Fünf weitere Lesetipps zur deutschen Revolution – Biografien und Memoiren

02.01.2018, Lesezeit 4 Min.
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Gestern begann das Jubiläumsjahr der Novemberrevolution von 1918. Die Literatur zu dieser "vergessenen Revolution" ist eher dürftig. Aber aus Biografien und Memoiren der Protagonist*innen können wir viel lernen.

Siehe auch: Fünf Lesetipps zur deutschen Revolution.

Ralf Hoffrogge:
Richard Müller. Der Mann hinter der Novemberrevolution.

Was ist eigentlich aus Richard Müller? Als Chef der „Revolutionären Obleute“ hat er maßgeblich den Aufstand vom 9. November 1918 organisiert. Als Vorsitzender des Vollzugsrats der Arbeiter- und Soldatenräte wurde er sogar zu einer Art Staatsoberhaupt der entstehenden Räterepublik. In den Jahren nach der Niederlage schrieb er auch eine dreibändige Geschichte der Revolution. Trotzdem war lange Zeit überhaupt nicht bekannt, was Müller nach seinem Bruch mit dem Kommunismus Mitte der 1920er Jahre tat. Der junge Historiker Ralf Hoffrogge erzählt seine gesamte Geschichte.

Edition: 2008 bei Dietz erschienen.

Paul Frölich:
Rosa Luxemburg. Gedanke und Tat.

Paul Frölich wurde zum jüngsten und linkesten Mitglied in die Zentrale der neu gegründeten KPD gewählt, zusammen mit Rosa Luxemburg. Nach ihrer Ermordung wurde Frölich zum Verwalter ihres Nachlasses. Er veröffentlichte zahlreiche Bände mit Luxemburgs Aufsätzen. Die Stalinist*innen haben Frölich Ende der 1920er Jahre aus der KPD getrieben. Vor den Nazis floh er nach Frankreich, wo er die definitive Biographie Rosa Luxemburgs schrieb – durchdrungen vom tiefen Verständnis ihrer Theorien und ihrer Leidenschaft, wie es nur ein enger Mitkämpfer haben konnte. (Auch sehr zum empfehlen: Frölichs erst vor kurzem veröffentlichte Autobiographie „Im radikalen Lager“.)

Edition: 1939 im französischen Exil erschienen. Zahlreiche neue Auflagen in vielen verschiedenen Sprachen.

Kate Evans:
Red Rosa

Über Rosa Luxemburg sind zahlreiche Biographien verfasst worden. Die britische Zeichnerin fand dennoch einen neuen Zugang: Ein Graphic Novel über das Leben der jüdisch-polnisch-deutschen Revolutionärin. Luxemburg lebte „wie eine Kerze, die an beiden Enden brennt“, und auf den Zeichnungen sieht man die kleine Frau nicht nur als unvergleichbares Genie der proletarischen Revolution, sondern auch als Mensch.

Edition: 2015 auf Englisch | eine spanischsprachige Ausgabe wurde 2017 von unseren argentinischen Genoss*innen herausgegeben | eine deutsche Edition fehlt noch.

Rosa Leviné-Meyer:
Leviné: Leben und Tod eines Revolutionärs, Erinnerungen. 

UND

Im inneren Kreis: Erinnerungen einer Kommunistin in Deutschland 1920–1930.

Rosa Leviné-Meyer verkörpert schon in ihrem Nachnamen einen wichtigen Teil der Geschichte der revolutionären KPD. Die in Russland geborene Rosa Broido war einst Ehefrau des russisch-deutschen Revolutionärs Eugen Leviné, der die zweite bayerische Räterepublik leitete. Noch heute ist dieser berühmt für seinen Mut: „Wir Kommunist*innen sind nur Tote auf Urlaub.“ Nach seiner Ermordung schrieb sie eine sehr persönliche Biografie. Später heiratete sie den KPD-Vorsitzenden Ernst Meyer und bekam dadurch ihren Doppelnamen. Im britischen Exil schrieb Leviné-Meyer auch ihre eigenen Erinnerungen auf. Beide Bände geben einen ungewöhnlichen Einblick in das Leben an der Spitze der revolutionären Bewegung.

Edition Leviné: 1973 auf Englisch | deutsche Übersetzung 1972.

Edition Erinnerungen: 1977 auf Englisch | deutsche Übersetzung 1979.

Karl Retzlaw:
Spartakus – Aufstieg und Niedergang. Erinnerungen eines Parteiarbeiters.

Retzlaw, ein einfacher Arbeiter aus Berlin, wurde in jungen Jahren in der Opposition gegen den Ersten Weltkrieg aktiv. Schnell entwickelte er sich zu einem Experten für konspirvative Tätigkeiten und schützte die KPD-Führung vor den Angriffen der Reaktion. Retzlaw war an vielen Brennpunkten der revolutionären Bewegung in Deutschland aktiv, sowohl in der Räterepublik in München wie beim Aufstand in Hamburg. Er leitete den geheimen Apparat der KPD, war aber kein bloßer Techniker, sondern entwickelte sich auch zu einem Kritiker des Stalinismus. Nach seinem Bruch mit der KPD war Retzlaw in der trotzkistischen Bewegung aktiv. Seine ausführlichen Erinnerungen decken mehrere Generationen der revolutionären Arbeiter*innenbewegung ab, aber besonders 1918-23 sind die Episoden interessant.

Edition: 1971 erschienen und antiquarisch erhältlich.

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