Warum die Streikenden der CFM unsere Solidarität verdienen

17.05.2017, Lesezeit 6 Min.
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Seit heute wird bei der Charité Facility Management (CFM) gestreikt. Die Tochterfirma der Charité, in der viele nicht-medizinische Dienste zusammengefasst sind, zahlt oft nur Hungerlöhne. Den Streik dagegen sollten wir alle mit aktiver Solidarität begleiten.

Der Streik des Charité Facility Management (CFM) verdient unsere Unterstützung, denn er geht uns alle an. Er dreht sich nicht nur um die  Bezahlung und Arbeitsbedingungen von über 2.000 Kolleg*innen an Europas größtem Krankenhaus. Der Streik ist auch beispielhaft für den Kampf gegen schlechte Bezahlung und unsichere Jobs in vielen anderen Bereichen der öffentlichen Versorgung.

Unter Aufsicht des Berliner Senats wurde nicht nur 2006 die CFM gegründet. Auch im Vivantes-Krankenhaus, beim Botanischen Garten und bei der Berliner Verkehrsgesellschaft (BVG) wurden Subunternehmen geschaffen, um Löhne zu drücken. Auch Lehrbeauftragte an den Unis und studentische Beschäftigte bekommen häufig nur Niedriglöhne und so kurze Verträge, dass keine Zukunftsplanung möglich ist.

Der lange Atem der Streikenden

Bereits 2011 gab es starken Widerstand gegen die Zustände an der Charité. Anfangs war die Solidarität stark: Im Mai streikten das Pflegepersonal und die CFM-Beschäftigten gemeinsam – was ordentlich Wirkung zeigte. Leider wurde zu früh auf Druck der Geschäftsführung nachgegeben, anstatt auf die gemeinsame Stärke zu vertrauen. Die Pfleger*innen hatten dann schnell ein moderates Ergebnis – aber die CFM-Kolleg*innen standen ohne da. Entschlossen waren sie trotzdem. Im Herbst haben sie dann Durchaltevermögen bewiesen und 13 Wochen lang gestreikt.

Nach dem Streik haben wir eine Bilanz-Broschüre veröffentlicht, die es auch kostenlos online gibt. Damit nicht das gleiche wieder passiert, ist jetzt Solidarität von Anfang an nötig – und von allen Seiten!

Solidarität unter Kolleg*innen

Zum Glück gibt es viele Möglichkeiten, den Streik zu unterstützen. Und viele Menschen, die dafür in Frage kommen.

Besonders naheliegend: Die Charité-Beschäftigten, also vor allem Ärzt*innen und Pfleger*innen, sollten Unterstützung zeigen. Das beginnt dabei, auf keinen Fall Tätigkeiten der streikenden Kolleg*innen zu übernehmen. Statt sich von einem stockenden Ablauf unter Druck setzen zu lassen, sollten sie darauf verweisen, dass die Geschäftsführung die Verantwortung dafür trägt.

Aber damit hört es nicht auf: Auch wenn es keinen Streikaufruf für die ganze Charité gibt, sind Solidaritäts-Streiks durchaus erlaubt. So könnten sich verschiedene Stationen der Charité zeitweise in den Streik begeben, um ihren Kolleg*innen den Rücken zu stärken. Am besten immer dann, wenn die Streikenden gerade mit ihrem Streiklokal am jeweiligen Campus sind. Dann kann die Zeit auch für den Austausch unter den Belegschaften genutzt werden.

Solidarität unter Töchtern

Beim zweitgrößten Berliner Krankenhaus Vivantes herrschen ebenfalls problematische Zustände. Das ausgelagerte Subunternehmen heißt hier Vivantes Service Gesellschaft (VSG). Die rund 300 VSG-Beschäftigten kämpfen seit längerem für ihre Wiedereingliederung. In diesem Jahr gab es bereits einige Warnstreiks, darunter auch ein gemeinsamer Streik von CFM und VSG.

Bei so vielen Gemeinsamkeiten liegt eigentlich auf der Hand, dass die Kämpfe beider Belegschaften zusammengeführt werden sollten. Bisher ist leider kein paralleler Streik der VSG für die nächsten Tage angekündigt – aber das kann sich noch ändern. Ver.di sollte diese wichtige Chance nicht verpassen. Die Kolleg*innen der VSG haben bereits gezeigt, dass sie zu einem Vollstreik bereit sind. Jetzt wäre der Zeitpunkt, um ihre Kräfte mit denen der CFM-Beschäftigten zu vereinigen.

Darüber hinaus ist natürlich auch mit Solidarität der Belegschaften der anderen prekären „Töchter“ zu rechnen. Aus dem Botanischen Garten, wo vor kurzem ein Sieg errungen wurde, gab es auch schon Ankündigungen, dem CFM-Streik Soli-Besuche abzustatten.

Solidarität aus Unis und Schulen

Die zukünftigen Arbeitsbedingungen von Schüler*innen und Studierenden werden durch die Kämpfe von heute bestimmt. Es ist also durchaus in ihrem Interesse, Streiks und andere Arbeitskämpfe zu unterstützen. Beispiele dafür gab es auch in den letzten Jahren immer wieder: So wurden Streikende von Amazon (in Brieselang bei Berlin und an anderen Standorten) mehrfach von Studierenden besucht. Auch beim Botanischen Garten gab es verschiedene Soli-Aktionen von Studierenden der FU Berlin.

Aber darüber hinaus gibt es auch an den Unis prekäre Beschäftigung in der Verantwortung der Berliner Regierung: Studentische Beschäftige organisieren sich seit einigen Monaten, um für eine deutliche Verbesserung ihres Tarifvertrags zu streiten. Erst am Montag gab es wieder eine Demonstration durch Dahlem. Vielen Aktivist*innen ist aber bewusst, dass der Druck dadurch noch längst nicht ausreicht. Die Situation ist gar nicht so unähnlich zur CFM: Es gibt zu wenig gewerkschaftliche Organisierung. Für einen Streik reicht es dort noch nicht einmal. Aber selbst dann wären die Auswirkungen bei einem isolierten Kampf nur sehr langsam zu spüren.

Die Uni-Leitung und der Senat, der letztendlich auch Verantwortung trägt, müssen mit öffentlichem Protest unter Druck gesetzt werden. Genauso wie im Falle der CFM. Höchste Zeit also, dass die kämpfenden Studierenden eine praktische Verbindung zu den Streikenden schaffen.

Solidarität aus aller Welt

Ein Blick in andere Länder kann inspirierend sein. Seien es Kolleg*innen in Frankreich, die sämtliches Streikgeld durch Spenden selbst eintreiben oder kämpferische Arbeiter*innen in Argentinien, die trotz massiver Polizeigewalt für ihre Rechte demonstrieren. Und Solidaritätsbekundungen von Belegschaften aus anderen Ländern können ein wichtiger Beitrag für die Motivation im Streik sein, zeigen sie doch, dass wir Lohnabhängige über die Grenzen hinweg ein gemeinsames Interesse haben.

Für die CFM gibt es bereits erste Soli-Aktionen: Von Beschäftigten des New Yorker Kings County Hospital wurden Fotos mit Grußbotschaften für die Streikenden geschickt.

Solidarität für die CFM-Kolleg*innen gibt es auch von uns: Klasse Gegen Klasse wird den Streik mit täglicher Berichterstattung aus der Perspektive der Streikenden begleiten. Wir stehen immer voll und ganz auf ihrer Seite.

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