Vonovia mahnt zur Vorsicht: Die Macht der Mieter:innen

20.04.2021, Lesezeit 3 Min.
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Foto: Simon Zamora Martin

Wie reagieren die Immobilienkonzerne auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts? Während einige die Miete zurückverlangen, gibt sich Vonovia gönnerisch – weil sie Angst vor der Macht der Mieter:innen haben.

Da der Mietendeckel vom Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärt wurde, können Vermieter:innen die gesenkte Miete zurückverlangen. Die Immobilienunternehmen reagieren gemischt: Während die Immobilienverwaltung Blaczko ihren Mieter:innen auf unverfrorene Weise droht, beschwichtigt Deutsche Wohnen mit Floskeln. Vonovia aber verkündet öffentlichkeitswirksam den Erlass der Nachzahlungen. Das Unternehmen mahnt gegen die Eskalation – es ist der Druck von der Straße, der Vonovia nachgeben lässt.

Vonovia-Chef Buch: “Stimmung hat sich radikalisiert”

Das Urteil des Verfassungsgerichts löste ein Gewitter der Wut aus: Spontan versammelten sich in Berlin 20.000 Menschen, um gegen die Entscheidung zu protestieren. Eine Parole verband die Massen: „Enteignung – jetzt erst Recht“. Die Demonstration bewies eine Kraft, die auch die Immobilienkonzerne nicht unbeeindruckt lässt.

Vonovia, eines der größten Berliner Wohnungsunternehmen, reagierte als eine der ersten Firmen öffentlich auf das Gerichtsurteil – mit der Ankündigung des Verzichts auf die Mietnachzahlung . In einem Gespräch mit DER SPIEGEL offenbart Vonovia-Chef Rolf Buch seine Beweggründe:

Der Verzicht auf Mietnachforderungen solle ein Signal sein, ‘dass es keine weitere Eskalation’ beim Thema bezahlbares Wohnen geben dürfe. Er fürchte, das Urteil werde den Konflikt noch weiter anheizen. Dem ‘Spiegel’ sagte Buch, er mache sich mittlerweile Sorgen um die Vonovia-Mitarbeiter in Berlin. ‘Die Stimmung in Berlin hat sich radikalisiert.’

Buch weiß, wovon er spricht: Nicht nur in Berlin war die Wut am Donnerstag zu spüren. Auch in Stuttgart fand eine Kundgebung statt, gezielt der Enteignung seines Unternehmens gewidmet. In Halle wiederum knöpften sich Mieter:innen Deutsche Wohnen vor und forderten die “Enteignung bis zum Kommunismus”. Wenn jetzt, inmitten der Pandemie, über Nacht entstandene Mietschulden eine Welle von Kündigungen und Zwangsräumungen auslösen würden, wären die Folgen für die Unternehmen kaum absehbar.

Unser Angriff ist die beste Verteidigung

So wundert es nicht, dass Deutsche Wohnen ihre Ankündigung, die Nachzahlungen bis zum letzten Cent einzutreiben, so diplomatisch wie möglich zu formulieren versuchte: Von “größtmöglicher sozialer Verantwortung” wurde gemurmelt, als man die Mieter:innen mit “Stundungen, Raten- und Einmalzahlungen” konfrontierte. Auch dieser Immobilienriese spürt den Druck von Initiativen wie “Deutsche Wohnen und Co. Enteignen”.

Anders hingegen die Wohnungsverwaltung Blaczko mit Sitz in Berlin und Miami, die munter Öl ins Feuer goss. Nach der Verkündung der gerichtlichen Entscheidung erhielten die Mieter:innen, die sich die gedeckelte Miete erstritten hatten, schadenfrohe E-Mails – mit einer offenen Androhung der Vergeltung.

Anscheinend kann Blaczko von Miami aus nicht die Gefahr erkennen, die Vonovia-Chef Rolf Buch aus seinem Bürofenster sieht. Denn wirft man einen Blick auf die Reaktionen – auf der Straße und in den Medien –, so drängt sich ein Eindruck nachhaltig auf: Die Mieter:innenbewegung ist nicht gewillt, das Urteil einfach so hinzunehmen.

Indem wir unnachgiebig unserer Forderung nach Enteignung Druck verleihen, zeigen wir den Unternehmen, dass sie dem Beispiel von Vonovia besser zu folgen haben. So werden wir auch dreisten Maulhelden wie der Immobilienverwaltung Blaczko das Fürchten lehren – getreu dem Motto “Angriff ist die beste Verteidigung”.

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