Woher kommt die Antifa?

07.04.2017, Lesezeit 5 Min.
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Ein kurzer Überblick über die Entstehungsgeschichte der Antifaschistischen Aktion.

Anfang der 1930er Jahre wurden die Nazis immer stärker. Bei den Wahlen von 1930 haben sie ihren Stimmenanteil versechsfacht, auf 18 Prozent. Mitte 1932 waren es bereits 37 Prozent.

Aber die Nazis waren nicht in erster Linie bei Wahlen aktiv. Immer häufiger überfielen und ermordeten sie ihre Gegner*innen. Alle Organisationen der Arbeiter*innenbewegung in Deutschland waren von den Nazis bedroht. Dazu gehörten die Gewerkschaften, die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) und die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD).

Eine vereinte Gegenwehr aller Arbeiter*innen hätte die Nazis besiegen können. Wir dürfen nicht vergessen, dass bei den letzten Wahlen 1933 die SPD und die KPD zusammen noch mehr Stimmen bekamen als Hitler.

Aber gemeinsame antifaschistische Aktionen gab es nicht. Die SPD nannte die KPD „rotlackierte Faschisten“ oder „Kozis“. Die KPD nannte die SPD „Sozialfaschisten“. Und für beide Seiten war klar: Man kann nicht mit Faschist*innen gegen andere Faschist*innen zusammen kämpfen.

Wie wollten sie sich gegen die Nazigefahr wehren? Die SPD ging davon aus, dass der Staat, die Weimarer Verfassung und die Polizei sie schützen würde. Die KPD dagegen kämpfte aktiv gegen die SA-Banden – aber in der Annahme, dass sie als radikale Minderheit allein mit den Nazis fertig werden könnten.

Was bedeutet Einheitsfront?

Beide lagen falsch. Nötig war eine wirkliche Einheitsfront gegen den Faschismus. Einheitsfront bedeutet: „Getrennt marschieren, gemeinsam schlagen!“ Also jede*r soll das eigene Programm behalten und die eigene Werbung dafür machen, aber wenn es zur Aktion kommt, handelt man zusammen. SPD und KPD hatten riesige Unterschiede. Die SPD verwaltete den Kapitalismus, der in einer tiefen Krise war. Die KPD wollte die sozialistische Revolution.

Aber sie hätten trotzdem konkrete Aktionen vereinbaren können. Ein*e kommunistische*r Arbeiter*in könnte zu einem*r sozialdemokratischen Kollegen*in sagen:

Die Politik unserer Parteien ist unversöhnlich; aber wenn die Faschisten heute Nacht kommen, um die Räume Deiner Organisation zu zerstören, so werde ich Dir mit der Waffe in der Hand zu Hilfe kommen. Versprichst Du, ebenfalls zu helfen, wenn die Gefahr meine Organisation bedroht?

Viele Menschen erkannten die Gefahr des Faschismus und forderten eine solche Einheitsfront. Aber beide Parteien lehnten ab. Stattdessen gründeten sie Pseudo-Einheitsfronten – mit sich selbst. Die SPD hatte die „Eiserne Front“, zusammen mit von ihnen angeführten Gewerkschaften und ein paar Liberalen. Sie setzte eigentlich auf die bürgerliche Polizei gegen die Nazis.

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Bild: Die drei Pfeile werden heute noch von vielen anarchistischen Gruppen wie RASH oder von Antifa-Referaten verwendet, ihr Ursprung ist das Banner der „Eisernen Front“ der Sozialdemokrat*innen, hier zur Wahl 1932. Sie richtete sich gegen Monarchist*nnen, Faschist*innen und Kommunist*innen.

Die KPD gründete die „Antifaschistische Aktion“. Sie war offiziell offen für alle – angeblich auch für SPD-Mitglieder. Aber die mussten akzeptieren, dass in der „Antifaschistischen Aktion“ die SPD zu allererst angegriffen wird. Vorausgesetzt wurde, dass SPD-Mitglieder erst aus der SPD austreten sollten, bevor sie der “Antifaschistischen Aktion“ beitreten konnten. Das ging nicht auf.

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Bild: Die „Antifaschistische Aktion“ der KPD 1932: Angeblich eine Einheitsfront, die sich aber zuerst gegen die SPD wendete – auf dem Banner links wird sie verspottet. Kein*e SPD-Arbeiter*in wurde so ernsthaft für den gemeinsamen Kampf gewonnen.

Die SPD war schon damals eine korrupte kapitalistische Partei – aber sie war trotzdem die Partei mit den meisten organisierten Arbeiter*innen an der Basis in Deutschland. Ohne ihre Mitglieder war der Kampf gegen die Nazis nicht zu gewinnen.

Diese Politik der Trennung hielt sich bis zum 30. Januar 1933, als die deutschen Eliten die Macht an Hitler übergaben. Danach wurde die größte Arbeiter*innenbewegung der Welt von der SA und der Polizei zerschlagen. Gewerkschaften wurden verboten, die KPD und SPD ebenso. Und dabei ist kaum ein Schuss gefallen. Die kampflose Niederlage ist die schlimmste Art von Niederlage. Die Arbeiter*innenbewegung blieb getrennt, „bis sich Sozialdemokraten und Kommunisten schließlich vereint sahen – im  KZ“.

Was können wir daraus für heute lernen?

Gegen die rechte Gefahr können wir uns nicht auf den Staat verlassen.

Wir brauchen breite Massenaktionen gegen den Faschismus: Demos, Blockaden, selbst aktiv werden.

Dieser Kampf kann nicht auf eine radikale Minderheit beschränkt bleiben. Alle Organisationen der Arbeiter*innenbewegung müssen aufgefordert werden, aktiv ihre Mitglieder zu mobilisieren – gerade die Gewerkschaften, aber eben auch die Linke und die SPD.

Denn wenn Nazis zu ihren Demos in einem Zug anreisen, können 200 Antifas einen Zug blockieren. Aber genau ein*e Lokführer*in kann sich auch weigern, die Nazis zu transportieren. 200 Antifas können am Flughafen durch Blockaden Abschiebungen verhindern. Ein*e einzige*r Pilot*in, der*die sich weigert zu starten, aber eben auch. Tatsächlich kommt letzteres auch immer wieder mal vor. Doch nur durch die Organisation dieser Arbeiter*innen können solche Aktionen effektiv und geplant ablaufen. Nur Arbeiter*innen haben die Macht, die sozialen und demokratischen Forderungen aller Ausgebeuteten und Unterdrückten durchzusetzen.

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