Fünf offene Fragen am Ende vom NSU-Prozess

04.08.2017, Lesezeit 3 Min.
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„Autos brennen und ihr schreit. Menschen sterben und ihr schweigt." Dieser Spruch bewahrheitet sich immer wieder, wenn man die Haltung des Staates und der bürgerlichen Medien zu rechtem und linkem Terror vergleicht. Während der G20-Proteste war die Rede von „Linksterrorist*innen" auf der Straße. Doch schauen wir den NSU-Prozess an. Hier sind fünf Beispiele, dass der Staat auf dem rechten Auge blind ist.

1. Alltägliche Verwechslungen

Kennst du diesen Moment, in dem du ein paar Akten schreddern sollst, aber aus Versehen wichtige Beweismittel endgültig vernichtest? Das ist einem Mitarbeiter des Verfassungsschutzes natürlich ohne jede Absicht passiert. Der deutsche Staat hatte dann sogar Verständnis für das Missgeschick und hat den Beamten trotz Beweismittelunterdrückung und versuchter Strafvereitelung freikommen lassen. Ganz normaler Alltag in einer bürgerlichen Demokratie.

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2. Was tun wenn der Schredder klemmt

„Einzelfall, Einzelfall“, werden jetzt Verteidiger*innen jener Demokratie dagegenhalten. Von wegen: Wenn die Akten erstmal digitalisiert und vervielfacht sind, lassen sie sich schwerer vernichten – aber das muss noch lange nicht bedeuten, dass man sie nicht verschwinden lassen kann. So hat der hessische Verfassungsschutz wichtige Akten mit einer Sperrfrist versehen. Für ganze 120 Jahre. Besonders brisant: Während Halit Yozgat in einem Internet-Café in Kassel von den NSU-Terrorist*innen erschossen wurde, soll einiger Anzeichen nach ein VS-Mann in der Nähe gewesen sein und angeblich nichts mitbekommen haben. Auch wenn wir die endgültige Antwort vielleicht nie erfahren werde, so sagt die Reaktion des VS schon einiges.

3. Tote reden nicht

Doch was, wenn es Zeug*innen gibt, die eine*n immer noch belasten? „Tote Zeug*innen reden nicht“, werden sich wohl einige gedacht haben. Gesagt, getan, vertuscht. Während des ganzen NSU-Prozess sind fünf Zeug*innen verstorben. Im Fall der 46-Jährigen Corinna B. ist sogar die Leiche eingeäschert worden, ohne das sie ordentlich auf die Todesursache untersucht wurde. Dass eine 46-Jährige plötzlich einen natürlichen Tod stirbt, während sie eine wichtige Zeugin in einem Prozess zum Rechtsterrorismus ist, ist eher unwahrscheinlich.

4. Money, Money, Money

Es geht noch weiter. Wie im Februar 2012 enthüllt wurde, hat der Verfassungsschutz durch den V-Mann Tino Brandt Geld indirekt an die NSU-Terrorist*innen gegeben. So berichtete der Spiegel, dass das Terrortrio seinen Lebensunterhalt u.a. mit Geldern des Verfassungsschutz finanziert hat. Doch das ist beim VS längst kein Einzelfall. Wie effektiv V-Leute sind, hat sich ja schon bei der NPD gezeigt, wo der Verfassungsschutz irgendwann Leute in der Parteiführung hatte und es trotzdem nicht geschafft hat, die offen faschistische Partei zu verbieten. Auch weil die juristische Grundlage der V-Personen unklar ist.

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5. Victim blaming par excellence

Dank der frisch gewonnenen Informationen hat der Verfassungsschutz natürlich genau über alles Bescheid gewusst. So genau, dass die ersten NSU-Morde nie als Morde von Rechtsterrorist*innen bekannt waren, sondern als „Döner-Morde“ betitelt wurden. Schuld wurde vor allem den Angehörigen der Opfer zugewiesen. Entschädigt wurden sie bis heute nicht dafür. Einen beispielhafteren Fall für Täter-Opfer-Umkehrung wird man wohl nur im Fall Gina-Lisa finden.

Auch wenn dieser Artikel sich wie Realsatire liest, ist er doch traurige Realität. Nazibanden ziehen mordend durch Deutschland, werden vom Staat finanziert und dieser hat nichts Besseres zu tun als alles zu vertuschen. Alles natürlich nur zum Wohle der freiheitlichen, demokratischen Grundordnung.

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