Notfallprogramm: Auf die Straße gegen Inflation und Krieg!

03.10.2022, Lesezeit 7 Min.
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Foto: Tabea Krug / Klasse gegen Klasse

Der Krieg geht weiter, das Leben wird teurer, die Entlastungspakete reichen nicht aus. Es ist notwendig gegen diese Zustände auf die Straße zu gehen und zu streiken. Anlässlich anstehender Proteste gegen die Inflation präsentieren wir unser Notfallprogramm in sieben Punkten.

Aktualisierte Version vom 3. Oktober.

Laut Ampel-Regierung sollen wir „frieren für den Frieden“. Ihre Außenpolitik bedeutet aber nicht Frieden, sondern mehr Waffen, mehr Krieg und schlechtere Lebensbedingungen für alle. Die durchschnittliche Inflation liegt bei 10 Prozent, bei Nahrungsmitteln sogar bei 15 und bei Energie bei 35 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Entlastungspakete der Regierung reichen nicht aus und müssen hintenrum wieder durch uns Steuerzahler:innen bezahlt werden, statt dass die Konzerne und Superreichen zur Kasse gebeten werden. Jede sechste Person verzichtet mittlerweile auf Mahlzeiten. Es reicht. Wir zahlen nicht für Krieg und Krise! Wir brauchen große Proteste und branchenübergreifende Streiks!

1. Preisstopp jetzt: kein Cent extra für Gas, Strom, Tanken, Nahrung, Miete!

Die Konzerne machen Milliarden-Gewinne mit höheren Preisen. Währenddessen schwinden bei vielen von uns die Ersparnisse. Andere können ihre Rechnungen nicht mehr zahlen. Im Winter drohen nochmals höhere Kosten. Alle Preiserhöhungen müssen sofort gestoppt werden. Zwangsräumungen müssen beendet werden. Dafür braucht es bezahlbaren Wohnraum für alle.

2. Löhne, Renten, Sozialleistungen, Bafög an die Inflation anpassen!

Während die Preise weiter steigen, stagnieren unsere Einkommen. Die Gewerkschaften müssen mit Streiks für Lohnerhöhungen kämpfen und dafür sorgen, dass Löhne und staatliche Leistungen automatisch an die Inflation angepasst werden.

3. Keine Subventionierung von Konzernen! Krisengewinner:innen zur Kasse! Energiekonzerne enteignen!

Die Bundesregierung will mit einer schuldenfinanzierten Gaspreisbremse von 200 Milliarden Euro die Gaskosten senken. Dabei hat sie bereits angekündigt, dass “Anreize zum Sparen” weiter im Vordergrund stehen sollen. Die Gelder werden also nur zu einem Teil dazu dienen, unsere Heizkosten zu senken. Der Großteil fließt als Subventionen direkt an die Energiekonzerne für ihre gestiegenen Ausgaben an den Weltmärkten. Am Ende zahlen doch die Verbraucher:innen die Schulden mit ihren Steuern, pro Kopf 2380 Euro. Der Deutsche Gewerkschaftsbund lobt das Vorhaben der Regierung, doch wir meinen: Eine echte Gaspreisbremse muss die Preise staatlich kontrolliert deckeln. Die Unkosten haben die Konzerne zu zahlen – nicht die Steuerzahler:innen. Allein RWE machte im ersten Halbjahr 2022 einen Gewinn von 5,5 Milliarden Euro, aber die Regierung will sie trotzdem subventionieren. Es braucht hohe Steuern auf Unternehmensgewinne und Vermögenssteuern sowie die entschädigungslose Enteignung der Energiekonzerne unter Kontrolle der Beschäftigten.

4. Für einen sozialen und ökologischen Umbau des Energiesystems und der gesamten Wirtschaft

Die Ampel-Regierung spricht offen davon, sich in einem “Energiekrieg” zu befinden. Nun kauft sie überteuertes Gas aus Saudi-Arabien und Katar statt aus Russland – Länder, die im Jemen mit westlicher Waffenhilfe seit Jahren Krieg führen. Die Konservativen wollen hingegen eine Rückkehr zur Kernenergie, die AfD sogar eine vermehrte Nutzung von Braunkohle, die sie allen Ernstes als “saubere Energie” bezeichnen.

Wir stellen uns gegen jegliche Sanktionen gegen Russland, die nur zu Spekulationen an den Gasmärkten führen. Unsere Antwort kann aber kein Weiter-So mit billiger russischer Energie sein. Das zentrale Problem, das den “Energiekrieg” ausgelöst hat, ist der ungeheure Bedarf der Industrie an Energie und Rohstoffen für ihre Produktion – Autos, Maschinen, chemische Erzeugnisse für den Weltmarkt. Während sich immer weniger Menschen selbst ein Auto leisten können, produziert die Industrie munter weiter für die Müllhalden der Welt. Die dadurch verursachte Umwelt- und Klimazerstörung bedroht die Existenz der Menschheit.

Statt “Energiekrieg” brauchen wir eine ganz andere Wirtschaftsweise: Energiewirtschaft und Produktion müssen demokratisch von Beschäftigten und Verbraucher:innen in verstaatlichten Betrieben geplant werden nach dem tatsächlichen Bedarf, nicht nach den Profitinteressen der Konzerne. Dafür braucht es den schnellstmöglichen Umbau des Energiesystems, der Schwerindustrie, Logistik, Mobilität und Landwirtschaft nach sozialen und ökologischen Kriterien.

5. Schluss mit dem Krieg. Weder Putin noch NATO. Sanktionen und Waffenlieferungen beenden. Keine 100 Milliarden für Aufrüstung!

Mit Sanktionen und Waffenlieferungen will die Regierung nicht den Krieg beenden, sondern den deutschen Einfluss in der Welt ausbauen. Mit den 100 Milliarden Euro Sondervermögen für die Bundeswehr will der deutsche Militarismus im globalen Konzert der Mächte mitmischen. Das wird nur zu mehr Krieg führen und zur Ausbeutung anderer Länder. Wir wollen 100 Milliarden für Soziales, Gesundheit, Bildung und Klima statt für Rüstung. Unsere Solidarität gehört weder den Regierungen in Moskau, Washington noch Berlin, sondern den Arbeiter:innen aller Länder. Die Bevölkerung der Ukraine hat weder unter Putin noch unter Selenskyj, EU oder NATO etwas zu gewinnen, sondern nur durch ihre unabhängige Mobilisierung. Denn auch das westliche Kapital versucht bereits, die Ukraine in ihre Abhängigkeit zu bringen, indem es ehemalige Staatsbetrieben aufkauft, sich Kontrolle über Ressourcen sichert und das Land in die Abhängigkeit von Krediten treibt. Dagegen braucht es die volle Streichung der Schulden für die Ukraine und alle abhängigen Länder sowie die Unabhängigkeit vom westlichen oder russischen Kapital. Der Krieg wird nicht durch die Waffen der NATO gestoppt, sondern dadurch, dass sich die Arbeiter:innen international zusammenschließen und gleichzeitig die Kriegslogistik der NATO und Russlands blockieren. Unser Vorbild sind die Antikriegsbewegung in Russland und die Arbeiter:innen am Hafen von Griechenland und Italien, die mit ihren Aktionen Waffenlieferungen gestoppt haben.

6. Aufnahme aller Geflüchteten! Ende des Lagersystems! Gegen rechte Hetze!

Über 100 Millionen Menschen sind auf der Flucht. Mehr als 10 Millionen davon vor dem Krieg in der Ukraine. Auch wenn viele ukrainische Geflüchtete aktuell noch bessere Bedingungen haben, sind Geflüchtete in Deutschland oftmals dem Lagersystem, jahrelangen Repressionen und schlechten Lebensbedingungen ausgesetzt, nur um dann nicht selten in das Elend, aus dem sie geflohen sind, abgeschoben zu werden. Ebenso werden ukrainische Geflüchtete aus Drittstaaten schlechter behandelt. Um den Menschen aus der Ukraine und allen Geflüchteten zu helfen, müssen wir uns gegen die Festung Europa und das Asylregime stellen. Das bedeutet, gleiche Rechte für alle Geflüchteten, bedingungslose Aufnahme und visafreien Aufenhalt für alle, auch für Drittstaatler:innen, die Anerkennung der aller Abschlüsse und volle Staatsbürger:innenrechte! Asyl für alle Kriegsdienstverweiger:innen, egal ob aus Russland, der Ukraine oder anderen Ländern. Keine Abschiebungen, denn der Imperialismus ist mit Auslandseinsätzen, Waffenexporten, Wirtschaftskriegen und der Schaffung von Armut selbst für die Fluchtursachen verantwortlich. Die rechten und nationalistischen Kräfte wollen mit ihrer sozialen Demagogie von der Krise profitieren. Aber in Wirklichkeit geht es ihnen nur darum, die Profite der deutschen Konzerne zu verteidigen, während sie die Arbeiter:innen an nationalen, geschlechtlichen und religiösen Linien spalten und gegen Geflüchtete hetzen.

7. Vom Flughafen bis zum Metallsektor: Streiks gegen Krieg und Krise!

Die Regierung und die Unternehmen werden diese Forderungen nicht freiwillig umsetzen. Höhere Löhne und ein Ende von Waffenlieferungen müssen mit Streiks durchgesetzt werden. In den vergangenen Monaten streikten die Hafenbeschäftigten für einen Inflationsausgleich. Aktuell sind auch die Flughafenbeschäftigten im Arbeitskampf. Im Oktober folgt der Metallsektor und im kommenden Jahr der öffentliche Dienst. Wir müssen uns an der Basis der Gewerkschaften selbst organisieren, um Streiks durchzusetzen und über unsere Kämpfe demokratisch selbst zu entscheiden, denn die Gewerkschaftsspitzen paktieren lieber mit den Unternehmen und der Regierung. Ankündigungen zu Protesten wie vom ver.di-Vorsitzenden Frank Werneke müssen Taten folgen: Wir brauchen Versammlungen in den Betrieben und gemeinsame Streiks aller Sektoren. Die Macht der Arbeiter:innen kann ein Ausweg aus der drohenden Misere für die große Mehrheit der Bevölkerung sein.

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