Was lehrt die Oktoberrevolution über die Klimakatastrophe?

10.11.2017, Lesezeit 4 Min.
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Am Montag begann die 23. Klimakonferenz in Bonn. Am Dienstag jährte sich die sozialistische Revolution in Russland zum 100. Mal. Was haben diese beiden Ereignisse miteinander zu tun? Erstaunlich viel.

Am Montag begann die 23. Klimakonferenz in Bonn. Gastgeber ist der pazifische Inselstaat Fidschi, der aufgrund des Klimawandels in den kommenden Jahrzehnten unter den Wellen verschwinden wird. 

Nicht nur deswegen geht eine deprimierende Stimmung von der Konferenz aus. Ein Gefühl von Ohnmacht kommt auf, wenn man über die Situation der Menschheit nachdenkt.

Die Wissenschaft weiß längst, dass die globalen Temperaturen noch in diesem Jahrhundert um mehr als zwei Grad Celsius ansteigen werden, wenn wir weiter wirtschaften wie bisher. Das bedeutet nicht nur die Verwüstung von großen Teilen der Welt, mit Millionen oder gar Milliarden Menschen auf der Flucht – es könnte sogar das Ende der menschlichen Zivilisation einleiten.

Es ist genauso klar, was zu tun ist: Wir brauchen einen sofortigen Umstieg von fossilen auf regenerative Energiequellen. Dazu sind große Investitionen nötig, um von PKWs mit Verbrennungsmotoren auf öffentliche Verkehrsmittel ohne CO2-Ausstoß umzusteigen.

Das Programm ist einfach – warum ist es nicht längst umgesetzt worden? Die Menschheit hat Raketen gebaut, die 20 Millionen Kilometer geflogen sind und das Sonnensystem längst verlassen haben. Sind wir nicht in der Lage, das Energiesystem umzustellen, wenn sonst eine Katastrophe droht?

Bürgerliche Ökonom*innen argumentieren mit der menschlichen Psychologie: Wir seien angeblich einfach nicht in der Lage, auf langsame Veränderungen zu reagieren, so wie der Frosch im langsam kochenden Wasser. Aber diese Anekdote mit dem Frosch ist frei erfunden – natürlich springt jeder Frosch raus, wenn das Wasser zu heiß wird. Nicht weniger dumm ist die psychologische Erklärung.

Das wirkliche Problem ist unser Wirtschaftssystem, das einzig und allein auf die Vermehrung von Kapital (die Anhäufung von toter Arbeit) ausgerichtet ist, ohne menschliche oder ökologische Faktoren zu berücksichtigen. Der globale Kapitalismus bedeutet Anarchie: Hier gibt es keinen Platz für irgendeine rationale Planung der Produktion. Das führt zu Krisen, Kriegen und auch Umweltkatastrophen.

Das Projekt des Sozialismus bedeutet, die Wirtschaft der menschlichen Vernunft unterzuordnen. Leo Trotzki sagte am Ende seiner Kopenhagener Rede zum 15. Jahrestag der Oktoberrevolution:

Der Mensch hörte auf, Sklave der Natur zu sein, um zum Sklaven der Maschine zu werden und, noch schlimmer, zum Sklaven der Nachfrage und des Angebots. Die gegenwärtige Weltkrise bezeugt in besonders tragischer Weise, wie sehr der Mensch, der auf den Boden des Ozeans hinabtaucht, in die Stratosphäre emporsteigt, sich auf unsichtbaren Wellen mit den Antipoden unterhält, wie sehr dieser stolze und verwegene Gebieter der Natur Sklave der blinden Mächte der eigenen Wirtschaft bleibt. Die geschichtliche Aufgabe unserer Epoche besteht darin, das entfesselte Spiel des Marktes durch einen vernünftigen Plan zu ersetzen, die Produktionskräfte zu disziplinieren, sie zu zwingen, in Harmonie zusammenzuwirken, den Bedürfnissen des Menschen gehorsam dienend.

In der Oktoberrevolution haben die Räte der Arbeiter*innen und Soldat*innen, im Bündnis mit den Bauern*Bäuerinnen, die politische Macht erobert. Das bildete die Grundlage für die Enteignung der Produktionsmittel. Das Wirtschaftsleben konnte einem bewussten Plan untergeordnet werden.

Die Bedeutung von Treibhausgasen ist seit knapp 200 Jahren der Wissenschaft bekannt. Dennoch war die Erderwärmung im Jahr 1917 kein großes Thema – es taucht bei Trotzkis Analysen nicht auf. Dennoch zeigt uns die Oktoberrevolution den Rahmen, in dem die Klimakatastrophe tatsächlich gelöst werden kann.

Wir brauchen eine sozialistische Revolution, um die Kapitalist*innen zu enteignen, die uns in den Abgrund reißen. Wir Arbeiter*innen werden dann selbst entscheiden, was produziert wird – im Sinne der menschlichen Bedürfnisse, aber auch des Schutzes der Umwelt. Statt der kapitalistischen Anarchie wird es demokratische Planung geben. Wenn wir schnell handeln, können wir auch Fidschi retten.

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