Erst CDU, jetzt AfD: Ramelows Pakte zur Stabilitätssicherung

06.03.2020, Lesezeit 3 Min.
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Bodo Ramelow of the Left Party (Die Linke) casts his vote during the second round for the election of a new state prime minister at the Thuringia state parliament in Erfurt, Germany, March 4, 2020. REUTERS/Hannibal Hanschke

Nur einen Tag nach seiner wackligen Wahl zum Ministerpräsidenten Thüringens schloss Bodo Ramelow (Linkspartei) einen Pakt mit der AfD. Sieht so der Kampf gegen rechts aus?

Am Mittwoch atmete die Republik auf: Bodo Ramelow wurde im dritten Wahlgang zum thüringischen Ministerpräsidenten gewählt; die „Stabilität“ sei nun gesichert. Er erhielt genauso viele Stimmen wie die rot-rot-grüne Koalition im Landtag Sitze hat; der „historische Kompromiss“ mit der CDU wird natürlich trotzdem tragen, denn auch wenn die CDU Ramelow nicht mitgewählt hat, muss er auf die Union zählen, um einen stabilen Haushalt durchzusetzen.

Wie weit der Wunsch nach Stabilität trägt, wurde heute in einem Interview deutlich, dass Ramelow der Thüringer Allgemeinen gab. Darin erklärte er, am Donnerstag seine Stimme für die Ernennung eines AfD-Abgeordneten zum Landtagsvizepräsidenten gegeben zu haben. Zur „Absicherung der Zweidrittelmehrheiten für Richter und Staatsanwälte“ paktierte Ramelow offenbar mit der AfD, die das vorher blockiert hatte. Dieses Pöstchen-Geschachere kennen wir von Ramelow schon; ein weiterer Rechtsruck ist es trotzdem, denn im Bundestag sorgt die Linkspartei (neben anderen Parteien) bisher dafür, dass die AfD keinen Bundestagsvize stellen kann.

Noch gestern war Ramelow von links gefeiert worden, weil er dem thüringischen AfD-Chef Höcke den Handschlag verweigerte. Doch wozu braucht man schon einen Handschlag, wenn man im Hinterzimmer Deals verabreden kann?

Nun herrscht helle Aufregung. Wahrscheinlich ist, dass die Linkspartei weder von Ramelows Entscheidung noch von Ramelows Interview vorab Kenntnis hatte. Doch eigentlich kann es nicht überraschen: Ramelow verkörpert den unbedingten Willen zum Regieren, und seine prinzipienlose Paktiererei ist hinlänglich bekannt. Dafür hat er in seiner letzten Amtszeit auch weiter Abschiebungen durchführen lassen. Zudem ist er der Forderung nicht nachgekommen, den Verfassungsschutz aufzulösen, der das Umfeld des NSU aufgebaut hat.

Klar ist: Eine linke Antwort auf den voranschreitenden Rechtsruck kann keinesfalls darin bestehen, Pakte mit der AfD zu suchen. Alle Linken in und außerhalb der Linkspartei müssen diese Position auf das Schärfste verurteilen und Konsequenzen ziehen. Ramelow muss aus der Linkspartei ausgeschlossen werden.

Zugleich sollten wir uns keinerlei Illusionen machen: Der unbedingte Wille zum Regieren ist in der Linkspartei seit Langem Teil ihres Selbstverständnisses. Das wurde erst unlängst bei der Strategiekonferenz in Kassel erneut klar. Es wird mit jedem Tag die Notwendigkeit deutlicher, mit der Illusion zu brechen, „dass eine linke Oppo­si­tion in der Linkspartei diese nach links drück­en kön­nte“, und stattdessen „die Kon­se­quenz zu ziehen, dass eine tat­säch­liche Alter­na­tive nicht als Teil ein­er Regierungspartei aufge­baut wer­den kann“, wie wir an anderer Stelle schrieben.

Besonders nach dem faschistischen Terroranschlag in Hanau ist eine klare Diskussion darüber notwendig, wie wir zu Massenmobilisierungen und Streiks gegen Rassismus kommen, anstatt immer wieder bange auf den nächsten „Dammbruch“ in der parlamentarischen Normalisierung ultrarechter Kräfte wie der AfD zu warten.

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