Neupack: Eine krasse Niederlage

14.09.2013, Lesezeit 15 Min.
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// Das unrühmliche Ende eines neunmonatigen Arbeitskampfs //

Befristete Verträge, unterschiedliche Löhne für die gleiche Arbeit, teilweise Löhne, die unter Hartz IV-Niveau liegen – viele von uns müssen unter solch prekären Bedingungen ackern. Und die Zeichen deuten auf weitere Verschlechterungen, wenn wir ArbeiterInnen und linke Organisationen nicht für bessere Bedingungen kämpfen. Die KollegInnen von Neupack haben monatelang für „gleichen Lohn für gleiche Arbeit“ gekämpft. Statt eines Tarifvertrags bekamen sie aber eine Lektion in Sachen Sozialpartnerschaft der Gewerkschaftsführung. Aus dem verheerenden Verlauf des Arbeitskampfs müssen jetzt die richtigen Schlüsse gezogen werden.

Neupack – das ist ein mittelständisches Familienunternehmen. Hajo, Jens und Lars Krüger führen ein autokratisches Regiment in ihren beiden Fabriken in Hamburg und Rotenburg an der Wümme. Bei Neupack werden Kunststoffverpackungen, beispielsweise für Molkereiprodukte, hergestellt. Nach einem jahrelangen, mühseligen Prozess der Gewinnung von KollegInnen für die Gewerkschaft kam es nach Scheingesprächen mit der Geschäftsführung schließlich am 1. November letzten Jahres zum Streik – für bessere Löhne, aber vor allem für einen Tarifvertrag. Etwa die Hälfte der knapp unter 200 KollegInnen (eine genau kalkulierte Zahl, um dem Betriebsrat die Freistellung zu verweigern) wagte den Widerstand trotz aller Gefahren.

Die IG BCE, die drittgrößte Gewerkschaft in Deutschland, blies unter diesem Druck zum Angriff. „Wir werden an Neupack ein Exempel statuieren – koste es, was es wolle!“, rief Gewerkschaftsführer Michael Vassiliadis aus. Und in Hamburg versammelten sich in und um den Solikreis Neupack viele GewerkschafterInnen, Linke und radikale Linke um den Kampf zu unterstützen.

Die Geschäftsführung nutzte die Polizei und die Gerichte, überzog die KollegInnen mit Kündigungen und holte StreikbrecherInnen herbei. Sie weigerte sich strikt, mit der Gewerkschaft zu verhandeln, geschweige denn einen Tarifvertrag zu akzeptieren. Trotzdem mehrten sich nach über 2 Monaten Vollstreik die Hinweise, dass der Arbeitskampf auch ökonomische Wirkung hat. Am 24. Januar dann eine der entscheidenden Wendungen im Streikverlauf: Die Gewerkschaftsbürokratie setzte eine neue Streiktaktik durch: Die KollegInnen wurden an die Arbeit geschickt, den Repressalien ausgesetzt, mussten die Lager wieder auffüllen – offiziell wurde dies als „Flexi-Streik“ bezeichnet. Das sollte angeblich einen häufigen und spontanen Wechsel zwischen Streikzeiten und Arbeitseinsätzen bedeuten, um die Gegenseite „zu verunsichern“. Faktisch gab es jedoch anfangs nur noch ein bis zwei Streiktage, später wurde wochenlang gar nicht die Arbeit niedergelegt.[1]

Das von der IGBCE offiziell als großer Erfolg etikettierte Ergebnis („nahe an einem Tarifvertrag“) des neunmonatigen Kampfes: Kein Tarifvertrag, weiterhin Einzelverträge, eine Vereinbarung zwischen Krüger und Betriebsrat über Entgeltstufen, die immer noch variable Bezahlung möglich machen. Weiterhin befristete Verträge – bei einer durch die StreikbrecherInnen unnötig großen Belegschaft.

Dass dieses Ergebnis überhaupt durchkam, ist wiederum nur mit der Zermürbung der KollegInnen zu erklären. Dazu kommt, dass auch dieser Kompromiss teuer erkauft wurde: Monatelange Lohneinbußen und psychische Belastung im Streik machen die erkämpfte Erhöhung wieder zunichte. Das Mobbing im Betrieb und vor allem der Verrat der IG BCE haben viele KollegInnen in die völlige Resignation getrieben. Einige sind sogar wieder aus der Gewerkschaft ausgetreten.

Murat Güneş und die Helden von Neupack

„Es wurde Euch übel mitgespielt, KollegInnen!“, kann man ohne Zögern ausrufen. Diese Hundert gehören zum Besten, was die deutsche ArbeiterInnenklasse zur Zeit hervorgebracht hat. Hundert KollegInnen zwölf verschiedener Muttersprachen haben sich unter schwierigsten Umständen gegen ihre AusbeuterInnen gewendet. Ohne Kampferfahrungen haben sie sich dank der Vorarbeit einzelner wie Betriebsrat Murat Güneş organisiert und sind in den Konflikt getreten. Sie haben den Abbau des Hamburger Streikzeltes über Weihnachten durch die Gewerkschaftsbürokratie verhindert und sich erst nach zwei Tagen intensiver Diskussion zum Abbruch des Vollstreiks überreden lassen. Sie sind trotz „Flexi-Verarsche“ monatelang weiter zu den Mitgliederversammlungen gekommen. Sie haben die FunktionärInnen im Streikzelt beim Treffen des Hamburger Solikreises hart kritisiert. Am 1. Mai gab es Pfiffe für den Vorsitzenden der IG BCE. Doch der Bruch mit der bürokratischen Streikleitung wurde nicht vollzogen. Der IG BCE-Apparat hielt die Zügel immer in der Hand.

Dabei wäre der notwendige Bruch mit der Bürokratie gerade bei Neupack möglich gewesen. Die KollegInnen merkten, dass sie betrogen wurden. Die Bürokratie war nicht so gut aufgestellt wie andernorts, verfügte über keinen betrieblichen Apparat. Hingegen gab es einen Solikreis in Hamburg, dessen führender Teil Bürokratie-kritische Positionen vertrat.

Es gab mehrere Versuche, Streikkomitees einzurichten. Nach der Durchsetzung des sogenannten „Flexi-Streiks“ gab es Rufe nach einer örtlichen Streikleitung. Leider gelang es nicht, solche Strukturen zu etablieren. Sie hätten, obwohl nur als Ergänzung zum Gewerkschaftsapparat gedacht, als gewählte Organe der Basis ein wichtiger Ansatzpunkt für einen Bruch mit der Politik der Gewerkschaftsbürokratie sein können. Weil dies jedoch scheiterte, konnten die FunktionärInnen die Mitgliederversammlungen, die gleichzeitig während der „Flexi-Verarsche“ fast die einzigen Streiktage darstellten, voll unter ihrer Kontrolle halten. Bei einem Treffen der Streikenden im April, welches unter Ausschluss der GewerkschaftsfunktionärInnen stattfand, sah es so aus, als könne sich eine kollektive Opposition zur Bürokratie formieren. Durch ein Manöver der Streikverantwortlichen der IG BCE kam es schließlich nicht dazu. Sie gaben sich kurzzeitig kämpferisch und weckten bei den KollegInnen einschließlich ihrer Führungsfiguren wohl die Illusion, dass man den Streik wieder effektiv führen könnte, ohne sich in direkte Konfrontation mit der offiziellen Streikleitung begeben zu müssen.

Nichts geht wegen der Gewerkschaftsbürokratie

Die Politik der IG BCE bewies eindrücklich, dass die Gewerkschaftsbürokratie ein Hindernis für die ArbeiterInnenklasse darstellt, das es zu überwinden gilt. Die Vorstellung der Sozialpartnerschaft, der Zusammenarbeit zwischen den Klassen, wurde bei Neupack von der IG BCE-Bürokratie ganz ausdrücklich vertreten, ja sogar als Zielsetzung dieses Arbeitskampfs benannt. Der Ablauf und das Ergebnis des Streiks sind ein besonders deutliches Beispiel dafür, wie verheerend diese Ideologie für unsereins und wie gewinnbringend sie für die besitzende Klasse ist.

Die vor den KollegInnen geheim geführten Gespräche mit den Bossen, die Begrenzung der Selbstbestimmung der Streikenden auf das Unwichtigste – dies sind Methoden, die die BürokratInnen in Deutschland nutzen. Die Gewerkschaftsbürokratien sind letztlich Agenturen der Kapitalherrschaft in den Reihen der ArbeiterInnenklasse. Auch wenn die IG BCE in diesem Fall ein besonders haarsträubendes Beispiel lieferte, so gilt diese Feststellung doch genauso für alle anderen Gewerkschaftsapparate. Wenn hauptamtliche FunktionärInnen in ver.di plötzlich „demokratische Mitbestimmung“ in Streiks für sich entdecken, dann letztlich nur als ein Instrument, ihren schwindenden Einfluss nicht völlig zu verlieren – es ist jedoch nie auf eine wirklich demokratische Führung des Streiks durch die ArbeiterInnen ausgerichtet.

Auch die IG BCE bei Neupack nutzte verschiedene Gesichter, um ihr Vorgehen den KollegInnen zu verkaufen. Da war nicht nur der IG BCE-Nord-Chef Ralf Becker, der aus Hannover die kontraproduktive Streiktaktik vorgab. Da gab es auch die freundlichen FunktionärInnen vor Ort, die bereitwillig an der Basis vertraten, was von oben diktiert wurde. Hinter vorgehaltener Hand stimmten manche von ihnen der Kritik an der Streiktaktik zu – doch nach außen verteidigten sie die Linie der Führungsetage. Sich auf die Seite der Streikenden zu stellen, hätte bedeutet, sich in Konflikt mit den eigenen Vorgesetzten zu begeben und damit den eigenen Job zu riskieren. Man kann es ihnen kaum zum Vorwurf machen – aber gerade die Streikenden (aber auch alle UnterstützerInnen) müssen sich in solch einer Situation bewusst sein, dass die „kleinen“ FunktionärInnen vor Ort ebenso Teil des bürokratischen Apparats sind, wie Becker oder Vassiliadis.

Was es bei Neupack bisher nicht gab: Einen gut geschmierten betrieblichen Kontrollapparat, der sich über Betriebsgruppen-Hierarchien und von oben geförderte Betriebsratskarrieren erstreckt. Die Tatsache, dass es lange Zeit kaum gewerkschaftliche Organisierung und nur einzelne aktive und kritische Betriebsräte gab, hatte das ebenso verhindert, wie die ultra-gewerkschaftsfeindliche Politik der Krügers. Dadurch, sowie durch die von Beginn an solidarische, aber gegenüber der Bürokratie auch kritische Begleitung des Kampfes durch den Solikreis, ergab sich bereits eine sehr interessante Ausgangslage.

Im weiteren Verlauf eröffneten sich im Streik Konfliktlinien, bei denen jedeR klassenkämpferischeR Linke hätte hellhörig werden müssen: Die Gewerkschaft beging einen kaum verschleierten Verrat an den Interessen der KollegInnen, in dem sie ausrief, „Wir wollen das Unternehmen nicht kaputt streiken!“, und die Belegschaft bewusst täuschte, um die „Flexi-Taktik“ durchzusetzen. Obwohl schnell deutlich wurde, dass dies ausschließlich dem Unternehmen in die Hände spielte, war der Kampfeswille der KollegInnen damit noch nicht gebrochen. Der offizielle Streikzustand dauerte nicht nur deshalb weitere sechs Monate an, weil die Geschäftsführung auf keinerlei Kompromisse eingehen wollte, sondern auch, weil die Streikenden nicht bereit waren, aufzugeben.

Während ein Teil von ihnen die neue Taktik von Anfang an kritisch sah, stand wenige Wochen später eine Mehrheit der Streikenden der Bürokratie enttäuscht und wütend gegenüber. Auf dem Höhepunkt dieser Entwicklung trafen sie sich Anfang April unter Ausschluss der FunktionärInnen, um einen Brief an die Gewerkschaftsführung zu verfassen, in dem sie die Entscheidungsgewalt über die weitere Streiktaktik einforderten. Die Zustände und Mechanismen innerhalb der deutschen Gewerkschaften, die überhaupt erst in diese Situation geführt haben, hätten in diesem Streik grundlegend in Frage gestellt werden können. Dazu hätte es der radikalen und gewerkschaftlichen Linken gelingen müssen, die antibürokratischen Tendenzen aufzugreifen und voranzutreiben, die in diesem Kampf so deutlich wie in keinem anderen aktuellen Fall zu Tage getreten sind. Stattdessen müssen nun die KollegInnen die bittere Zeche dafür zahlen, dass es nicht gelang, den IG BCE-Wölfen im Schafspelz etwas entgegenzusetzen.

Nichts geht ohne den Hamburger Solikreis

Der Solikreis in Hamburg hat die KollegInnen lange Zeit begleitet und von Anfang an hervorragende Arbeit bei der Unterstützung geleistet. Er spielte eine wichtige Rolle durch die Bekanntmachung des Kampfes und durch die Initiierung verschiedener Aktionen. Dies war die Rolle, auf die die Gewerkschaftsbürokratie ihn gerne beschränkt gesehen hätte. Gleichzeitig kritisierte aber zumindest der führende Teil des Solikreises öffentlich die gewerkschaftliche Führung und bot mit seinen Treffen im Streikzelt einen Rahmen, in dem die KollegInnen ihre Zweifel und ihre Wut ausdrücken konnten. Nach Beginn der „Flexi-Verarsche“ und dem späteren Abbau des Streikzelts kam aus dem Solikreis wichtiger Rückhalt für die kritischen KollegInnen.

Aus dieser zentralen Rolle ergibt sich vor dem Hintergrund der Niederlage aber auch die Frage, was besser hätte gemacht werden können, um das Blatt zu wenden. Im Solikreis versammelten sich zum Teil GenossInnen, die über weit mehr politische und auch praktische Streik-Erfahrung verfügen als die kämpfenden KollegInnen. Die Notwendigkeit einer aus den Reihen der Streikenden gewählten Streikleitung war zumindest den zentralen Beteiligten klar.

Wir von RIO sind selbst erst spät von außen zum Streikgeschehen hinzugestoßen sind und konnten viele Ereignisse und Diskussionen erst im Nachhinein und aus zweiter Hand nachvollziehen. Ohne dessen Leistungen schmälern zu wollen, halten wir es doch für die Bilanzierung des Streiks für notwendig, auch den Solikreis Neupack einer kritischen Betrachtung zu unterziehen. Wir können hier keine abschließende Bilanz der Arbeit des Solikreises vorlegen (dies ist schließlich auch mit die Aufgabe der dort Aktiven selbst), aber Fakt ist, dass es ihm nicht gelungen ist, die Streikenden und den entstehenden antibürokratischen Geist soweit auch politisch zu unterstützen, dass diese sich selbstständig gegen die offizielle Streikführung organisiert und sie in ihre eigenen Hände genommen hätten.

Wäre es nicht notwendig und möglich gewesen, mit noch mehr Nachdruck die Öffnung der Mitgliederversammlungen für alle UnterstützerInnen zu fordern? Wäre es nicht möglich gewesen, auf diesem und auf anderen Wegen für die Einrichtung demokratischer Streikversammlungen zu kämpfen? Wir haben keine definitive Antwort darauf, aber wir halten die Diskussion über diese Fragen für äußerst wichtig.

Dazu kommt, dass es kaum gelang, teilnehmende Gruppen über einzelne Mitglieder hinaus in die Verantwortung zu ziehen. Die Vorgabe, dass nur Individuen und keine Gruppen im Solikreis arbeiten sollten, machte es für die verschiedenen Organisationen noch leichter, sich aus der Affäre zu ziehen. Gerade aber die bundesweiten Organisationen hätten die Aufgabe gehabt, ein Netz von Solidaritätskomitees aufzubauen, das den Verrat der Gewerkschaftsbürokratie wirksamer denunzieren und ein Rückhalt für eine Streikleitung der Streikenden hätte sein können.

Der Dilettantismus der radikalen Linken

Doch die radikale Linke insgesamt hat der Niederlage nicht genügend entgegengesetzt. Nach der Durchsetzung der „Flexi-Verarsche“ hat ein Teil zwar das Vorgehen der IG BCE-Führung in ihren Publikationen verurteilt. Aber anstatt die Solidarität zu verstärken und Wege zu suchen, wie man den KollegInnen helfen könnte, sich aus dem sozialpartnerschaftlichen Würgegriff zu befreien und den Kampf der KollegInnen von Neupack zu einer bundesweiten Frage zu machen, blieben die meisten Gruppen zurückhaltend oder völlig passiv.

Beispielsweise hat sich die größte trotzkistische Organisation in Deutschland, die SAV, trotz vorhandener Ortsgruppe in Hamburg, nur kurzzeitig zu Beginn des Streiks am Solikreis beteiligt und danach auf jede intensivere Unterstützung verzichtet – lediglich an einigen wenigen öffentlichen Aktionen waren die GenossInnen zu sehen. Durch eine solche Haltung wurde die Chance zum Aufbau einer antibürokratischen Strömung, die unserer Meinung nach bei Neupack greifbarer wurde als bei jedem anderen Arbeitskampf der letzten Zeit, leichtfertig vertan.

Die Konferenz „Erneuerung durch Streik“ von Rosa-Luxemburg-Stiftung und ver.di Stuttgart ließ Murat Güneş zwar reden, weigerte sich aber, über aktive Unterstützung auch nur zu diskutieren.[2] Revolutionäre Gruppen, die den Streik vorher aktiv unterstützt hatten, erklärten in der Zeit, als die Situation der Streikenden besonders schlimm und die verräterische Rolle der Gewerkschaftsbürokratie unfassbar offensichtlich wurde, den Streik mehr oder weniger ausdrücklich für gescheitert. Sie wandten sich lieber, angenehmeren, nun wichtigeren Fragen zu.

Wir von RIO schließen an die Kritik der radikalen Linken im Allgemeinen natürlich auch eine kritische Reflexion unseres eigenen Vorgehens an. Selbst für eine Organisation ohne Präsenz in Hamburg oder Rotenburg haben wir viel zu spät ernsthaft von dem Kampf bei Neupack Notiz genommen. Erst nachdem die „Flexi-Verarsche“ schon eine Weile lief, wurden wir uns der Bedeutung der Situation bewusst und warfen unser geringes Gewicht in die Waagschale – mit Artikeln, Redebeiträgen, Veranstaltungen und der Initiierung des Berliner Solikreises. Dieser hat es jedoch nie geschafft, eine eigene Dynamik zu entwickeln und blieb im initialen Stadium stecken. So konnte unsere Unterstützung kaum mehr als symbolischen Charakter erlangen, doch glauben wir, dass es – bei all unseren Grenzen – möglich gewesen wäre, mit der Hilfe von anderen Gruppen eine wirksamere Solidarität zu entwickeln, wenn diese die Notwendigkeit dazu erkannt hätten.

Lehren ziehen!

Wir können feststellen, dass die Niederlage der IG BCE in erster Linie natürlich zum Schaden der KollegInnen ist, zugleich aber eine Niederlage der bestehenden Strategie der radikalen Linken – ihrer Unfähigkeit, kritische Punkte im Klassenkampf zu erkennen und für die Schaffung einer unabhängigen politischen Partei der ArbeiterInnenklasse zu nutzen. Der Kampf bei Neupack lehrt (trotz aller Fragen, die für eine Bilanz im einzelnen noch bestehen), dass die Frage der Streikdemokratie eine Schlüsselfrage für die Entwicklung der ArbeiterInnenpolitik ist und dass die Schaffung einer antibürokratischen Basisbewegung in den Gewerkschaften keine ferne Perspektive darstellt, sondern ein kurzfristigeres Ziel sein muss, dass durch kühnes Ausnutzen der vorhandenen Widersprüche erreicht werden muss – zur Schaffung einer Grundlage für die Überwindung der Gewerkschaftsbürokratien als einem der Haupthindernisse auf dem Weg zum Sturz der ausbeutenden Klasse.

Wir rufen alle Beteiligten dazu auf, sowohl untereinander als auch mit uns darüber zu diskutieren, welche Lehren aus diesem Streik gezogen werden müssen. In den kommenden Monaten wollen wir darauf aufbauend eine Broschüre verfassen, die eben jene Lehren aufhebt. An dieser Stelle sei außerdem darauf hingewiesen, dass die Schikanen bei Neupack weitergehen und Klagen gegen aktive Streikende, wie auch das Kündigungsverfahren gegen Murat Güneş weiterlaufen und Solidarität weiterhin notwendig ist!

Fußnoten

[1] Für weitere Details des Streikverlaufs, siehe: Tom Hirschfeld: Vier Monate Streik. In: Klasse Gegen Klasse Nr. 6.

[2]. Tom Hirschfeld und Mark Turm: Eine Konferenz für die Bürokratie. In: Klasse Gegen Klasse Nr. 6.

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