Start der Kampagne „Unis gegen Krieg, Rassismus und Aufrüstung“ an der LMU München

28.03.2022, Lesezeit 6 Min.
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Foto: Jacob Lund/Shutterstock

Letzte Woche Dienstag traf sich eine Gruppe von Studierenden und wissenschaftlichen Mitarbeiter:innen der LMU, um über den aktuellen Krieg in der Ukraine und die Aufrüstung der Bundeswehr zu diskutieren.

Als Studierende und Beschäftigte der LMU verurteilen wir die russische Invasion der Ukraine scharf und sind für einen sofortigen Rückzug der russischen Truppen. Wir trafen uns auch, um politisch darüber zu diskutieren, wie der russische Angriff und der Krieg gestoppt werden können und welche Perspektive es braucht, um geflüchteten Menschen wirklich zu helfen. Gleichzeitig sehen wir jetzt einen besorgniserregend Aufschwung der militaristischen Stimmung hierzulande. Und das, obwohl in den letzten Jahren die Kritik an der Bundeswehr aufgrund rechtsextremer Verstrickungen und dem im letzten Jahr beendeten Einsatz in Afghanistan lauter wurde, der die Zerstörungsfähigkeit der militärischen Interventionen der NATO unter Beweis stellte.

Wir trafen uns anschließend an ein bundesweites Vernetzungstreffen, an dem über 60 Menschen teilgenommen hatten, in einer Situation, in der der russische Einmarsch nun über einen Monat lang andauert. Diese Invasion, die bereits tausende Leben gefordert und Millionen Menschen zur Flucht gezwungen hat, wird jedoch nun vonseiten der Bundesregierung gnadenlos ausgenutzt, um im Namen der angeblichen Friedens- und Demokratiesicherung ihr eigenes Militär mit 100 Milliarden Euro vollzupumpen. Dieses Geld werden letztendlich wir als arbeitende Bevölkerung zahlen müssen.

An unserer Universität, der Ludwigs-Maximilian-Universität München, sehen wir eine Welle der Solidarität mit ukrainischen Geflüchteten und eine Ablehnung des Krieges, die wir gutheißen. Es gilt diejenigen zu unterstützen, die am stärksten unter diesem Krieg leiden. Auch müssen wir täglich fordern, dass sich die russischen Truppen zurückziehen und der Krieg beendet wird. Allerdings haben wir schnell die Grenzen dieser Solidarität gesehen. Sie ist in den gleichen heuchlerischen Konsens eingebettet, der seit Beginn des Krieges in weiten Teilen der Gesellschaft gepredigt wird.

Jegliche Kritiken an wirtschaftlichen Interessen der EU in der Ukraine, der Gefahr der Aufrüstung der Bundeswehr oder den verbrecherischen Einsätzen der NATO in den letzten Jahrzehnten werden als „Whataboutism“ diffamiert und unsichtbar gemacht. Dies sahen wir zuletzt, als einige von uns mit eben diesen Kritiken (zusätzlich zur Ablehnung des Einmarsches Russlands) von der Kundgebung am 28. Februar vor dem Hauptgebäude der LMU, bei deren Vorbereitung wir uns beteiligt hatten, gedrängt wurden. Auch wurde uns hier eine Rede verweigert, nachdem wir sie nicht zensieren wollten. Dies verurteilen wir als höchst undemokratisch und problematisch.

Dass es der Regierung nicht um Menschenleben geht, sahen und sehen wir derzeit beim Umgang mit Geflüchteten, die weiterhin rassistisch nach Pass und Hautfarbe unterschieden werden. Wir stellen uns gegen die Festung Europa, die Menschen im Mittelmeer ertrinken lässt und abschiebt oder sie in Lager und AnkER-Zentren sperrt. Es gibt genug leerstehenden Wohnraum und Spekulationsobjekte, in denen alle Geflüchtete menschenwürdig wohnen könnten.

Gerade lässt sich in der Gesellschaft eine Solidarität zu Geflüchteten beobachten, die sich vor allem in bemerkenswerten selbstorganisierten Hilfsaktionen äußert, was wir sehr unterstützen. Diese Form der Selbstorganisation, um gemeinsam einander zu helfen, ist ein erster Schritt, sowohl Strukturen zu schaffen, die akute Hilfe leisten, als auch politische Forderungen zu stellen, um die Ursachen des Krieges zu bekämpfen und Wohnraum, Versorgung, Arbeitsrecht und Bewegungsfreiheit für ALLE Geflüchteten zu fordern!

Als Studierende und Beschäftigte wollen wir mit der Kampagne „Unis gegen Krieg, Rassismus und Aufrüstung“ an unserer Universität eine aktive Form der Selbstorganisierung schaffen, die sich wirklich klar gegen den Krieg stellt. Wir stehen für eine Position, die sagt: Weder Putin noch NATO! Die Bahnarbeiter:innen von Belarus haben es mit Blockaden vorgemacht, die russischen Nachschub stoppten: Es gibt eine Position gegen den Krieg, die nicht in Aufrüstung kapitalistischer Staaten besteht, sondern von den Lohnabhängigen kommt.

Unsere Diskussion beim ersten Treffen zeigte insbesondere, dass wenn wir wirklich Frieden wollen, es nicht darum gehen kann, nur passiv den benannten Tendenzen und Entwicklungen zuzuschauen. Dabei erscheint es uns besonders wichtig, die Gleichsetzung der russischen Bevölkerung mit Putins Regierung, die vonseiten europäischer Regierungen gemacht wird, vehement abzulehnen. Die Vorstellung, mit Sanktionen dem Kreml und seinen Oligarchen zu schaden, ist eine utopische Illusion, die auf dem Rücken der russischen Bevölkerung ausgetragen wird. Das Aussetzen gemeinsamer Forschungsprojekte von deutschen und russischen Universitäten, welches die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) Anfang März ankündigte, zeigt die problematische Gleichsetzung der russischen Bevölkerung mit der russischen Regierung. Russische Studierende und wissenschaftliche Beschäftigte werden dadurch komplett alleine gelassen. Auch schwächt diese Gleichsetzung zusätzlich den Widerstand, den es in der russischen Bevölkerung gibt.

Die Petition #derAppell, die gerade in weiten Teilen der Gesellschaft diskutiert wird und von bekannten Figuren, wie auch Professor:innen unserer Uni unterzeichnet wurde, stellt sich gegen die von der Bundesregierung vorgeschlagenen 100 Milliarden für die Bundeswehr und fordert “eine breite demokratische Diskussion” darüber wie es weitergehen kann.

Wir sind konfrontiert mit Krieg und unendlichem Leid, mit Flucht, mit Armut und sozialer Unsicherheit, mit einer globalen Pandemie, die aufgezeigt hat, wie unsere Gesundheitssysteme auf Kante genäht sind, mit einer öffentlichen Infrastruktur, deren jahrzehntelange Vernachlässigung uns heute teuer zu stehen kommt, einer Kulturszene, die auf dem Zahnfleisch geht, und mit einer Klimakatastrophe, die genauso wenig vor Staatsgrenzen Halt macht und immense Investitionen in Zukunftstechnologien und soziale Abfederung erforderlich macht. Die auf Jahrzehnte geplante Hochrüstung beendet das Sterben in der Ukraine nicht, macht unsere Welt nicht friedlicher und nicht sicherer. Wir können sie uns im Namen der Zukunft nicht leisten.

Auszug aus der Petition

Für uns heißt eine “breite demokratische Diskussion” zu organisieren, Versammlungen an den verschieden Orten unserer Gesellschaft einzuberufen, um über die politischen Entwicklungen zu diskutieren und gemeinsame Aktionen zu planen.

Deshalb laden wir alle Studierenden und Beschäftigten der LMU ein, sich mit uns an Diskussionen und verschiedenen Aktionen, wie Flyern, Kundgebungen und Versammlungen zu organisieren, im Rahmen einer Kampagne „Unis gegen Krieg, Rassismus und Aufrüstung“ zu beteiligen!

Wir werden diese Woche mit der Gruppe “Uni gegen Krieg, Rassismus und Aufrüstung” einen Flyer schreiben und ein Transpi für die Kundgebung am 1. April malen. Kommt zu den Vorbereitungstreffen oder nehmt mit uns an der kommenden und weiteren Kundgebungen teil!

Kontakt: Wenn du dich an der LMU an der Kampagne “Uni gegen Krieg, Rassismus und Aufrüstung” beteiligen willst, komm in unsere Telegram-Gruppe!

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