Die Preise explodieren: Für sofortige Preisstopps und Lohnerhöhungen!

12.04.2022, Lesezeit 6 Min.
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Quelle: Denys Kurbatov / shutterstock.com

Die Preise für Lebensmittel, Kraftstoff- und Energiekosten schnellen immer weiter in die Höhe. Die Inflation nimmt zu und der freie Markt, sowie der bürgerliche Staat lösen unsere Probleme nicht. Für kämpferische Gewerkschaften! Für Verbraucher:innenkomitees, die Preise beobachten und die wahre Inflation berechnen! Für eine gleitende Lohnskala in allen Berufen!

Die Spritpreise machen Pendler:innen momentan das Leben zur Hölle und in der Bevölkerung herrscht berechtigte Angst vor den kommenden Nebenkostenabrechnungen, auch wenn sie erst in anderthalb Jahren im Briefkasten liegen werden. Es ist allseits bekannt, dass die Kraftstoff- und Energiepreise noch nie zuvor gesehene Niveaus angenommen haben. Letztere sind Haupttreiber der Inflation, die im März bei 7,3 Prozent lag – ein Wert, der zuletzt vor über 40 Jahren überschritten worden war.

Doch lässt sich nicht nur bei den Gaspreisen eine Teuerung verzeichnen. In den Tagesthemen wird Michaela Kettwig porträtiert, die sich Butter schlicht und ergreifend nicht mehr leisten kann. 2,09 Euro kostet sie nun pro Stück und somit stolze 20,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Auch die Preise von Fleisch, Gemüse und anderen Lebensmitteln sind so sehr in die Höhe geschnellt, dass Eva Wolf, Leiterin der Tafel in Köln-Flittard, die auch Kettwig besucht, fast dreimal so viele Tafel-Kund:innen wie vor Kriegsbeginn verzeichnet.

Öl und Mehl werden in Supermärkten, sowie in Großmärkten rationiert. Für Betreiber:innen von Restaurants bedeutet das, dass sie ihren Betrieb nicht aufrechterhalten können wie zuvor, da sie auf die Produkte angewiesen sind.

Die Ampel beschloss kürzlich ein wenig umfassendes Entlastungspaket, das unter anderem eine einmalige Energiepauschale in Höhe von 300 Euro für alle steuerpflichtigen Beschäftigten vorsieht. Für Wohngeldbezieher:innen sollen es allerdings nur 270, für BAföG-berechtigte Student:innen 230 Euro sein. Selbstständige, Minijobber:innen und Renter:innen gehen hingegen leer aus.

Auch Bundeswirtschaftsminister Habecks „Entmachtung“ von Gazprom Germania ist heuchlerisch. Am vergangenen Montag hat sein Ministerium den deutschen Ableger des russischen Energiekonzerns unter treuhänderische Verwaltung der Bundesnetzagentur gestellt. In Wirklichkeit handelt es sich jedoch nicht um eine Maßnahme zur Eindämmung der Gasteuerung, sondern um einen Akt im Interesse des deutschen Kapitals: Während die neue deutsche Bundesregierung vorübergehend ausländische Unternehmen in öffentliche Hand überführt und in der Zukunft vielleicht sogar enteignet, sträubt sie sich, bei deutschen Firmen so vorzugehen. Die Profite der „eigenen“ Konzerne werden nicht im Geringsten angetastet.

In Europa ist die Inflationsrate auf 7,5 Prozent angestiegen. Besonders betroffen sind aber Länder in Afrika, Asien und Lateinamerika, die teilweise 100 Prozent ihres Weizens aus der Ukraine zu bezogen. Viele Länder sind sowieso schon hoch verschuldet gegenüber reicheren Ländern und Lebensmittelengpässe wirken sich massiv aus.

Die Ursache der Teuerungen ist aber nicht der Ukrainekrieg, auch wenn er die Entwicklung, die sich schon zuvor klar abzeichnete, beschleunigt. Vielmehr ist sie in den Rahmen der Wirtschaftskrise einzuordnen, aus der die Welt schon seit 2008 nicht mehr herausgekommen ist. Schon vor der Coronaviruspandemie waren die Wachstumswerte von vor 2008 nicht wieder erreicht worden – und die Pandemie verschlechterte die wirtschaftliche Lage noch weiter.

Eine Steigerung der Lebensmittelpreise zeichnete sich auch schon durch die Auswirkungen der weltweiten Klimakrise ab. Es häufen sich Ernteausfälle aufgrund von Hitzewellen,  Waldbränden oder Überschwemmungen. Die Diskussionen zu diesem Thema werden weit in den Hintergrund gerückt.

Nun wird wieder einmal zur Kasse gebeten, wessen Geldbeutel ohnehin schon fast leer ist. Aber während auf dem Zettel im Supermarkt-Regal dazu aufgerufen wird, weniger zu konsumieren, hat Dieter Schwarz, Eigentümer von Kaufland und Lidl und reichster Deutscher, ein Vermögen von 45,25 Milliarden Euro angehäuft. Trotzdem will die Politik uns glauben machen, das Geld sei nicht da. Die bis 1997 erhobene Vermögenssteuer muss wieder eingeführt werden und Firmen, die an dem Krieg verdienen, wie Rüstungskonzerne, Tönnies, Tankstellen oder Supermarktketten müssen unumkehrbar entschädigungslos enteignet und unter die Kontrolle der dort Arbeitenden gestellt werden.

Der Aufwärtsspirale muss durch Preisstopps für Gas, Strom und Lebensmittel sofort ein Ende gesetzt werden. Doch können wir uns offensichtlicherweise dabei nicht auf die Unternehmen verlassen – nicht wenige von ihnen schlagen aus der aktuellen Situation Profit. Während auf dem Land wegen der Benzinpreise allgemeine Ratlosigkeit herrscht, ist vor drei Wochen ans Licht gekommen, dass Rohöle deutlich billiger geworden waren. Deshalb brauchen wir Verbraucher:innenkomittees, die die Preise beobachten, die reale Inflation berechnen und auf dieser Grundlage vom Staat Maßnahmen zur Teuerungsbegrenzung fordern.

Gewerkschaften dürfen diese Umstände nicht weiter hinnehmen. Die IGBCE verschob letzte Woche weitere Chemie-Tarifverhandlungen in den Herbst. Bis Mai erhalten die Beschäftigen dafür eine Einmalzahlung von 1400€ (jedoch nicht für Azubis und nur in wirtschaftlich nicht angeschlagenen Betrieben. In angeschlagenen Betrieben wird auf 1000€ reduziert und Azubis erhalten 500€). Sicherlich kann jede:r Arbeiter:in dieses Geld gebrauchen, doch macht diese Zahlung im Durchschnitt nur 5,3 Prozent ihres Jahresgehaltes aus, in einem Jahr in dem sie 7,5 Prozent ihres Gehalts an die Inflation verloren haben.

Einkommen, Renten, Hartz-IV- sowie BAföG-Sätze müssen immer mindestens dann steigen, wenn die Preise es auch tun, damit die Dutzenden Millionen Beschäftigte, Renter:innen, Arbeitslose und Student:innen, sowie ihre Familien nicht noch ärmer werden, als sie schon sind. Schon vor dem Krieg bestimmten Altersarmut, ein ständig wachsender Niedriglohnsektor und fehlendes Mitspracherecht der Prekarisierten den Alltag vieler Menschen. Es musste schon vorher abgewogen werden, ob nun die 400-500 Euro im Monat für Essen, Heizung und Sprit reichen oder was am Ende eben hinten runter fällt. Diese Lage verschärft sich nun noch mehr.

Gewerkschaften müssen gegen die steigenden Lebenshaltungskosten mobilisieren. Streiks wie der im Sozial- und Erziehungsdienst in München oder die der Berliner Lehrer:innen für kleinere Klassen können zusätzliche Forderungen zur Frage ihrer Lebensunterhaltskosten aufnehmen und die Perspektiven entwickeln, davon befreit zu sein, ihren Lohn konstant an die Inflation zu verlieren. Für eine gleitende Lohnskala in allen Berufen! Denn Kettwig warnt uns: „Ich kann nichts mehr einsparen“. Sie weiß zu gut, dass das eigene Geld jeden Monat weniger wert ist.

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