70 Jahre Befreiung von Buchenwald

11.04.2015, Lesezeit 3 Min.
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// TROTZKIST/INNEN AM ENDE DES ZWEITEN WELTKRIEGES: Für ein Räte-Deutschland in einem Räte-Europa! //

Die Waffen im Anschlag stürmen die Häftlinge das Torhaus. Es ist der 11. April 1945, kurz vor 15 Uhr, Konzentrationslager Buchenwald. Die US-Armee ist bereits in unmittelbarer Nähe. 5.000 sowjetische, polnische und tschechische Häftlinge haben sich bereits mit Revolvern und Handgranaten ihrer Bewacher entledigt und sich bei den US-Truppen eingereiht. Über 21.000 Gefangene, davon fast 1.000 Kinder, sind noch im Lager, dessen Vernichtung die SS bereits geplant hat. Die bewaffneten Aktivgruppen des Häftlingswiderstands besetzen die Türme und Kasernen. Als um 17:30 Uhr US-Offiziere das Lager betreten, ist es fest in der Hand der von den stalinistischen KommunistInnen angeführten Häftlingsorganisation.

In den folgenden Tagen werden von verschiedenen Seiten Erklärungen dazu veröffentlicht. Viele gleichen sich inhaltlich grundlegend und fordern im Sinne der „Volksfront“ die Einheit aller nicht-faschistischen Kräfte. Sowohl das sozialdemokratische Buchenwalder Manifest, als auch die Entschließung der Kommunistischen Partei halten ein kapitalistisches Deutschland für notwendig – obwohl der Kapitalismus den Faschismus erst an die Macht gebracht hatte.

Legendär ist der Schwur von Buchenwald, dessen bewegende Worte: „Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung“ oft zitiert werden. Weniger häufig wird der Teil zitiert, in dem von „alliierten Freiheitsarmeen“ die Rede ist und der verstorbene US-Präsident Roosevelt als großartiger Antifaschist geehrt wird – ganz im Sinne des Bündnisses, das Stalin mit den „demokratischen“ ImperialistInnen eingegangen ist. Zum direkten Schaden vieler Kolonialvölker, aber auch z.B. der griechischen KommunistInnen, gegen die sich die britische „Freiheitsarmee“ mit griechischen FaschistInnen und MonarchistInnen verbündete – zum Schaden der weltweiten ArbeiterInnenklasse.

Umso bemerkenswerter ist die Erklärung der internationalen Kommunisten Buchenwalds, die am Tag nach dem Schwur von Buchenwald erscheint. Die Internationalen KommunistInnen Buchenwalds, Mitglieder der Vierten Internationale, setzen nicht etwa auf das Bündnis mit dem „demokratischen“ Imperialismus, sondern auf die unabhängige Organisierung der ArbeiterInnenklasse in ganz Europa, mit der Perspektive eines „Räte-Deutschlands in einem Räte-Europa“. Die Buchenwalder TrotzkistInnen, die sich auch im Lager vor Stalins AnhängerInnen in Acht nehmen müssen, bekommen von einigen Häftlingen Zuspruch. Doch wie unter den ausgemergelten Kameraden in Buchenwald, wird ihr Programm auch in Deutschland isoliert.

Zu den Buchenwalder TrotzkistInnen gehören Marcel Baufrère, der in Brest die illegale Zeitung Arbeiter und Soldat herausgegeben und revolutionäre Zellen in der Wehrmacht organisiert hatte; oder Florent Galloy, der Streiks der BergarbeiterInnen in Charleroi (Belgien) gegen die BesatzerInnen angeführt hatte. Genauso gehören Aktivisten aus Österreich wie Karl Fischer und Ernst Federn zur Gruppe.

Wenn wir heute rechten Bewegungen entgegentreten, dürfen wir nicht vergessen, dass dem berühmten Satz aus dem Schwur von Buchenwald die entscheidende Klarheit dieser GenossInnen fehlt: „Nur die erfolgreiche unabhängige Aktion der Arbeiterklasse gegen den Kapitalismus ist imstande, das Übel des Faschismus samt seiner Wurzel auszureißen.“

Die Erklärung der internationalistischen Kommunisten Buchenwalds

Wladek Flakin ist Historiker und arbeitet gerade an einer Neuausgabe
der Zeitung Arbeiter und Soldat.

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