die kapitalistischen Regierungen von Interesse ist. 

In Zeiten von Kriegen und Krisen stehen queere Identitäten den Plänen der Regierung oftmals diametral entgegen. So braucht es etwa für eine kriegstüchtige Gesellschaft wieder das Bild des „starken männlichen Mannes“, wobei die diversen queeren Geschlechter und Identitäten dem ein Dorn im Auge sind. So erhält die Redewendung: „Existence is Resistance“ (deutsch: „Existieren ist Widerstand“) neue Relevanz und Bedeutung. Auch wenn für uns Widerstand mehr als nur existieren ist, macht die aktuelle Situation immer wieder deutlich, wie die bloße Existenz von queeren Personen zu einem scheinbaren Gegensatz zu den Idealen und Plänen der Gesellschaft erhoben wird und die Hürden für eine Integration in das bestehende System immer größer werden. 

Zu diesem Urteil kam es auch, da radikalfeministische und transfeindliche Frauenorganisationen dafür geklagt haben, wobei sie unter anderem von der überaus queerfeindlichen und reaktionären Autorin JK. Rowling unterstützt wurden. Hier zeigt sich besonders gut, wie selbsternannte „radikale“ Feminist:innen in der Realität einen Feminismus vertreten, der unradikaler kaum sein könnte. Hand in Hand mit dem bürgerlichen Staat und der Stärkung dessen Instanzen über die Selbstbestimmung greifen diese „Feminist:innen“ eine der gerade ohnehin am stärksten unterdrückten Gruppen an. Sie jubeln, während dieses Urteil für Frauen und trans Personen nur Schlechtes zu bieten hat. 

In der Realität wird sich das Urteil auf alle Frauen, egal ob trans oder cis, auswirken. Eines der Beispiele, welches für die Notwendigkeit dieses Antrags angeführt wird, ist die Behauptung, trans Frauen wären Männer, die in Frauenorte wie beispielsweise Umkleiden oder Fitnessstudios eindringen wollen. Natürlich ist das Schwachsinn. Aber was nun daraus resultiert, ist, dass auch cis Frauen, die bestimmten weiblichen Idealtypen nicht entsprechen, Gefahr laufen, aus diesen Orten ausgeschlossen oder mit der Notwendigkeit, ihr Geburtsgeschlecht nachzuweisen, konfrontiert werden. Es sei an dieser Stelle an die Hetze gegen Imane Khelif erinnert, die bei den Olympischen Spielen die Goldmedaille im Boxen bei den Frauen gewann und sich wochenlang der absurden Behauptung ausgesetzt sah, sie sei keine Frau. Zudem werden trans Frauen dazu gedrängt werden, wieder Orte mit Männern zu teilen, was natürlich nicht nur überaus befremdlich ist, sondern mitunter eine wirkliche Gefahr darstellen kann, da sie dort mit größerer Wahrscheinlichkeit sexistischen und transfeindlichen Situationen und Angriffen ausgesetzt sind. 

Eine Meldung, die nun folgte und die die direkten Ausmaße der Entscheidung deutlich macht, ist, dass Durchsuchungen / Abtastung vom Körper durch die Polizei, nun bei trans Frauen von männlichen Beamten durchgeführt wird, wie die britische Polizei ankündigte. Die Polizei, die ohnehin nicht „Freund und Helfer“ ist, ist für queere Menschen eine besondere Gefahr und insbesondere für trans Frauen kann dieses Prozedere jetzt noch entwürdigender sein.

Dass trans Frauen von Frauenquoten profitieren, wurde ebenfalls als Begründung für die Notwendigkeit der Entscheidung des Gerichts aufgeführt. Dabei muss man feststellen, dass trans Personen am Arbeitsplatz einer vielfältigen Benachteiligung ausgesetzt sind und einen erschwerten Zugang zu Arbeit und insbesondere besser bezahlten Jobs haben. In einer 2018 erschienenen Studie aus Großbritannien stellte sich heraus, dass mehr als 40 Prozent angaben, dass ihr trans sein „eine ziemliche oder sehr negative Auswirkung“ auf ihre Jobperspektiven hatte. Nach einer YouGov Umfrage fühlen sich sogar mehr als zwei Drittel der befragten trans Arbeiter:innen dazu genötigt, ihre Identität am Arbeitsplatz zu verstecken. Angesichts dieser Tatsachen ist es völlig absurd, dass selbsternannte „Frauenrechtsgruppen“ nicht den gemeinsamen Kampf gegen Sexismus und Transfeindlichkeit am Arbeitsplatz suchen, sondern trans Frauen aus der Frauenquote ausschließen wollen. 

Das Urteil kann und wird wahrscheinlich nur ein erster Schritt gewesen sein. Es öffnet die Türen für weitere Angriffe gegen trans Personen und Frauen. Weltweit gab es eine Welle von Empörung und Solidarität. Die Arbeiter:innenklasse ist heute queerer und weiblicher denn je. Die grundlegenden Voraussetzungen, um das Ruder rumzureißen und echte Befreiung von Frauen und queeren Personen zu erkämpfen, sind vorhanden. Lasst uns diesen Sommer auf den CSDs und Pride Demos und auch in unseren weiteren Kämpfen genau das hervorheben und eine breite Solidarität gegen die Angriffe auf unsere Körper und Rechte aufbauen. 

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