Wer wird den Knopf der grünen Bombe drücken?

25.01.2017, Lesezeit 5 Min.
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Prof. Thomas Klapötke von der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) forscht gemeinsam mit seinem Team an neuen Sprengstoffen für die US-Streitkräfte, NATO und die Bundeswehr. Mit der Forderung nach mehr Engagement der Bundeswehr und der Amtszeit von Trump bieten sich neue potentielle Bühnen für deren Einsatz. Zweiter Teil unserer Reihe über Bombenforschung an der LMU.

Ursula von der Leyen, die amtierende Verteidigungsministerin der BRD, hat Deutschland auf längere Auslandseinsätze der Bundeswehr, so zum Beispiel in Mali, eingeschworen und der neue Präsident der USA, Donald Trump, möchte den Islamischen Staat (IS) „schnell und entschieden in die Hölle bomben“. Wer sich die geheime Erforschung von immer leistungsstärkeren Sprengstoffen an der LMU zunutze machen wird, ist damit absehbar.

Die Frage nach der Moral in der Forschung

Kann es mit dem Gewissen vereinbar sein, Hochleistungssprengstoffe, wie den von Klapötke und seiner Arbeitsgruppe entwickelten TKX-50, für Militär und Armeen zu erforschen?

Blicken wir auf die Gesetzeslage: ‚Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf‘, so heißt es im Artikel 87a des Grundgesetzes. Ferner ist die Bundesrepublik Deutschland seit 1955 Mitglied der NATO […]. Als Wissenschaftler an einer deutschen Universität oder öffentlichen Forschungseinrichtung handelt man demnach unmoralisch, wenn man der eigenen Truppe, also der Bundeswehr, und den befreundeten NATO-Partnern das bestmögliche Gerät und Material für ihre Mission verweigert. […] Und ich will mich nicht am Tod eines unserer Soldaten oder dem eines NATO-Partners schuldig machen, indem unsere Forschung ihnen nicht den leistungsfähigsten Explosivstoff, die besten Treibladungspulver und Raketentreibstoffe und die effektivste Pyrotechnik zur Verfügung stellt.“

So rechtfertigte es Klapötke in einem von ihm verfassten Aufsatz zur Moral und versucht, sich dabei aus der Verantwortung zu ziehen, indem er diese umdreht: Schuldig mache sich die*derjenige, die*der nicht die beste Wehrtechnik erforsche. Herkömmliche Bomben enthalten Stoffe, die hochgiftig, krebserregend und langfristig gefährdend für Menschen, Tiere und Umwelt seien. Aber sind nicht alle Bomben schädlich und gefährdend für Menschen, Tiere und Umwelt? Denn genau das ist, was Bomben tun – sie töten und zerstören.

Bomben für Trump und die Bundeswehr

Nachdem Klapötke 1997 an die LMU gekommen war, bot er der Bundeswehr eine wissenschaftliche Kooperation an. Seitdem forscht er an Hochleistungsexplosivstoffen, wobei er Krieg, wie er selbst sagt, als letztes Mittel sieht.

Ich bin kein Politiker. Ich bin Wissenschaftler und ich werde nie die Entscheidung treffen ob ein Flugkörper eingesetzt wird um beispielsweise einen Diktator […] zu entfernen.“

Stimmt, diese Entscheidung werden andere Menschen treffen. So zum Beispiel auch die zukünftige Trump-Administration. Im Umfeld des zukünftigen Präsidenten und Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte finden sich dabei einschlägige Persönlichkeiten, wie der Vier-Sterne-General James „Mad Dog“ Mattis, der als neuer Verteidigungsminister der USA ernannt wurde. Mattis machte sich als Oberkommandierender der US Central Command, das den Nahen Osten, darunter die beiden neuen Kriegsschauplätze der USA, Syrien und Jemen, umfasst, einen unerbitterlichen Ruf. Besonders durch seine Konfrontationsfreudigkeit mit dem Iran und seinem Bekenntnis, dass es Spaß mache auf, manche Menschen zu schießen, wird dieser Ruf erhärtet.

Auch Deutschland soll künftig verstärkt „Verantwortung übernehmen“, wie es von der Leyen beschrieb. In Planung stehen weitere Auslandseinsätze der Bundeswehr. So zum Beispiel eine Ausweitung des bestehenden Kontingents in Mali und die Entsendung von 650 Soldat*innen in eine neue Mission im Mittelmeer, zur Eindämmung der Aktivitäten des IS. Im Mittelmeer fiel die Bundeswehr zuletzt durch einen zweifelhaften Einsatz im März 2016 auf: Migrant*innen auf den Fluchtrouten in der Ägäis sollten abgeschreckt und wenn nötig durch Frontex oder die türkische Küstenwache in die Türkei zurückgebracht werden. Bisher befindet sich die Bundeswehr in 15 Auslandseinsätzen – Tendenz steigend.

Schluss mit Kriegstreiberei und Rüstungsexporten aus Deutschland!

Klapötke argumentiert, dass er der Bundeswehr und allen NATO-Partnern, wie den USA oder der Türkei, die bestmögliche Ausstattung garantieren möchte. Merkel kooperiert eng mit dem türkischen Präsidenten Erdogan, unterstützte ihn politisch und finanziell, um Geflüchteten den Weg nach Europa zu versperren. Mit der deutschen Unterstützung treibt Erdogan den autoritären Kurs seiner Regierung voran, führt Krieg gegen die Kurd*innen und beteiligt sich im syrischen Bürger*innenkrieg – das alles mit deutschen Waffen.

Und nicht nur NATO-Mitglieder werden mit Rüstungsgütern und Waffentechnik aus Deutschland beliefert. So zum Beispiel auch Saudi-Arabien, das seit März 2015 im Jemen Luftangriffe fliegt. Rund ein Drittel der 8600 bis September 2016 geflogenen Angriffe trafen dabei zivile Einrichtungen wie Wohn- und Krankenhäuser sowie Schulen. Bisher werden dafür noch Bomben US-amerikanischer Bauart eingesetzt. Vielleicht auch bald Bomben, erforscht in der LMU.

Mit der Forschung von Klapötkes Team kann das Töten jetzt umweltfreundlicher und noch effektiver gestaltet werden. Klapötkes Schöpfung knüpft damit an die Tradition des Rüstungsstandorts München an. Alleine aus Bayern stammen rund 55 Prozent der deutschen Rüstungsexporte.

Zwar drückt Klapötke den Auslöser der grünen Bombe nicht selbst, dennoch entwickelt er die zerstörerischen Mittel, mit denen Kriege geführt werden. Den Einfluss auf das Schicksal und die Anwendung seiner Forschung hat Klapötke aus der Hand gegeben.

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