Druck von Trump: Ukraine akzeptiert den russischen Vorschlag für direkte Gespräche

13.05.2025, Lesezeit 8 Min.
1
Foto: Joshua Sukoff/shutterstock.com

Zum ersten Mal seit März 2022 haben Russland und die Ukraine zugestimmt, unter Schirmherrschaft der Türkei, an direkten Friedensgesprächen teilzunehmen. Trotz des Drucks, den Trump auf Selenskyj und in geringerem Maße auch auf Putin ausübt, ist es jedoch unwahrscheinlich, dass die Verhandlungen zu einem Ergebnis führen werden.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat am 11. Mai den Vorschlag des Kremls angenommen, unter der Schirmherrschaft der Türkei direkte „Friedensgespräche“ zwischen Russland und der Ukraine zu organisieren. Trump will daran teilnehmen. Es wären die ersten direkten Verhandlungen seit dem Scheitern der Istanbuler Gespräche im Jahr 2022.

Diese neue Entwicklung findet in einem besonders angespannten diplomatischen Kontext statt. Am 8. Mai hatte Trump mit zusätzlichen Sanktionen gegen Russland gedroht, sollte nicht innerhalb von 30 Tagen ein bedingungsloser Waffenstillstand in Kraft treten. Dieser Vorschlag wurde von den europäischen imperialistischen Mächten auf dem Gipfeltreffen in Kiew am Wochenende einstimmig unterstützt, da sie befürchten, dass Trump seine seit Mitte April immer wieder geäußerte Drohung, die Verhandlungen abzubrechen und die Unterstützung der USA für die Ukraine einzustellen, in die Tat umsetzen könnte.

Wladimir Putin lehnte den Vorschlag eines Waffenstillstands sofort ab, erklärte sich jedoch bereit, die 2022 abgebrochenen Gespräche wieder aufzunehmen. In einer auf seinem Netzwerk Truth Social veröffentlichten Botschaft forderte Trump die Ukraine auf, diesen neuen Vorschlag anzunehmen: „Putin will keinen Waffenstillstand mit der Ukraine, sondern ein Treffen am Donnerstag in der Türkei, um über ein mögliches Ende des Blutvergießens zu verhandeln. Die Ukraine sollte sofort zustimmen. So können sie zumindest feststellen, ob eine Einigung möglich ist, und wenn nicht, wissen die europäischen Staats- und Regierungschefs und die USA, woran sie sind, und können entsprechend handeln“. Laut einer diplomatischen Quelle haben die europäischen Mächte Selenskyj ebenfalls geraten, sich Trumps Forderung zu beugen, in einer Art „taktischem Spiel, in dem jeder den Amerikanern zeigen will, dass er kein Hindernis für den Frieden ist“.

Eine neue diplomatische Runde, die wahrscheinlich erfolglos bleiben wird

Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass diese Verhandlungen zu einem Ergebnis führen werden. Während die Ukraine und die imperialistischen Mächte Europas die Verhandlungen von einer vorherigen Waffenruhe abhängig machen, will Putin unter Beschuss verhandeln und deutet an, dass die Kämpfe erst eingestellt werden, wenn eine Einigung erzielt ist. Wie Fjodor Lukjanow, Chefredakteur einer Putin-nahen Zeitschrift, feststellt, hat Russland die Oberhand vor Ort, und die Zeit spielt für Russland: „Die Position des Kremls hat sich nicht geändert: kein Waffenstillstand ohne ein umfassenderes Friedensabkommen. Putin wird dieses Argument in den Verhandlungen nicht aufgeben, zumal die militärische Dynamik auf russischer Seite ist. Die militärischen Aktivitäten werden eingestellt, sobald das Friedensabkommen geschlossen ist“.

Der Vormarsch der russischen Armee geht weiter, insbesondere in der Region Pokrowsk, wo laut dem russischen Verteidigungsministerium die Armee die Kontrolle über das Dorf Kotliarivka übernommen hat. Gleichzeitig dauern die Kämpfe in Tschassiv Jar an, wo eine Eliteeinheit des FSB zur Unterstützung der 98. Fallschirmjägerdivision der russischen Armee eingesetzt wurde.

Während der Kreml seinen Vorteil vor Ort behält, hält er seine Bedingungen seit dem 11. April, dem Datum eines Treffens zwischen Dmitri Peskow und Steven Witkoff, unverändert aufrecht. Laut der Financial Times „hat Putin [dort] angedeutet, dass Russland die Invasion an den aktuellen Frontlinien einfrieren und darauf verzichten könnte, die offizielle Anerkennung der vier 2024 einseitig annektierten Regionen zu fordern“. Dieses kleine Zugeständnis an Trump stellt eine geringfügige Änderung der russischen Bedingungen dar, die im Juni 2024 festgelegt wurden: die Annexion aller von der russischen Armee besetzten Gebiete, Garantien gegen die Integration der Ukraine in die NATO, die Entmilitarisierung des Landes und die offizielle Anerkennung aller annektierten Gebiete. Aus Sicht der Ukraine und der europäischen imperialistischen Mächte können die Verhandlungen ohne einen vorherigen Waffenstillstand nicht beginnen, und sie halten weiterhin an der Achtung der territorialen Integrität der Ukraine als rote Linie fest.

Während Trump versucht, den Krieg zu beenden, um die Kräfte des US-Imperialismus auf den Konflikt mit China zu konzentrieren und, wenn sich die Gelegenheit ergibt, die Beziehungen Russlands zu Peking zu lockern, hat er seinen eigenen Friedensplan vorgelegt. Am 17. April erklärten die Vereinigten Staaten, dass sie bereit seien, die russische Kontrolle über die Krim offiziell anzuerkennen und inoffiziell den Besitz der vier 2024 annektierten Regionen, während sie gleichzeitig die Sanktionen lockern würden. Die Ukraine, deren Beitritt zur NATO ausgeschlossen ist, könnte ihre Armee behalten, deren Aufbau von der Europäischen Union überwacht würde. Der Wiederaufbau würde gemäß den Plänen der Europäischen Union und des US-Imperialismus großen multinationalen Konzernen übertragen, denen die Ukraine ihre Grenzen vollständig öffnen müsste.

Aber über seinen Friedensvorschlag hinaus, der Russland zu Verhandlungen über einen Waffenstillstand bewegen soll, hofft Trump vor allem darauf, die Kämpfe zu beenden, um sein Image als „Friedensstifter“ zu wahren, nachdem er seinen Wähler:innen versprochen hatte, den Krieg innerhalb von 24 Stunden zu beenden.

Trumps Methode angesichts seiner Widersprüche

Um seinen Plan Selenskyj, der sich ihm widersetzt, und den europäischen Staaten, die befürchten, allein die Kosten des Krieges tragen zu müssen, aufzuzwingen, verfügt Trump über ein erhebliches Druckmittel: Sollte er sich aus den Verhandlungen zurückziehen, würde sich die militärische Lage der ukrainischen Armee rasch verschlechtern, während die europäischen Imperialist:innen ihre Militarisierung beschleunigen müssten, um den Verlust der US-Hilfe auszugleichen.

Wie Stratfor betont, „würde das Ende der US-Vermittlung zumindest zu einer Rückkehr zum Status quo ante führen, der vor Trumps Rückkehr ins Weiße Haus herrschte, als Russland dennoch bedeutende Gewinne auf dem Schlachtfeld erzielte. Das Ende der US-Vermittlung oder eine Verringerung der Unterstützung für die Ukraine könnte jedoch deren Chancen, sich auf dem Schlachtfeld zu behaupten, erheblich schwächen. Wenn die europäischen Staaten zunächst ihre militärische und finanzielle Unterstützung erhöhen und Informationen austauschen könnten, könnten sie vor dem Hintergrund anhaltender Spaltungen innerhalb Europas und einer möglichen Änderung der Position mehrerer Regierungen, wie beispielsweise Ungarns oder der Slowakei, schnell Schwierigkeiten haben, ein hohes Maß an Hilfe über einige Monate hinaus aufrechtzuerhalten“.

Diese Drohungen haben ihm bereits eine Reihe von Zugeständnissen eingebracht, wie die Unterzeichnung des Abkommens über kritische Mineralien, das am 30. April in geänderter Form von der Ukraine und den Vereinigten Staaten unterzeichnet wurde. Europäische Diplomat:innen befürchten jedoch, dass dies nicht ausreichen wird und dass Trump die festgefahrenen Gespräche als Vorwand nutzen wird, um ein schlampig ausgehandeltes Abkommen zu akzeptieren, um seine Versprechen als „Dealmaker“ einzuhalten. Ein Abkommen, das den Konflikt nicht lösen würde und die Europäer:innen mehr oder weniger langfristig dazu zwingen würde, mit möglichen Rückfällen fertig zu werden.

Einige Diplomat:innen entwickeln düsterere Szenarien, wie die Financial Times am 28. April betonte: „Ein europäischer Diplomat vertraute uns an, dass Trump dabei sei, ‚eine Situation zu schaffen, in der er einen Vorwand finden kann, sich zurückzuziehen, die Ukraine im Stich zu lassen und uns mit der Situation allein zu lassen‘“. Angesichts seiner Unberechenbarkeit ist es auch nicht undenkbar, dass Trump seine Drohungen in die Tat umsetzt und die Sanktionen gegen Russland verschärft, um es zu seinen Bedingungen zu zwingen, wie Ende März, als er Sanktionen gegen den Ölsektor androhte.

Unabhängig vom Ausgang der Gespräche in dieser Woche wird der Krieg in der Ukraine so enden, wie er begonnen hat: auf ultrareaktionäre Weise. In erster Linie für das russische und ukrainische Volk, das gewaltsam in ein Massaker hineingezogen wurde, das von den europäischen Imperialist:innen und den USA instrumentalisiert wird, um ihre Interessen durchzusetzen. Für die Arbeiter:innenklassen des Kontinents zählt: Ob der Konflikt nach der Unterzeichnung eines fragilen Abkommens, das jederzeit gebrochen werden kann, beendet wird oder mit oder ohne Beteiligung der USA weitergeht, die europäischen Mächte werden die Situation als Vorwand nutzen, um den Wettlauf um die Militarisierung zu beschleunigen. Eine äußerst beunruhigende Dynamik, da Aufrüstungsphasen in Europa bisher immer zu regionalen oder globalen Katastrophen geführt haben.

Dieser Artikel erschien zunächst am 12. Mai in unserer französischen Schwesterzeitung Révolution Permanente.

Mehr zum Thema