Warum kämpfen Sozialist:innen für den Erhalt der Münchner Geburtshilfe?

24.06.2023, Lesezeit 30 Min.
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Foto: Privat

Die Hebammen und (Kinder-) Krankenschwestern der geburtshilflichen Abteilung im Krankenhaus München-Neuperlach haben durch ihren Kampf die von der Stadtregierung geplante Schließung der Station wohl vorerst abwenden können. Als KGK waren wir Teil dieses Kampfes und wollen hier einige Lehren vorstellen, um aus der Verteidigung eine Gegenoffensive für ein Gesundheitssystem ohne Profite vorzuschlagen.

Die internationalen Schlagzeilen zu Deutschland waren im vergangenen Jahr besonders durch die militaristische „Zeitenwende“ gekennzeichnet, die von der amtierenden Ampelregierung (mit der sozialdemokratischen Partei SPD, Grünen und Liberalen) seit dem Ukrainekrieg vorangetrieben wird. Zusätzlich führte zuletzt die historisch hohe Inflation, wogegen die Regierung keine ausreichenden Maßnahmen ergriffen hat, zu einer Welle an Streiks. Der Höhepunkt davon war der „Megastreik“ im Transport am 27. März, welcher das gesamte Land für einen Tag erfolgreich bremste. In diesem Rahmen zwischen einer neuen imperialistischen Ausrichtung des Regimes und neuen Elementen im Klassenkampf, finden schon seit einigen Jahren Kämpfe gegen die Sparpolitik besonders im Gesundheitswesen statt.

Schon seit Jahren gibt es an Unikliniken eine Bewegung für mehr Personal und Entlastung. Nach dem Vorbild der Berliner „Krankenhausbewegung“, die 2021 mit monatelangen Streiks einen Tarifvertrag für Entlastung und Mindestpersonalbesetzung erkämpft hat, fand im vergangenen Jahr auch in Nordrhein-Westfalen, dem bevölkerungsreichsten Bundesland Deutschlands, eine solche Streikwelle an Unikliniken statt. Nach 77 Tagen Streik konnte auch hier ein Tarifvertrag Entlastung unterschrieben werden. Neben diesen Streikbewegungen mit bundesweiter Ausstrahlung gibt es aber auch lokale Kämpfe für ein Gesundheitssystem, das nicht dem kapitalistischen Profitinteresse unterworfen ist.

Ein Beispiel dafür: die Geburtshilfe in Neuperlach. Im Münchener Arbeiter:innenviertel Neuperlach soll die geburtshilfliche Station der örtlichen Klinik geschlossen und mit einer anderen deutlich größeren Station“ zusammengelegt werden. Dagegen wehrte sich das Team aus Hebammen und (Kinder-)krankenschwestern. Teil dieses Teams sind unsere Genoss:innen Leonie und Charlotte, die als revolutionäre Sozialist:innen eine anführende Rolle in der Selbstorganisierung des Kampfes und der Entwicklung einer breiteren Solidarität in den Gewerkschaften spielen. Diese Linie des Kampfes, die später näher beleuchtet wird, wurde immer in der Perspektive des weitergehenden Kampfes um einen Gesundheitssystem ohne Profite und darum, ein Beispiel dafür zu setzen, wie Arbeiter:innen sich gegen die Krise wehren können.

 

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Foto der ersten Kundgebung vor dem Einkaufszentrum in Neuperlach

Nach einem monatelangen Kampf erhielten die Kolleg:innen im Januar 2023 das Versprechen der regierenden Parteien im Stadtrat (SPD und Grüne), die Station in Neuperlach bis 2028 zu erhalten. Einen schriftlichen Beschluss des Stadtrats gibt es jedoch noch nicht – der Kampf muss also weitergehen.

Sie starteten den Kampf mit einer Unterschriftensammlung gegen die Schließung, die zuletzt über 23.000 Menschen unterzeichneten. Nach mehreren Besuchen bei Parteiaktivitäten Aktionen der großen Parteien, medialen Auftritten und Beteiligung an den Warnstreiks im Rahmen der TVöD-Runde, erheben die Kolleg:innen weiter die Forderung nach einem dauerhaften Erhalt. In dieser Dynamik antwortete die Geschäftsführung mit einer repressiven Maßnahme, nämlich einer Abmahnung gegen Leonie Lieb, eine Kollegin, die die gewerkschaftliche Organisierung vorantrieb und dies öffentlich in der Zeitung bekundete. Offensichtlich ging es der Klinikleitung darum, die kämpfenden Kolleg:innen einzuschüchtern.

Dies leitete eine neue Phase des Kampfes ein: Der Angriff auf eine Kollegin steht kombiniert mit der offensiven Forderung nach der langfristigen Sicherung der Station und der Kritik an einem Gesundheitssystem, welches die Profitinteressen über das Wohl von Patient:innen und Beschäftigten setzt.

Wie kam es jedoch zum Zwischenerfolg, der die Grundlage für die nächste Phase des Kampfes bietet? Wie zeichnet sich dieser Kampf aus, der zeigt, dass Arbeiter:innen keineswegs alternativlos Schließungen gegenüberstehen? In welcher Klassenkampfsituation findet dieser Kampf statt und welche Perspektive braucht es angesichts der gegenwärtigen Krise?

Hintergrund der angestrebten Zusammenlegung

Die anvisierte Schließung des Kreißsaals in Neuperlach, die im Rahmen einer von SPD und Grünen getragenen Umstrukturierung der öffentlichen Gesundheitsversorgung in München stattfindet, ist kein Einzelfall. Sie ist ein Beispiel der jahrzehntelangen Zentralisierungspolitik, die dem Primat des Profits folgte, das medizinische Behandlungen in Deutschland nach dem sogenannten DRG-System (auch Fallpauschalensystem genannt) seit 2003 ökonomisiert.

Das Resultat im Bereich der Geburtshilfe ist erschreckend: 1991 gab es in ganz Deutschland noch 1.186 Kliniken, in denen Geburten möglich waren. 2018 waren es nur noch 655 Kliniken mit Geburtshilfe, mit sinkender Tendenz. Ähnlich ist es im pädiatrischen Bereich, wo die Bettenzahl seit 1991 um ein Drittel geschrumpft ist, was zahlenmäßig auch dem Bettenrückgang der gesamten Kliniklandschaft entspricht. Dem zugrunde liegt die niedrige Profitrate der Geburtshilfe im Rahmen des DRG-Systems. Denn mit den DRGs werden Behandlungen nach einem pauschalen Schlüssel abgerechnet und nicht nach den tatsächlich angefallenen Kosten. Das Resultat: Versorgung mit niedrigen Fallpauschalen werden depriorisiert und eingespart, während Behandlungen mit hohen Fallpauschalen mehr Profit einbringen.

Parallel zu dieser Sparpolitik im öffentlichen Gesundheitswesen fand eine Privatisierungspolitik statt, getrieben durch die Logik des DRG-Systems, die insbesondere zu einer infrastrukturellen Veränderung führte: die exponentielle Entstehung privater Kliniken (im Jahr 2000 war der Anteil 21,7 Prozent, 2021 war es 38 Prozent).

Die daraus resultierenden Probleme von Personalmangel (bereits heute fehlen 110.000 Pflegekräfte, bis 2030 rechnungsweise 300.000), Überlastung und Misswirtschaft werden wortwörtlich auf dem Rücken der Kolleg:innen ausgetragen. Die Schließungspolitik wird auch von der neuen sozialdemokratischen Führung des Gesundheitsministeriums unter Karl Lauterbach fortgeführt. Seine Reform vertieft die Politik der Zentralisierung von Krankenhäusern einerseits und der Verlagerung von stationären Pflegekapazitäten auf ambulante Versorgung andererseits.

Die Kolleg:innen der Geburtshilfe Neuperlach von Anfang an nicht nur gegen die Schließung ihrer Station positioniert, sondern ausdrücklich gefordert, weiterhin festangestellt zu sein, was konträr zur Tendenz in der Hebammenarbeit steht. Denn einhergehend mit den zahlreichen Schließungen von geburtshilflichen Stationen gibt es eine deutliche Zunahme an selbstständigen Beschäftigungsverhältnissen bei Hebammen im Krankenhaus und auch außerklinisch. Das ist, wegen höherem Gehalt, oft vordergründig eine scheinbar schnelle Lösung für die schlechten Arbeitsbedingungen der Hebammen. Die unterbelichtete Kehrseite davon ist, dass Teams zersplittert, soziale und erkämpfte Rechte unterminiert und die gewerkschaftliche Organisierung damit verunmöglicht wird.

Diese Situation mag viele Leser:innen überraschen, da Deutschland im internationalen Vergleich als starker Sozialstaat bekannt ist – ein, wie sich heute zeigt, äußerst trügerisches Bild. Umso wichtiger ist der Widerstand der Hebammen und Kinderkrankenschwestern in Neuperlach, die dabei sind, in einem selbstorganisierten Kampf gegen den Schließungs-Rasenmäher, einen unfällbaren Baum zu pflanzen. Ihr Kampf richtet sich objektiv gegen diese Sparpolitik im Gesundheitssystem, die alles andere tut, als eine bessere Versorgung zu ermöglichen. Weiter enthält dieser Kampf auch Elemente, die es zu einem Leuchtturm der Verteidigung einer nicht-profitorientierten Gesundheitsversorgung machen kann.

Die Neuperlacher Geburtshilfe: ein Leuchtturm der bedürfnisorientierten Gesundheitsversorgung

Die Station in Neuperlach besitzt in ihrer bedürfnisorientierten Ausrichtung einen Sonderplatz in der bundesweiten Gesundheitsversorgung: Die Kaiserschnittsrate (wichtigstes Instrument zur Profiterwirtschaftung in der Geburtshilfe) liegt mit 15 Prozent bei der Hälfte des bundesweiten Durchschnitts. Die Station ist ohne Personalmangel an Hebammen oder Kinderkrankenschwester stadtweit für ihre gute 1:1-Betreuung – eine absolute Rarität in der Geburtshilfe – bekannt. Diese Voraussetzungen bieten den Kolleg:innen nicht nur die Möglichkeit, die Bedürfnisse der Gebärenden ins Zentrum ihrer Tätigkeit zu stellen, sondern haben ein Team geformt, das eine große Identifikation mit ihrer Station besitzt.

Die Kolleg:innen haben ihren Widerstand zur Schließung Mitte 2022 begonnen. Von Beginn an gab es trotz weniger politischer Erfahrungen strategische Diskussionen über den Weg, mit dem die Station tatsächlich erfolgreich erhalten bleiben könnte. Dabei stand die Stadtregierung, die einen wesentlichen Teil des Aufsichtsrats stellt, als Verantwortliche für die Schließung dem Team gegenüber, was wiederum den Kampf politisiert. Mittels der Selbstorganisierung wurde eine Strategie auf zwei Gleisen gewählt, auf der einen Seite stand die Gesprächssuche mit Politiker:innen der Regierungsparteien und auf der anderen Seite der Aufbau des gesellschaftlichen Rückhalts. In den ersten Schritten wurden Anträge in Bezirksausschüssen gestellt und vor allem eine Petition für den Erhalt ihrer Station verfasst, die sich weiterhin als wichtiges Mittel im Kampf aufzeigt und mittlerweile über 23.000 Unterschriften verzeichnet. Am 5. Mai wurde sie bei einer öffentlichen Kundgebung mit 120 Teilnehmer:innen dem Stadtrat übergeben.

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Foto bei der Petitionsübergabe mit SPD-Fraktionsvorsitzende im Stadtrat Anne Hübner und solidarischen Hebammenstudentinnen

Das Solidaritätskomitee und die Ausweitung des Kampfes

Im Rahmen des Aufbaus der gesellschaftlichen Solidarität haben wir als Klasse Gegen Klasse ein Solidaritätskomitee angestoßen, welches wir mit anderen linken Gruppierungen, Stadtratsabgeordneten der Linkspartei und Gewerkschafter:innen aufgebaut haben. Dieses stellte sich zum Ziel, die „Enge der Station“ mit einer praktischen Unterstützung „von außen“ zu überwinden. Mit der Logik der „Einheitsfront“ sollte dieser Stützpunkt des Kampfes eine breitere Aktionseinheit der Selbstorganisierung ermöglichen, in der Arbeiter:innen, Studierende, Gewerkschafter:innen, Aktivist:innen und selbst kritische Mitglieder der regierenden Parteien (vor allem der SPD) gemeinsam mit den kämpfenden Beschäftigten in Diskussion kommen und gemeinsame Aktionen gegen die Politik der Regierung entwickeln.

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Erstes Treffen des Solikomitees „Kreißsaal bleibt!“

In diesem Sinne gab es Besuche bei parteiischen Veranstaltungen, in denen zentrale politische Figuren der Stadtregierung – die auch Teil des schließungswillingen Aufsichtsrats sind – mit dem Anliegen der Kolleg:innen konfrontiert wurden.

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Intervention beim SPD Dreikönigstreffen
Diese Interventionen durchbrachen den Routinismus der bürgerlichen Parteien und zwangen sie zu einer Positionierung und zur Teilnahme mit eigenen Vertreter:innen an Treffen des Solidaritätskomitees. Dort zeigte sich ihre vermittelnde Position, die mit Sprüchen à la „wir sind auf eurer Seite“ oder „wir kümmern uns darum“ den Kampf passivieren sollte. Im Gegenteil führte insbesondere der offene Widerspruch der Grünen zwischen Wahlprogramm („Frauen und Kinder schützen – Geburtshilfe und Hebammen retten“) und realer Politik (Schließung des Kreißsaals) vor den Augen der Kolleg:innen zu einer größeren Entschlossenheit.

Rede von Michelle, einer Kollegin aus Neuperlach

Ein feministischer Kampf

Tiefergehend ist ein Kernaspekt dieses Kampfes sein feministischer Charakter, welcher sich organisch daraus ableitet, dass seine Subjekte nicht zuletzt in ihrem Beruf mit dem patriarchalen Charakter der kapitalistischen Gesellschaft zusammenstoßen. Im Rahmen akademischer und medialer Debatten steht seit einigen Jahren die Geburtshilfe oft im Zusammenhang mit dem Begriff der Gewalt in Verbindung. Seit einigen Jahren wird der 25. November als „Roses Revolution Day“ bezeichnet, bei dem die Gewalt in der Geburt aufgezeigt werden soll, die schätzungsweise zwischen 25 bis 40 Prozent der Gebärenden erleben. Mehrheitlich stehen in diesen Debatten Frauen als Patient:innen im Mittelpunkt, worin als Gewalttäter insbesondere Ärzt:innen oder auch Hebammen zur Verantwortung gezogen werden. Was allerdings meist ausgeblendet wird, sind die gewaltsamen Verhältnisse, denen insbesondere die Beschäftigten ausgesetzt sind und die auf den profitorientierten Charakter dieser medizinischen Versorgung zurückzuführen sind.

Charlotte Ruga, eine der Neuperlacher Hebammen, warf eben diesen Zusammenhang in einer Rede auf der Demonstration am 26. November, dem Tag gegen Gewalt an Frauen, vor hunderten Teilneher:innen auf:

Der Kampf für unsere reproduktive Rechte, für unsere Schwangerschaften und Schwangerschaftsabbrüche, kann nicht getrennt werden von unseren Arbeitskämpfen, von den Orten, wo wir Care Arbeit leisten, von den schlechten Löhnen die wir haben und den Bedingungen, unter denen wir andere Frauen versorgen. Genau das kriegen wir zu spüren im Kampf gegen die Schließung unseres Kreißsaals.

 

Weiter traten auch einige Kolleg:innen am 8. März, dem internationalen feministischen Kampftag, gemeinsam mit dem Solikomitee auf, um eine bedürfnisorientierte Perspektive in Bezug auf die Gesamtheit des Gesundheitswesens zu formulieren.

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Rede der Kolleginnen beim 8. März

Hierbei handelte es sich um eine bewusste hegemoniale Politik, bei der spezifische Forderungen von breiteren unterdrückten Sektoren (in diesem Fall Frauen und Gebärfähige) durch die kämpfen-den Arbeiter:innen. Praktisch bedeutet es, nicht nur um die eigenen Arbeitsplätze zu kämpfen, son-dern die Fragen des Rechts auf eine sichere Geburt (das sich an alle Gebärenden richtet), des Rechts auf Festanstellung (das sich vor allem an prekarisierte Sektoren richtet) und zuletzt des Rechts auf eine kostenfreie und gute Gesundheitsversorgung für alle miteinander zu verbinden. Aus diesem Blickwinkel heraus, haben Studierende als Teil des Solikomitees eine Reihe an Veran-staltungen zu organsiert, bei denen gemeinsam mit Kolleg:innen am Institut für Soziologie der LMU und an der Katholischen Stiftungshochschule – wo Hebammen ausgebildet werden –, Studierende über den Kampf informiert wurden, über unterschiedliche Aspekte des Kampfes diskutiert haben und zur aktiven Solidarität eingeladen wurden.

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In dieser Auseinandersetzung kamen wir als Studierende zur Schlussfolgerung, dass die reformistische Strategie innerhalb der feministischen Bewegung im Kampf für die Selbstbestimmung und Emanzipation auf einen zentralen Widerspruch stößt: einzelne rechtliche Fortschritte können angesichts einer rückläufigen Versorgungsstruktur die Bedingungen am Ende nicht ernsthaft verbessern.

Deutlich wird dies an der Frage zum Recht auf legale Schwangerschaftsabbrüche. Die sogenannte „Fortschrittskoalition“ streichte den §219a Stgb (der aus der Nazi-Zeit stammte und das Informieren über Schwangerschaftsabbrüche unter Strafe stellte) und machte sich damit einen jahrzehntelangen Kampf der feministischen Bewegung zu eigen, während der §218 Stgb Schwangerschaftsabbrüche weiterhin kriminalisiert. Während die Zahl von Stationen, auf denen Geburtshilfe geleistet wird dramatisch zurückgeht, sieht man bei den Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, eine ähnliche Tendenz: im Jahr 2003 gab es noch 2.030 ärztliche Einrichtungen, die Abtreibungen vorgenommen und gemeldet haben. Im dritten Quartal 2022 waren es nur noch 1.106.

Dies bestätigte erneut unsere Auffassung, dass der Kampf um die Selbstbestimmung – eine vollständige Entkriminalisierung von Abtreibungen, die zudem kostenlos und frei zugänglich für alle sein müssen, sowie eine bedürfnisorientierte Geburtshilfe – einen Kampf für ein anderes Gesundheitssystem braucht. Da es keinen Fortschritt von selbst gibt, sind wir davon überzeugt, dass wir gegen Ausbeutung und Unterdrückung noch stärker an der Seite derjenigen kämpfen müssen, die in den Kliniken gegen die Unterwerfung unserer Leben und Körper unter den Profit kämpfen.

Am 8. März fand vormittags ein Warnstreik von Erzieher:innen, im Rahmen der Auseinandersetzungen für den Tarifvertrag des öffentlichen Dienst statt. Dort sprachen sich zwei Kolleg:innen aus Neuperlach, zur Erkämpfung der Forderungen von 10,5 Prozent mehr Lohn und 500 Euro für alle, sowie für sektorübergreifende Streiks aus.
Siskos und Leonies Rede:

Diese Linie begann allerdings nicht erst an diesem Tag, sondern war ein Ergebnis der Auseinandersetzung in den Gewerkschaften im Rahmen des Kreißsaalkampfs.

Der Kampf in und mit den Gewerkschaften

Die Rolle der Selbstorganisierung der Kolleg:innen des Kreißsaals stellte sich in den vergangenen Monaten als eine zentrale Frage in diesem Kampf heraus. Denn ohne ihre kollektive Entscheidung, für den Erhalt des eigenen Arbeitsortes zu kämpfen, wäre die Schließung von Medien und Öffentlichkeit unbemerkt von der Kommunalpolitik einfach vollzogen worden – auch weil die örtliche Führung der zuständigen Gewerkschaft ver.di lange Zeit keine öffentliche Position gegen die Schließung eingenommen hatte. Nur durch eine kontinuierliche Anstrengung der organisierten Basis konnte die Schließung des Kreißsaals bei den Streikkundgebungen im Rahmen der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst überhaupt thematisiert werden. Unsere Genossinnen Leonie und Charlotte spielten dabei eine wichtige Rolle, die als revolutionäre Sozialistinnen den Kampf um den Erhalt des Kreißsaals mit einer längerfristigen Organisierungsperspektive im Betrieb verbinden und darüber hinaus für den Kampf für ein Gesundheitswesen im Dienste der Arbeiter:innen und Patient:innen eintreten, in der Perspektive einer sozialistischen Gesellschaft, statt einer Gesundheitsversorgung im Dienste des kapitalistischen Profits.

Die Initiative der Petition und die damit verbundenen zahlreichen öffentlichen Auftritte in den Medien, die Kundgebungen, Streikteilnahmen und Aktionen auf den Parteitagen der bürgerlichen Parteien sind vom aktiven Kern der Kolleginnen in Zusammenarbeit mit dem Solidaritätskomitee selbst ausgegangen. Entscheidungen über den Fortgang des Kampfes werden dabei demokratisch in gemeinsamen Treffen, zusätzlich zu den eigenen Treffen der Kolleg:innen, diskutiert und beschlossen. Diese Instanz der Selbstorganisation der aktiven Kolleg:innen ist jedoch kein Ersatz für den Kampf in und um die Gewerkschaft selbst. Im Gegenteil besteht die Aufgabe darin, alle Kolleginnen – egal ob sie gewerkschaftlich organisiert sind oder nicht – in den Kampf zu ziehen und damit Druck auf die Gewerkschaftsführung ausüben. Aus dieser Perspektive haben wir uns als Solikomitee Postbeschäftigten solidarisiert, wozu die Kolleg:innen aus Neuperlach das Motto aufwarfen: „Wir bringen die Kinder, ihr bringt die Post! Wir kämpfen gemeinsam!“

Im Rahmen der bundesweiten Streiks des TVÖDs, wo bundesweit mehr als 500.000 Beschäftigte im Warnstreik waren, traten auch einige der Neuperlacher Hebammen in den Streik. Während des Kampfes steigerte sich die Mitgliedzahl der gewerkschaftlich organisierten Kolleg:innen von Zwei auf Zehn, wie Leonie Lieb in einem Interview mit der jungen Welt über den Kampf erklärte.

In diesem Kontext fand auch der schon erwähnte erste Angriff der Geschäftsführung auf das Team statt: Leonie Lieb wurde abgemahnt, da sie das genannte Interview ohne vorherige Absprache mit der Pressestelle der München Klinik gab, was bislang bei dutzenden Medienauftritten nie ein Thema war. Angesichts dieser Maßnahme wurde zunächst die Unterstützung bei Kolleg:innen und in der Gewerkschaft gesucht. Von Seiten der Betriebsrät:innen und des Gewerkschaftssekretärs wurde eine breite Unterstützung jedoch auf eine Phase nach der TVöD-Runde verschoben, da ja bereits so viel zu tun wäre. Anstatt eine aktive Kollegin zu unterstützen, drehten sie dem Kreißsaalkampf den Rücken zu. In der Basis entwickelte sich eine gegenläufige Tendenz: Mit Unterstützung der Gewerkschaftsjugend konnte Leonie spontan vor 6.000 Kolleg:innen auf dem größten Streiktag des öffentlichen Dienstes in München seit 1992 reden, nachdem ihr die Gewerkschaftsbürokratie dies zunächst nicht ermöglichen wollte. Dadurch konnten die Streikenden auf den Angriff aufmerksam gemacht werden. Folglich sammelten die Mitglieder des Solikomitees über 600 Unterschriften von Kolleg:innen und selbst von prominenten Persönlichkeiten, darunter von der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds, Yasmin Fahimi.

Leonies Rede auf dem großen Streiktag

Diese Welle an gewerkschaftlicher Solidarität vor allem von Kolleg:innen aus anderen Krankenhäusern, der Straßenreinigung, Erzieher:innen, aus den Bädern, Musiker:innen und Studierende stand somit im Kontrast zur lokalen Gewerkschaftsführung. Während die Bürokratie auf die Bremse tritt, setzen wir uns dafür ein, den Kampf um den Kreißsaal zu einem Kampf gegen die Umstrukturierungspläne der München Klinik und gegen die Sparpolitik im Gesundheitswesen und im öffentlichen Dienst insgesamt auszuweiten.

Eine solche Politik der Ausweitung der aktiven Basis im Betrieb ist auch deshalb wichtig, weil die bremsende Rolle der Gewerkschaftsführung immer wieder dazu führt, dass viele Kolleg:innen keinen Sinn im Weg der gewerkschaftlichen Organisierung sehen und ihm so den Rücken kehren. Dagegen ist es notwendig, eine Perspektive ins Zentrum zu stellen, um die Gewerkschaften als aktive Kampforgane zurückzuerobern – das bedeutet, den offenen politischen Kampf mit der Bürokratie zu suchen, anstatt ihr das Feld zu überlassen.

Hinzu kommt, dass die Berufsgruppe der Hebammen schon immer einen sehr schwachen Grad an gewerkschaftlicher Organisierung hat. Historisch haben Hebammen in der häuslichen Versorgung überwiegend freiberuflich (selbstständig) und nicht in Krankenhäusern gearbeitet. Viele andere Beschäftigte im Gesundheitswesen (zum Beispiel Pflege und Ärzt:innen), haben die Aufgabe kranke Menschen zu betreuen und Krankheiten zu therapieren. Der Hebammenberuf hat zudem im Vergleich zu vielen anderen Berufen im Gesundheitssystem einen präventiven und salutogenetischen Fokus in der Frauengesundheit, statt einem pathologischen Ansatz. In der Konsequenz hat der Hebammensektor oft eine isolierte und lobbyistische Interessensvetretung, wie beispielsweise Berufsverbände und wenig Bezug zur Gewerkschaft.

Die Tendenz zu immer mehr Selbständigkeit im Arbeitsverhältnis im Hebammenberuf – die auch durch die Schließung des Kreißsaals in Neuperlach noch weiter vorangetrieben werden würde– verstärkt auch kleinbürgerliche Tendenzen im Bewusstsein vieler Hebammen. Um dagegen die kollektive Aktionsmacht aller Beschäftigten im Krankenhaus und im öffentlichen Dienst insgesamt zu stärken, ist die Selbstorganisation mit einem hegemonialen Programm eine wichtige Voraussetzung.

Perspektive Gegenoffensive: Abmahnung fällt, Kreißsaal bleibt dauerhaft- Für ein bedürfnisorientiertes Gesundheitswesen

Der Kampf gegen die Schließung des Kreißsaals in Neuperlach hat zu einem Teilerfolg geführt, der aber noch auf wackeligen Füßen steht. Während das Versprechen der Regierungsparteien, den Kreißsaal bis 2028 zu erhalten, weiterhin noch nicht bindend ist, soll dieses Zugeständnis zu einer Passivierung des Kampfes führen. Dies soll aber vor allem auch die Möglichkeiten der Ausweitung von Solidarität und damit auch der größeren Bekanntheit dieses Beispiels des Widerstandes eine Bremse setzen. Zusätzlich ist die Abmahnung gegen Leonie die „Peitsche zum Zuckerbrot“, welche die Machtfrage im Klinikum zugunsten der Geschäftsführung sichern soll.

Dieser (bislang) unvollständige Sieg und die gleichzeitige Disziplinierungsmaßnahme muss im Sinne der Verteidigung einer bedürfnisorientierten Gesundheitsversorgung mit einer Gegenoffensive beantwortet werden. Im letzten Schritt des Kampfes der Petitionsübergabe wurde dies erneut klar: Die SPD-Fraktionsvorsitzende im Stadtrat Anne Hübner, die die Petition entgegennahm und dabei die schwierigen Rahmenbedingungen (Rote Zahlen der München Klinik, Inflation und Krieg) betonte, erklärte im nächsten Atemzug den Kolleg:innen: „Ihr werdet noch kämpfen müssen“.

Für eine erfolgreiche Gegenoffensive muss der Kampf auf drei Ebenen vertieft werden: betrieblich, (inter-)sektoral und letztlich politisch.

Erstens besteht die Herausforderung, den Erhalt dauerhaft zu sichern und die Abmahnung abzuwehren, darin, dieses Kampfbeispiel an allen Standorten der München Klinik bekannt zu machen. Diese Aufgabe entstammt dem Ursprung des Schließungsvorhabens, welches als Teil des sogenannten „Umstrukturierungsplans“ der München Klinik geplant war. Hierbei besteht die Notwendigkeit, die Selbstorganisierung in Betriebsgruppen zu festigen, um die bestehenden Kräfte – aus dem Kreißsaal, aber auch der zunehmenden gewerkschaftlichen Organisierung durch die TVöD-Runde – zu bündeln. Diese betrieblichen Organe können dazu dienen, weitere Spar- und Schließungspläne an der MüK zu verhindern und für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen zu kämpfen. Nach ihrer anfänglich zögerlichen Haltung haben Teile der ver.di das Thema der Kreißsaalschließung mittlerweile aufgenommen. Bei der Kundgebung am 5. Mai sprach auch eine Vertreterin der ver.di Frauen. Es ist nötig, dass die Gewerkschaft sich dem Thema voll annimmt, die Organisierung am Krankenhaus ausweitet und auch andere Stationen in Solidarität mit dem Kreißsaal mobilisiert, damit gemeinsame Erfahrungen die anstehenden Kämpfe stärken. Die Selbstorganisierung hat sich als wichtiges Instrument erwiesen, damit Parteien und Gewerkschaften die Kolleg:innen ernst nehmen müssen.

Weiter ist es unumgänglich, aus diesen Organen heraus das gescheiterte Gesundheitssystem der Gegenwart in Frage zu stellen und neue Perspektiven aufzumachen. Die Ampelregierung hat bereits ihr Vorhaben, das DRG-System am Leben zu halten, dargelegt. Gepaart mit Finanzminister Lindners Ankündigung, 20 Milliarden Euro im sozialen Bereich „einzusparen“, während die Rüstungsausgaben weiter steigen, sind weitere Sparmaßnahmen vorprogrammiert, die die öffentliche Daseinsvorsorge weiter zerstören und besonders die Armen, die Rentner:innen und die Jugend treffen werden. Eine wirkliche Entlastung und ein Gesundheitswesen im Interesse der Beschäftigten und Patient:innen wird also nicht ohne einen Kampf eben mit dieser Regierung möglich sein, die ihre Prioritäten bereits offenlegt.

Die TVöD-Runde hätte ein Ansatzpunkt für eine effektive Gegenwehr und einen Übergang in die Offensive sein können– wenn die Gewerkschaften einen Erzwingungsstreik durchgeführt hätten.  Bei 2,7 Millionen Beschäftigten und 500.000 Streikenden hätte eine Ausweitung des Streiks, eine Koordinierung mit anderen Streiks wie bei der Bahn, der Post und anderen Sektoren, und vor allem eine Politisierung in Richtung eines Kampfes gegen die Sparpläne der Regierung eine neue Klassenkampfsituation schaffen können.

Mehr noch: Angesichts der Sparpläne der Regierung können wir heute nicht nur bei der Verteidigung unserer Löhne stehenbleiben, sondern müssen gemeinsam um unsere Arbeitsplätze und gegen die kommenden Sozialkürzungen kämpfen. Mitten in der Krise werden Betriebsschließungen auch beliebte Mitteln der Kapitalist:innen, wie wir am plastischsten bei der Warenhauskette Galeria erkennen können. Dort möchte der kriminelle Milliardär René Benko bis Anfang nächstes Jahr 50 Standorte schließen und damit 5000 Beschäftigten ihren Arbeitsplatz wegreißen, während er hunderte Millionen Euro an Subventionen aus Steuergeldern erhielt. Auch in anderen Sektoren wie der Chemieindustrie zeigt sich eine ähnliche Tendenz zu Betriebsschließungen und Arbeitsplatzabbau, wie die eine Umfrage des deutschen Chemieverbands VCI von Ende Januar beschrieb. Diese Tendenz wird sich ebenfalls durch den beginnenden Strukturwandel der deutschen Wirtschaft vertiefen, wo die herrschende Klasse eine profitorientierte Antwort auf die Klimakrise bewerkstelligen will, die auf Schultern der arbeitenden Bevölkerung ausgetragen werden soll.

Wir müssen die Streiks und Mobilisierungen auf der Straße zum Ausgangspunkt für eine Antwort der Arbeiter:innen auf die Schließungen der Kapitalist:innen und den Kürzungsvorhaben der Regierung machen. Für diese Perspektive müssen wir insbesondere die bremsende Gewerkschaftsführungen überwinden, die sich als Manager:innen verhalten und die Basis wie auf dem Schachbrett manövrieren, um letztlich faule Kompromisse zu verhandeln.

Die Notwendigkeit einer antibürokratischen Strömung innerhalb unserer Gewerkschaften können wir heute nicht nur in Neuperlach oder in der TVöD-Runde erkennen, sondern auch bei der Post. Dort stimmte die überwältigende Mehrheit der Kolleg:innen nach gescheiterten Verhandlungen in einer Urabstimmung für einen Erzwingungsstreik, worauf wenige Tage später die Verdi-Spitze ein Ergebnis als Erfolg ankündigte, das geringe Verbesserungen feierte, um damit den Kampfgeist der Postmitarbeiter:innen zu lähmen. Zuletzt brach die Bürokratie der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft einen angekündigten 50-stündigen Streik ab, nachdem sie sich mit den Unternehmen vor Gericht geeinigt hatten.

Am besten ist die Hürde der Bürokratie in Frankreich zu erkennen. Nachdem zahlreiche Male unsere Klassengeschwister in Millionenzahl die Straßen besetzten und mit vermehrten Streiks die Regierung von Macron in die Krise brachten, erwies sich die Gewerkschaftsspitze „Intersyndicale“ als Hauptstütze des in frage gestellten Regimes. Sie führte die Streiks isoliert voneinander, rief diejenigen Arbeiter:innen in verlängerbaren Streiks dazu auf, sie zu beenden, trennte den Kampf um die Rentenreform vom Kampf für höhere Löhne und bereitete mit ihrer Strategie nichts weiteres als eine Niederlage für alle vor. Auch dort haben unsere Genoss:innen von Revolution Permanente eine Selbstorganisierung in Form des „Netzwerks für den Generalstreik“ vorangetrieben, das die kämpfende Avantgarde der Arbeiter:innenklasse (Raffinerien, Müllabführ, Eisenbahner:innen, Lehrer:innen, Krankenhausbeschäftigte, Kunstschaffende, etc.) gruppiert und mit einer Strategie lokaler Aktionskomitees den Schwerpunkt der Arbeiter:innenmacht auf die Basis richten soll.

Gemäß diesem Beispiel müssen wir uns an der Basis der Gewerkschaften, in den Betrieben, Schulen und Unis organisieren, um darin eine antibürokratische und klassenkämpferische Strömung aufzubauen, in der Perspektive, die vermittelnden Gewerkschaftsführungen aus unseren Organisationen herauszuwerfen. Diese Aufgabe kann im heutigen imperialistischen Zeitalter jedoch nicht allein durch eine andere Organisierungslogik bewirkt werden, sondern hängt mit dem politischen Kampf gegen die materielle Grundlage der Bürokratie zusammen.

Wie Leo Trotzki 1940 in „Die Gewerkschaften in der Epoche des imperialistischen Niedergangs“ verwies:

Die Verschärfung der Klassengegensätze innerhalb eines jeden Landes und die Verschärfung der Feindschaft zwischen den verschiedenen Ländern schaffen eine Situation, in welcher der imperialistische Kapitalismus eine reformistische Bürokratie nur dulden kann (d.h. bis zu einer bestimmten Zeit), wenn diese direkt als kleiner, aber aktiver Aktionär seiner imperialistischen Unternehmung dient: als Teilhaber seiner Pläne und Programme sowohl innerhalb des Landes als auch in der Weltarena. Der Sozialreformismus muß sich, um sein Dasein zu verlängern – aber nur, um es zu verlängern, und nichts mehr – in Sozialimperialismus verwandeln.

 

Um die Gewerkschaften zu wahrhaften Interessenvertretungen unserer Klasse zu wandeln, führt kein Weg daran vorbei, ihre staatstragende Haltung zu bekämpfen. Wir müssen verhindern, dass die Gewerkschaftsführungen heute gegenüber der Ampelregierung dieselbe Rolle spielen wie einst bei den Hartz-Reformen gegenüber Rot-grün: Anstatt einen Generalstreik gegen die Agenda 2010 zu organisieren, haben die Gewerkschaftsapparate der SPD-Grüne-Regierung den Rücken freigehalten, um die größte antisoziale Reform der letzten Jahrzehnte umzusetzen.

Heute steht der deutsche Imperialismus vor einer ähnlichen Situation: Die militärische „Zeitenwende“ seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs äußert sich nach außen in Aufrüstung und imperialistischer Ausplünderung. Nach innen äußert sie sich in der Abwälzung der Kosten dafür auf die gesamte öffentliche Daseinsversorgung – nichts anderes bedeutet das 20-Milliarden-Sparpaket von SPD, Grünen und FDP – und in Angriffen auf demokratische Rechte, wie sich in der Repression gegen die Klimabewegung und gegen Linke sowie in der Infragestellung des Streikrechts in strategischen Sektoren zeigt. Das aus dieser rechten Zeitenwende eine große Unzufriedenheit in der Bevölkerung resultiert, ist nicht verwunderlich. Das jedoch momentan nur die rechte Opposition der CDU und AfD daraus profitiert, ist das Resultat einer „zahnlosen“ politischen Linken, die das Zentrum des Klassenkampfs ins Parlament, NGOs und der bloßen Teilnahme an sozialen Bewegungen ohne politischen Kampf um dessen Führung verschoben hat.

Als Sozialist:innen sehen wir besonders in dieser Situation nicht nur die Aufgabe alle Kämpfe unserer Klasse gegen jede Form von Ausbeutung und Unterdrückung solidarisch zu unterstützten. Für uns besteht die Aufgabe der Unterstützung darin, das Klassenbewusstsein zu heben indem diejenigen Teile der Klasse die sich dazu entschließen vorwärts zu gehen, zu wahrhaften Bespielen für die Gesamtheit der Klasse zu machen. Aus diesem Grund haben wir mit unserer Zeitung versucht eine konstante Berichterstattung des Kampfes zu führen, um die Isolation zu durchbrechen und in seiner Popularisierung aufzuzeigen, dass die Arbeiter:innenklasse keineswegs alternativlos gegenüber der Macht der Kapitalist:innen und ihres Staates gegenübersteht. Parallell dazu schlugen wir immer die Selbstorganisierung und Koordination mit weiteren Stationen, Sektoren und feministischen Organisationen, sowie die Notwendigkeit den Kampf mit gewerkschaftlicher Organisierung zu führen, trotz der bremsenden Rolle der Gewerkschaftsbürokratie

Wir ziehen diese strategische Lehren für den weiteren Verlauf dieses Kampfes und für weitere Kämpfe, aber insbesondere für den Erfahrungsschatz der Arbeiter:innen im Klassenkampf. Für uns stellt dies eine zentrale Aufgabe im Aufbau einer revolutionären Partei, die sich in den unterschiedlichen Sektoren der Klasse verankert um die Lebensbedingungen zu verbessern und vor allem materielle Kräfte im Kampf für eine sozialistische Gesellschaft zu sammeln.

Hierbei geht es nicht nur darum zu kämpfen, dass die Zukunft der Kinder, die heute geboren werden, eine wird, die nicht von Krieg und Klimakatastrophen gebrandmarkt ist. Es geht auch nicht nur darum, mehr Geld für die sozialen Berufe statt für schlagkräftigere Panzer und Kampfjets zu haben. Es geht darum, die Bedingungen zu verändern, die es ermöglichen werden, dass die internationale Arbeiter:innenklasse eine Lösung für die andauernde Krise des kapitalistischen Systems erobern kann.

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