1. Mai international: So mobilisieren die Organisationen unseres internationalen Zeitungsnetzwerks

30.04.2023, Lesezeit 15 Min.
Übersetzung:
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BIld: La Izquierda Diario

Die Organisationen, die das Internationale Zeitungsnetzwerk La Izquierda Diario / Klasse Gegen Klasse herausgeben, sind Teil der Trotzkistischen Fraktion - Vierte Internationale. An diesem 1. Mai werden sie in 14 Ländern mobilisieren und verschiedene Aktionen durchführen.

Das internationale Zeitungsnetzwerk La Izquierda Diario, zu dem auch Klasse Gegen Klasse gehört, wird von den verschiedenen Organisationen der Trotzkistischen Fraktion für die Vierte Internationale getragen. Die Organisationen, die in Argentinien, Frankreich, Brasilien, Chile, dem Spanischen Staat, den USA, Mexiko, Italien, Deutschland, Venezuela, Costa Rica, Bolivien, Peru und Uruguay vertreten sind, werden an diesem 1. Mai, dem Internationalen Kampftag der Arbeiter:innenklasse, an Kundgebungen, Demonstrationen und Aktionen teilnehmen.

In Argentinien wird die Partei Sozialistischer Arbeiter:innen (Partido de los Trabajadores Socialistas, PTS), die zur Front der Linken und der Arbeiter:innen – Einheit (Frente de Izquierda y de los Trabajadores – Unidad, FIT-U) gehört, an einer Kundgebung auf der zentralen Plaza de Mayo in Buenos Aires teilnehmen. Sie prangert den Anpassungsplan des Internationalen Währungsfonds (IWF) an, den die Regierung und die rechte Opposition mit ausgehandelt haben. Gegenüber dem skandalösen Waffenstillstand der Gewerkschaftsführungen ruft die PTS zur Unterstützung der laufenden Kämpfe der Arbeiter:innen und der Massen auf und schlägt einen Ausweg vor, damit die Kapitalist:innen für die Krise zahlen. Es wird eine internationalistische Veranstaltung sein: Unter anderem wird Clément Allochon das Wort ergreifen, ein junger französischer Eisenbahner, der Teil des Kampfes gegen Macron ist, und eine der Hauptrednerinnen wird Myriam Bregman sein, nationale Abgeordnete der PTS-Frente de Izquierda und Vorkandidatin für das Präsidentenamt.

In Frankreich wird die Organisation Révolution Permanente inmitten des Kampfes gegen Macrons Rentenreform an verschiedenen Aktivitäten in den wichtigsten Städten des Landes teilnehmen. Der 1. Mai wird der dreizehnte landesweite Demonstrationstag der historischen Bewegung gegen die Regierung und ihre Rentenreform sein. Trotz der Tatsache, dass Macron zu „hundert Tagen der Ruhe“ aufgerufen hat und die Gewerkschaftsführungen sich geweigert haben, den Kampf fortzusetzen, gehen die Äußerungen des Zorns weiter. Kein:e Regierungsvertreter:in kann in der Öffentlichkeit auftreten, ohne ausgebuht zu werden, ständig kommt es zu Demonstrationen mit dem Schlagen von Töpfen und Pfannen. Verschiedene Sektoren der Arbeiter:innen streiken weiterhin oder planen Aktionen wie das Ausschalten der Lichter bei den Filmfestspielen von Cannes oder dem Tennisturnier Roland Garros. Es ist notwendig, den Kampf fortzusetzen und auszuweiten.

In Brasilien ruft die Bewegung Revolutionärer Arbeiter:innen (Movimento Revolucionario de Trabalhadores, MRT) dazu auf, am 1. Mai unabhängig von Regierungen und Bossen und im Dienste der Bekämpfung der antisozialen Reformen und der Prekarität zu demonstrieren. Dies ist der erste Internationale Kampftag der Arbeiter:innen nach der Bolsonaro-Regierung und der Rückkehr von Lula und der PT an die Spitze des Landes. Es ist deshalb dringend notwendig, alle rückwärtsgewandten und arbeiter:innenfeindlichen Reformen zu stürzen, die nach Jahren des institutionellen Putsches und der Bolsonaro-Regierung weiter in Kraft bleiben. Dazu ist es notwendig, die Lähmung und Klassenkollaboration der wichtigsten Gewerkschaften zu durchbrechen.

In Chile wird die Partei Revolutionärer Arbeiter:innen (Partido de Trabajadores Revolucionarios, PTR) zwei zentrale Veranstaltungen in den Städten Santiago und Antofagasta abhalten, am 30. April und 1. Mai. In Santiago rufen sie darüber hinaus zu einer Demonstration um 10 Uhr im Stadtzentrum auf. Dieses Datum steht im Zeichen einer Situation, in der sich die Regierung der Sicherheitsagenda der Rechten untergeordnet und eine Reihe von repressiven Gesetzen vorangetrieben hat, um die Massen anzugreifen. Der 1. Mai findet kurz vor der Wahl der Mitglieder des Verfassungsrates statt, die am 7. Mai abgehalten wird und dem zweiten Verfassungsprozess in Chile nach dem Sieg des Nein in der Volksabstimmung für eine neue Verfassung im Jahr 2022 Kontinuität verleihen wird. Die PTR ruft dazu auf, sich an diesem 1. Mai gegen die repressiven Gesetze der Regierung und der Rechten zu organisieren und zu mobilisieren, den laufenden Verfassungsbetrug anzuprangern, der von den traditionellen Parteien kontrolliert wird. Denn dieser zielt darauf ab, die Institutionalität des neoliberalen Chiles, das sich in der Krise befindet, neu zu legitimieren. Dagegen braucht es eine politische Alternative der Arbeiter:innen, die sozialistisch, revolutionär und internationalistisch ist und eine Opposition der Linken auf der Straße gegen die Regierung aufbaut, um der kapitalistischen Rechten konsequent entgegenzutreten.

In den USA werden die Genoss:innen von Left Voice an Solidaritätsaktionen mit den Arbeiter:innen des Logistikriesen UPS teilnehmen. Diese kämpfen für einen fairen Tarifvertrag – entgegen der Praxis von „Zwei-Klassen“-Tarifverträgen für langjährige und neuere Beschäftigte  – und für eine Lohnerhöhung für Teilzeitbeschäftigte und andere Forderungen. Die Aktionen in New York werden von Studierenden und Lehrkräften an der City University of New York (CUNY) und anderen Universitäten im ganzen Land angeführt, die sich im vergangenen Jahr für die Anerkennung ihrer Gewerkschaften und für Verbesserungen ihrer Arbeitsbedingungen eingesetzt haben, als Teil der Welle von gewerkschaftlichen Kämpfen, die sich im letzten Jahr entwickelt hat.

In Mexiko ist dieser Internationale Kampftag der Arbeiter:innen geprägt von Auseinandersetzungen zwischen der „fortschrittlichen“ Regierung von Manuel López Obrador und der neoliberalen Opposition im Vorfeld der Wahlen im Juni in Mexiko-Stadt und Coahuila sowie der Präsidentschaftswahlen im nächsten Jahr. Es ist ein Streit darüber, wer die Geschäfte der Kapitalist:innen am besten führen kann, entweder mit einem ungezügelten Neoliberalismus oder durch die Kombination mit einer Sozialpolitik und einem progressiven Diskurs. Gleichzeitig hat die Regierung, die aufgrund der Diskreditierung der neoliberalen Parteien und der Umsetzung von Sozialprogrammen die Unterstützung der Bevölkerung genießt, die Prekarität der Arbeit verschärft und greift kämpfende Arbeiter:innen an – wie mit der Drohung, die staatliche mexikanische Nachrichtenagentur (Notimex) zu schließen, deren Beschäftigte seit mehr als drei Jahren streiken. Im Zusammenhang mit den Anforderungen des T-MEC (Nachfolger des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens, NAFTA) findet ein Prozess der Anerkennung von Tarifverträgen, bei dem die Bürokratie versucht, das Entstehen antibürokratischer Kämpfe zu verhindern. In diesem Zusammenhang wird die Bewegung Sozialistischer Arbeiter:innen (Movimiento de las y los Trabajadores Socialistas, MTS)  als Teil eines Unabhängigen Kämpferischen Blocks (Bloque Combativo Independiente) an der Mobilisierung zum 1. Mai in der Hauptstadt teilnehmen. An dem Block beteiligen sich ebenfalls Arbeiter:innenorganisationen wie die Nationale Gewerkschaft der Arbeiter:innen der Erwachsenenbildung, die Gewerkschaft der Arbeiter:innen der Autonomen Universität Mexiko-Stadt und Arbeiter:innen des halbstaatlichen Impfstoffherstellers Birmex.

In Bolivien haben die Liga Revolutionärer Arbeiter:innen (Liga Obrera Revolucionaria, LORCI) und Brot und Rosen (Pan y Rosas) Mitte April mit fünfzig Genoss:innen beschlossen, für den 1. Mai zu einer Mobilisierung mit politischer Unabhängigkeit von der Regierung aufzurufen. Die Wirtschaftskrise hält Einzug in das Land und die Arbeiter:innen und die arme Bevölkerung beginnen die Auswirkungen zu spüren. Aus diesem Grund ist für die LORCI der Kampf der Arbeiter:innen und Studierenden in Frankreich gegen die Rentenreform das Beispiel, dem man folgen sollte. In Bolivien gibt es innerhalb der Regierungspartei „Bewegung für den Sozialismus“ (MAS) eine Spaltung zwischen „Evistas“ (Anhänger:innen von Evo Morales) und „Renovadores“ („Erneuerer:innen“). Dagegen erhebt die LORCI die Fahne eines Sozialismus von unten, um auf der Straße gegen die Ultrarechte zu kämpfen, die sich auf einen Ausgleich mit der Regierung zubewegt, und um die Rolle der MAS anzuprangern. Diese hat den Gewerkschaftsbund COB (Central Obrera Boliviana) unterworfen, welcher gegenüber den Angriffen auf die Gewerkschaften, den Entlassungen und der Prekarität der Arbeitsplätze im ganzen Land schweigt. An diesem 1. Mai werden sie die verräterische Rolle der COB anprangern und die Tausenden von Arbeiter:innen dazu aufrufen, die Gewerkschaften zurückzuerobern, indem sie für einen Kongress der Basis kämpfen, um diese Bürokratie zu vertreiben. Und um im Rahmen der politischen Unabhängigkeit über die Arbeiter:innenkontrolle jedes Unternehmens, das geschlossen wird oder in Konkurs geht, für eine säkulare, freie und kostenlose Bildung, für eine umfassende Sexualerziehung diskutieren zu können.

Im Spanischen Staat wird die Revolutionäre Strömung der Arbeiter:innen (Corriente Revolucionaria de Trabajadoras y Trabajadores, CRT) an Kundgebungen teilnehmen, die von verschiedenen Sektoren der Gewerkschaftslinken in Madrid, Barcelona und Zaragoza organisiert werden. „Gegen Krieg und kapitalistische Ausbeutung. Lasst uns kämpfen wie in Frankreich“ sind einige der Slogans, die sie zu diesen Mobilisierungen mitnehmen werden. Dort werden sie auch darauf hinweisen, dass die PSOE-Podemos-Regierung keine Alternative zur Rechten ist und fordern: Lohn- und Rentenerhöhungen über der Inflation, Rücknahme aller Arbeitsreformen und Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnkürzung.

In Deutschland ruft die Revolutionäre Internationalistische Organisation (RIO) zur Mobilisierung in verschiedenen Städten des Landes auf, um den Kampf gegen die Politik der Ampelregierung und für branchenübergreifende Erzwingungsstreiks fortzusetzen. Die Regierung weigert sich nicht nur – wie im Falle des öffentlichen Dienstes – Lohnerhöhungen oberhalb der Inflationsrate zu gewähren (welche durch den Krieg in der Ukraine und die westlichen Sanktionen gegen Russland verursacht wurde), sondern hat jetzt Kürzungen im sozialen Bereich und in der öffentlichen Verwaltung angekündigt. Schon im vergangenen Jahr hat die Regierung die Militärausgaben um 100 Milliarden Euro erhöht. Wie die anderen imperialistischen NATO-Länder treibt Deutschland den Militarismus zum Nachteil der Arbeiter:innenklasse und der Massen voran. Im Kampf dagegen dienen die Massenproteste in Frankreich als Vorbild. Streikfrühling fortsetzen, Sparkurs und Aufrüstung stoppen.

In Venezuela leidet die Bevölkerung unter einem Kapitalismus der grausamsten Art. Die Hunger verursachende und repressive Regierung Maduro hat die Arbeiter:innenrechte zum Vergnügen aller Bosse zerstört: Das Privatkapital, die alten und neuen Reichen, die korrupte Bürokratie sind die Nutznießer:innen dieser Politik. Der angebliche „Aufschwung“ basiert auf der Übergabe der nationalen Ressourcen an den Imperialismus und auf dem Versuch der Zerschlagung der Arbeiter:innenklasse, mit erschöpfenden Arbeitszeiten, zwei und drei Jobs gleichzeitig, miserablen Löhnen oder Prämien, ohne vertragliche Rechte, massiven Entlassungen, mit einer immer brutaleren sozialen Ungleichheit. Die Arbeiter:innen haben reagiert, ebenso wie die Lehrer:innen und andere staatliche und private Sektoren. Aber es ist notwendig, mit einer eigenen politischen Perspektive der Unabhängigkeit der Arbeiter:innenklasse zu kämpfen. Deshalb wird die Liga der Arbeiter:innen für den Sozialismus (Liga de Trabajadores por el Socialismo, LTS) am 1. Mai dieses Jahres dieses Banner hochhalten und gemeinsam mit Gewerkschaften, Gewerkschaftsströmungen, linken Gruppen und Aktivist:innen demonstrieren.

In Peru gehen die Arbeiter:innen an diesem 1. Mai auf die Straße, um gegen informelle Verträge und prekäre Arbeit zu kämpfen, die eine direkte Folge des neoliberalen Regimes von ’93 sind, das von Alberto Fujimori eingeführt und von den verschiedenen neoliberalen Regierungen seither fortgesetzt wurde. Eine Regierung nach der anderen hat dieses Fujimori-Erbe mit der Komplizenschaft der Gewerkschaftsbürokratie der CGTP (Central General de Trabajadores del Perú) vertieft. Ein Ausdruck der Unzufriedenheit mit dem Regime von ’93 waren die jüngsten Mobilisierungen und der Massenaufstand gegen die Putschregierung von Dina Boluarte, in dessen Mittelpunkt die Infragestellung der Verfassung von ’93, der politischen Parteien, des Kongresses der Republik, der Justiz und der repressiven Kräfte stand. Unsere Genoss:innen der Sozialistischen Strömung der Arbeiter:innen (Corriente Socialista de las y los Trabajadores, CST) werden zusammen mit anderen Organisationen an der Kundgebung teilnehmen, die am Denkmal von José Carlos Mariátegui im Stadtteil San Juan de Lurigancho (Lima) stattfinden wird.

In Uruguay wird die Strömung der Arbeiter:innen für den Sozialismus (Corriente de Trabajadores por el Socialismo, CTS-Uruguay) an Arbeiter:innenaktionen teilnehmen. Zum Einen findet eine Kundgebung der Gewerkschaftszentrale PIT-CNT statt, bei der die Ablehnung der kürzlich beschlossenen Sozialversicherungsreform ein zentrales Thema sein wird. Danach ruft die CTS gemeinsam mit anderen Organisationen zu einer klassenkämpferischen Kundgebung auf, die eine kritische Haltung gegenüber der derzeitigen Führung der PIT-CNT vertritt. 50 Jahre nach dem Staatsstreich und dem historischen Generalstreik, der ihn zwei Wochen lang konfrontierte, schlägt die CTS vor, die Banner und besten Traditionen des Kampfes gegen die herrschenden Klassen, ihre Parteien und ihren Staat wieder aufzugreifen. In der Perspektive des Kampfes für den Aufbau einer antikapitalistischen, werktätigen und revolutionären Linken, als historische Aufgabe der uruguayischen Arbeiter:innenklasse.

In Italien hat die rechte und rechtsextreme Regierung von Giorgia Meloni die Maske ihres „volksnahen“ Diskurses abgelegt: Sie greift vor allem die Arbeiter:innenklasse, die Arbeitsbedingungen und das „Bürgergeld“ an, eine begrenzte Form des Grundeinkommens für Arbeitslose und sehr arme Arbeiter:innen. Der ebenfalls für den 1. Mai einberufene Ministerrat, der ein Gesetzesdekret mit neuen Regelungen zur Prekarität und zur praktischen Abschaffung des Bürgergeldes verabschieden wird, ist eine direkte Provokation. Die Revolutionäre Internationalistische Fraktion (Frazione Internazionalista Rivoluzionaria, FIR) wird sich an den wichtigsten Mobilisierungen in Städten wie Mailand, Neapel und Rom beteiligen. In der Hauptstadt organisierten Sektoren der Linken eine Kampfdemonstration gegen die arbeiter:innen- und massenfeindlichen Angriffe der Regierung, als Alternative zum entpolitisierten „großen Konzert“, das die großen bürokratischen Gewerkschaftszentralen traditionell veranstalten. Die Arbeiter:innenklasse, die Jugend, die Frauen, die LGBT+-Gemeinschaft und die Migrant:innen müssen auf diese Regierung, die Ausbeutung, rassistische und patriarchale Unterdrückung fördert, eine große kämpferische Antwort geben. Italien muss dem Beispiel der beeindruckenden Kämpfe der letzten Monate in Frankreich, Deutschland und Großbritannien folgen.

In Costa Rica wird die Revolutionäre Sozialistische Organisation (Organización Socialista Revolucionaria, OSR) an der traditionellen Maidemonstration teilnehmen. Die Demonstration findet im Rahmen dessen statt, dass die Parteien der Bosse den 12-Stunden-Tag eingeführt haben. Wenige Tage vor dem ersten Jahr der neuen Regierung hält die Passivität der Gewerkschaftsführungen die Arbeiter:innenklasse von den Straßenprotesten fern, die sich gegen die neoliberale und reaktionäre Agenda der Regierung ausgesprochen haben. Die Frauenbewegung und die bäuerlichen Sektoren sind ein Zeichen dafür, dass die Erfahrung mit der Regierung vorbei ist. Die OSR wird auch Unterschriften in Solidarität mit den Bananenarbeiter:innen der Standard Fruit Company sammeln, die von der Anwendung des agro-toxischen Agro-Giftes Movento OD 15 betroffen sind.

Dieser Artikel erschien zuerst auf Spanisch bei La Izquierda Diario.

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