„Arbeitgeber“ und „Arbeitnehmer“ – unsinnige Begriffe aus der Sprache der Ausbeuter*innen

29.06.2017, Lesezeit 3 Min.
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In deutschen Gewerkschaften nennt man sich selbst "Arbeitnehmer*in". Die Gegenseite heißt dann "Arbeitgeber*In". Diese beiden Begriffe machen aber überhaupt keinen Sinn. Ein Plädoyer für bessere Worte.

Die Mehrheit der Menschen auf der Welt muss arbeiten gehen, um überleben zu können. Das, was wir mit unserer Arbeit produzieren, gehört am Ende nicht uns. Denn wir haben unsere Arbeitskraft verkauft. Die Erzeugnisse dieser Arbeitskraft gehen in den Besitz der Chefs über. Nur ein Teil davon bekommen wir zurück in Form von Löhnen.

Das heißt: Wir geben unsere Arbeit her. Und die Chefs nehmen uns diese Arbeit weg. Eigentlich leicht zu verstehen. Das ist, laut der Definition von Karl Marx,  „Ausbeutung“.

Doch in der deutschen Sprache steht die Welt Kopf. Die Person, die ihre Arbeit hergibt, heißt „Arbeitnehmer*in“. Und die Person, die anderen ihre Arbeit wegnimmt, heißt „Arbeitgeber*in“.

Warum? Es soll der Eindruck entstehen, dass die Chefs etwas sinnvolles für uns machen. Ja, sie „geben“ uns Arbeitsplätze. Wir „nehmen“ Arbeitsplätze. Dafür sollten wir doch dankbar sein, oder?

Die Wahrheit ist, dass Chefs nichts sinnvolles machen – außer uns jeden Tag neu zu beklauen, um immer größere Profite anzuhäufen. Die „Zanon“-Kolleg*innen bei der besetzten Keramikfabrik in Argentinien, die ihre Chefs verjagt und ihre Fabrik unter Selbstverwaltung ins Laufen gebracht haben, haben das sehr gut bewiesen:

„Eine Fabrik ohne Arbeiter*innen funktioniert nicht. Aber eine Fabrik ohne Chefs kann sehr wohl funktionieren.“

Wenn wir uns von der Ausbeutung befreien wollen, dann wäre es sinnvoll, diese furchtbaren Begriffen abzulegen. Es ist auch kein neues Phänomen. Seit über 100 Jahren wollen die Kapitalist*innen und ihre bezahlten Ideolog*innen, dass wir so reden. Friedrich Engels schrieb in der Einleitung zur dritten Auflage des „Kapitals“:

Es konnte mir nicht in den Sinn kommen, in das „Kapital“ den landläufigen Jargon einzuführen, in welchem deutsche Ökonomen sich auszudrücken pflegen, jenes Kauderwelsch, worin z.B. derjenige, der sich für bare Zahlung von andern ihre Arbeit geben läßt, der Arbeitgeber heißt, und Arbeitnehmer derjenige, dessen Arbeit ihm für Lohn abgenommen wird. Auch im Französischen wird travail im gewöhnlichen Leben im Sinn von „Beschäftigung“ gebraucht. Mit Recht aber würden die Franzosen den Ökonomen für verrückt halten, der den Kapitalistendonneur de travail, und den Arbeiterreceveur de travailnennen wollte.

Aber gibt es Alternativen zu solchen unsinnigen Begriffen? Na klar! WIr von Klasse Gegen Klasse versuchen immer abwechselnde Bezeichnungen für unsere Klasse zu nehmen.

– Arbeiter*innen
– Lohnarbeiter*innen
– Beschäftigte
– Kolleg*innen
– Lohnabhängige
– Schufter*innen
– Malocher*innen
– Proletarier*innen

Und: diejenigen, die den ganzen Laden hier am Laufen halten. Denn schon mal die Frage gestellt: Wenn wir die arbeitende Klasse sind, was machen dann die anderen Klassen?

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