Die Kämpfe der FT-CI

02.04.2018, Lesezeit 20 Min.
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In den letzten zwei Jahren hat die FT ihr Erscheinungsbild verändert, sowohl durch die Entwicklung der PTS in Argentinien als auch durch den Fortschritt einiger ihrer Gruppen. Was sind die aktuellen Kämpfe der FT?

Die Entwicklung des internationalen Zeitungsnetzwerks, La Izquierda Diario, war in der Entwicklung der letzten Zeit entscheidend (derzeit in Englisch, Französisch, Deutsch, Spanisch, Portugiesisch, Katalanisch sowie einer türkischen Sektion). Die Neuheit, die die digitalen Zeitungen hervorgebracht haben, besteht darin, dass sie auf verschiedenen Ebenen eine politische Ausstrahlung mehrerer FT-Organisationen über die PTS hinaus ermöglichten.

In den letzten Jahren haben sowohl die MTS in Mexiko als auch die PTR in Chile eine gewisse Legalität errungen, um bei Wahlen kandieren zu können. Die MRT in Brasilien hat dies mit Hilfe „demokratischer Kandidaturen“ auf den Wahllisten anderer Organisationen getan. In Frankreich hat die CCR als Teil der NPA eine wichtige Rolle im letzten Präsidentschaftswahlkampf gespielt. All dies mit dem Ziel, sich für den Klassenkampf zu stärken und ein Übergangsprogramm der Unabhängigkeit der Arbeiter*innenklasse gegen die Kapitalist*innen zu präsentieren.

Seit der letzten Konferenz und der außerordentlichen Sitzung Anfang 2017 war die FT aktiv an wichtigen internationalen Prozessen beteiligt, wie dem Kampf gegen die Reformen in Brasilien, der auf Grund der Führung der PT und der CUT zurückgegangen ist. Im Rahmen ihrer Kräfte hat die FT auch im Spanischen Staat und in Katalonien in den Unabhängigkeitsprozess eingegriffen (und hat vor kurzem Esquerra Diari auf Katalanisch lanciert). Und sie hat in jüngster Zeit aktiv in die Ereignisse vom Dezember 2017 in Argentinien interveniert. Gleichzeitig hat sie in wichtige Teilprozesse des Klassenkampfes eingegriffen, darunter die CCR in den Streik der outgesourcten Eisenbahnbeschäftigten von ONET, einem der längsten Streiks in der Geschichte der Eisenbahn in Frankreich, deren Triumph ein Beispiel im Kampf gegen die Prekarisierung war.

Zum anderen hatten wir, auf der außerordentlichen Tagung der FT im Jahr 2017, den Aufruf zum Aufbau einer Bewegung für eine Internationale der Sozialistischen Revolution – Vierte Internationale (MIRSCI) erneuert und aktualisiert. Im Bewusstsein des Ausmaßes der Aufgabe, entgegen jeder sektiererischen Selbstproklamation, behaupten wir, dass der Aufbau revolutionärer Arbeiter*innenparteien und die Errichtung einer Internationale der sozialen Revolution (die für uns die Neugründung der Vierten Internationale auf revolutionären Grundlagen bedeutet) nicht das Produkt der evolutionären Entwicklung unserer Organisationen oder unserer internationalen Strömung sein wird, sondern ein Ergebnis der Fusion der linken Flügel der revolutionären marxistischen Organisationen und Sektoren der Arbeiter*innen- und Jugendavantgarde, die sich zur sozialen Revolution orientieren.

Obwohl uns die Realität noch keine großen Trends dieser Art zeigte, welchen wir uns annähern können, hatte der Aufruf des MIRSCI einen wichtigen Einfluss auf die Annäherung an die italienischen Genoss*innen der FIR (Frazione Internazionalista Rivoluzionaria), mit denen die FT-CI ein Verbindungskomitee etabliert hat. Die FIR kommt von der PCL (Partito Comunista dei Lavoratori, ehemaliges Mitglied der von der PO von Argentinien geförderten internationalen Strömung). Ihre Mitglieder bildeten die Mehrheit der Jugend dieser Partei. Sie ist in Rom, Neapel und Bologna tätig und veröffentlicht die Online-Zeitung La Voce Delle Lotte. Es gab auch eine Annäherung an die Genoss*innen von „Resistencia Sur“ aus Peru, mit denen die FT strategische und programmatische Diskussionen und gemeinsame Aktivitäten entwickelt hat (durch die Förderung von Pan y Rosas Peru, als Unterstützer*innen von La Izquierda Diario, usw.), und vor kurzem mit den Genoss*innen der Organización Socialista aus Costa Rica, mit denen wir auch einen Prozess der strategischen und programmatischen Diskussionen, sowie gemeinsame Aktivitäten begonnen haben (wie die jüngste Gründung von Pan y Rosas Costa Rica und die Zusammenarbeit mit LID). In allen Fällen nahmen sie mit Delegationen am Strategieseminar und der FT-Konferenz teil.

In den USA hat Left Voice, eine politische Arbeit, die die FT in der vorangegangenen Konferenz diskutiert hatte, Fortschritte bei der Veröffentlichung einer Zeitung auf Englisch gemacht, die bereits eine Referenz in der Linken und der Avantgarde ist, wobei bereits mehrere Ausgaben der gedruckten Zeitschrift Left Voice veröffentlicht wurden. Genoss*innen haben sich uns durch die Zeitung angenähert (einige von ihnen sind im vergangenen Jahr nach Argentinien gereist, um die PTS zu treffen) und ihre ersten Erfahrungen im Klassenkampf und der politischen Auseinandersetzung gemacht, um tausende Jugendliche zu erreichen, die heute in den USA nach links gehen.

Das „Gravitationszentrum“ im Klassenkampf

Diese Entwicklung der Organisation der FT hat unsere internationale Strömung zu einer komplexeren Realität gemacht. Zum einen steht die PTS derzeit vor der Herausforderung, den Grundstein für eine Avantgardepartei in Argentinien zu legen. Auf einer zweiten Ebene stehen die Propaganda- und Aktionsligen in Brasilien, Chile, Mexiko und seit kurzem auch in Frankreich, wo sich die CCR im linken Flügel der NPA verstärkt. Auf einer dritten Ebene hat die FT Propagandagruppen mit Aktionsmerkmalen im Spanischen Staat, Bolivien und Deutschland. Eine vierte Ebene sind die initialen Gruppen, in den Vereinigten Staaten, Uruguay und Venezuela. Innerhalb jeder dieser Ebenen kennzeichnen unterschiedliche Realitäten jede der verschiedenen nationalen Situationen.

In aufeinander folgenden Konferenzen diskutierten wir, dass die FT-Gruppen nicht vor der Aufgabe stehen, die evolutionäre Entwicklung der PTS mit ihren verschiedenen Stadien einfach stur nachzuverfolgen. In diesem Sinne hatten wir die Proletarisierung unserer Organisationen und die Entwicklung der digitalen Zeitungen in jedem Land diskutiert. Es besteht nun die Gefahr, dass die Entwicklung der Zeitungen, sowie die Aufstellung von Wahlkandidat*innen, die unser Programm „im Überbau“ ausstrahlen, uns mehr Kraft kosten als nötig.

Ein zentrales Thema der Diskussionen der XI. Konferenz war daher, wie all diese Fortschritte, die die verschiedenen Gruppen gemacht haben, bis zum Ende ausgenutzt werden können, um das „Gravitationszentrum“ unserer Organisationen im Klassenkampf zu festigen.

In diesem Rahmen wurden die zentralen Themen diskutiert, die die Orientierung unserer Organisationen ausmachen: (a) das Verhältnis von Propaganda und Aufbau, (b) die Bedeutung der Entwicklung und Festigung von „Bastionen“, (c) der Neoreformismus als grundlegendes Hindernis für die Entwicklung revolutionärer Organisationen, (d) der Kampf zur Orientierung von Massenbewegungen (Frauenbewegungen, demokratische Bewegungen etc.) in Richtung des Klassenkampfes und (e) die Vertiefung und Erweiterung der theoretischen Produktion der FT.

Der Kampf gegen den Neoreformismus

Eine Folge der Krise 2008 und der Tendenzen zur „organischen Krise“ war die Entwicklung neo-reformistischer Strömungen, die sich links von den sozialdemokratischen Parteien befinden, welche sozialliberal geworden sind. Im Gegensatz zum klassischen Reformismus, haben diese neo-reformistischen Strömungen ihre Basis nicht in der Industriearbeiter*innenbewegung, sondern in Sektoren des „fortschrittlichen“ Mittelschichten, der prekären Jugend, Arbeiter*innen des öffentlichen Dienstes und Studierenden. Bei den Wahlen in Chile hat sich die „Frente Amplio“ zu einer neo-reformistischen Variante entwickelt, in Frankreich wurde sie von Mélenchon und La France Insoumise verkörpert. Einige der neoreformistischen Parteien haben bereits gezeigt, wohin ihre Strategie sie führt, wie zum Beispiel Syriza in Griechenland, die die Troika-Politik durchsetzte, oder Podemos in Spanien, die keine großen Hoffnungen mehr weckt, obwohl sie ihren Wahleinfluss noch aufrecht erhält (sie beteiligt sich an mehreren lokalen Regierungen mit der PSOE und ist in das Regime integriert). Andere drücken eine Verschiebung nach links von breiten Teilen der Jugend und eine Tendenz zum Aktivismus aus, wie die DSA (Democratic Socialists of America) in den Vereinigten Staaten, die das „Sanders-Phänomen“ weitgehend kanalisiert haben, oder wie Momentum innerhalb der britischen Labour-Partei, welche sich auf die Figur von J. Corbyn bezieht und mehrere hunderttausend junge Menschen organisiert.

Gerade wenn es um Phänomene mit viel Aktivismus geht, wollen wir den Dialog führen, mit den linken Sektoren dieser Strömungen und den Tausenden von jungen Menschen um sie herum, welche zum politischen Leben erwachen. Wir wollen mit ihnen darüber diskutieren, warum eine revolutionäre sozialistische Strategie und ein entsprechendes Programm notwendig sind und warum ein Weg der Reform des kapitalistischen Systems nicht möglich ist. Wir wollen die Strategie der Verwaltung des Kapitalismus bekämpfen, welche, wie Syriza bereits gezeigt hat, nur zur Niederlage und Demoralisierung führen kann.

Diese Art von Phänomenen übt gleichzeitig einen großen Druck auf die (radikale) Linke aus und fördert die Illusion des organisatorischen Wachstums durch Wahlen, was sich kürzlich in der Verschiebung der Führung der PSOL in Brasilien nach rechts zeigte, indem sie ein gemeinsames programmatisches Manifest mit PT, PSB, PDT und PCdoB unterzeichneten.

In Argentinien sind Versuche, eine politische Kraft im Stil des Neo-Reformismus zu schmieden, gescheitert. Zum einen wegen des reformistischen Diskurses des Kirchnerismus, zum anderen aber auch wegen der Existenz und Festigung der „Front der Linken und der Arbeiter*innen“ (FIT) als wichtige Alternative ab 2011. Dies unterscheidet Argentinien weitgehend von den meisten Ländern, in denen die FT-CI mit neo-reformistischen Varianten konfrontiert ist (Chile, Spanischer Staat, etc.).

Der Neo-Reformismus ist ein Hindernis für den Aufbau revolutionärer Parteien. Um ihn zu überwinden, gibt es nur einen Weg: den politischen Kampf und den Klassenkampf. Die Wahlen dienen zwar für revolutionäre Agitation, öffnen aber keine politischen Räume jenseits derer, die Revolutionär*innen aus dem Klassenkampf selbst zu machen wissen.

Die PTS, die die FIT seit 2015 anführt, ist nicht durch Wahlen „aufgestiegen“, sondern durch ihre Politik in der Arbeiter*innenbewegung und durch wichtige Ereignisse im Klassenkampf, in die sich die PTS vollständig „geworfen“ hat. So gingen der Gründung der FIT emblematische Kämpfe voraus, wie der Kampf von Kraft (gegen Entlassungen) inmitten der Krise von 2009. Der großartigen Wahl von Nicolás Del Caño im Jahr 2015 ging zugleich der enorme Kampf von Lear voraus, wo del Caño mehrmals bei der Unterstützung der Arbeiter*innen Repression erfahren musste. Ähnliches gilt für die Eroberung (zum ersten Mal in der Geschichte der PTS) zweier Plätze im nationalen Parlament für die Provinz Buenos Aires im Jahr 2017, welcher der große Kampf der Pepsico-Arbeiter*innen desselben Jahres vorausging. Dieser Kampf nahm die Wut vorweg, die in den Mobilisierungen gegen die Rentenreform am 18. Dezember 2017 zum Ausdruck kam.

Verknüpfung von Massenbewegungen und Klassenkampf

Leo Trotzki erklärte 1938 im Übergangsprogramm, dass die Erneuerung der damaligen revolutionären Bewegung Hand in Hand mit der Jugend und den arbeitenden Frauen gehen würde. Die massiven Mobilisierungen am 8. März – verbunden mit Teilstreiks in einigen Sektoren -, die in vielen Ländern der Welt stattfanden, zeigen, dass diese strategische Hypothese auch heute gültig ist.

Unsere internationale Strömung ist ein aktiver Teil dieser Bewegung und wir kämpfen in ihr seit Jahren für den Aufbau eines sozialistischen Feminismus. Die Gruppe Pan y Rosas, die von den Gruppen der Trotzkistischen Fraktion für die Vierte Internationale gemeinsam mit Unabhängigen gefördert wird, ist in Argentinien, Chile, Brasilien, Mexiko, Spanien, Bolivien, Deutschland, Frankreich, den Vereinigten Staaten, Uruguay, Venezuela, Peru und Costa Rica vertreten. In Ländern wie Argentinien und Chile, wo die Frauenbewegung Hunderttausende von Menschen mobilisiert, ist Pan y Rosas die wichtigste militante Frauenbewegung.

Als Trotzki das Übergangsprogramm schrieb, ignorierten opportunistische Organisationen junge Menschen und Frauen, indem sie sich allein auf die privilegierteren Schichten der Arbeiter*innenklasse konzentrierten. Während der neoliberalen Offensive änderte sich dies. Heute finden wir neben den Gewerkschaftsbürokratien, die in den höchsten Schichten des Proletariats konzentriert sind, eine ganze Reihe anderer Bürokratien der „Bewegungen“, die die Kämpfe für bürgerliche oder „soziale“ Rechte künstlich von den Forderungen der Arbeiter*innenklasse als Ganzes trennen. Und das, obwohl es eine Tatsache ist, dass Ausbeutung und Unterdrückung zunehmend miteinander verwoben sind. Im Falle der Frauenbewegung beispielsweise überlagert sich diese mit einer Arbeiter*innenklasse, die sich exponentiell verweiblicht hat (wenn erstere auch über sie hinaus geht).

Wenn es angesichts dieser Bürokratien auf der einen Seite einen Kampf von Programmen und Strategien für die Bewegung geben muss, muss dies zwangsläufig mit einem Kampf einhergehen, die Massenbewegung – wo es eine gibt – mit dem Klassenkampf zu verbinden, nicht nur auf diskursive Weise, sondern in der Praxis. Ein embryonales Beispiel in diesem Sinne, war die Verbindung, die die CCR in Frankreich zwischen dem ONET-Streik und der Frauenversammlung #metoo förderte. Ein weiteres Beispiel, kurz nach Abschluss der FT-Konferenz, war die von Pan y Rosas in Argentinien geförderte Verbindung zwischen dem 8. März und den Krankenschwestern des Posadas-Krankenhauses (eines der größten Krankenhäuser des Landes), welche gegen Entlassungen kämpfen. Gemeinsam blockierten sie Straßen im Zentrum der Stadt, was dem Konflikt große Bedeutung verlieh und die Regierung dazu zwang, sie zu empfangen.

Die Entwicklung von „Bastionen“

Der Aufbau einer revolutionären Partei geschieht nicht durch die bloße „Aufblähung“ eines Apparates, sondern steht in engem Zusammenhang mit der Entwicklung der progressivsten Tendenzen die es in der Realität gibt. So gingen auch Revolutionär*innen wie Lenin, Luxemburg oder Trotzki mit der Frage um.

Auf dem Niveau unserer Organisationen richten wir unsere eigene Intervention in diese Richtung aus. Voraussetzung dafür ist, dass wir unsere Kräfte auf bestimmte Strukturen konzentrieren können, um unsere Politik in der Realität zu „zeigen“. Während die Zeitungen den FT-Organisationen eine „Stimme“ für politische Agitation geben, ist die Entwicklung von „Bastionen“ (mit Anführer*innen, Aktivist*innen, Gruppierungen und Einfluss) grundlegend, um Kräfte konzentrieren und ein „Schaufenster“ erobern zu können, in welchem eine Alternative des konsequenten Kampfes und der Unabhängigkeit der Arbeiter*innenklasse aufgezeigt werden kann.

Die jüngste Intervention der CCR-Genoss*innen, der ONET-Streik, ist ein Beispiel dafür: Selbst mit nur einer Handvoll Mitglieder und Sympathisant*innen bei den Eisenbahnen, welche in Verbindung mit der Tageszeitung Révolution Permanente die Kräfte der Organisation konzentrierten, konnte die CCR sich mit einem kampfbereiten Sektor von Arbeiter*innen verbinden. So konnten sie gemeinsam einen Erfolg eringen, der ein großes Beispiel für die Kämpfe gegen Prekarisierung darstellt. Das haben sie auch durch partielle „Einheitsfronten“ und die Gewinnung von „demokratischen“ Verbündeten geschafft, zum Beispiel in der Frauenversammlung #metoo oder in dem armen Arbeiter*innen-Bezirk von Saint Denis.

Wie Clausewitz sagte, handelt es sich nicht nur darum, im Allgemeinen stark zu sein, sondern vor allem darum, am entscheidenden Punkt stark zu sein. Dies ist das „Prinzip“ der Konzentration der Kräfte, das für den Kampf so relevant ist.

Wenn die Entwicklung von Zeitungen der Schlüssel zur Konzentration der täglichen politischen Intervention ist, die allen Mitgliedern, Sympathisant*innen usw. auf nationaler Ebene zugänglich ist, und wenn es darum geht, unsere Politik so weit wie möglich ausstrahlen zu lassen, dann geht es andererseits darum, eine enge Beziehung zur Entwicklung von „Bastionen“ herzustellen, die es uns erlauben, uns an bestimmten Orten aufzubauen und zu stärken, und nicht nur mit losen Menschen „von hier und da“.

Propaganda und der Aufbau revolutionärer Organisationen

In Situationen des Klassenkampfes auf niedrigem Niveau, wo fast alle politischen Aktivitäten innerhalb des vom Regime vorgegebenen Rahmens stattfinden (Gewerkschaftsregime, Wahlregime, soziale Bewegungen), ist revolutionäre Propaganda eine der wesentlichen Komponenten um bewusste Kämpfer*innen und revolutionäre Kader zu schmieden.

Um diesen Aspekt zu stärken, werden wir eine „virtuelle Universität“ einrichten, in der es Materialien (sowohl mit audiovisuellen als auch mit schriftlichen Inhalten) für die marxistische Ausbildung auf allen Ebenen gibt, von den grundlegendsten bis zu den fortgeschrittensten, zunächst auf Spanisch, um dann die Möglichkeit der Einbeziehung anderer Sprachen zu prüfen. Das wäre allerdings nur ein Werkzeug. Wesentlich ist die Kombination von Propaganda und der persönlichen Beziehung, wleche darauf abzielt, die den Aktivitäten innerhalb des Regimes innewohnende allmähliche Logik zu brechen. Das ist die einzige Möglichkeit, die Kräfte unserer Organisationen zu erweitern und die oberflächliche Militanz der „Bewegung“ (Antritt bei nationalen oder gewerkschaftlichen Wahlen, Teilnahme an den einen oder anderen Veranstaltungen) in eine leninistische Parteimilitanz umzuwandeln.

Um revolutionäre Organisationen aufzubauen, reichen natürlich die Slogans, die wir im Wahlkampf oder in konkreten Kämpfen anbringen – so wichtig sie auch seien –, nicht aus. Es gibt keinen Ersatz dafür, denjenigen, die wir für unsere Organisationen gewinnen wollen, geduldig zu erklären, dass der alte bürgerliche Staatsapparat zerstört werden muss, dass wir Arbeiter*innen-Regierungen aufbauen wollen und die proletarische Revolution (die national in der Form und international im Inhalt ist) notwendig ist, oder was die Wurzeln der kapitalistischen Unterdrückung und Ausbeutung und was unsere Perspektive des Kommunismus sind.

In diesem Sinne können wir einen Teil des theoretisch-politischen Kampfes interpretieren, den Lenin in „Was tun?“ geführt hat. Einer der umstrittensten Aspekte war der Ansatz – den Kautsky auf „sui generis“-Weise umgedeutet hat –, dass der Sozialismus „von außen“ durch Propaganda eingeführt werden müsse. Weit entfernt von den Vulgarisierungen, die das als Rechtfertigung dafür interpretierten, „von außerhalb“ der Fabriken zu sprechen, war Lenins Diskussion gegen die „Ökonomist*innen“ (und dann gegen die Menschewiki, die ihnen nachgaben) gerichtet, die argumentierten, es gehe darum, nur als Gewerkschaftsfunktionär*innen zu handeln und nur für die Minimalforderungen der Arbeiter*innen zu kämpfen.

Offensichtlich ist diese „Mechanik“ des Bewusstseins, wo das, was nicht rein gewerkschaftlich ist, nur „von außen“ durch Propaganda kommt, keine Konstante, sondern eng mit der Entwicklung bestimmter politischer Situationen verbunden. Das zeigte zum Beispiel die Entwicklung der Sowjets in Russland, von der Lenin 1905 Kenntnis nahm. Wenn wir jedoch nicht mit klar vorrevolutionären oder revolutionären Situationen konfrontiert sind (in Argentinien zum Beispiel gibt es langsam Elemente in diesem Sinne), ist Lenins Punkt eine erstklassige Warnung, um unser Ziel effektiv zu verwirklichen, wirklich revolutionäre Organisationen und nicht Parteien, die die Summe der „Bewegungen“ sind (Studierenden, Frauen, Arbeiter*innen, etc.), aufzubauen.

„Volkstribune“

Für Lenin sollten sozialistische Kämpfer*innen in den Fabriken (und in den verschiedenen Interventionsbereichen) die Rolle des „Volkstribun“ spielen und nicht nur als „Gewerkschaftsdelegierte*r“ auftreten. Sie sollten so, alle sozialen Sektoren, angeführt von den Arbeiter*innen, zum politischen Kampf gegen die Autokratie (Zarismus) erheben. Heute könnten wir etwas Ähnliches über die Bewegungen (soziale, demokratische usw.) sagen, in denen das Proletariat sozialistische Strömungen aufbauen muss, um sie alle im Kampf gegen den imperialistischen Kapitalismus, seine Regierungen und Regime zu erheben.

Auch hier gibt es diejenigen, die diese Vorstellung von den „Volkstribunen“ zu einer Art linker „Anklage“ vulgarisieren. Aber für Lenin war es viel mehr als das. Der „Volkstribun“, sagt Lenin, müsse „auf alle Erscheinungen der Willkür und Unterdrückung […] reagieren, wo sie auch auftreten mögen, welche Schicht oder Klasse sie auch betreffen mögen, […] an allen diesen Erscheinungen das Gesamtbild der Polizeiwillkür und der kapitalistischen Ausbeutung […] zeigen, […] jede Kleinigkeit […] benutzen, um vor aller Welt seine sozialistischen Überzeugungen und seine demokratischen Forderungen darzulegen, um allen und jedermann die welthistorische Bedeutung des Befreiungskampfes des Proletariats klarzumachen“ („Was tun?“).

Unter diesem Gesichtspunkt geht es nicht darum, politische Kampagnen auf der einen Seite, Organisation auf der anderen Seite zu entwickeln und Propaganda für Kurse zu reservieren, sondern eine enge Beziehung zwischen den verschiedenen Begriffen der politischen Praxis der Revolutionär*innen herzustellen.

In diesem Sinne ist beispielsweise der Vorschlag der Arbeitszeitverkürzung mit einem Gehalt, das den Bedürfnissen der Arbeiter*innen entspricht, angesichts der aktuellen globalen Diskussion über das Problem der Arbeit sehr wichtig. In dieser Diskussion gibt es nur drei Möglichkeiten: (a) die von den verschiedenen Regierungen mit den Arbeitsreformen zur Vertiefung der neoliberalen Offensive; (b) die „reformistische“ mit dem Vorschlag des bedingungslosen Grundeinkommens – in seinen verschiedenen Varianten – unabhängig davon, ob man einen Arbeitsplatz hat oder nicht, das im besten Fall staatliche Subventionen mit höheren Beträgen im Austausch für eine größere Prekarisierung und Ausbeutung der Arbeiter*innenklasse bedeuten würde; oder (c) die Verkürzung des Arbeitstages mit einem die ganze Familie ernährenden Gehalt, und die Verteilung der Arbeitszeit auf alle Schultern, durchgesetzt durch einen Angriff auf die Profite der Kapitalist*innen, und in der Perspektive, den Arbeitstag durch Enteignung der Kapitalist*innen (und durch Nutzung der großen technologischen Fortschritte, die der Kapitalismus nicht verallgemeinern kann) zu minimieren, mit einer Arbeiterregierung, die die Wirtschaft nicht in Funktion von kapitalistischem Profit, sondern im Dienst von sozialen Bedürfnissen plant.

Nachdem im Großteil des zwanzigsten Jahrhunderts das Wort „Kommunismus“ durch den Stalinismus geschändet wurde, ist es eine Frage von größter Wichtigkeit für Revolutionär*innen, die Ziele des Kommunismus „wünschenswert“ zu machen.

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