Berlin: Kämpferische 13-Uhr-Demo durch den „Problemkiez“

03.05.2016, Lesezeit 2 Min.
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Die Stunden zwischen Gewerkschaftsdemo am Morgen und revolutionärer 18 Uhr-Demo wurden in den letzten Jahren irgendwo im Kreuzberg in der Sonne verbracht – einmal kurz ausruhen, die nächste Demo planen.

Doch so nicht dieses Jahr: Um 13 Uhr versammelten sich etwa 300 junge Menschen auf dem Karl-Marx-Platz in Neukölln. Unter dem Motto: „Wehrt euch und kämpft – gegen Ausbeutung, Unterdrückung und imperialistischen Krieg! Keine Befreiung ohne Revolution!“ hatte die Gruppe „Jugendwiderstand“ zu einer „klassenbewussten Agitation in die Arbeiterviertel hinein“ aufgerufen. In Abgrenzung zu der angeblich ritualisierten 18-Uhr-Demo bezog sie sich dabei auf die „Tradition“ der maoistischen 13-Uhr-Demonstrationen der 2000er Jahre. Angeblich sollte das ein „authentischer […] Ausdruck der Arbeiterklasse“ sein. Konkrete Kämpfe der Arbeiter*innen kommen jedoch im Aufruf kaum vor, dafür aber maoistische „Volkskriege“ auf den Philippinen, in Peru und Indien.

Nach der Auftaktkundgebung mit Auftritten von Taktikka und Thawra hieß es „Unser Viertel – unser Kampf! Die Jugend leistet Widerstand!“ Über den roten Halstüchern der Jugendwiderstand-Mitglieder im ersten Block wurden Mao-Fahnen geschwenkt, und auch Rufe à la „Marx – Engels –Stalin – Mao – Viva!“ blieben nicht aus. Ganz nach stalinistisch-maoistischer Tradition wurde „authentischer“ Klassenkampf mit seiner bürokratischen Entartung identifiziert.

Es war jedoch nicht alles maoistische Folklore. Der kämpferischste Block auf der Demo war der „Ausländerblock“, welcher von der Antikapitalistischen Nicht-Weißen Gruppe organisiert wurde. Auch Genoss*innen der Revolutionär-kommunistischen Jugend beteiligten sich dort. Die Rufe in Solidarität mit Kurdistan und Palästina rissen auch nach mehreren Stunden durch die Mittagssonne des „Problemkiezes“ nicht ab.

„Brüder! Schwestern! Reiht euch ein – wir können uns nur selbst befreien“, war mehr als nur eine Parole: Passant*innen bekamen Flyer, Kinder mit ihren Eltern liefen spontan mit der Demo mit. So stand die Demonstration dann am Ende eher in der Tradition von migrantischen Arbeiter*innen und Jugendlichen als in der maoistischer Gruppen. Ihnen war es letztlich zu verdanken, dass die Demonstration trotz der relativ geringen Größe auf einige Aufmerksamkeit gestoßen ist. So wurde auf ihre Initiative hin auch der Hermannplatz für ein paar Minuten zum kämpferischen Zentrum Berlins, als rund 50 Genoss*innen gemeinsam die Internationale anstimmten. Die Mao-Fans vom Jugendwiderstand rollten etwas bedrückt ihre Fahnen ein.

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