Antirassismus

Brandanschlag auf Jüdische Gemeinde in Berlin: Schützt die Polizei?

In Berlin wurde ein Brandanschlag auf eine jüdische Gemeinde verübt. Tage zuvor wurden in Dortmund bereits Häuser mit Davidsternen gekennzeichnet. Von wem die Angriffe ausgehen, ist derzeit unklar. Ungeachtet dessen sind antisemitische Angriffe zu verurteilen.

Brandanschlag auf Jüdische Gemeinde in Berlin: Schützt die Polizei?
Foto: Shutterstock.com / Werner Spremberg

Während die Stimmung um den Krieg in Nahost hierzulande hochkocht, gibt es auch eine Häufung antisemitischer Angriffe. Gestern haben Unbekannte Molotowcocktails auf eine jüdische Gemeinde in Berlin geworfen. Das Haus geriet glücklicherweise nicht in Brand, verletzt wurde nach Polizeiangaben niemand. Tage zuvor sind antisemitische Schmierereien in Berlin entdeckt worden. In Deutschland erschreckenderweise nichts Ungewöhnliches. Diese Angriffe sind Fortführungen der Bombendrohungen in Flensburg und des Anschlag von Halle.

Der Antisemitismus ist kein Verbündeter im Kampf für ein befreites Palästina

Dass reaktionäre Kräfte jetzt jüdisches Leben, jüdische Einrichtungen und Symbole angreifen, ist kein Zufall. Sie sind auch keine Verbündeten im Befreiungskampf für Palästina – sie sind Antisemit:innen. Sie begehen den Fehler, Jüd:innen mit der Politik Israels gleichzusetzen. Doch der Staat Israel und der Zionismus müssen getrennt von Jüd:innen betrachtet werden.

Die Auffassung, Nationalstaaten als Repräsentanten der Völker zu betrachten, ist banal. Der Denkfehler besteht darin, dass die Bevölkerung nicht “eins” ist, sondern aus sich gegenüberstehenden Klassen besteht. Jeglicher kapitalistische Staat geht als Produkt dieser Gegensätzlichkeit hervor, als eine besondere Formation zur Unterdrückung der einen Klasse. Regierungen drücken also nicht die wachsende “Zivilisation” der Bevölkerungen aus, sondern den Grad ihres Klassenkampfes. Es ist falsch, an der Regierung Netanyahus die “Reife” der jüdischen Bevölkerung zu messen. Ebenso ist es falsch, die palästinensische Bevölkerung auf den Islamismus zu reduzieren.

Wenn jetzt aus Protest gegen den zionistischen Staat, Synagogen und jüdische Gemeinden, die keine Einrichtungen des zionistischen Staates sind, angegriffen werden, muss geschlossen dagegen gekämpft werden. Denn sie sind Teil des jüdischen Lebens in Deutschland. Solche Aktionen schüren nur Hass auf die jüdische Bevölkerung.

So fundamental es ist, sich gegen den zionistischen Siedlungskolonialismus und für die Befreiung des palästinensischen Volkes einzusetzen, genauso zentral ist es, dem Antisemitismus nicht mal den kleinen Finger zu geben. Der konsequente Kampf gegen den Antisemitismus steht in untrennbarer Beziehung zum Kampf für ein freies Palästina.

Der Antisemitismus kommt von Rechts

Wir können mit Sicherheit davon ausgehen, dass Faschist:innen und Rechtsradikale die aktuelle Situation ausnutzen und die Stimmung weiter anheizen. Selbst das Bundesministerium für Inneres und Heimat und das Bundeskriminalamt ordnet für das Jahr 2022 über 80 % der antisemitischen Straftaten Rechten zu. Stattdessen werden die Bilder dieses Anschlags genutzt, um die rassistische Repression weiter zu verschärfen. Die Sonnenallee in Berlin wird rund um die Uhr überwacht, Demonstrationen und Versammlungen in Solidarität mit Palästina werden verboten und das racial profiling nimmt neue Ausmaße an.

Der Schock über den erstarkenden Antisemitismus in der Politik ist unbegreiflich. Statt nach den Ursachen im starken Ruck nach rechts, in der Asyldebatte oder in den Erfolgen der AfD in Landtagswahlen zu suchen, wird er zu einem internationalen, „importierten“ Problem des islamistischen Terrors gemacht. Die antisemitische Position der Hamas ist unbestreitbar, dagegen helfen jedoch schärferer Rassismus, Demoverbote und die Polizei im Allgemeinen nicht. Die Polizei schützt keine Minderheiten wie Jüd:innen, auch wenn sie das vorgibt. Das zeigen die kürzlich veröffentlichten Chats der Frankfurter Polizeigruppe “Itiotentreff”, die nur eines von unzähligen solcher Netzwerke in den Sicherheitsbehörden darstellen. Stattdessen konzentriert der Staat seine Kraft auf die Verschärfung des Asylregimes, die innerere Militarisierung, auf das Ignorieren rechter Chatgruppen in der Polizei und bereitet so weiteren Angriffen den Weg.

Der Schock über die rassistische Hetze gegen palästinasolidarische Migrant:innen bleibt hingegen aus. Die Polizei steht seit fast zwei Wochen an allen Ecken migrantischer Viertel in Berlin und kontrolliert willkürlich Menschen, die Kufiyas tragen oder auch nur “migrantisch aussehen”. Teilweise werden sie festgenommen. Gestern Nacht explodierte die angestaute Wut der Anwohner:innen und es kam zu Auseinandersetzungen mit der Polizei.

Die Polizei schützt weder Migrant:innen noch Jüd:innen vor rechten Angriffen. Sie sind selbst ein rechter Staatsapparat, der rassistische Macht ausübt.

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10 thoughts on “Brandanschlag auf Jüdische Gemeinde in Berlin: Schützt die Polizei?

  1. hamburgerdern sagt:

    Wir haben 2001 bzw. 2003 reloaded (2.0).
    Die pauschale Herabsetzung von Muslimen zu Terrorunterstützern, die Rhetorik und ständigen vergleiche zu Progromen und Nazimethoden, der Vergleich von Demonstranten mit Terroristen, die Entmenschlichung und Entwürdigung der Betroffenen, die NICHTMAL sprechen dürfen, all das führt zu einem – mehr Stimmen für die Konervativen.

    Die Polizei verbieten den gemäßigten zu Protestieren, araber bekommen keine Stimme in den Medien. Satt mit ihnen, wird über sie gesprochen. Entgleister Kolonialismus vom feinsten.
    Da die gemäßigten zum Schweigen gebracht werden, bleiben die Stimmen der Knaller die am lautesten sind und das ist Schuld der Regierung aber insbesondere der widerlichen Springer-Presse und Partner.

    Fußballer, Rapper, jeder mit Bezug zu Üalestina wir augenblicklich mit der Antisemitismusrolle überfahren und das ist ein Ausdruck einer hysterie.
    Wir werden sehen was dabei rumkommt aber die Medien führen einen islamophobischen kampf unter dem deckmanter des antisemitismus.

    1. hamburgerdern sagt:

      Eine Anmerkung!
      Araber hassen keine Juden. Dieses label ist ein wilkommenes, was gerne von Rechten und Kriegsgeilen genutzt wird um den Kampf auf beiden Seiten weiter zu entfachen.

  2. tosch sagt:

    „Araber hassen keine Juden“
    Na klar. Es gibt Deutsche, die Juden hassen, Österreicher, Franzosen, Italiener. Araber? Niemals! Schon ein Blick in arabische Medien genügt, um die völlige Abwesenheit von Hass auf Juden zu erkennen. Arabischer Judenhass ist eine Erfindung von „Rechten und Kriegsgeilen“. Offenbar ebenfalls keine Araber.

    1. hamburgerdern sagt:

      Was ist sagen wollte ist das die Grundprämisse „Araber hassen Juden“ falsch ist und polarisierend ist. Wieso machen es sich die Leute so falsch? Das Problem an sich ist facettenreichen und es gobt viele Freundschaften auf beiden Seiten zwischeneinander aber es wird natürlich aus Geilheit immer mit diesem Totschlagargument gearbeitet „die können sie doch eh nicht ab“

  3. tosch sagt:

    Die Prämisse „Araber hassen keine Juden“ ist mindestens genauso falsch und war doch auch sehr offensichtlich als Totschlagargument gedacht. „Freundschaften zwischeneinander“ gibt es, aber eben nicht „auf beiden Seiten“, sondern in Israel, wo Juden und Araber zusammen leben können. In den von Fatah und Hamas kontrollierten Gebieten ist das undenkbar.

    1. hamburgerdern sagt:

      Wir kommen ab von meiner ursprünglichen Aussage und das ist das Problem in dieses Internetdiskussionen. Man schreibt 20 Zeilen und eine wird dann rausgenommen und der Diskurs verschiebt sich.
      Niochmal.
      -Antisemitismus ist nicht der defaultzustand eines Arabers/Moslems.
      -Der Proteste zu verbieten vertreibt die Sprachgewandten und an friedlicher Lösung orientierten Teilnehmer und macht die Bühne frei für die Kräfte die eh nur alles brennen sehen wollen. welche eigentlich eine Minderheit sind aber 100% Medienaufmerksamkeit nun bekommen und das ist Schuld der Regierung und der Presse.
      -Man kann Opfer nicht verschieden Werten. Wieso sind die einen ermordet worden und die anderen immer nur „opfer“ oder „gestorben“, als wären sie friedlich im sinnlosen Bombenhagel entschlafen
      -Deutschland stößt gerade seine gesamte muslimische Community hart vor den Kopf indem man sie verteufelt und als radikale Hamas unterstützer darstellt und jeglichen anständigen Diskurs verbietet

      Wir müssen uns die Diskurshoheit zurückholen. Wegnehmen von den Parteien, die die letzten Jahre sowieso viel gelogen haben und auch wegnehmen von der etablierten Presse. Insbesondere weg von der hetzenden Springerpresse die wenn sie könnte morgen Krieg sehen will in DE zwischen muslimischen EInwanderen und dem Staat.

  4. Aldo sagt:

    „Springerpresse die wenn sie könnte morgen Krieg sehen will in DE zwischen muslimischen EInwanderen und dem Staat“
    Komplette Fehlanalyse. Die Springerpresse will bestimmt keinen Krieg gegen den Staat. Wer propagiert denn diesen Krieg? Doch ihre „Freiheitskämpfer“, die genau dazu am vergangenen Freitag aufgerufen haben, und prompt haben sich einzelne Muslime auch in Europa motiviert gefühlt, unter dem Ruf „Allah ist groß“ wen abzustechen. Sie konnten diesen Krieg schon beobachten im „Bataclan“, vor pariser Cafés und Stadien, auf der Promenade von Nizza, dem Weihnachtsmarkt in Berlin. Albern die Vorstellung, der Springer-Konzern hätte daran ein Interesse.

    1. hamburgerdern sagt:

      „Meine“ Freiheitskämpfer?
      Genau hier fängt doch die Gleichsetzung an und damit Rassimus indem alle als EInheitsbrei verteufelt werden.

      Wenn 2 „Muslime“ oder Psychos jetzt jemanden abstechen ist das dass Problem der gesamten muslimischen Welt? Das ist doch unsinn.
      In den USA hat doch ein alter Mann vor 4 tagen ein Kind erstochen, mit dem er eigentlich immer spielte, und dessen Mutter weil sie muslimisch seien.
      Sag ich jetzt alle christen sind faschisten?

      Diese Gleichetzung ist polemisch und billig und spielt genau die Geige die die Springer Presse liegt die es übrigens TUNLICHST vermeidet ermordete Palis auch nur zu erwähnen.
      Gänehaut bei so viel verlogenheit dder presse.

      1. Aldo sagt:

        „In den USA hat doch ein alter Mann vor 4 tagen ein Kind erstochen, mit dem er eigentlich immer spielte, und dessen Mutter weil sie muslimisch seien.“
        Und der hat das gemacht, weil christliche Organisationen dazu aufgerufen haben, jetzt Muslime zu ermorden, oder was?

  5. Camille sagt:

    Jüdische Menschen in Deutschland, die statt auf die Polizei auf Schutz durch die deutsche Palästina-Solidarität und ihre Betreuungsobjekte setzen, müssten schön mit dem Klammerbeutel gepudert sein.
    Trotzdem: absolut fahrlässig, verlogen und verabscheuungswürdig, so etwas auch nur im Entferntesten nahe zu legen!

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