Empörend: GEW-Führung sagt weitere Streiks der angestellten Lehrer*innen ab

04.06.2016, Lesezeit 4 Min.
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In der kommenden Woche sollte wieder gestreikt werden, für die Forderung „gleiches Geld für gleiche Arbeit“. Die GEW-Führung sagte den Warnstreik nun aufgrund eines „Gesprächsangebots“ von Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) ab. Kann die Basis diese Entscheidung hinnehmen?

Die angestellten Lehrer*innen waren bereit für eine Offensive: Am 12. Mai kamen fast 4.000 Lehrer*innen zusammen, um für „gleiches Geld für gleiche Arbeit“ zu protestieren. Das war die bisher größte Mobilisierung in diesem jahrelangen Arbeitskampf – und zwar an einem zentralen Prüfungstermin.

Dementsprechend radikal waren auch die Reden der Gewerkschaftsführer*innen. Dem Berliner Senat wurde mit längeren Ausständen gedroht, sollte er nicht auf die Forderungen der GEW eingehen. Schon am 25. April hatte die Gewerkschaft „Lösungsvorschläge“ übergeben, die als Grundlage für Verhandlungen dienen sollten.

Wochenlang kam keine Antwort vom Senat. Im Geschäftsführenden Landesvorstand wurde ein zweitägiger Streik geplant. Doch kurz vor der Veröffentlichung des Streikaufrufs meldete sich der Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) und sagte einem weiteren Gesprächstermin am 8. Juni zu. Dabei handelt es sich nicht einmal um einen Verhandlungstermin, wie es die Lehrer*innengewerkschaft seit Jahren immer wieder eingefordert hat. Nicht nur das lässt am guten Willen des Senats zweifeln.

Nur wenige Wochen zuvor hatte die Senatsverwaltung für Bildung einen kompliziert geschriebenen Brief an alle angestellten Lehrer*innen geschickt. Darin wurde geraten, einen Antrag auf die im TV-L vereinbarte „Angleichungszulage“ von 30 Euro zu stellen, die Grundschullehrer*innen und pädagogischen Unterrichtshilfen zusteht. Diese Unterschrift hätte der Senat bei kommenden Streiks gegen die Lehrer*innen verwendet, da sie dann möglicherweise in der Friedenspflicht stünden. Die GEW lehnt diese Interpretation des Tarifrechts sowieso ab – doch das Ziel des Briefs ist klar: die kämpferischen Lehrer*innen zu verwirren und zu spalten.

Wie reagierte die GEW-Führung auf das Gesprächsangebot vom Senat? Haben sie es, mit der Streikankündigung in der Hand, zurückgewiesen? Haben sie damit gedroht, noch länger zu streiken, bis die Forderungen der angestellten Lehrer*innen endlich erfüllt werden? Oder haben sie wenigstens die Basis darüber informiert und entscheiden lassen, ob sie tatsächlich ein Gespräch mit dem Finanzsenator abwarten will?

Nichts dergleichen. Stattdessen haben sie den zweitägigen Streik abgesagt – „wohl wissend, dass es sich noch um keine Verhandlungszusage handelt.“ Das ist empörend! Die GEW-Führung gibt damit das einzige Druckmittel, das die Lehrer*innen in ihrer Auseinandersetzung haben, aus der Hand. Und bekommt… leere Worte. Hans hat immerhin ein paar magische Bohnen bekommen.

Die angestellten Lehrer*innen haben immer wieder klar gemacht, dass sie radikalere Aktionen, längere Streiks und größere Mobilisierungen wollen. Es geht schließlich um Gerechtigkeit. Auch Schüler*innen hatten sich immer solidarisch gezeigt, genauso wie Arbeiter*innen aus anderen Sektoren wie Amazon oder dem Botanischen Garten.

In einem Artikel aus der Berliner Zeitung wird gemutmaßt, dass

„dem Senat nach Informationen der Berliner Zeitung offenbar daran gelegen [ist], der GEW zumindest eine gesichtswahrende Lösung anzubieten, um aus dem Arbeitskampf aussteigen zu können.“

Tatsächlich deutet einiges darauf hin, dass der Führung der GEW nicht daran gelegen ist, die berechtigten Forderungen durch den Arbeitskampf durchzusetzen. Viel zu groß waren die Abstände zwischen den Warnstreiks, um eine größere Dynamik zu etablieren und den Senat in die Klemme zu nehmen. Sie war viel zu sehr darauf bedacht, als verantwortungsvoller Gesprächs- (und im besten Falle Verhandlungs-)partner wahrgenommen zu werden. Die Bürokrat*innen ordneten diesem Ziel den Mobilisierungskalender unter – deswegen gab es nur sehr punktuell Verbindungen zu anderen Arbeitskämpfen und Jugendprotesten.

Doch zu groß ist die Wut über die riesigen Lohnunterschiede und das Elend, in das die politische Kaste der Müller, Scheres und Henkel die Berliner Bildung verdammt.

Durch die Streikabsage wurde der Charakter der GEW-Führung deutlich: Die Bürokrat*innen, die als sehr links gelten, handeln undemokratisch. Sie wollen gar keine große Bewegung an den Schulen, die ihre Rolle als „Expert*innen“ in Frage stellen würde. Doch noch ist nichts verloren. Die kämpferischen Lehrer*innen müssen sich zusammenschließen und Vollversammlungen fordern, in denen über die Ergebnisse aller Gespräche zwischen GEW und Senat beraten wird und die nächsten Schritte beschlossen werden. Die Lehrer*innen brauchen einen Kampfplan, bis die Lohngleichheit erreicht ist.

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