Über Nazis reden? Zum Outing eines Nazi-Aktivisten an der LMU

04.02.2017, Lesezeit 5 Min.
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Am Donnerstag verteilten antifaschistische Aktivist*innen an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) Flyer, auf denen sie die Identität des rechtsradikalen Studenten Arndt Novak bekanntmachten. Die kontrovers diskutierte Aktion stellt die Frage: Wie sollte man an der Uni über Nazis reden?

Arndt Ekkehard Hugo Novak steckt tief im braunen Sumpf. Der Student der Soziologie und Politikwissenschaften ist eine führende Person der Identitären Bewegung und der Burschenschaft Danubia.

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Die Flyeraktion, die seine Person als Teil dieser faschistischen Organisationen bekanntmachte, löste unter den Studierenden kontroverse Diskussionen aus. Die Fachschaft Politikwissenschaften distanzierte sich auf Facebook von dem Outing:

Die Fachschaft versucht eine Rolle als Schiedsrichterin einzunehmen. In einem breiten Meinungsspektrum will sie eine neutrale Position bewahren. Für sie ist ein Mitglied von faschistischen Organisationen einfach nur ein „Andersdenkender“. Zu einer „offenen, toleranten und bunten Studierendenschaft“ gehöre es anscheinend auch Nazis zu akzeptieren. Kein Wort über das rechtsradikale Gedankengut oder die rassistischen und frauenfeindlichen Aktionen von Novaks Organisationen.

Notwendigkeit des antifaschistischen Engagements

Den Versuch zwischen „extremen Meinungen“ eine neutrale Haltung einzunehmen, unternahm auch der Konvent der Fachschaften, als er im Sommer auf Druck der Hochschulleitung den Hochschulgruppenstatus für alle aufhob, um die AfD-Hochschulgruppe nicht zulassen zu müssen. Das traf auch Gruppen, die sich gegen den Aufstieg von Rassist*innen an der Uni und in der Gesellschaft wenden.

Wie dringend notwendig ein antifaschistisches Engagement ist, zeigen die Erfolge der rassistischen und frauenfeindlichen AfD, faschistische Massenmobilisierungen wie Pegida, die alltägliche rechte Gewalt gegen Migrant*innen auf der Straße und die Anschläge gegen Wohnheime von Geflüchteten. Währenddessen zwingt der deutsche Staat immer mehr Menschen das Land zu verlassen, mittlerweile auch mit Massenabschiebungen nach Afghanistan. Wie beim Terror des NSU hofiert der Staat faschistische Gewalt mehr, als sie zu unterbinden.

Rechte Aktivist*innen wie Arndt Novak leisten mit ihrem völkischen Nationalismus immer neuen Angriffen auf Migrant*innen Vorschub. Seine Organisation, die Identitäre Bewegung, spricht davon, dass wir „endlich wieder ein gesundes Verhältnis zu Patriotismus und Heimatliebe“ bräuchten. Mit aufsehenerregenden Banner- und Flashmobaktionen sowie einer neofaschistischen Ästhetik geben sie sich als die Bewahrer „deutscher und europäischer Identität“.

Identitäre und Burschenschafter in München

Die Identitären und die Burschenschaft Danubia fielen auch an der LMU mit Aktionen auf: Bei der Kundgebung gegen die Zulassung der AfD-Hochschulgruppe, versuchten sie die protestierenden Studierenden zu stören und griffen dabei auch Demonstrant*innen körperlich an. Einige Monate später provozierten sie bei einer feministischen Veranstaltung mit dem Titel „Frauen und Geschlechterbilder bei AfD und Pegida“ im Audimax der LMU.

Wie die Süddeutsche Zeitung berichtete, sind die Identitären in München mit der Burschenschaft Danubia personell eng verwoben. Der Personenkreis der beiden Gruppen besteht in München aus etwa zehn bis 15 Männern, überwiegend Studenten. Ähnlich wie die Identitären beschwören die Burschenschafter die „deutsche Kultur- und Volksgemeinschaft“. Bei ihren Aktionen treten sie zum Teil mit Aktivist*innen von Pegida, NPD, der faschistischen Kleinstpartei „Der III. Weg“, Kameradschaften und klassischen Schläger-Nazis auf. Kontakte bestehen zudem zum Vorsitzenden der bayerischen AfD Petr Bystron.

Über Nazis reden

Die Flyer-Aktion, bei der Arndt Novak als Mitglied der Identitären und Danubia geouted wurde, rückt seine Aktivitäten ins Licht der Öffentlichkeit. Seine Positionen einfach als andere politische Meinung abzutun, wie es die Fachschaft Politikwissenschaft tut, legitimiert nur seine Haltung. Letztendlich sagen sie damit, dass es in Ordnung sei, wenn Identitäre ihre völkischen Ideen an die Uni tragen. Es sagt migrantischen Studierenden, dass sie damit leben müssen, wenn Arndt Novak rassistisch gegen sie hetzt.

Der Versuch der Fachschaft neutral zu bleiben führt leider eben nicht zu einer „demokratischen, offenen, toleranten und bunten Studierendenschaft“. Es führt dazu, dass Rassist*innen ungestört ihren Hass verbreiten können. Diejenigen, die von ihrer Hetze betroffen sind, können sich eben nicht mehr in einer offenen Uni bewegen. Keine Position einnehmen zu wollen, heißt nur das intolerante Verhalten der Rechten zuzulassen.

Nazis stärkt es, wenn sie ihre politische Aktivitäten unerkannt betreiben können. Wenn jemand an unserer Uni rassistische Hetze betreibt, haben alle Studierenden das Recht darauf, davon zu erfahren, um der Person in Vorlesungen und Seminaren aus dem Weg gehen oder um sie konfrontieren zu können. Damit Rassist*innen nicht ungestört handeln können, müssen sie isoliert und delegitimiert werden. Dafür müssen wir wissen, mit wem wir es zu tun haben. Niemand hat Arndt Novak dazu gezwungen Nazi zu sein. Da er sich dazu entschieden hat, muss er mit den Konsequenzen leben. Welche das sein könnten, darüber sollten die Studierenden demokratisch entscheiden. Anstatt mit der Angelegenheit nichts zu tun haben zu wollen, könnten die Fachschaften zum neuen Semester Versammlungen einberufen, um zu diskutieren, was gegen den Aufstieg von Rechten an der Uni und in der Gesellschaft unternommen werden kann.

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