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20.000 demonstrieren trotz Provokationen und Verbot

03.05.2016, Lesezeit 4 Min.
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Seit 1890 ist der 1. Mai der internationale Kampftag der Arbeiter*innenklasse. Doch Berlin-Kreuzberg hat eine besondere Tradition: Seit 1988 findet eine revolutionäre Demo statt. Mit 20.000 Teilnehmer*innen war sie dieses Jahr wieder deutlich größer als die Demo vom Deutschen Gewerkschaftsbund am Morgen.

Der 1. Mai in Kreuzberg – irgendwas zwischen Sauffest und Aufstand. Das „MyFest“ bringt Zehntausende Menschen in den Kiez, um sich zu besaufen. Dieses Straßenfest wird seit zehn Jahren von der Polizei und dem Senat finanziert, um linksradikale Demonstrationen aus SO36 fernzuhalten – jedoch mit bescheidenem Erfolg.

Angeblich wegen des MyFestes hatte die Polizei in diesem Jahr die ursprüngliche Route der revolutionären 1. Mai-Demonstration verboten. Sie sollte am Oranienplatz, symbolischer Schauplatz der kämpferischen Refugee-Bewegung vor einigen Jahren, starten. Doch die Polizei genehmigte nur eine Route ab dem Moritzplatz, 350 Meter entfernt.

Am O-Platz versammelten sich trotzdem bis zu Zehntausend Menschen um 18 Uhr, die lautstark durch die Mengen vom MyFest demonstrierten. Im Anschluss zogen sie geschlossen zum Moritzplatz, wo die Lautiwagen warteten und die legale Demo starten konnte.

Provokationen

Entlang der Route wurde immer wieder provoziert. Auf der einen Seite von türkischen Faschist*innen, die einen Bozkurt-Gruß zeigten, als kurdische Demonstrant*innen vorbeiliefen. Auf der anderen Seite von Jutta Ditfurth, die seit Wochen die Demonstration als „antisemitisch“ diffamiert hatte (dafür bekam sie Beifall von der AfD, der CDU und der „Jungen Freiheit“). Am Abend war sie in Begleitung eines Kamerateams von deutschen Staatsmedien unterwegs, um weiter zu provozieren. Israelische Aktivist*innen mussten auf sie zugehen, um zu erklären, warum Antizionismus kein Antisemitismus ist.

In beiden Fällen gab es teilweise gewaltsame Übergriffe auf die Demonstration. In beiden Fällen handelt es sich um Unterstützer*innen von rechten Regierungen – in der Türkei und in Israel – die engste Verbündete des deutschen Imperialismus sind. Besonders der „internationalistische Block“ im hinteren Teil der Demonstration, an dem sich auch Genoss*innen der Revolutionären Internationalistischen Organisation und der Revolutionär-kommunistischen Jugend beteiligten, war Ziel dieser Angriffe. Sie konnten jedoch erfolgeich abgewehrt werden. Für uns ist es nur konsequent, dass eine Demonstration mit revolutionärem Selbstverständnis sich konsequent gegen die „eigene“ Regierung und ihre Freund*innen wendet.

Auch die Polizei reagierte immer wieder mit Provokationen und Repression. Während in Berlin immer wieder kleine Trüppchen von Riot-Cops durch die Demo liefen und sich Katz-und-Maus-Spielchen mit Demonstrant*innen lieferten, griffen sie in Städten wie Hamburg noch härter durch und ging mit Wasserwerfern, Schlagstöcken und Tränengas gegen die dortige Demonstration vor.

Arbeiter*innen

20.000 Teilnehmer*innen bei einer Demonstration gegen Kapitalismus und Staat: Das ist unbestreitbar ein Erfolg. Doch ähnlich wie bei der maoistischen 13-Uhr-Demonstration fanden an diesem 1. Mai konkrete Kämpfe von Beschäftigten kaum einen Ausdruck.

Das ist ein Stück weit verwunderlich: Unter den 20.000 Teilnehmer*innen waren die Allermeisten entweder Lohnabhängige oder Jugendliche, die später lohnabhängig sein werden. Aber am internationalen Kampftag der Arbeiter*innen gehen kaum Proletarier*innen als Proletarier*innen auf die Straße.

Kämpferische Belegschaften und gewerkschaftliche Basisgruppen waren kaum zu sehen – stattdessen stellte sich die „linke Szene“ zur Schau. Der revolutionäre 1. Mai repräsentiert Kämpfe gegen staatliche Repression, Wohnungsnot, Rassismus und weiteren wichtigen Kampffeldern von Revolutionär*innen. Alltägliche Kämpfe gegen kapitalistische Ausbeutung im Betrieb oder Vertreter*innen anderer Kämpfe der Unterdrückten sind nicht zu sehen. Das Bild, das vermittelt wird, ist martialisch, mit schwarzen Masken und hermetisch abgeriegelten Blöcken – es wirkt eher wie eine Subkultur als eine schlagkräftige politische Bewegung.

Der revolutionäre 1. Mai braucht mehr als nur ein klares Zeichen der Ablehnung der Bestehenden. Der Arbeiter*innenkampftag beruht auf der Erkenntnis, dass nur das Proletariat, wenn es sich als politisch unabhängige Kraft organisiert, der kapitalistischen Misere ein Ende setzen will.

Die radikale Linke in Berlin muss darauf hinwirken, dass der 1. Mai nicht nur revolutionär und internationalistisch, sondern vor allem klassenkämpferisch wird. Die kämpferischen Arbeiter*innen müssen im Mittelpunkt stehen, wie es in vielen anderen Ländern der Fall ist. Darauf wollen wir hinwirken.

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