Polizei greift Gewerkschafter*innen an – warum dürfen sich Polizist*innen in unseren Gewerkschaften organisieren?

08.12.2017, Lesezeit 4 Min.
1
Demonstranten und Polizeibeamte rangeln am 02.12.2017 nahe des HCC Hannover Congress Centrum in Hannover (Niedersachsen) vor Beginn des Bundesparteitag der Alternative für Deutschland. Foto: Peter Steffen/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++

In den letzten Wochen gab es drei verschiedene Übergriffe der Polizei auf gewerkschaftliche Proteste in Deutschland. Dennoch sind Bullen weiterhin im Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) organisiert.

In den letzten Wochen gab es drei Vorfälle:

1. Hausdurchsuchungen bei ver.di Jugend

Am Dienstag hat die Polizei bundesweit 24 Objekte durchsucht. Bei Privatwohnungen von Mitgliedern der ver.di-Jugend in Nordrhein-Westfalen haben schwer bewaffnete Beamt*innen die Türen eingetreten. Der Vorwurf? Die Kolleg*innen haben an einer Spontandemonstration gegen die G20 in Hamburg teilgenommen – Beweise für irgendwelche Gewalttaten hat die Polizei nicht. Im Gegenteil: Ihre Videos beweisen vielmehr, dass die Polizei selbst mit brutalster Gewalt vorgegangen ist. Mit Durchsuchungen versucht die Polizei nun, aus der Defensive zu kommen – und schikaniert zu diesem Zweck junge Arbeiter*innen und Gewerkschaftsmitglieder.

2. Übergriffe gegen antifaschistische Blockaden

Am Samstag haben 7.000 Menschen gegen den Parteitag der AfD in Hannover protestiert. Sie bildeten zahlreiche Blockaden rund um das Kongresszentrum, um diese rassistische und neoliberale Partei zu stören. Die Polizei schützte die Rechten mit beeindruckender Gewalt – unter anderem mit Wasserwerfern bei Temperaturen um die null Grad! Ein Mann musste mit einem offenen Knochenbruch im Bein ins Krankenhaus gebracht werden. Dieser Mann war ein langjähriges Gewerkschaftsmitglied und lange nicht das einzige auf dieser Demonstration. Die IG Metall in Hannover hat nun einen Protestbrief gegen die Polizeigewalt veröffentlicht.

3. Studentische Beschäftigte festgenommen

Vor zwei Wochen haben studentische Beschäftigte in Berlin an der Technischen Universität protestiert. Sie fordern einen Tarifvertrag – nach 16 Jahren ohne Lohnerhöhung! Die TU setzte private Securitys und die Berliner Polizei ein. Zwei Gewerkschaftsaktivist*innen wurden festgenommen und auf die Wache gefahren. Andere wurden verletzt. Auch hier haben die Gewerkschaften GEW und ver.di ihre Ablehnung zum Ausdruck gebracht – genauso wie Krankenhausbeschäftigte und das Studierendenparlament der Freien Universität. Denn Beschäftigte wurden an ihrem eigenen Arbeitsplatz schikaniert!

Sind das unsere Kolleg*innen?

In allen drei Fällen haben Polizist*innen Gewalt gegen legale und legitime Proteste von Arbeiter*innen und Gewerkschaftsmitgliedern ausgeübt.

Das ist natürlich nicht in Ordnung. Würde ich als Gewerkschaftsmitglied eine*n Kollegen*in an einem Streikposten verprügeln oder gar bei ihm*ihr die Tür eintreten – dann würde mich die Gewerkschaft vollkommen zu Recht ausschließen. Denn die Grundlage der gesamten Arbeiter*innenbewegung ist die Solidarität.

Also warum können Bullen, die jeden Tag solche Gewalt ausüben, sich trotzdem in unseren Gewerkschaften organisieren? Die sogenannte „Gewerkschaft der Polizei“ (GdP) ist Teil des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), genauso wie ver.di oder IG Metall.

Manche werden sagen, Bullen seien auch Lohnabhängige. Aber Leo Trotzki hatte eine gute Antwort darauf:

Die Arbeiter, die Polizisten im Dienst des kapitalistischen Staates geworden sind, sind bürgerliche Polizisten und nicht Arbeiter.

Die Polizei dient dazu, die Macht und das Eigentum der Kapitalist*innen zu schützen. Ihnen ist jedes Mittel recht. Mit dem niedrigen Niveau des Klassenkampfes in Deutschland kommt es nicht allzu häufig vor, dass die Polizei gegen Streiks vorgeht. Aber auch in Deutschland wird Repression gegen heftigere Streiks eingesetzt. Zu nennen wäre der heldenhafte Streik der Kolleg*innen von Neupack in Hamburg, wo Bullen gewaltsam ihre Streikposten auflösten.

Die deutsche Polizei ist auch – ihr Sein bestimmt ihr Bewusstsein – ein rechter, rassistischer Haufen. Ihre Vertretungen wie GdP und DpolG legen jeden Tag ihre rechte Agenda auf den Tag. Das wurde deutlich, als die GdP eine Hetzkampagne gegen einen antifaschistischen Kongress im Münchener Gewerkschaftshaus betrieb. Erfolglos, übrigens.

Gewerkschaften müssen Instrumente der Solidarität sein. Alle Arbeiter*innen der Welt müssen sich gegenseitig unterstützen. Nur so haben wir eine Chance gegen das Kapital. Die Schläger*innen der herrschenden Klasse haben in unseren Reihen nichts verloren. Stattdessen müssen wir uns als Gewerkschaftsmitglieder selbst organisieren, um uns und alle Arbeiter*innen gegen Polizeigewalt zu verteidigen.

Nachtrag: Laut eines Interviews in der jungen Welt denkt die GdP darüber nach, aus dem DGB auszutreten. Wir finden das nicht gut. Sie sollten unverzüglich hinausgeworfen werden, bevor sie austreten können.

Mehr zum Thema