KGK-Magazin Nr. 25 erschienen: „Wo steht der Feind?“

06.07.2025, Lesezeit 6 Min.
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In einer unübersichtlichen Weltlage bauen die Herrschenden überall Feindbilder auf. Wir brauchen unsere eigenen Antworten.

Der Kongress der Revolutionären Internationalistischen Organisation (RIO) vor knapp einem Monat fand in unruhigen Zeiten statt. In vielen Ländern reckt eine reaktionäre Internationale ihr hässliches Haupt. Der Genozid in Gaza geht mit deutscher Unterstützung in unverminderter Brutalität weiter. In den USA verstärkt Donald Trump seine Angriffe auf Migrant:innen und fordert Rivalen wie Verbündete mit seinen Zöllen heraus. 

Wie sich der deutsche Imperialismus durch dieses Durcheinander manövrieren möchte, damit beschäftigt sich der erste Artikel dieser Ausgabe Nr. 25 des KGK-Magazins. Unter dem Titel „Großmachtambitionen auf dünnem Fundament“ veröffentlichen wir eine redaktionell überarbeitete Fassung des zentralen Kongressdokuments der RIO, das Orientierung bieten soll: Wie stark wird Friedrich Merz Deutschland den USA unter Trump unterordnen? Wird er die noch immer schwelende Regierungskrise lösen? Wird es gelingen, den Widerstand von Teilen der Massen gegen die Integration der AfD ins Regime unschädlich zu machen? Für uns als Marxist:innen sind das keine akademischen Fragen. Die Lage des eigenen Imperialismus müssen wir so tief wie möglich begreifen, um unsere eigenen Chancen abwägen zu können. Wir besitzen keine Glaskugel. Doch hat auch die Diskussion auf dem Kongress bestärkt: Die Bedingungen für einen Aufschwung der Arbeiter:innenbewegung und einen Kampf um die Ausrichtung der radikalen Linken sind gegeben.

Mit den Grundlagen des politischen Regimes in Deutschland beschäftigt sich auch Timo Sommer in seinem Artikel „Polarisierte Parteien: Historische Krisen im Konservatismus und Reformismus“. Er zeigt: Die fortschreitende Zersplitterung der deutschen Parteienlandschaft auf der Rechten mit der AfD und zuletzt auf der Linken mit dem BSW zu begreifen, lohnt ein Blick in die Geschichte der alten Bundesrepublik – und auf die materiellen Stützpfeiler dieser Parteien. 

Timo Sommer steuert mit „Die Geschichte Ostdeutschlands: Die Westsiedlung der deutschen Bourgeoisie und die kapitalistische Reakkumulation“ noch einen zweiten Artikel bei. Spätestens zum 3. Oktober werden wir in den bürgerlichen Medien wieder allerlei Erklärungsversuche lesen dürfen, warum „der Osten“ anders ist. Populäre Sachbücher zu dem Thema hatten in den vergangenen Jahren Hochkonjunktur. Bei allem Disput zwischen den verschiedenen Autor:innen eint sie eines: Die wirtschaftlichen Grundlagen der Ungleichheit kommen höchstens oberflächlich vor. Dass sich westdeutsche Kapitalist:innen die volkseigenen Betriebe der untergegangenen DDR mithilfe der Treuhand unter den Nagel gerissen haben, ist hinlänglich bekannt. Weitaus weniger geläufig ist, was Sommer als „Westsiedlung der deutschen Bourgeoisie“ bezeichnet: Wie konnte es kommen, dass eine Versicherung namens „Gothaer“ ihren Sitz in Köln hat?

Einen wichtigen Schwerpunkt der Diskussionen auf dem Kongress der RIO bildete die internationale Situation. Dabei spielt der Krieg in der Ukraine weiterhin eine entscheidende Rolle. Schließlich dient die „russische Bedrohung“ den Mächten der NATO als hauptsächliche Begründung für das eigene Aufrüstungsstreben. Mit dieser Kriegspropaganda setzt sich Nathan Deas in seinem Artikel „‚Russische Bedrohung‘. Jenseits der Kriegspropaganda“ auseinander, der im Mai in unserer Schwesterpublikation RP Dimanche erschienen ist. Wie groß ist die Macht der russischen Streitkräfte denn nun wirklich?

Die Kongressdebatte blieb jedoch nicht etwa nur bei der Analyse stehen. Die Zeiten verlangen uns als revolutionären Marxist:innen nicht nur ab, dass wir uns organisieren – wir müssen uns international organisieren. Der Stärkung des Internationalismus der RIO innerhalb ihrer internationalen Strömung, der Trotzkistischen Fraktion für die Vierte Internationale (FT-CI), widmete der Kongress deshalb viel Aufmerksamkeit. Was ist dieser Internationalismus eigentlich? Phillipe Alcoy von unserer französischen Schwesterorganisation Révolution Permanente (RP) geht in seinem Artikel „Was ist Internationalismus“ andersherum vor und zählt auf, was alles nicht internationalistisch ist. Ein inspirierendes Positivbeispiel hat indes bereits vor dem Kongress stattgefunden: In Paris trafen sich 2.000 Internationalist:innen beim Event von RP und der FT-CI. Die gesamte Veranstaltung ist seit wenigen Tagen mit deutschen Untertiteln auf dem Youtube-Kanal von KGK verfügbar.

Im vergangenen Monat hat sich die politische Lage indes rasant weiterentwickelt. Nicht zuletzt hat Israel Iran angegriffen und die USA haben sich mit eigenen Bombardements beteiligt. In gewohnt zynischer Manier behaupteten sie, mit ihren Bomben den iranischen Massen bei der Befreiung vom Regime der Mullahs zu helfen. Für eine Bilanz verweisen wir auf einen Artikel der argentinischen Genossin Claudia Cinatti, der in deutscher Übersetzung vor wenigen Tagen erschienen ist. Die kriegerische Eskalation nehmen wir aber auch zum Anlass, um von einem Ereignis zu lernen, das inzwischen über viereinhalb Jahrzehnte zurückliegt: die Iranische Revolution. Ihre Lehren sind aktuell wie eh und je. Maryam Alaniz und Nathaniel Flakin ziehen diese in ihrem Artikel „Iran und die Permanente Revolution“, der erstmals 2021 in unserer US-amerikanischen Schwesterpublikation erschienen ist.

Diese Artikel sollen einen Beitrag leisten, uns nicht in die Irre führen zu lassen, wenn sich uns die titelgebende Frage stellt. Wir werden eine klare Antwort brauchen.

Artikel in dieser Ausgabe 

RIO: Großmachtambitionen auf dünnem Fundament

Timo Sommer: Polarisierte Parteien: Historische Krisen im Konservatismus und Reformismus

Timo Sommer: Die Geschichte Ostdeutschlands: Die Westsiedlung der deutschen Bourgeoisie und die kapitalistische Reakkumulation

Nathan Deas: „Russische Bedrohung“. Jenseits der Kriegspropaganda

Phillipe Alcoy: Was ist Internationalismus?

Maryam Alaniz und Nathaniel Flakin: Iran und die Permanente Revolution

Mit dieser Ausgabe Nr. 25 des KGK-Magazins und dem Schwung aus dem Kongress der RIO wollen wir auch beginnen, dieses Format weiterzuentwickeln. Einerseits nehmen wir uns einen regelmäßigen Veröffentlichungsrhythmus vor: Alle zwei Monate könnt ihr von nun an mit politischen Analysen, historischen Beiträgen und strategischen Debatten rechnen. 

Vor allem aber wollen wir noch mehr mit euch über die Ideen, die wir vorstellen, ins Gespräch kommen. Eine erste Gelegenheit bietet die Online-Vorstellung der Ausgabe. Eine Woche nach der Veröffentlichung wollen wir am 13. Juli um 19 Uhr mit euch diskutieren.

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