Gegen Feminizide und die sexistische Gewalt der Klimakrise: Flashmob und Großdemonstration

29.11.2019, Lesezeit 6 Min.
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33.000 Menschen bei der Klimastreik-Demo in München, 60.000 in Berlin – und über 100 Teilnehmende bei anti-patriarchalem Flashmob in Solidarität mit den Aufständen in Chile und überall auf der Welt und in Unterstützung aller Frauen und Queers, die immer deutlicher eine Führungsrolle im weltweiten Klassenkampf einnehmen. Brot und Rosen Berlin und München beteiligte sich an den Mobilisierungen.

Titelbild: Anai Paz

Heute haben über 100 Frauen und Queers in Solidarität mit dem anhaltenden Aufständen in Chile und auf der ganzen Welt eine Performance durchgeführt, welche die Mittäterschaft des Staates bei jedem einzelnen Feminizid anprangert. „Der Vergewaltiger bist du“, schrien heute tausende Frauen und Queers weltweit, nachdem das Kollektiv LasTesis aus Santiago de Chile zu internatioanlen Flashmobs aufgerufen hatte. In Berlin beteiligten auch wir von Brot und Rosen uns bei der Aktion vor dem Brandenburger Tor und vor der US-Botschaft – ersteres ein Symbol des deutschen Staates und seiner imperialistischen Macht, und letzteres die höchste Repräsentanz des US-Imperialismus in Deutschland. Viele Frauen und Queers, die kein Spanisch sprechen, lernten genauso begeistert den Liedtext wie viele Latinxs der Diaspora. Dabei wurde nicht nur das einstudierte Lied auf Spanisch gesungen, sondern auch internationalistische Parolen gerufen: von Bolivien, über Ecuador, Brasilien und Haiti wurde sich mit den Aufständen in Kurdistan, dem Sudan, im Libanon, dem Irak und dem Iran solidarisiert.

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Fotos: Anai Paz

Die Aktion in Berlin sah sich auch als Teil der internationalen Mobilisierung anlässlich des Global Climate Strike, an dem sich allein in Berlin 60.000 Menschen beteiligten. An der Demonstration und den vorherigen Aktionen beteiligten wir uns ebenfalls.

Erstochen, weil sie sich trennen wollte: Maria-Lena

Wie die Berliner Zeitung gestern berichtete, lautet der Name des jüngsten Opfers patriarchaler Gewalt in Berlin Maria-Lena. Die 28-jährige Slawistin und Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Universität Kiel versuchte sich von ihrem gleichaltrigen Partner zu trennen. Er erstach sie daraufhin brutal und versuchte sich das Leben zu nehmen. Die Polizei nahm ihren Mörder fest und transportierte ihn ins Krankenhaus. Die Berliner Staatsanwaltschaft wertet den Mord an Maria-Lena jedoch als Totschlag und nicht als Mord. Hierzu erklärt die Berliner Zeitung:

„Formaljuristisch wird aus einer Tötung ein Mord, wenn dem Täter etwa Mordlust, Habgier, Heimtücke, Grausamkeit oder sonstige niedere Beweggründe nachgewiesen werden können. Letztere liegen laut Gesetzbuch dann vor, wenn das Motiv der Tötung ’nach allgemeiner sittlicher Würdigung auf tiefster Stufe‘ steht und deshalb ‚besonders verachtenswert‘ ist. Wenn ein Mann eine Frau wegen einer Trennung tötet, sei ein niederer Beweggrund als Mordmerkmal aber anzuzweifeln, entschied der Bundesgerichtshof im Jahr 2008. Zumindest dann, wenn ‚die Trennung von dem Tatopfer ausgeht und der Angeklagte durch die Tat sich dessen beraubt, was er eigentlich nicht verlieren will‘.“

Das Eigentumsdenken von toxischen, patriarchalen Beziehungsvorstellungen kann soweit gehen, dass Menschen – und hier überproportional viele Männer – bereit sind, die Menschen die sie angeblich „lieben“, zu töten, damit diese, wenn nicht mit ihnen, niemals wieder mit irgendwem anderes eine Liebesbeziehung führen dürfen. Diese Logik ist zutiefst sexistisch und entspringt einer frauenverachtenden Gesellschaft, in der Eigentumsverhältnisse alles bestimmen. Denn hier geht es nicht nur um den Täter als Einzeltäter – das gesamte juristische System erkennt Eifersucht und Sexismus überhaupt nicht als „niederen Beweggrund“ an. Dies unterstreicht die Brutalität der institutionellen Gewalt gegen Frauen und Queers. Der bürgerliche Staat, der vorgibt, Frauen und Queers zu schützen, ist letztlich mit für diese Taten verantwortlich, weil er die strukturellen Bedingungen der Gewalt aufrecht erhält.

Um Feminizide nicht weiter in der Anonymität zu verhandeln, nahmen wir heute bei dem Flashmob auch mit einem Schild teil, auf dem wir auf den Mord an Maria-Lena aufmerksam machten. 123 Frauen wurden letztes Jahr in Deutschland von ihrem Partner oder Ex-Partner ermordet. Für 2019 zählen wir bereits mindestens 106 ermordete Frauen.

Klimastreik ist ein feministisches Thema!

Schon seit morgens waren wir auf der Straße beim Global Climate Strike von Fridays for Future. 60.000 Menschen beteiligten sich allein in Berlin an der Demonstration, nach einer Woche intensiver Mobilisierung und Diskussion an allen Berliner Hochschulen, an denen sich auch Arbeiter*innen beteiligten, z.b. vom Botanischen Garten der FU Berlin. Die Klimakrise ist für uns auch eine Form der Gewalt, die Frauen und Queers heute schon mit besonderer Härte trifft: Die Folgen der Klimakatastrophe – wie lange Dürreperioden, das Steigen des Meeresspiegel, Überschwemmungen und Wassermangel – gefährden überproportional die Gesundheit und Lebensbedingungen von Frauen und Mädchen im Globalen Süden und in den Peripherien der imperialistischen Ländern. Verantwortlich dafür ist die kapitalistische Produktionsweise, die den Profit der Bosse über unsere Leben stellt.

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Deshalb demonstrierten wir von Brot und Rosen gemeinsam mit Studierenden der Hochschulgruppe organize:strike und Arbeiter*innen der Basisgewerkschaftsgruppe ver.di aktiv für eine antikapitalistische Lösung der Klimakrise. Wir lehnen das Klimapaket der Bundesregierung ab, welches keine Lösungen verspricht. Denn der deutsche Imperialismus und seine Unternehmen treiben auf der ganzen Welt maßgeblich die Umweltzerstörung voran. Dagegen setzen wir die Notwendigkeit, dass wir uns an den Orten, an denen wir arbeiten und/oder studieren bzw. eine Ausbildung machen, organisieren, wie wir es in der vergangenen Woche an den Universitäten getan haben – indem wir Hörsäle besetzten, Teach Ins abhielten und Vollversammlungen organisierten. Gemeinsam mit den Arbeiter*innen von ver.di aktiv fordern wir von den Gewerkschaftsführungen des DGB, endlich zum politischen Streik aufzurufen.

Auch in München beteiligte sich Brot und Rosen an der Vollversammlung der Studierenden der Ludwig-Maximilians-Universität München im Rahmen des Klimastreiks, wo 250 Menschen zusammen kamen. Hierbei wurde unterstrichen, dass die Klimabewegung feministisch und antirassistisch sein muss, und dass von Fridays for Future an der Universität auch die strukturellen Ausschlüsse von Menschen im Asylprozess, sowie von aufenthaltsgesicherten Migrant*innen thematisiert werden muss, um eine internationalistische Bewegung wirklich zu ermöglichen.

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