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10.02.2020, Lesezeit 5 Min.
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Am Samstag mobilisierte die Gruppe Lampedusa in Hamburg Unterstützer*innen zum Steindamm, um gemeinsam gegen die tödliche Abschottungspolitik der Europäischen Union zu demonstrieren.

Die Kundgebung am Samstag war der kämpferische Aufruf, sich gemeinsam zu organisieren, um gegen das System der Ausbeutung und der tödlichen Grenzen Widerstand zu leisten. Sie richtete sich gegen die Isolierung in Lagern, gegen Abschiebungen, gegen Rassismus, gegen Misshandlungen und Morde durch die Polizei. Ebenso gegen Waffenexporte und gegen die Ausbeutung halbkolonialer Länder.

Studierende der Hochschule für bildende Künste Hamburg errichteten vor dem Info-Zelt am Hauptbahnhof eine 5 Meter hohe Installation mit Fahne, welche die Sichtbarkeit der Manifestation erhöhen soll. Das Objekt ist ein Zeichen der Solidarität und der gemeinsamen Organisierung von Studierenden und Geflüchteten gegen die Politik des Hamburger Senats und der Europäischen Union.

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Bei der Kundgebung berichtete der Aktivist Ali Ahmed Abitalib von „Lampedusa in Hamburg“ von Repression, Ausbeutung und Unterdrückung. Seit sechs Jahren organisieren sich Geflüchtete und Unterstützer*innen. Seit sechs Jahren gibt es das Info-Zelt am Hamburger Hauptbahnhof. Es ist zu einem Symbol für Menschenrechte und den physischen Kampf gegen das kapitalistische System geworden. In seiner Rede erklärte er, weshalb es notwendig ist den Kapitalismus als Ursache zu bekämpfen.

Die Kundgebung war Teil eines internationalen Aktionstages. Wir veröffentlichen den Aufruf zur „Commemor Aktion“ 2020.

„Wir kämpfen gemeinsam gegen die tödlichen Grenzen.
Jeden Tag sterben und verschwinden Menschen an den europäischen Außengrenzen. Im Mittelmeer, in der Sahara. In europäischen Haftanstalten und Hotspot-Camps, in denen Menschen gehindert werden, ihren Weg fortzusetzen.
Wir dürfen sie nicht vergessen! Diejenigen, die getötet oder mit Gewalt an der Fortsetzung ihres Weges gehindert wurden. Oder diejenigen, die verschwunden sind.
Wir kämpfen für die Beendigung dieses ständige Massakers an den europäischen Aussengrenzen. Wir setzen uns für Bewegungsfreiheit und globale Gerechtigkeit ein. Heute, am 6. Februar 2020, versammeln wir uns, um unserer Trauer in einer solidarischen Aktion Ausdruck zu geben.
Wir – das sind Verwandte der Vermissten aus Tunesien, Algerien, Marokko, Kamerun, Senegal, Syrien, Mexiko, Peru und anderen Ländern. Wir sind diejenigen, die menschliche Überreste in der Wüste und im Meer bergen, die sich bemühen, die unbekannten Verstorbenen in den Grenzgebieten zu identifizieren und die namenlosen Toten in Würde zu bestatten. Wir sind diejenigen, die sich gegenseitig an den Händen halten, wenn wir eine Tochter, einen Sohn, eine Schwester, einen Bruder oder einen Freund vermissen.
Wir versammeln uns, um die tödliche Gewalt der globalen Grenzregime anzuklagen. Wir versammeln uns, um an diejenigen zu erinnern, die im Mittelmeer, in der Sahara, in der Region Evros, in Calais und anderswo gestorben, verschwunden oder getötet worden sind. Wir klagen die Verantwortlichen des Mordes an: Regierungen, die Hotspots in Höllen verwandeln, Routen beschränken, Seenotrettung verhindern, nur um Migrantinnen und Migranten von ihrer Reise abzuhalten. Das Gedenken dieser Toten und Verschwundenen ist für uns Teil dieses täglichen Kampfes.
Sechs Jahre ist es her: Am 6. Februar 2014 massakrierte die spanische Grenzpolizei (Guardia Civil) 15 Menschen. Sie überquerten die Grenze zur spanischen Enklave Ceuta. Bis heute wird dieses Verbrechen nicht als Mord anerkannt. Die beteiligten Grenzbeamten kommen ohne Strafe davon.
Dieses Massaker ist eines von vielen Beispielen für das Sterben und Verschwinden an den europäischen Grenzen. Tausende verlieren ihr Leben in der Wüste und auf dem Meer oder bleiben spurlos verschwunden.
Wir – das ist ein transnationales Bündnis und wir versammeln uns heute in mehreren europäischen Städten. Wir bringen die Gewalt an ihre Quelle zurück, ins Herzen von Europa. Wir protestieren in Ceuta, Barcelona, Marseille, Milano, Leipzig, Berlin und Zürich. Und viele versammeln sich im marokkanischen Oujda. Denn durch die Verschiebung der Grenze in den Süden, übernimmt Marokko die Arbeit der europäischen Grenzpolizei. Deshalb mobilisieren wir zusammen mit lokalen Aktivisten und Aktivistinnen eine gemeinsame Gedenkaktion vor Ort, um an die vernichteten und verschwundenen Menschenleben zu erinnern.
Wir fordern eine gerechte Welt, in der die Bewegungsfreiheit ein anerkanntes Menschenrecht ist. Wir wollen die Überlebenskämpfe und das Leid der Menschen an den europäischen Grenzen sichtbar machen. Wir wollen Räume schaffen für die Trauer und die Traumatas der Angehörigen und Hinterbliebenen, die ihre Lieben verloren haben.
Wir haben uns schon mehrmals versammelt. Und wir werden in Zukunft immer wieder zusammenkommen. Zu anderen Zeiten. An andern Orten. Denn zuviele sind es, der anhaltenden Verbrechen gegen die Menschlichkeit, um sich ihrer nur an einem Tag und an einem Ort gedenken zu können.
Die Bezeichnung «CommemorAction» ist ein Versprechen. Niemals vergessen wir diejenigen, die ihr Leben verloren haben oder vermisst bleiben. Wir setzen unseren Kampf gegen das mörderische Grenzregime, für globale Bewegunsgfreiheit und Menschenwürde fort. Wir schaffen Räume des Erinnerns. Wir trauern gemeinsam. Und wir geben nicht auf.“

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