„Russische Bedrohung“: Jenseits der Kriegspropaganda

06.07.2025, Lesezeit 25 Min.
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Joaquín Torres García: El Pez (1928)

Glaubt man den europäischen Regierungen, bereitet sich Russland auf neue Eroberungen vor, obwohl der Krieg in der Ukraine noch nicht einmal beendet ist. Was ist an dieser Erzählung dran?

In den letzten Wochen ist der „Feind“ etwas in den Hintergrund geraten, da Donald Trump und sein Handelskrieg die Bühne betreten haben. Aber Wladimir Putin ist nie weit weg. „Knapp 1.500 Kilometer von Straßburg entfernt“, sagte Emmanuel Macron im März in einer Fernsehsendung. Eine „Bedrohung für Frankreich und Europa“, wie der französische Staatspräsident weiter ausführt, „wer kann glauben, dass das heutige Russland bei der Ukraine Halt machen wird?“ Und er fügt hinzu, dass im Falle eines Waffenstillstands „sicherlich Moldawien“ an der Reihe wäre, dann „vielleicht Rumänien“. Der alarmistische Ton des Staatschefs ist absurd, doch wiederholen die politischen Kräfte und Medien gebetsmühlenartig seine Formulierungen. Die Panik hat nicht nur Frankreich erfasst, sondern auch Deutschland, Spanien, Polen, die baltischen Staaten und schließlich den gesamten alten Kontinent.

So sehr, dass Europa sich auf einen Krieg vorbereitet.1 Aber diese Darstellung der „russischen Bedrohung“ wirft Fragen auf, nicht zuletzt angesichts der Schwierigkeiten seiner Armee, die seit fast drei Jahren allein auf ukrainischem Gebiet im Einsatz ist und dennoch nur etwa 20 Prozent davon erobern konnte. Aber auch, weil es schwer zu übersehen ist, dass die „russische Bedrohung“ zum Schlüsselbegriff militaristischer Diskurse geworden ist, die die Wiederaufrüstung Europas rechtfertigen. Wie könnte man vergessen, dass jedes Mal, wenn Europa sich zur „Verteidigung“ gegen eine ausländische Bedrohung wiederbewaffnet hat, dies in einem allgemeinen Flächenbrand und Millionen von Toten endete?

Was die „russische Bedrohung“ verschweigt

Seit Donald Trump die transatlantischen Beziehungen stärker unter Druck setzt, führen Politiker:innen in Paris, Berlin oder Brüssel vermehrt zwei entscheidende Faktoren an, um die Ursachen der aktuellen militaristischen Eskalation zu erklären: Die Gewissheit, dass Wladimir Putin nach der Ukraine weitere Expansionspläne verfolgt, und die Schlussfolgerung, dass man sich nun mehr als bisher allein auf die Konfrontation mit ihm vorbereiten muss. Einige berufen sich auf den Kalten Krieg und die Rhetorik eines Krieges der „Zivilisationen“ (oder vielmehr zwischen „Zivilisationsprojekten“), andere auf einen Text, den Putin 1999 verfasst hat und der angeblich die Expansionsabsichten Russlands belegen soll, oder sie beschwören das Gespenst des Europas von Jalta. Diese Argumente sind anachronistisch und können das Misstrauen kaum verbergen, das in erster Linie auf einer einseitigen Interpretation der Ursachen des Konflikts in der Ukraine beruht. Diese Interpretation verschleiert den wahren Charakter des Konflikts, nämlich einen Stellvertreterkrieg zwischen zwei reaktionären Lagern: Russland auf der einen Seite und der NATO, der Europäischen Union und den wichtigsten imperialistischen Mächten des Westens auf der anderen.

In der letzten Aprilausgabe von Le Monde diplomatique zeigt Hélène Richard, wie die letzten drei Jahrzehnte im Lichte einer Reihe russischer Kriege neu interpretiert werden – Tschetschenien (1990er Jahre), Georgien (2008), Krim-Donbass (2014) und dann die groß angelegte Invasion der Ukraine (2022). Zusammengenommen mit der Manipulation von Wahlen würden sie ein Vorhaben zur Wiederherstellung der sowjetischen Grenzen oder sogar einer Einflusszone in Europa erkennen lassen. Die Invasion der Ukraine, nachdem Russland sich 2015 verpflichtet hatte, die Frage der pro-russischen abtrünnigen Republiken im Donbass mit diplomatischen Mitteln zu lösen, beweise, dass der Kreml nur auf einen Vorwand gewartet habe, um wieder voranzukommen. Das Gegenteil zu glauben, wäre „Blindheit“ oder sogar „Faszination“ gegenüber Russland, gegenüber dem der Westen eine schuldhafte Schwäche gezeigt habe.

Diese Darstellung dient dazu, die Verantwortung des Westens für den andauernden Krieg zu verschleiern, aber auch die Besonderheit der Ukraine aus Sicht Moskaus. Nach dem Zusammenbruch der UdSSR rückte die „NATO-Grenze“ immer näher an Russland heran. Aus einem antisowjetischen Bündnis wurde die NATO eindeutig zu einem Bündnis, das das westliche Lager hinter der amerikanischen Macht gegen Russland und alle seine internationalen Rivalen zusammenhalten will. Das wiedervereinigte Deutschland, das nicht an der NATO-Grenze liegen wollte, unterstützte den Plan des nordamerikanischen Establishments, die ehemaligen Staaten des Warschauer Pakts in das transatlantische Bündnis zu integrieren. Diese Staaten sollten im Falle eines Konflikts mit Russland als Pufferzone dienen. Diese Politik wurde jedoch von Moskau als Provokation empfunden, da sich die USA während der Sowjetregierung unter Michail Gorbatschow verpflichtet hatten, im Falle einer deutschen Wiedervereinigung die Grenzen der NATO nicht nach Osten zu verschieben.

Die Versprechen zur Aufnahme der Ukraine und Georgiens in die NATO im Jahr 2008 wurden von Putin als weitere Provokation empfunden. Die Annäherung der Ukraine an die NATO und die EU seit 2014 veranlasste die russische Führung, einen Angriff auf Kiew in Betracht zu ziehen, um einen Regierungswechsel zu erzwingen. Der Revanchismus und die Aggression gegenüber der Ukraine von Seiten Putins und seines Regimes lassen sich in Wirklichkeit nur richtig verstehen, wenn man sie in den Kontext der Nachkriegswelt nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion stellt, die vollständig vom westlichen Imperialismus dominiert wird.

Diese Tatsachen in Erinnerung zu rufen, bedeutet nicht, sich dem ultrareaktionären Putin-Regime oder den regionalen Interessen Russlands, seines Staates und seiner Bourgeoisie anzuschließen, geschweige denn, sie von den Gräueltaten der russischen Armee in der Ukraine, zu denen auch die Bombardierung der Zivilbevölkerung gehört, freizusprechen. Diese Erinnerung soll vielmehr die Widersprüche Russlands hervorheben und zur Vorsicht mahnen, wenn es um angeblichen Eroberungsgelüste jenseits der Ukraine geht. Zwar grenzen die Baltischen Staaten oder Polen geografisch gesehen an das Putin-Regime, doch haben sie aus Moskauer Sicht nicht dieselbe Bedeutung inne wie die Ukraine, die in diesem Konflikt zwischen Großmächten eine zentralere Rolle spielt: einerseits für Russland, das seine strategischen Sicherheitsinteressen, die im Wesentlichen auf der Unterdrückung der verschiedenen Staaten der ehemaligen UdSSR beruhen, durch eine Annäherung Kiews mit Brüssel bedroht sieht; andererseits für die Politik des westlichen Imperialismus nach dem Kalten Krieg, die darauf abzielte, die Ukraine (neben anderen Staaten des ehemaligen Sowjetblocks) als Mittel zur Verhinderung des Wiederaufstiegs einer militärischen und nuklearen Macht im eurasischen Raum zu nutzen, die das Kräfteverhältnis in Europa und der Welt infrage stellen könnte. Insofern stellte die Hinwendung der Ukraine zum Westen für Moskau eine rote Linie dar, deren Überschreitung eine noch größere Provokation war als bei den baltischen Staaten.

Diese Realität ist auch untrennbar mit einer Reihe historischer Überlegungen verbunden. Zusammen mit Russland, Weißrussland und dem kurzlebigen Transkaukasien (1922 bis 1936) hatte die Ukraine den Status eines Gründungsmitglieds des Sowjetstaates, und nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion herrschte die Vorstellung, dass die Ukraine als Teil eines angeblichen nationalen und slawischen Kerns weiterhin eine zentrale Bedeutung in der russischen Einflusssphäre spielen würde. Zwar erfolgte der Zusammenbruch der UdSSR durch einen Akt der Selbstauflösung, der von den Staatschefs Russlands, Weißrusslands und der Ukraine unterzeichnet wurde, doch für die beiden letztgenannten Länder, wie Jules Sergei Feidunin und Hélène Richard in einem weiteren Artikel für Le Monde diplomatique (Januar 2024) feststellen, war die Unabhängigkeit weniger das Ergebnis des Willens, eine sowjetische ‚Besatzung‘ zu beenden, wie es in den baltischen Staaten der Fall war, als vielmehr der Wunsch, ihre Beziehungen auf eine gerechtere Grundlage zu stellen“. In diesem Zusammenhang schloss

am 8. Dezember 1991 im Jagdschloss von Viskuli im Belovezhskaja-Urwald (Weißrussland) der erste Präsident der Ukraine, Leonid Krawtschuk, gestärkt durch die 90 Prozent der Stimmen für die Unabhängigkeit der Ukraine, die acht Tage zuvor in einem Referendum abgegeben worden waren, mit den Staatschefs Russlands und Weißrusslands, Jelzin und Stanislav Schuschkewitsch, die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten. 

Der Austritt der Ukraine aus diesem Verbund im Jahr 2008 änderte nichts an der Überzeugung der russischen Führung, dass „die Ukraine zum ‚natürlichen‘ Einflussbereich Moskaus gehört, ähnlich wie die Monroe-Doktrin Washingtons, die den amerikanischen Kontinent als ihr Hoheitsgebiet betrachtet“.

Außen- und innenpolitische Herausforderungen

Diese verschiedenen Elemente warnen vor einem mechanischen Vergleich zwischen der Situation in der Ukraine und der in anderen osteuropäischen Ländern. Das Kräfteverhältnis im Rahmen der Aggression gegen die Ukraine ist zudem nicht mit dem vergleichbar, das Russland aufbringen müsste, um eine Offensive gegen Litauen, Polen, Lettland oder Estland durchzuführen. Ein Angriff auf die baltischen Staaten würde nämlich eine direkte Konfrontation mit einer NATO-Koalition bedeuten, der 32 europäische Länder angehören, ganz zu schweigen von den Vereinigten Staaten, die trotz ihrer abrupten politischen Kurswechsel nach wie vor Truppen vor Ort stationiert haben.

Die Propaganda über die Existenz eines „äußeren Feindes“ dient aber auch innenpolitischen Zielen, insbesondere der Rechtfertigung2 des ungebremsten Wettlaufs um die historische Militarisierung Europas, der ernsthafte Sozialabbau-Maßnahmen erforderlich machen wird, wie beispielsweise der kürzlich vom französischen Premierminister Bayrou angekündigte Sparplan. Und sie ermöglicht es, zu verschleiern, dass im Hintergrund die imperialistischen Mächte weiterhin einen gnadenlosen Krieg um die Aufteilung der ukrainischen Beute führen. Der Paradigmenwechsel3 im Weißen Haus – von der Politik der Biden-Administration, die auf eine massive Bewaffnung der Ukraine und die Verwicklung der westlichen Verbündeten in einen Stellvertreterkrieg zur Schwächung Russlands setzte, hin zu direkten Verhandlungen mit Wladimir Putin über einen Waffenstillstand, die europäischen Alliierten weitgehend außen vor gelassen wurden – hat nichts an dieser Realität geändert. Die Drohungen Trumps mit neuen Sanktionen gegen Russland, die in den letzten Wochen vor dem Hintergrund der Blockade der Verhandlungen zur Beendigung des Krieges wiederholt wurden, machen deutlich, dass die frühere vermeintliche Annäherung zwischen Trump und Putin oder gar das Gerede von einer neuen „Allianz“ vor allem Ausdruck der Marginalisierung eines Europas sind, das von seinem bisherigen Schutzpatron, den USA, diplomatisch an den Rand gedrängt wird. Von einer echten ideologischen oder strategischen Neuausrichtung kann hingegen keine Rede sein.

Gleichzeitig kommt Trumps offen imperialistische Politik gegenüber der Ukraine nicht nur in den „Friedensverhandlungen“ zum Ausdruck, sondern auch in dem Versuch, das Land wirtschaftlich zu kolonisieren. Die Kritik der europäischen Hauptstädte an dieser Aggression verschleiert jedoch, dass es auch einen Wettbewerb zwischen den USA und den imperialistischen Mächten Europas darum gibt, wer nach Kriegsende von den Reichtümern der Ukraine profitieren wird. Seit mehr als zwei Jahrzehnten versuchen die Europäische Union und die Vereinigten Staaten, das Land zu einem Vasallenstaat zu machen, indem sie alle Hindernisse beseitigen, die der Aneignung von Agrarland durch multinationale Konzerne im Wege stehen, und das Arbeitsrecht zerschlagen, um die ukrainischen Arbeitskräfte für ausländisches Kapital attraktiv zu machen. Seit Beginn des Krieges, den die Europäische Kommission als Chance betrachtet, herrscht eine imperialistische Arbeitsteilung: Die Vereinigten Staaten übernehmen den größten Teil der militärischen Hilfe, während die Europäische Union für die Aufhebung des Arbeitsgesetzbuches zuständig ist und Pläne für den „Wiederaufbau des Landes“ vorbereitet (kettenartige Privatisierungen, beispiellose Durchdringung imperialistischen Kapitals, Aneignung der Bodenschätze, dauerhafte Militarisierung des Landes). Französischer Verteidigungsminister Lecornu erklärte in diesem Zusammenhang, dass auch Frankreich mit der Ukraine über die Ausbeutung ihrer Bodenschätze „verhandelt“ habe. In diesem Zusammenhang ist auch der Wille Europas zu verstehen, den Krieg in der Ukraine um jeden Preis fortzusetzen.

Die Militarisierung der europäischen imperialistischen Staaten geht jedoch weit über die Frage der Ukraine oder die Vorbereitung auf einen möglichen Krieg mit Russland hinaus. Die von Trump vorangetriebene Umwälzung der internationalen Beziehungen und seine Rivalität mit China stellen die EU vor die Herausforderung, eine von ihrem nordamerikanischen Partner unabhängige Rolle zu spielen. Aus ihrer imperialistischen Sicht sind die europäischen Mächte gezwungen, sich geopolitisch, wirtschaftlich und militärisch zu stärken. Das bedeutet, dass sie neue finanzielle Ressourcen finden müssen, über die die meisten nicht verfügen, und diese Ressourcen daher durch eine Anpassung ihrer Volkswirtschaften beschaffen müssen. Mit anderen Worten: Die Rechte der Arbeiter:innenklasse und der breiten Bevölkerung müssen beschnitten werden. Damit diese Pläne akzeptabel erscheinen, müssen sie damit gerechtfertigt werden, dass die EU einer existenziellen Gefahr ausgesetzt sei. Die derzeitige Darstellung Russlands und der Expansionsbestrebungen Putins dient diesem politischen und ideologischen Vorhaben der europäischen Regierungen.

Drei Jahre später

Die Vorstellung, dass Russland eine Art Kampf um die Wiederherstellung seines „Imperiums“ führe, dessen erster Schritt die Herrschaft über einen Teil des Territoriums der Ukraine sei, ist zudem untrennbar mit einer Überschätzung Russlands verbunden (die auch von einem Teil der antikapitalistischen Linken vertreten wird4). Die Instabilität und zunehmende Radikalisierung der internationalen Beziehungen in verschiedenen Bereichen (geopolitisch, wirtschaftlich, militärisch usw.) ist zweifellos von aggressiveren imperialistischen Zügen geprägt, wie die wiederholten Drohungen Trumps, Kanada, Grönland oder den Panamakanal zu erobern, zeigen. Es bleibt jedoch die Frage, über welche realen Fähigkeiten die russische Macht verfügt und welche Ziele der Kreml in diesem Zusammenhang verfolgt.

Auch wenn bestimmte Merkmale des russischen Staates die Illusion einer Supermacht schaffen, verbergen sie in Wirklichkeit die untergeordnete Position Russlands. Wie Juan Chingo, Philippe Alcoy und Pierre Reip in einem Artikel zeigen, der im März 2022 vor dem Hintergrund der jüngsten Aggression gegen die Ukraine erschien: 

Russland [ist] in Wirklichkeit einem typischen Fall von ‚ungleicher und kombinierter Entwicklung‘ unterworfen […]. Es hat von der Sowjetunion und dem Kalten Krieg ein riesiges Atomwaffenarsenal und eine dominante Stellung in mehreren internationalen Institutionen geerbt. Putin hat auch die Staatsmacht nach dem Debakel der Jelzin-Jahre wiederhergestellt und gestärkt, während er die prokapitalistischen Bemühungen Jelzins konsolidiert und vertieft hat. Dennoch stützt sich die russische Wirtschaft fast ausschließlich auf den Export von Rohstoffen (insbesondere Öl und Gas, Metalle und landwirtschaftliche Erzeugnisse) und ist nach wie vor in hohem Maße von westlicher Technologie und Finanzen abhängig. Russlands internationale Einflussmöglichkeiten beschränken sich weitgehend auf die ehemaligen Grenzen der UdSSR, trotz partieller Erfolge im Nahen Osten und in Afrika und der Anstrengungen Putins, mehr Unterstützung zu erlangen. Alles in allem wird Russland immer mehr zu einer Regionalmacht, wobei sein echter internationaler Einfluss begrenzt bleibt.

Russland agiert zwar in der Ukraine als eine Art militärischer Imperialist, ist aber kein imperialistisches Land im eigentlichen Sinne: Es verfügt über keine nennenswerte internationale Ausrichtung seiner Monopole und Kapitalexporte und exportiert hauptsächlich Gas, Öl und Rohstoffe. Seine Lage hat sich in den letzten drei Jahren verschlechtert, insbesondere im Nahen Osten mit dem Sturz von Assad, einem wichtigen strategischen Verbündeten Putins in der Region, aber auch und vor allem gegenüber China. Die Sanktionen und der Boykott russischer Kohlenwasserstoffe haben seine Abhängigkeit vom asiatischen Riesen verschärft – eine Situation, die der russische Politologe Alexander Gabuev von der Gabuev-Stiftung in einem Artikel in der Zeitschrift Foreign Affairs (August 2022) mit dem Titel „China’s new vassal“ (Chinas neuer Vasall) ausführlich beschrieb. China hat diesen Hebel genutzt, um bessere Bedingungen für Abkommen über natürliche Ressourcen zu erzielen und sein Programm zur Internationalisierung des Yuan (Landeswährung) voranzutreiben, an dem Russland als freiwilliger Partner beteiligt war. Die aktuelle Politik von Trump und die Kehrtwende des US-Imperialismus sind untrennbar mit diesem Kräfteverhältnis verbunden. Der US-Präsident versucht mit allen Mitteln, die Beziehungen zwischen Russland und China zu lockern, obwohl ein ehrgeizigeres Projekt nach dem Vorbild der Politik Nixons in den 1970er Jahren, der es geschafft hatte, Peking gegen Moskau auszuspielen, nach Jahren der Feindschaft zwischen den USA und Russland kaum realisierbar erscheint.

Vor diesem Hintergrund sorgt der Zustand der russischen Wirtschaft nach mehr als drei Jahren Krieg heute für Debatten unter Ökonom:innen, insbesondere vor dem Hintergrund der jüngsten Verschlechterung mehrerer Indikatoren.5 Kurzfristig dürften diese Schwierigkeiten die Kalkulation des Kremls hinsichtlich des laufenden Krieges nicht ändern und die Kriegsanstrengungen Russlands nicht behindern, insbesondere in einem militärischen Kontext, der für Russland günstig erscheint. Denn auch Kiew hat Schwierigkeiten, neue Rekruten zu mobilisieren,6 und Trump droht, sich aus der Ukraine zurückzuziehen. Mittel- bis langfristig deuten die Wirtschaftsindikatoren jedoch auf eine Erschöpfungsdynamik hin, die sich auch auf militärischer Ebene bemerkbar macht. Während Russland mittlerweile 570.000 Soldaten auf ukrainischem Gebiet mobilisiert (gegenüber 150.000 zu Beginn seiner Aggression), beliefen sich die Verluste laut dem russischen Militärexperten Pavel Luzin im Januar 2025 auf auf 700.000 Tote, Verwundete und Vermisste; die irreversiblen Verluste (Tote oder Kampfunfähige) beliefen sich auf fast 400.000. Sollte die Rekrutierung in diesem Tempo weitergehen, würde die russische Armee ihre Verluste zwar ausgleichen, aber keine Aufstockung ihrer Truppen erreichen. Das von Wladimir Putin angekündigte Ziel, die Streitkräfte durch die Rekrutierung von 350.000 zusätzlichen Soldaten auf 1,5 Millionen Mann aufzustocken, ist noch nicht erreicht. Daher wurden in den letzten Monaten die Einstellungsprämien erhöht und der Druck auf Gefangene und Wehrpflichtige weiter verstärkt.

Neben den menschlichen Verlusten hat der Kreml seit dem 24. Februar 2022 auch fast 12.000 gepanzerte Fahrzeuge verloren, darunter 3.786 Panzer. Seine Armee hat einen Großteil der sowjetischen Bestände aufgebraucht, wodurch ihr konventioneller Vorteil nun weitgehend geschwächt ist. Je nach Modell machen ihre Reserven nur noch 10 bis 15 Prozent des Niveaus von 2022 aus. Auch seine Artillerie-Ressourcen werden immer knapper, sodass es gezwungen ist, sich bei Verbündeten zu versorgen. Nordkorea soll ihm mindestens sechs Millionen Granaten sowie Hunderttausende Raketen geliefert haben; außerdem stellt es ihm nun Truppen an der Front zur Verfügung. Nach Angaben der ukrainischen Behörden sollen diese bei der russischen Gegenoffensive zur Rückeroberung der Region Kursk eingesetzt worden sein. Der Iran hat Russland bereits Tausende von Shahed-136-Drohnen verkauft und 200 Mittelstreckenraketen im Sommer 2024 geliefert.

Diese militärische Zusammenarbeit trägt zu einer zunehmenden Vernetzung der Spannungsherde bei und offenbart gleichzeitig die Grenzen der russischen Verteidigungsindustrie, wie Dara Massicot in „Russian Military Reconstitution: 2030 Pathways and Prospects“ für das Carnegie Endowment for International Peace am 12. September 2024 feststellt:

In den zwei Jahren nach der vollständigen Invasion der Ukraine durch Russland hat sich der Kreml dafür entschieden, seine Streitkräfte wieder aufzubauen, ohne die Wirtschaft auf Kriegsfuß zu stellen. Er hat eine Teilmobilmachung durchgeführt, indem er die verfügbare Ausrüstung reparierte, Munition und Waffen im Ausland kaufte, freiwilligen Soldaten lukrative finanzielle Anreize bot und die Produktion in den bestehenden Rüstungsbetrieben maximierte. […] Damit Russland ein grundlegend höheres Niveau der Waffenproduktion oder der Verfügbarkeit von Arbeitskräften im Vergleich zu Anfang 2024 erreichen kann, müsste die Regierung zusätzliche Mobilisierungskapazitäten aktivieren, die wahrscheinlich die Wirtschaft, den Arbeitsmarkt und das Engagement der Bevölkerung für den Krieg beeinträchtigen würden und das Land in eine noch schwerwiegendere Kriegssituation als 2024 bringen würden. Bislang haben die Berechnungen und der politische Wille des Kremls Russland davon abgehalten, einen solchen Schritt zu tun.

Vor diesem Hintergrund leiden auch die Rüstungsbetriebe unter einem Arbeitskräftemangel. Im Oktober 2024 lag die Arbeitslosenquote bei 2,3 Prozent – ein historischer Tiefstand seit 1992 – aber 1,6 Millionen Stellen waren unbesetzt.7 Der Arbeitskräftemangel wirkt sich aufgrund der Rekrutierung für den Militärdienst, der zunehmenden Einstellungen in der Verteidigungsindustrie und der Abwanderung seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine im Jahr 2022 weiterhin auf verschiedene Sektoren aus. Die Zentralbank sah diesen Mangel als einen entscheidenden Faktor für ihre Entscheidung, die Zinsen hoch zu halten, um die Inflation zu bekämpfen. Diese Schwierigkeiten sind jedoch vor dem Hintergrund der europäischen Kapazitäten zu sehen. Während Russland seine Produktionskapazitäten in den letzten Jahren erheblich ausgebaut hat, produzierte es nach NATO-Angaben im Jahr 2024 dreimal so viele Artilleriegeschosse wie Europa und die Vereinigten Staaten zusammen.

Laut Pavel Baev, Forscher am Friedensforschungsinstitut in Oslo (PRIO), bringen diese Schwierigkeiten Russland nun in der Ostseeregion in eine schlechtere Lage, was konventionelle Waffen angeht: 

In der ersten Phase seiner Invasion in der Ukraine hielt es das russische Oberkommando für notwendig, seine leistungsfähigsten Kampfeinheiten, darunter seine Luftangriffsdivision und seine Marineinfanteriebrigade, für größere Offensivoperationen einzusetzen, während seine Ostseeflotte ihre amphibischen Kapazitäten ins Schwarze Meer verlegte. (…) So wurden die meisten der Garnisonen der ‚Festung Kaliningrad‘ abgezogen. (…) Unabhängig vom Ausgang des Krieges wird Russland nicht in der Lage sein, eine militärische Überlegenheit im Baltikum oder auch nur ein annäherndes Kräftegleichgewicht mit der NATO wiederherzustellen, die ihrerseits einen neuen Plan zur Stärkung ihrer Position in diesem neuen Kontext umsetzt.8

Obwohl die russische Armee zweifellos einzigartige Erfahrungen gesammelt hat, insbesondere im Umgang mit Drohnen aller Art, der Lenkung von Raketen und Gleitbomben, erscheint die russische Macht in Wirklichkeit relativ. Dies gilt umso mehr, als sie in drei Jahren Krieg nur wenige hundert Kilometer Boden gutmachen konnte, obwohl sie nur gegen eine einzige Armee kämpft (allerdings, wie ein kürzlich erschienener Artikel der New York Times erneut enthüllte, im Rahmen eines Stellvertreterkrieges mit der NATO an ihrer Seite). Welches Interesse hätte Russland, das in vielerlei Hinsicht verwundbarer ist als zum Zeitpunkt der Invasion der Ukraine und nachdem es die Eroberung Kiews nicht geschafft hat, ohne triftigen Grund den Krieg auf neuen Gebieten fortzusetzen?9

Eine historische Militarisierung in einer zunehmend instabilen Welt

Der Krieg ist noch nicht vorbei, und trotz der Umwälzungen der letzten Monate ist es noch sehr schwer zu sagen, wann und wie er konkret enden wird. Dies ist sehr wichtig, denn erst nach Kriegsende wird sich zeigen, in welchem Zustand nicht nur Russland und die Ukraine aus diesem blutigen Konflikt hervorgehen, sondern auch alle die anderen Beteiligten wie die EU und die USA. Aber selbst im Falle eines Sieges Putins wird sich die Frage stellen, ob Russland strategisch gewonnen oder nur Verluste begrenzt hat. Es ist noch unklar, in welchem Zustand sich die russische Wirtschaft und die politische Lage befinden werden, doch diese Faktoren werden entscheidend dafür sein, ob Russland kurz-, mittel- oder langfristig tatsächlich einen Angriff auf Europa in Betracht ziehen könnte (auch wenn die Gründe und Ziele eines solchen Angriffs noch zu klären wären).

Diese Aspekte reichen jedoch nicht aus, um das Szenario einer Konfrontation in Europa auszuschließen oder davon auszugehen, dass Russland für bestimmte Bevölkerungsgruppen keine Bedrohung darstellt. Das reaktionäre Regime Putins bedroht bereits die Arbeiter:innenklasse in der Ukraine und in Russland, aber auch die Zivilbevölkerung in Belarus, Kasachstan und Georgien. Vor dem Hintergrund des Niedergangs des französischen Imperialismus und der EU-Mächte positioniert sich Russland zudem zunehmend als Herausforderer in der Sahelzone (insbesondere auf militärischem Gebiet) bei der Unterdrückung der afrikanischen Bevölkerung. Putin profitiert zwar vom Niedergang Europas in seinem historischen Einflussbereich, insbesondere weil Russland (wie China) in der kolonialen Erinnerung Afrikas keine Rolle spielt. Er versucht, den Kontinent zu einem Vorposten im Kampf für eine multipolare Ordnung zu machen, doch ist die russische Macht weit davon entfernt, eine progressive Alternative zu den alten Imperialismen zu bieten. Zusammen mit China bildet sie einen ebenso reaktionären kapitalistischen Block, der seine eigenen imperialen Interessen verfolgt und versucht, sich die strategischen Ressourcen des Kontinents anzueignen. Ihre kapitalistischen Ambitionen stehen somit im Widerspruch zu den Interessen der Arbeiter:innen, Bäuer:innen und unterdrückten Völker Afrikas und der ganzen Welt.

Nach Jahrzehnten der imperialistischen Globalisierung, die von den Vereinigten Staaten unangefochten vorangetrieben wurde, ist die internationale Bühne geprägt von zunehmender geopolitischer, wirtschaftlicher und militärischer Konkurrenz zwischen den Mächten und einem Ausmaß an Radikalität, das seit dem Zusammenbruch der UdSSR beispiellos ist. Die Gefahr, die aus der internationalen Lage entsteht, liegt zweifellos weniger in der Macht Russlands als in der derzeitigen Dynamik der Militarisierung und ihren Auswirkungen. Als Reaktion auf Trumps Kehrtwende in der Ukraine-Politik wurde auf dem alten Kontinent bereits eine historische Wende hin zur Militarisierung vollzogen und die Atlantische Allianz in der Ostsee gestärkt.10

So könnte der europäische Militarismus die Situation mit Russland so weit verschärfen, dass ein einfacher „Unfall“ den Kontinent an den Rand eines allgemeinen Krieges bringen könnte, insbesondere wenn diese oder jene Macht ihre strategischen oder lebenswichtigen Interessen in Gefahr sieht. Aus diesem Grund wäre es falsch zu glauben, dass die nächste Eskalation mechanisch nur zu einem Konflikt zwischen Russland und Europa führen wird. Die europäischen Mächte haben in der Vergangenheit gezeigt, dass sie den Kontinent in eine Katastrophe stürzen können. Nichts garantiert, dass die EU-Staaten angesichts der Verschlechterung der internationalen Lage nicht beginnen werden, miteinander zu konkurrieren und sich feindselig gegenüberzutreten. Der Krieg in der Ukraine hat die Gegensätze zwischen den europäischen Ländern bereits verschärft und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Länder verschlechtert, schon allein aufgrund der stark gestiegenen Energiepreise. Während zwei ihrer Industriemächte, Deutschland und Italien, eine besonders schwierige Situation durchleben und der Draghi-Bericht vom September 2024 einen allgemeinen Rückgang der Industrieproduktion auf europäischer Ebene feststellte, löst der Rückzug der Vereinigten Staaten eine tiefriefende Führungskrise aus. Diese könnte im Rahmen des Wettlaufs um die Militarisierung den Weg für den Aufstieg reaktionärer Nationalismen auf dem Kontinent und das Wiederaufleben alter und neuer Rivalitäten zwischen den europäischen Staaten ebnen, die die EU nicht beseitigen konnte (und wollte). Die Meinungsverschiedenheiten darüber, wie die EU wieder aufgerüstet werden soll, könnten sich auf andere Bereiche, insbesondere die Wirtschaft, ausweiten11 und letztendlich zu einer Spaltung des Blocks führen.

In diesem angespannten und instabilen Szenario ist der wirksamste Beitrag zum Frieden die entschlossene Mobilisierung gegen den Krieg, der Kampf gegen unsere Regierungen, unsere Bosse, unseren eigenen Imperialismus, seine Militarisierungs- und Kriegspläne, aus einer internationalistischen, proletarischen und revolutionären Perspektive.

Dieser Artikel erschien erstmals am 17. Mai 2025 in RP Dimanche.

Fußnoten

  1. 1. Bis zu für Rüstung in Deutschland; auf EU-Seite; Wiedereinführung der in Polen; bestimmter Bereiche der zivilen Industrie auf die Rüstungsindustrie; der Grenzen zu Russland; an die Ostflanke der NATO; Pläne zur Stärkung der nuklearen „Abschreckungskapazitäten“; auf ukrainisches Gebiet; für die Bevölkerung in Vorbereitung seitens der Europäischen Kommission; zur Finanzierung der Armee in Dänemark; „Einsparungen“ im Namen desselben Ziels in Frankreich usw.
  2. 2. Ersten Umfragen zufolge unterstützt die Mehrheit der Bevölkerung die Aufrüstung, obwohl eine kleine, aber bedeutende Minderheit dagegen ist. So wie sie von den europäischen Staats- und Regierungschefs präsentiert und von den „linken“ Propagandisten des Militarismus verkauft wird, ist die Zustimmung eines Teils der Bevölkerung eher eine politische Position gegen Trump oder Putin als allgemeiner Kriegseifer. Diese Unterstützung ist, wie Philipp Genschell, Forscher am Institut für Interkulturelle und Internationale Studien der Universität Bremen, in einem mit dem Titel „Conclusion – external threat and internal divisions: how the war in Ukraine shapes mass politics in the EU“ vom Februar 2025 feststellt, fragiler, als es den Anschein hat: „Betrachten wir zunächst die veränderte Wahrnehmung von Bedrohungen. Zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Artikels (November 2024) ist der Krieg in sein drittes Jahr gegangen. Dennoch hat er sich nicht auf andere Länder ausgeweitet, geschweige denn auf EU-Mitgliedstaaten. Die Feindseligkeiten bleiben bislang auf die Ukraine beschränkt. Je länger die territoriale Eindämmung des Konflikts andauert, desto wahrscheinlicher ist es, dass die öffentliche Meinung in der EU die russische Bedrohung herunterspielt. Eine Bedrohung, die eindeutig als ‚europäisches Problem‘ wahrgenommen wurde (Sojka A, Terraza Palanca J, Caravaca Crespo F, et al., 2025), wird heute vor allem als Problem der Ukraine angesehen. Mit dem Nachlassen der unmittelbaren Bedrohung lässt auch die kriegerische Forderung nach einer stärkeren Zentralisierung und Koordinierung der Politik nach. Die offensichtliche Wirkungslosigkeit der westlichen Hilfe für die Ukraine untergräbt die Unterstützung in der Öffentlichkeit noch weiter.“ Der Strategiewechsel des US-Imperialismus hat diese Dynamik zwar gebremst, doch sie bleibt weiterhin voller Widersprüche.
  3. 3. Siehe hierzu Claudia Cinatti: Tournant des États-Unis en Ukraine. De la guerre par procuration à la répartition du butin [Wende der USA in der Ukraine. Vom Stellvertreterkrieg zur Aufteilung der Beute], RP Dimanche, 23. Februar 2025. [5. Juli 2025].
  4. 4. Im Zusammenhang mit der reaktionären Aggression Russlands gegen die Ukraine sind mehrere Debatten über das Wesen des Krieges in der Ukraine, aber auch über die Macht Russlands entbrannt. Siehe hierzu Juan Chingo, Philippe Alcoy und Pierre Reip: Die Herausforderung einer unabhängigen antiimperialistischen Politik in der Ukraine: Eine Antwort auf Achcar und Kouvélakis, KGK-Magazin Nr. 10, 28. März 2022, [5. Juli 2025].
  5. 5. Die russische Wirtschaft hat die Sanktionen viel besser überstanden, als manche Prognosen vermuten ließen. Nach einem Rückgang um 1,9 Prozent im Jahr 2022 erholte sich das russische BIP im folgenden Jahr deutlich. Laut Rosstat, der staatlichen russischen Statistikbehörde, betrug das Wachstum 2023 und 2024 4,1 Prozent, wird jedoch weiterhin hauptsächlich von der Rüstungsindustrie getragen, was zu gewissen Widersprüchen führt. Wie Céline Marangé, Forscherin für Russland und die Ukraine am Institut de recherche stratégique de l’Ecole militaire (IRSEM), in einem Artikel für feststellt: „Mehrere Indikatoren haben sich in letzter Zeit verschlechtert: Der Rubel ist eingebrochen, die Inflation ist hoch und liegt über den offiziell angegebenen 9,5 Prozent, die Leitzinsen wurden auf 21 Prozent angehoben, um die Inflation einzudämmen, und die Hypothekenzinsen können 30 Prozent übersteigen. Diese Situation hat bei einflussreichen Geschäftsleuten scharfe Kritik an der zuvor hochgelobten Zentralbankchefin Elvira Nabiullina ausgelöst. Sergej Tschemesow, Direktor des Rüstungskonzerns Rostec und ehemaliger KGB-Agent mit engen Verbindungen zum russischen Präsidenten, warnte sogar vor der möglichen Insolvenz zahlreicher Unternehmen.“
  6. 6. Siehe hierzu Sasha Yaropolskaya und Philippe Alcoy: Ukrainischer Soziologe: „Die Bereitschaft, sich für den Staat zu opfern, ist sehr gering“, Klasse Gegen Klasse, 27. November 2024, [5. Juli 2025].
  7. 7. Siehe hierzu: Alexandra Prokopenko: Russia’s Economic Gamble: The Hidden Costs of War-Driven Growth, Carnegie Politika, 20. Dezember 2024, [5. Juli 2025].
  8. 8. Pavel Baev: „Russia’s New Challenges in the Baltic/Northern European Theater“, Institut Français des Relations Internationales (IFI), 14. November 2023.
  9. 9. Zum Vergleich: Das (historische) russische Militärbudget beläuft sich für 2025 auf (13,5 Billionen Rubel), gegenüber im Jahr 2024 für die 31 NATO-Mitgliedsländer ohne die Vereinigten Staaten, die allein 970 Milliarden ausgegeben haben. Für 2025 haben die Vereinigten Staaten bereits ein Militärbudget von 1.000 Milliarden angekündigt, Deutschland 900 Milliarden und die Europäische Union 800 Milliarden. Diese Differenz ist jedoch zweifellos stark überbewertet. Sie berücksichtigt nämlich nicht die Unterschiede in der Kaufkraft. Laut hätten die Verteidigungsinvestitionen Moskaus unter Berücksichtigung der Herstellungskosten für Waffen, Rohstoffe und Arbeitskräfte das kumulierte Budget der 30 europäischen NATO-Mitgliedstaaten eingeholt.
  10. 10. Deutschland hat nicht nur einen Plan über für die Aufrüstung verabschiedet (während die EU einen Plan über 800 Milliarden ratifiziert hat!), sondern auch die erste permanente Truppenstationierung seit dem Zweiten Weltkrieg in Litauen beschlossen, um die Ostflanke der NATO zu stärken, und. Die baltischen Staaten und Polen erwägen ihrerseits, aus einem internationalen Vertrag zum Verbot der Herstellung und des Einsatzes von Antipersonenminen auszutreten, um zu verminen. Dänemark hat sich unterdessen entschlossen, anzuschließen und. Die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen gehörte zu den Gästen eines europäischen Minigipfels am 17. Februar in Paris, auf dem sie nicht nur im Namen ihres Landes, sondern auch aller nordischen und baltischen Staaten, einschließlich des Nicht-EU-Mitglieds Norwegen, sprach. Schweden ist in diesem Zusammenhang 2024 Mitglied der NATO geworden und hat in den letzten Jahren auch seine militärischen Vorbereitungen mit Norwegen und Finnland verstärkt, wodurch die gesamte nördliche Region zu einem integrierten und fast grenzenlosen Raum geworden ist. Schließlich haben die Mitglieder der NATO-Expeditionstruppe, einer britischen Initiative innerhalb der NATO, der mittlerweile zwölf nordeuropäische Länder ohne die USA angehören, auf einem kürzlichen Gipfeltreffen in Estland erklärt, dass sie Maßnahmen gegen die Schattenflotte russischer Schiffe ergreifen werden. Die Liste ist bei weitem nicht vollständig.
  11. 11. Als die EU am 30. Oktober zusätzliche Steuern (bis zu 35 Prozent auf Elektrofahrzeuge in China) einführte, stimmte Deutschland dagegen, um die Interessen seiner eigenen Hersteller zu wahren. Bei den letzten Verhandlungen über das Mercosur-Abkommen lehnte Frankreich dessen Ratifizierung im Namen des Schutzes seiner „Landwirte“ ab, während Deutschland das Abkommen verteidigte, um Autos in Brasilien und Argentinien verkaufen zu können. Da Großbritannien, das nicht mehr Mitglied der EU ist und enge Beziehungen zu Washington unterhält, Misstrauen schürt, kann man davon ausgehen, dass die europäische Front gegen Trumps Zölle auf den kleinsten gemeinsamen Nenner reduziert werden wird.

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