Bayerischer „Verfassungsschutz“ beobachtet offenbar Fridays For Future

12.09.2019, Lesezeit 4 Min.
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Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz versucht, linke Aktivist*innen in der Klimabewegung zu denunzieren. Darunter sind die marxistische jugend münchen und die Linksjugend solid. Eine Erklärung, warum wir uns nicht einschüchtern lassen.

Polizeipräsidium Oberbayern, Am Hart, München. Hier residiert das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz. Bild: MyName (Gamsbart) – Eigenes Werk, CC BY 3.0 de

Die Verfassungsschutz-Ämter waren tief mit der Terrorgruppe „NSU“ verstrickt, wie einschlägige Recherchen aufzeigen. In Aufbau, Durchführung und Schutz des faschistischen Terrors tauchen die „Schützer“ auf. Und der Bundesverfassungsschutzbericht erzählt immer noch die Mär der „Einzelfälle“ von rechtem Terror. Das hindert Geheimdienste aber nicht daran, sich als angebliche Instanz der Demokratie aufzuspielen. Regelmäßig denunzieren sie linke Aktivist*innen und Gruppen, deren einziges „Verbrechen“ im Einsatz für eine solidarische Gesellschaft besteht.

Der jüngste Propaganda-Angriff des bayerischen „Verfassungsschutzes“ (BayLfV) in seinem Halbjahresbericht: „Linksextreme“ sollen die Demonstrationen von Fridays For Future (FFF) für antikapitalistische Ziele „instrumentalisieren“. Das Landesamt bildet dafür auf Fotos konkret Fahnen der marxistischen jugend münchen und der Linksjugend solid bei einer FFF-Demonstration in München ab und stellt sie ins Internet. Im Bericht sieht das dann so aus:

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Abbildung aus: Verfassungsschutzinformationen Bayern, 1. Halbjahr 2019, Linksextremismus: S. 6

Besonders verlogen: Das BayLfV behauptet, FFF unterliege „als demokratisch getragene Umwelt- und Klimaschutzbewegung“ nicht ihrem „Beobachtungsauftrag“, stellt aber direkt daneben ein eigenes Bild von einer FFF-Demonstration ein. Das heißt, das BayLfV beobachtet FFF natürlich – und möchte es alle wissen lassen, um Jugendliche einzuschüchtern.

Wir wenden uns entschieden gegen diesen Einschüchterungsversuch – und werden uns auch nicht einschüchtern lassen. Es ist nicht das erste Mal, dass Teile der Ökologiebewegung als kriminell dargestellt werden: In Aachen etwa „warnte“ die Polizei Schüler*innen vor der Teilnahme an einem Protestmarsch, griff dabei sowohl auf falsche Unterstellungen als auch auf Drohungen zurück – ein „gezielter Spaltungsversuch“, so das FFF-Bündnis Aachen. In Wien wendete die Polizei extreme Gewalt bis hin zur Inszenierung einer Scheinhinrichtung gegen friedliche Klimaaktivist*innen an. Und auch das ist nicht neu, schon seit Ende der 70er Jahre gehen Organe des Staates massiv gegen die Ökologiebewegung vor, damals in Form der Anti-Atomkraft-Bewegung.

Die Legitimität der Klimaproteste wird durch Denunziation vom Verfassungsschutz, Bedrohungen und Gewalt von der Polizei nicht geschmälert. Im Gegenteil: Es ist die Legitimität der staatlichen Gewalt, die durch diese Mittel in Frage gestellt wird. Wir werden weiter für unsere Zukunft auf die Straße gehen und kämpfen, für Klimagerechtigkeit und selbstverständlich gegen den Kapitalismus, der in seinem unaufhörlichen Streben nach Profit unsere Lebensgrundlagen zerstört.

Dass die durchschaubaren Versuche von Geheimdienste, linke Aktivist*innen in ein zwielichtiges Eck zu stellen, scheitern, zeigte der Fall Kerem Schamberger: Dem Münchner Doktorand wurde wegen seiner Mitgliedschaft in der DKP vom bayerischen Verfassungsschutz zunächst die Zulassung für eine Uni-Stelle verwehrt. Auf öffentlichen Druck und Empörung an der Uni mussten die „Verfassungsschützer*innen“ aber nachgeben und er konnte seine Stelle antreten.

Wir sind der Ansicht, dass die „Verfassungsschutz“-Ämter spätestens seit den Skandalen um den NSU-Prozess bewiesen haben, auf welcher Seite sie stehen… nämlich ganz rechts. Geheimdienste sind antidemokratische Einrichtungen, sie schützen nicht die Bevölkerung, sondern rechte Terrorist*innen – wir fordern ihre Abschaffung in Bund und Ländern.

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