Sofortprogramm: Bauen wir eine unabhängige revolutionäre Alternative zu den Regierungsparteien, um die Rechten zu konfrontieren

08.10.2023, Lesezeit 60 Min.
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Sommercamp von Klasse Gegen Klasse 2023. Foto: Maxi Schulz

Asylkompromiss 2.0, Kriegshaushalt und Kürzungen im Sozialen. Die Rechten steigen auf, die Ampel wirft auch den letzten Anschein von Fortschritt von sich. Die Linken und die Arbeiter:innenbewegung müssen dagegen eine Kraft aufbauen, die für einen revolutionären Bruch mit dem Reformismus kämpft und politische Streiks und Massenmobilisierung gegen die Regierung und Rechte anstößt. Dafür schlagen wir als Revolutionäre Internationalistische Organisation (RIO) folgendes Programm vor.

Die Ampel-Koalition hat „Fortschritt“ versprochen. Doch davon ist wenig geblieben. Sie bereitet in einem historischen Kompromiss mit den Rechten einen erneuten Großangriff auf das Asylrechts vor, der im Ausmaß an den „Asylkompromiss“ der 1990er Jahre anschließt. Dies bedeutet einen weiteren qualitativen Sprung nach rechts, gemeinsam mit dem sogenannten „Migrations- und Asylpaket“ der EU. Geplant sind eine Verlängerung des Abschiebegewahrsams von Geflüchteten, schnellere Abschiebungen und Grenzkontrollen. Die Ampel lässt sich damit auf den Diskurs von Rechts ein: Vom CDU-Parteichef Friedrich Merz, der mit Lügen im Stile Trumps gegen Geflüchtete hetzt. Und von der AfD, die mit über 20 Prozent in Umfragen am meisten von der rassistischen Stimmungsmache profitiert und sie weiter anheizt. Diese Situation kann zu einem erneuten Anstieg von rechter Gewalt und Terror führen. Es braucht große Mobilisierungen und Streiks von Gewerkschaften und linken Organisationen, um den Rechtsruck zurückzuschlagen, ohne Verlass auf die Ampel-Parteien, die ihn selbst befeuern.

Die rassistische Stimmungsmache und das Einknicken der Ampel vor den Rechten sind kein Zufall. Diese Politik ist eine reaktionäre Antwort auf die zunehmende Krise der Ampel und des deutschen Parteiensystems sowie der wachsenden Probleme der Wirtschaft. Die Inflation hat Löhne und die Mindestlohnerhöhung aufgefressen. Das Bürgergeld ist ein Etikettenschwindel. Mit dem Heizungsgesetz wird Wohnen noch teurer. Überdies kündigt die Regierung Sparmaßnahmen bei Bildung, Gesundheit und Familien an, während die Gelder in die Aufrüstung fließen. Es ist ein Kriegshaushalt: Zur Finanzierung der Aufrüstung, aber auch als Klassenkampf von oben gegen die Arbeiter:innen und Armen.

Krieg und Sanktionen haben die Energiekosten in die Höhe getrieben. Zentrale Teile der deutschen Industrie wie die Auto-, Stahl-, Chemie- oder Baubranche befinden sich in der Krise. Die Wirtschaft schrumpft, hunderttausende Jobs sind in Gefahr. Das Kapital will seine Schwächen in der internationalen Konkurrenz vor allem gegenüber den USA und China lösen, indem es sich in einen zerstörerischen Wettbewerb begibt: Die Regierungen überbieten sich in Milliardenförderungen und Steuererleichterungen für große Konzerne. Damit versuchen sie neue Wirtschaftszweige des „grünen“ Kapitalismus auszubauen, etwa mit Elektorautos, nachhaltigen Energien oder Wasserstoff. Längst ist ein Wettlauf um die dafür nötigen Rohstoffe wie Lithium, Kobalt oder seltene Erden entbrannt, ungeachtet der beim Abbau entstehenden Umweltzerstörungen oder der Kooperation mit Militärdiktaturen. Derweil sind auch die fossilen Wirtschaftssektoren, die auf der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas beruhen, keineswegs am Absterben. Im Gegenteil: International haben sie glühende Unterstützer:innen wie Trump, Meloni oder Bolsonaro. Hierzulande ließ die Ampel-Regierung zur Kohlegewinnung für RWE Lützerath abbaggern. FDP, Union und AfD propagieren ein Festhalten am Verbrennermotor.

Die aktuelle kapitalistische Krise, die seit 2008 andauert, brachte zwei große „Wellen“ des Klassenkampfes hervor. Also Massenproteste in mehreren Ländern, die sich gegenseitig beeinflussten und international ausbreiteten. Die erste Welle begann kurz nach dem Zusammenbruch des Bankensystems in den USA mit revolutionären Aufständen in Ländern Nordafrikas wie Ägypten oder Tunesien mit Platzbesetzungen. Die Proteste weiteten sich bis auf die USA mit den Occupy Wall Street Protesten und Griechenland, Syrien und Algerien mit Massenmobilisierungen aus. Die zweite Welle begann 2018 mit einer internationalen Wirtschaftsverlangsamung. Wir sahen Proteste der Gelbwestenbewegung in Frankreich, sowie Rebellionen in Hong Kong, Algerien, Irak und ebenso in mehreren Ländern Lateinamerikas wie Ecuador, Chile usw. Also kurz gesagt: Der Klassenkampf ist zurück.

Aktuell erleben wir nach der Corona-Pandemie, die den Klassenkampfzyklus seit 2018 unterbrochen hatte, befeuert durch die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs eine Fortsetzung der Klassenkampfwellen. Der Aufstand gegen das Mullah-Regime im Iran, woran die Arbeiter:innen mit Streiks und Besetzungen teilnahmen, sowie die europäische Streikwelle gegen die Inflation sind Beispiele dafür.

Bis heute hat sich die Weltwirtschaft nicht von der globalen Finanzkrise von 2008 erholt. Die Versuche, sie mit einem „grünen“ Kapitalismus auf solide Füße zu stellen, sind zum Scheitern verurteilt. Die auf Konkurrenz und Naturzerstörung basierende kapitalistische Produktionsweise stellt die Profite des Großkapitals vor die Bedürfnisse von Mensch und Umwelt. Die Nationalstaaten setzen die Interessen ihrer Konzerne durch, was zu einer seit Jahrzehnten nicht gesehenen Spannung zwischen den großen Mächten geführt hat. Der Ukraine-Krieg ist ein erster Kampf um Einflusszonen und die Verschiebung von Machtblöcken, dem noch weitere folgen werden. Für Putin ging es darum, seine Positionen in Osteuropa zu stärken und die Dominanz der USA zu schwächen. Die USA wiederum versuchen, Deutschland in eine Front gegen Russland und China zwingen.

Die Ampel-Regierung verstrickt sich derweil immer tiefer in diesen Krieg: Mit Waffenlieferungen an die Ukraine, Rekord-Rüstungsausgaben und der Stationierung von 4.000 Bundeswehrsoldat:innen in Litauen an der Grenze zu Russland. Die Militarisierung zeigt sich auch in der Verschärfung des mörderischen Grenzregimes sowie der verstärkten Repression gegen Linke, Migrant:innen und Klimaaktivist:innen. Der Jugend hingegen hat die Ampel wenig anzubieten: Prekäre Arbeitsverhältnisse sind Alltag, eigene Wohnungen oft unbezahlbar. Der Personalmangel an Schulen und in sozialen Einrichtungen bleibt bestehen. Die Unis bleiben undemokratisch organisiert und schließen Geflüchtete und Arme aus. Polizeiapparate und Rekrutierung für die Bundeswehr werden dafür ausgebaut. Die leichtere Änderung des Geschlechtseintrages soll nun möglich werden – aber mit Datenweitergabe an Sicherheitsbehörden. Ein bisschen Sympathie versucht sich die Ampel mit der Entkriminalisierung von Cannabis zu erkaufen, aber selbst das bekommt sie nur halbherzig hin.

Die sich verschlechternde wirtschaftliche Lage, Sparpolitik, enttäuschte Versprechungen und der nicht enden wollende Krieg lassen die Unzufriedenheit mit der Ampel steigen. Davon profitiert aber nicht die Linke. Es ist die AfD, die in Umfragen bundesweit über 20 Prozent kommt und schon in mehreren Bundesländern die stärkste Kraft darstellt. Sie kann sich als vermeintliche Opposition darstellen. In ihrer rassistischen und queerfeindlichen Demagogie verschleiert sie aber die wahren Ursachen der sozialen Krise in der Profitmacherei der Konzerne und der Ungleichheit der Vermögen. Dabei hofiert sie gewaltbereite, faschistische Kräfte. Die „Brandmauer“ von CDU/CSU gegen die AfD ist nicht mehr als eine Floskel, wenn nicht nur auf kommunaler Ebene zusammengearbeitet wird, sondern wie in Thüringen auch Parlamentsgesetze gemeinsam abgestimmt werden. Der CDU-Parteivorsitzende Friedrich Merz nennt seine Partei sogar „Alternative für Deutschland mit Substanz“. In Bayern zeigt die CSU, wie sie kein Problem damit hat, mit den Freien Wählern zusammenzuarbeiten, die mit rechtspopulistischer Rhetorik und der Nazi-Vergangenheit ihres Vorsitzenden Aiwangers auf sich aufmerksam machen..

Währenddessen beschwört die Partei DIE LINKE im Kampf gegen Rechts die „Einigkeit aller „Demokrat:innen“, womit sie ihr Vertrauen in ein Bündnis mit kapitalistischen Parteien bis hin zur CDU setzt – in Thüringen würde Bodo Ramelow sogar mit ihr eine Koalition bilden. Mit ihrer angepassten Politik, die höchstens ein soziales Korrektiv statt echter Opposition zur Ampel sein möchte, stellt sich DIE LINKE ins Abseits. In Ostdeutschland, wo sie jahrelang den Kapitalismus in Regierungen mit verwaltete, bedingt und ermöglicht sie erst den Aufstieg der AfD. Ihr Einzug in den kommenden Bundestag ist ungewiss. Angesichts des Niedergangs droht Sahra Wagenknecht offen mit Spaltung. Sie gibt vor, die Probleme der kleinen Leute anzusprechen, adressiert dabei aber selbst chauvinistische Vorurteile gegen Unterdrückte. Sie will durch staatliche Lenkung und Protektionismus bestimmte Branchen wie die umweltzerstörerische Autoindustrie stärken, von der demokratischen Kontrolle der Beschäftigten spricht sie nicht. Ihre Perspektive liegt nicht darin, die Kämpfe der Arbeiter:innenklasse voranzutreiben, Streiks und soziale Bewegungen spielen in ihrer Logik kaum eine Rolle. Ihre Strategie bleibt darauf beschränkt, ihr per Wahl einen Sitz im Parlament zu verschaffen.

Angesichts der Krise der Ampel müssen sich alle Linken und Gewerkschafter:innen entscheiden: Wollen sie den rechten Kräften die Bühne überlassen, sich als einzige Opposition zu inszenieren, indem sie die Ampel in einer „demokratischen“ Volksfront verteidigen oder dem Chauvinismus von Rechten und Wagenknecht anpassen? Oder wollen sie die Lehren aus dem strategischen Scheitern der Linkspartei ziehen und eine Kraft aufbauen, die ihren Schwerpunkt im Klassenkampf hat und sich den Interessen der Bosse, der Regierung und den Rechten gleichermaßen entgegensetzt?

An diesem Scheideweg setzen wir auf den Aufbau einer unabhängigen revolutionären Kraft: Wir stellen uns gegen das Projekt der Regierung und des Großkapitals: Es setzt angesichts der sich vertiefenden wirtschaftlichen und geopolitischen Krise einen „grünen Imperialismus“ der Ressourcenplünderung, des Sozialkahlschlags und der Militarisierung nach außen und nach innen auf Kosten der Arbeiter:innen und ihrer Familien durch. Wir stellen uns gegen die falsche Opposition der rassistischen, sexistischen, homophoben, transphoben und arbeiter:innenfeindlichen Rechten. Wir setzen aber auch kein Vertrauen in DIE LINKE, die das kapitalistische Elend verwaltet und unsere Wut an die Wahlurnen lenken will, oder in Alternativen wie Wagenknecht, die im Dienste eines Standortnationalismus mit der Rechten flirten.

Lasst uns eine sozialistische Antwort der Arbeiter:innenklasse, der Frauen und LGBTIQ, der Migrant:innen und der Jugend aufbauen, unabhängig von der Regierung, den Bossen und der Bürokratien der Gewerkschaften und sozialen Bewegungen. Wir sind gegen die Trennung von ökonomischen und politischen Kämpfen. Wir setzen auf Selbstorganisation, Koordination aller Kämpfe gegen die Sozialpartnerschaft. Wir brauchen politische Massenstreiks, damit wir die Angriffe auf uns zurückschlagen und die Kapitalist:innen für die Kosten der Krise bezahlen.

Wir wollen die Armut, alle Kriege und die Klimakrise und alle Ausbeutung und Unterdrückung beenden. Lasst uns für eine sozialistische, internationalistische, revolutionäre Partei der Arbeiter:innenklasse kämpfen, mit der Perspektive einer Arbeiter:innenregierung, die mit dem Kapitalismus bricht. Als Revolutionäre Internationalistische Organisation, Herausgeberin der Zeitung Klasse Gegen Klasse, schlagen das folgende Programm mit zehn Punkten als Grundlage für den Aufbau einer solchen unabhängigen Kraft der Arbeiter:innenklasse und der Jugend vor.

1. Auf die Straße gegen die Ultrarechte, für eine linke Antwort auf die Unzufriedenheit mit der Ampel

Die AfD kommt in Umfragen bundesweit über 20 Prozent. Mit ihrer reaktionären Ideologie wie auch unmittelbar als Auffangbecken für gewaltbereite Nazis stellt sie eine erhebliche Gefahr für Linke, Gewerkschafter:innen, Frauen, Queers und Migrant:innen dar. Es ist notwendig, sich mit großen Demonstrationen, Streiks und Blockaden ihren Auftritten entgegenzustellen. Dafür braucht es Mobilisierungen der Gewerkschaften, Parteien und den Organen der Studierenden und Schüler:innen.Bei den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg im Herbst 2024 könnte sie stärkste Kraft werden, ohne die eine stabile Regierung kaum zu machen ist.

„Wählen gegen Rechts“ wird somit zu einer zentralen Losung der „demokratischen“ Parteien. Wir wollen uns dieser Logik des kleineren Übels nicht anpassen, die nur deren kapitalistische Politik legitimiert. Denn sie haben dem Aufstieg der Rechten erst den Boden bereitet. Nach der „Wende“ zerstörten sie mit der Privatisierung der Staatsbetriebe die wirtschaftliche und soziale Struktur Ostdeutschlands. Der Rassismus findet durch diese Verwüstung einen geeigneten Nährboden, geschürt durch die BILD-Zeitung und die Propaganda rechter Parteien. Er erhält besonderen Auftrieb in Zeiten des Krieges, in denen der deutsche Imperialismus um eine starke Position in der Welt kämpft, in der sich die Militarisierung der Gesellschaft normalisiert und der Staat die Asylgesetze verschärft. Er ist eine Ideologie, um die Migrant:innen, Frauen und Queers und damit auch die Arbeiter:innenklasse zu disziplinieren und sie vollständig den Interessen des Kapitals zu unterwerfen. Dem Rassismus und Antifeminismus ist nicht beizukommen durch ein Kreuz in der Wahlkabine, sondern nur durch eine kraftvoll auftretende Arbeiter:innenbewegung, die gegen den Militarismus, für soziale Verbesserung und gleiche Rechte für alle eintritt, unabhängig von der Staatsangehörigkeit, Geschlecht oder sexueller Orientierung. Diese Perspektive wird von den Gewerkschaften aber nur unzureichend verfolgt. Die Bürokratie in den Gewerkschaften verweigert es, für die Rechte von Migrant:innen und Geflüchteten zu streiken. Ebenso blieb sie inkonsequent dabei, die Angleichung von Löhnen und Arbeitszeiten in Ost und West zu erkämpfen. Eine Perspektive der Mobilisierung und des Kampfes der Arbeiter:innen mit ihren eigenen Methoden wie Streiks und Blockaden gegen AfD und Co. muss den Gewerkschaftsführungen von der Selbstorganisation der Basis aufgezwungen werden.

Infolge der Tendenz zur energetischen Abkopplung von Russland und der damit steigenden Inflation kann die AfD bei vielen Menschen punkten, die von der unsozialen Politik der Ampel-Regierung wie dem Heizungsgesetz betroffen sind. Sie stilisiert sich als Stimme der „kleinen“ Leute, aber eigentlich ist sie zutiefst arbeiter:innenfeindlich. Sie fordert etwa strengere Maßnahmen gegen Arbeitslose, stellt sich gegen Mietpreisbremsen und will das gesetzliche Renteneintrittsalter abschaffen, also de facto längere Lebensarbeitszeiten einführen. Die Angst vor dem Strukturwandel macht sich die AfD zunutze, die den Verbrennungsmotor beibehalten möchte und sich nicht mal zu schade ist, Kohle in ihrem Sofortprogramm als „saubere Energie“ zu bezeichnen. Sie leugnet die Auswirkungen der Klimakatastrophe und will ein Wirtschaftssystem beibehalten, das den Planeten zerstört und es nicht schafft, ein lebenswertes Dasein für die große Mehrheit zu garantieren.

Die sozialen Ängste, die die AfD angesichts von Krieg, Energiewende und Strukturwandel adressiert, sind real. Wir lehnen es ab, jene Arbeiter:innen abzuschreiben, die heute von der sozialen Demagogie der AfD angezogen werden. Die Behauptung, mit ihr würde der Faschismus vor der Tür stehen, führt nur dazu, die Regierungspolitik als „kleineres Übel“ mitzutragen und überlässt der AfD die Rolle als Opposition. Zugleich ist uns bewusst, dass viele Menschen die Partei nicht nur aus Protest wählen, sondern die rassistische Politik der AfD befürworten. Es ist ein großes Problem, dass auch viele Arbeiter:innen und Gewerkschafter:innen die AfD wählen. Doch die Verantwortung dafür liegt bei den Führungen der reformistischen Parteien mit ihrer Sparpolitik, Krieg und rassistischen Spaltung, die auch von den Bürokratien der Gewerkschaften gedeckt wird, statt dagegen zu kämpfen. Es sind nicht die migrantischen Kolleg:innen, die für Lohnungleichheit und sozialen Abstieg verantwortlich sind, wie es die AfD behauptet, sondern die Regierung, die im Interesse der Konzerne Angriffe durchführt. Im gemeinsamen Kampf müssen wir die Einheit der Arbeiter:innenklasse herstellen.

Während es große Massenmobilisierungen der Gewerkschaften und der sozialen Bewegungen gegen die AfD braucht, setzen wir kein Vertrauen in die Ampel und den bürgerlichen Staat. Um die Rechten zu bekämpfen, brauchen wir die Kampfkraft der Arbeiter:innenbewegung, und keine rassistische, marktradikale und Umwelt zerstörende Politik in der Regierung.

2. Mit Streiks die Kürzungen und Privatisierungen zurückschlagen

Die Ampel-Regierung plant Kürzungen in allen Bereichen außer dem Militär. Betroffen sind gleichermaßen Soziales, Bildung, Klimaschutz oder Gesundheit. Während diese Bereiche ohnehin schon unter Unterfinanzierung und Personalmangel leiden, will die Ampel die Bedingungen noch weiter verschärfen. Über Nacht machte sie 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr locker, doch für andere Bereiche ist angeblich kein Geld da.

Die Gewerkschaftsführungen kritisieren die Einsparungen. Doch sie gehen in ihrer Opposition über den Rahmen der Sozialpartnerschaft nicht hinaus. So blieben die Streiks in den Tarifrunden auf Lohnforderungen mit Reallohnverlusten beschränkt und wurden von sozialen Fragen, wie automatischen Lohnanpassungen an die Inflation und Preisstopps bei Gütern des täglichen Bedarfs und der Miete, abgekoppelt. Ebensowenig mobilisierten sie gegen Krieg und Waffenlieferungen.

Trotz der gestiegenen Kampfbereitschaft in Sektoren wie Metall, dem Öffentlichen Dienst, Verkehr oder der Logistik gelang es in den wenigsten Fällen, einen realen Inflationsausgleich zu erkämpfen. Die Verantwortung hierfür tragen die Bürokratien der Gewerkschaften, die die Potenziale der Streiks nicht voll ausschöpften, sondern vorzeitige Abschlüsse vereinbarten. Bei Post, Bahn und im Öffentlichen Dienst ließen sie sich auf Schlichtungen ein, die den Beschäftigten die Möglichkeit zum Streiken nahmen. Die klassenkämpferischen Gewerkschafter:innen müssen sich von dieser komplett undemokratischen Orientierung der Bürokratie distanzieren, die nur im Interesse des Kapitals liegt.

Derweil prüft die Bundesregierung die Zerschlagung des Deutschen Bahn Konzerns und die endgültige Privatisierung des Betriebs. Die S-Bahn Berlin wird derzeit auch privatisiert, gleiches ist für große Teile des Hamburger Hafens geplant. Es ist absehbar, dass mit dieser neuen Welle an Privatisierungen zentraler Infrastrukturbereiche die Qualität nachlässt und sich die Arbeitsbedingungen verschlechtern. Es ist dringend nötig, diese Angriffe durch Streiks abzuwehren.

Doch wollen wir nicht nur bei Abwehrkämpfen stehen bleiben. Es wäre genug Geld vorhanden, um eine gute öffentliche Versorgung zu finanzieren: Die 3.000 reichsten Deutschen halten ein Vermögen von einer Billion Euro (1.000 Milliarden). Doch keine der Parteien will die Großvermögenden ernstlich zur Kasse bitten: Grüne und SPD sprechen von einer Abgabe von ein Prozent (was sie in der Regierung nicht umsetzen), DIE LINKE verlangt maximal fünf Prozent bei einem Vermögen von 50 Millionen, womit sie erhebliche Vermögen der Superreichen unangetastet lässt. FDP, Union und AfD sind gänzlich gegen Steuern für Vermögende. Hier zeigt die AfD ihr Gesicht als Partei für Reiche: Sie will, dass Steuern hauptsächlich von Beschäftigten und Verbraucher:innen per Einkommens- und Umsatzsteuer bezahlt werden. Grunderwerbs- und Erbschaftssteuern will sie abschaffen.

Wir hingegen meinen, dass die Hauptlast der Steuern von den Reichen getragen werden muss: Sämtliche öffentliche Investitionen sollen aus den Taschen der Kapitalist:innen bezahlt werden. Unternehmen, die Entlassungen durchführen, Arbeitsplätze durch Schließung vernichten oder klimaschädliche Investitionen tätigen, müssen entschädigungslos enteignet werden. Es braucht eine staatliche Planung der Wirtschaft, demokratisch kontrolliert durch die Organe der Arbeiter:innen. Dafür ist es nötig, die Banken, Schlüsselindustrien und große Wohnungsgesellschaften zu verstaatlichen. Mit einem demokratisch geplanten Finanzwesen ließen sich wichtige Investitionen wie der Bau von günstigem Wohnraum, Sanierung und Ausbau von Schulen und Kindertagesstätten, soziale Projekte, günstige Kredite für Kleinunternehmer:innen, die Verbesserung von Gesundheitsversorgung-, Bildungsangeboten, der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, ökologische Maßnahmen und vieles mehr bezahlen.

Wir müssen uns selbst organisieren, in den Gewerkschaften und in den Betrieben und dort eine Alternative zur Sozialpartnerschaft der Bürokratie entwickeln. Wir wollen die Gewerkschaften aus ihren Händen zurückerobern, um unsere Kampfmethoden voll ausschöpfen zu können und eigenständige politische Forderungen zu entwickeln. Deshalb kämpfen wir für den Aufbau demokratischer Strukturen in den Betrieben wie Streikkomitees und Streikversammlungen, die verbindliche Entscheidungen treffen. Wir wollen die soziale Frage stellen, indem wir Profite, Vermögen und Eigentum der Kapitalist:innen in Frage stellen, verbunden mit einer Antwort der Gewerkschaften auf Krieg, Klimakatastrophe und den Aufstieg der Rechten.

3. Gegen die EU des Kapitals und ihre Abschottungspolitik – für ein sozialistisches Europa mit offenen Grenzen

Die Europäische Union ist eine Vereinigung kapitalistischer Staaten, insbesondere unter der Führung der imperialistischen Länder Deutschland und Frankreich. Sie verschafft ihren Banken und Konzernen gewaltige Gewinne durch Spardiktate und Privatisierungen, Billiglöhne vor allem in Osteuropa oder eine Handels- und Investitionspolitik, die ganze Länder in den Ruin treibt. Der Ukraine-Krieg ist noch nicht vorbei, da plant die EU bereits eine Mitgliedschaft und enorme Kreditvergaben, die das Land in Abhängigkeit bringen und an Privatisierungen und Flexibilisierungen des Arbeitsmarktes geknüpft sind.

Über die EU schließen die großen europäischen Konzerne Handels- und Investitionsverträge ab, die etwa zur Ausplünderung von Rohstoffen in Afrika oder der Zerstörung des Amazonas-Regenwaldes beitragen. Mit ihrer Währungspolitik kann die Europäische Zentralbank ganze Länder in die Knie zwingen. Die wesentlichen Entscheidungen trifft die Europäische Kommission, die keinerlei demokratische Legitimation besitzt und vor allem auf die Brüsseler Lobbyist:innen hört. Die EU-Staaten haben zusammen eine Verschuldung von 13,5 Billionen Euro aufgehäuft – eine Summe, die niemals bezahlt werden kann, für deren Tilgung aber jährlich die Arbeiter:innen mit ihren Steuern aufkommen sollen. Die nächsten großen Finanz- und Schludenkrisen sind nur eine Frage der Zeit. Ganz zu schweigen von der Schuldenabhängigkeit, in die die EU ebenso wie andere imperialistische Institutionen wie der Internationale Währungsfonds (IWF) oder die Weltbank halbkoloniale Länder auf der ganzen Welt zwingen.

Die EU treibt Millionen Menschen weltweit zur Flucht durch Beteiligung an Kriegen, der Unterstützung für Diktaturen, Raubbau an der Natur und die Zerstörung der wirtschaftlichen Existenzgrundlage ganzer Länder. Die Klimakatastrophe, die schon heute mit Fluten, Dürren und Hitzewellen ein zentraler Fluchtgrund ist, könnte in den kommenden Jahrzehnten hunderte Millionen Menschen aus ihrer Heimat vertreiben.

Die Antwort der imperialistischen Staaten Europas ist eine beispiellose Abschottung. Die EU kriminalisiert Seenotrettung und ist damit für den Tod von tausenden Menschen im Mittelmeer verantwortlich. Die jüngste Asylreform schafft das Recht auf Asyl europaweit de facto ab. In Zusammenarbeit mit Diktaturen in Nordafrika hat sie ein Grenzregime etabliert und übt unmittelbare politische-militärische Kontrolle in diesen Ländern aus. An den Außengrenzen werden Lager errichtet, um Menschen direkt abweisen zu können. Abschiebungen werden beschleunigt. Mitgetragen wird die Reform ausgerechnet von den Grünen, die Menschenrechte und Willkommenskultur versprochen hat, um Stimmen zu gewinnen.

Die meisten Geflüchteten, die es nach Deutschland schaffen, werden in Lager gesteckt, mit Arbeitsverboten belegt und sind täglichen rassistischen Anfeindungen und Gewalt ausgesetzt. 2015/16 gab es eine massive Welle von Brandanschlägen auf Geflüchtetenunterkünfte. Auch zuletzt stiegen die Zahlen der Anschläge wieder an. Die faschistischen Banden haben mit der AfD eine Partei, die sie deckt, ihre Taten bagatellisiert und ihnen einen institutionellen Ausdruck verleiht. Zum Teil sind sie personell gar mit ihr verschmolzen.

Die AfD kritisiert die EU nicht für die Politik zum Wohle der Konzerne – im Gegenteil will sie die Dominanz des deutschen Kapitals gegenüber der europäischen Konkurrenz stärken. Dafür will sie mehr Militarismus und eine noch brutaler Abschottung. Sie will die Neugründung der EU und die Ersetzung durch ein „Bündnis europäischer Nationen“. Von der Forderung nach einer Auflösung ist sie abgerückt, womit sie sich Regierungsperspektiven mit der Union öffnen will.

Die AfD hat die rassistische Hetze normalisiert, aber auch die Union bedient sich daran, etwa wenn Friedrich Merz migrantische Kinder „kleine Paschas“ nennt. Die Ampel lässt sich wiederum darauf ein, indem sie die Gesetze verschärft, um „unqualifizierte“ Migrant:innen abzuschieben. Sie erneuert das Migrationsregime, indem sie Fachkräfte anzuwerben versucht, ihre Abschlüsse teils aber nicht anerkennt, um die Löhne zu drücken.Doch reicht ihnen das noch nicht: Aktuell schüren Regierung und rechte Opposition gleichermaßen rassistische Hetze gegen Geflüchtete, um einen neuen „Asylkompromiss“ wie 1993 zu erreichen und damit das Menschenrecht auf Asyl noch weiter auszuhöhlen.

Die Interessen der Großkonzerne sind untrennbar mit dieser rassistischen Politik verbunden, die auf Ebene der EU ihren höchsten Ausdruck findet. Der Rassismus fungiert zusammen mit wirtschaftlichem und militärischem Interventionismus und dient der wirtschaftlichen und politischen Unterwerfung vor allem der Länder Afrikas und Westasiens. Nach innen dient er der Disziplinierung der Arbeiter:innenbewegung mit Hilfe von Spaltung und Lohndrückerei.

Eine Reform der EU, wie sie DIE LINKE mit vagen Forderungen nach mehr Demokratie und Gerechtigkeit will, kann ihren imperialistischen und rassistischen Charakter nicht konfrontieren. Die Arbeiter:innenbewegung muss hingegen vereint gegen die Interessen des Imperialismus kämpfen: Gegen rassistische Spaltung anhand von Ethnie und Staatsangehörigkeit. Gegen die Militarisierung nach innen, die Migrant:innen als Sicherheitsrisiko behandelt und nach außen, die zur kapitalistischen Unterwerfung Nordafrikas, Westasiens und der Ukraine dient.

Wir stellen uns gegen jede rassistische Hetze, sei es von AfD und Union oder von einer Wagenknecht, die Migrant:innen für schlechte Zustände in Bildung und Gesundheitswesen verantwortlich machen möchte. Statt uns gegeneinander ausspielen zu lassen, setzen wir auf die Kampfkraft der multiethnischen Arbeiter:innenklasse. Wir betrachten die Geflüchteten als unsere Geschwister im Kampf gegen dieses System. Wir wollen sofortige Arbeitserlaubnis, die Anerkennung aller ausländischen Abschlüsse, gleichen Lohn für gleiche Arbeit, das Recht auf Bildung sowie eine würdige Wohnung für alle in Deutschland Lebenden. Es braucht ein Ende der Kriminalisierung ziviler Seenotrettung und eine Zerschlagung von Frontex. Es braucht sichere Fluchtrouten und offene Grenzen, Bleiberecht für alle und volle Staatsbürger:innenrechte, unabhängig von den materiellen Voraussetzungen.

Wir kämpfen für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa, statt einer militaristischen und rassistischen EU. Ein sozialistisches Europa, das in der Lage ist, seine Finanzen, Wirtschaft und den Außenhandel demokratisch durch Räte der Arbeiter:innenklasse nach den Bedürfnissen von Mensch und Natur zu ordnen, statt sie den Interessen des Kapitals zu unterwerfen. Ein sozialistisches Europa, das für die Emanzipation der Arbeiter:innenklasse weltweit einsteht, statt Diktaturen zu stützen und Kriege zu führen.

4. Mit den Mitteln der Arbeiter:innenbewegung: Krieg beenden, Aufrüstung stoppen!

Der Krieg in der Ukraine tobt nun seit über anderthalb Jahren – es handelt sich um einen Krieg um kapitalistische Einflusssphären zwischen den NATO-Staaten einerseits und Russland (und China) andererseits. Die deutsche Bundesregierung ist gewillt, die Waffenlieferungen an die Ukraine so lange fortzusetzen, bis Russland sich komplett zurückzieht, selbst wenn dies noch mehrere Jahre Krieg mit hunderttausenden Toten bedeuten sollte. Im Mai verdoppelte die Regierung den Wert ihrer Waffenlieferungen, während fast jeden Monat neue Debatten um noch härtere Waffen geführt werden: erst Panzer, dann Flugzeuge, nun Marschflugkörper. Einen Plan für einen Frieden hat sie nicht. Die Verteidigung der Ukraine ist dabei nur vorgeschoben, um in einem Stellvertreterkrieg die eigenen Macht- und Kapitalinteressen durchzusetzen. Ihr Aufrüstungspaket von 100 Milliarden Euro unterstreicht die Prioritäten der Regierung: Es soll ein Sprungbrett zur größten Militärmacht Europas sein, um den deutschen Imperialismus in die Lage zu versetzen, seine Ziele weltweit mit Gewalt zu erreichen. Ein neues Wettrüsten zwischen den Großmächten ist entbrannt, an dem Deutschland teilhaben will, um in einem möglichen Krieg zwischen den USA und China eine eigene Rolle spielen zu können.Während sich von Grünen bis Union alle einig sind in Kriegstreiberei und Militarisierung, kommt der sichtbarste Widerspruch von der AfD – doch ist dies eine Scheinopposition. Sie will zwar die Waffenlieferungen an die Ukraine beenden und Verhandlungen mit Russland einleiten, aber nicht aus Gegnerschaft zu Krieg und Imperialismus. Mit der Begründung, dass „Waffenlieferungen der Einsatzbereitschaft der Bundeswehr schaden“, wollen sie die eigenen militärischen Kräfte aufbauen, um sie künftig an anderen Fronten einsetzen zu können. Die AfD will ein „souveränes“ Deutschland, das unabhängiger von den USA seine imperialistischen Ziele verfolgt. Sie fordert die Wiedereinführung der Wehrpflicht und die Anhebung des regulären Militärbudgets auf zwei Prozent des BIP (das entspräche für 2024 laut Prognosen 85 Milliarden Euro). Ihre Kritik am 100 Milliarden-Paket bezog sich lediglich darauf, dass es mit Krediten in einem Sonderhaushalt bezahlt werden soll, statt die Militarisierung noch unmittelbarer durch Einsparungen im regulären Haushalt zu finanzieren. Die AfD ist keine Friedenspartei. Viele ihrer gehobenen Funktionäre entstammen der Polizei und Bundeswehr. Sie steht in ihrem Militarismus der Ampel und der Union in nichts nach.

Auf der anderen Seite stellt sich auch DIE LINKE formell gegen den Krieg. So lehnte sie bisher die Aufrüstung im Parlament ab und fordert diplomatische Initiativen von EU und Bundesregierung unter UN-Vermittlung und einen Stopp der Aufrüstung. Zugleich unterstützt die Parteispitze arbeiter:innenfeindliche Sanktionen und legt ihr Vertrauen vollständig in die bürgerliche Diplomatie anstatt in Mobilisierungen. Prominente Figuren der Partei wie Dietmar Bartsch, Bodo Ramelow, Katja Kipping oder Gregor Gysi stellten zudem die Ablehnung der NATO durch DIE LINKE in Frage. Selbst die Gewerkschaft ver.di stimmte bei ihrem kürzlichen Bundeskongress – gegen eine Minderheit von 20 Prozent der Delegierten – für einen Antrag, der Sanktionen und Waffenlieferungen unterstützt. Mit Positionen wie diesen machen sich die Apparate der Gewerkschaften ebenso wie die Partei DIE LINKE zu Wasserträgern der Kriegspolitik der Bundesregierung. Währenddessen verfolgt Sahra Wagenknecht einen eigenen Kurs, der – ähnlich wie die AfD – die „Souveränität“ Deutschlands in den Vordergrund stellt. Im „Manifest für den Frieden„, das sie mit Alice Schwarzer veröffentlichte, fehlte von einer Kritik an der Aufrüstung jede Spur.

Die verschiedenen Parteien sind entweder entschiedenste Befürworterinnen des Krieges, mit den Grünen an der Spitze, oder wollen lediglich an anderen Fronten kämpfen wie die AfD. Währenddessen verbreitet DIE LINKE Illusionen in die bürgerliche Diplomatie. Aber keine der Parteien bringt eine unabhängige Perspektive der Arbeiter:innenklasse ins Spiel. Als Revolutionär:innen haben wir kein Vertrauen, dass die Parteien des Regimes den Krieg beenden werden. Wir wollen eine Opposition aus Gewerkschaften und der Friedensbewegung aufbauen, die mit Großprotesten, Streiks in Rüstungs- und Logistikunternehmen und Blockaden von Waffenlieferungen die Kriegslogistik effektiv lahmlegen und den Soldat:innen an der Front eine Alternative bieten kann, sich gegen ihre eigenen Regierungen zu richten, anstatt weiter ihre Klassengeschwister auf der anderen Seite zu töten. Unsere Solidarität gilt der Arbeiter:innenklasse und der Antikriegsbewegung in Russland, Belarus und der Ukraine, statt den Kriegsfürsten in Moskau, Kiew, Berlin und Washington. Weder Putin noch NATO. Für eine unabhängige sozialistische Ukraine der Arbeiter:innen. Hoch die internationale Solidarität!

5. Solidarität gegen Repression und Militarisierung

Während die Ampel Waffenlieferungen und Aufrüstung vorantreibt, setzt sie auch nach innen zunehmend auf Zwang und Gewalt, weil sie nicht in der Lage ist, flächdendeckend Überzeugung für ihre Politik zu schaffen. Bundes- oder Landesregierungen mit Beteiligung der Grünen lassen Klimaaktivist:innen verprügeln, wie etwa beim Protestcamp von Lützerath. Besonders trifft die Repression auch die Letzte Generation. Der Staat steckt deren Mitglieder teils präventiv in Haft, für das bloße Blockieren einer Straße gab es bereits monatelange Gefängnisstrafen. Damit werden Präzedenzfälle geschaffen, um Aktivist:innen sozialer Bewegungen oder kämpferische Arbeiter:innen einzuschüchtern. Angestachelt von der Hetze gegen die Letzte Generation kommt es zu Gewalt gegen ihre Aktivist:innen.

Die Repression trifft auch die Solidaritätsbewegung mit Palästina. In den vergangenen Jahren wurden in Berlin immer wieder unter dem Vorwand des Antisemitismus Demonstrationen verboten. Dieser Vorwurf wird instrumentalisiert, um Kritik am israelischen Staat zu diskreditieren und zu kriminalisieren. Damit wird auch insbesondere gegen Jugendliche aus Arbeiter:innenvierteln wie Berlin-Neukölln, gegen Muslim:innen und Migrant:innen gehetzt, die in rassistischer Demagogie pauschal als Antisemit:innen abgestempelt werden. Zudem werden Migrant:innen in die Nähe krimineller „Clans“ gerückt, was umfangreiche polizeiliche Maßnahmen rechtfertigen soll. Um der Türkei als NATO-Partner gegen Russland entgegenzukommen, erleichterte die Bundesregierung die Abschiebungen und Auslieferung türkischer und kurdischer Oppositioneller.

Repression richtet sich auch immer stärker gegen die Arbeiter:innenbewegung: Mit dem Tarifeinheitsgesetz und mit gerichtlichen Verfügungen gegen Streiks besitzt der Staat Instrumente, um – teils in Kollaboration mit den Gewerkschaftsbürokratien – direkt gegen die kämpferischsten Sektoren der Arbeiter:innenbewegung vorzugehen. Bei härteren Auseinandersetzungen wird der Staat auch nicht davor zurückschrecken, direkt mit der Polizei gegen Streiks vorzugehen, wie wir es in Frankreich immer wieder gesehen haben, oder auch hierzulande beim Streik in den Häfen 2022. Zudem betreiben viele Unternehmen Union Busting, gehen also mit Sanktionen gegen gewerkschaftliches Engagement vor, wie auch bei unserer Genossin Inés Heider, Berliner Schulsozialarbeiterin, weil sie Kolleg:innen über eine Kundgebung gegen Kürzungspolitik informierte.

Im Juni erfolgte die Verurteilung der Antifaschistin Lina E. und ihrer Genoss:innen zu mehreren Jahren Haft. Anschließend kam es zu Polizeigewalt gegen Solidaritätsdemonstrationen, insbesondere mit dem Kessel von Leipzig. Ein weiteres Mal wurden hier Grundrechte auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit mit den Füßen getreten, perfiderweise in Zusammenarbeit mit dem Leipziger Ordnungsamt, das der Partei DIE LINKE untersteht.

Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hat den Kampf gegen den „Linksextremismus“ und „Clan-Kriminalität“ zu einer zentralen Aufgabe erklärt, womit sie an die Law-and-Order-Politiken von Union und AfD anschließt. Autoritäre Maßnahmen sind in der Geschichte der BRD nicht neu, besonders in den letzten Jahren wurden mit den Verschärfungen der Polizeiaufgabengesetze der Länder viele Möglichkeiten für die jetzige Repression wie Präventivhaft – also die teils wochenlange Einsperrung allein aufgrund des Verdachts, in Zukunft eine strafbare Handlung begehen zu können – geschaffen.

Neu ist jedoch die Beteiligung Deutschlands an einem Großkonflikt mit Waffenlieferungen an die Ukraine sowie das größte Aufrüstungsprogramm seit Bestehen der BRD. Die Militarisierung nach außen schlägt sich auch in einer Militarisierung nach innen nieder. Der Staat rüstet sich dafür, klassenkämpferische Bewegungen unterdrücken zu können, deren Entstehung mit dem Krieg wahrscheinlicher wird. Derweil halten sich bewaffnete faschistische Banden bereit, die sich zu relevanten Teilen aus Angehörigen von Polizei und Bundeswehr rekrutieren und mit der AfD zusammenhängen, um mit Gewalt gegen politische Gegner:innen vorgehen zu können. Wie gefährlich dies ist, zeigte schon der NSU, der maßgeblich vom Verfassungsschutz aufgebaut und gedeckt wurde.

Wir wenden uns gegen die Repression gegen Linke, Migrant:innen sowie die Klima- und Arbeiter:innenbewegung. Die Gewerkschaften müssen in Verteidigung der demokratischen Rechte und in Solidarität mit den Betroffenen der Repression Mobilisierungen durchführen und auch den Schutz von Streiks und sozialen Bewegungen gegen polizeiliche und faschistische Angriffe selbst organisieren. Repression, ob im Betrieb oder durch den Staat, muss bei Streiks skandalisiert und beantwortet werden.

Die Bürokratie der Gewerkschaften und auch DIE LINKE treten für bessere Arbeitsbedingungen für Polizist:innen ein. Doch Polizei und Justiz dienen in erster Linie dem Schutz des Privateigentums. Sie richtet sich damit direkt gegen Arme und Arbeiter:innen, die vom Reichtum der Gesellschaft ausgeschlossen werden und denen das Recht genommen wird, über ihre eigene Arbeit zu bestimmen. Der Staatsapparat kann kein Verbündeter der Ausgebeuteten und Unterdrückten sein. Der Polizei müssen die Gelder entzogen werden, um sie schließlich abzuschaffen. Sicherheit können nur die Organe der Arbeiter:innenbewegung und die Selbstorganisierung der Unterdrückten herstellen. Die Polizei hat in unseren Reihen nichts verloren, daher treten wir für den Ausschluss der „Gewerkschaft“ der Polizei aus dem DGB ein.

6. Gegen den neoliberalen und imperialistischen „Feminismus“ der Ampel

Die Ampel präsentiert sich als feministische Regierung. Der Ukraine-Krieg und die Zeitenwende hat der bürgerlich-feministischen Außenpolitik die Maske heruntergerissen. Für die imperialistischen Bestrebungen lässt die Ampel jeden fortschrittlichen Anspruch fallen. Ihre Begründung, mit NATO und Waffenlieferungen Menschenrechte zu verteidigen, hat mit Feminismus jedoch nichts zu tun, sondern nur mit der Rechtfertigung ihrer eigenen Kriegsziele.

Insbesondere die Grünen haben es erfolgreich geschafft, Teile der feministischen Bewegung zu vereinnahmen und sie in den Rahmen der Institutionen zu lenken. Der „Feminismus“ der Ampel geht jedoch vollkommen an der Lebensrealität der arbeitenden und armen Frauen vorbei. Im Schnitt bekommen Frauen 800 Euro Rente, das sind fast 400 weniger als Männer. Jede dritte Frau in Deutschland verdient trotz Vollzeitarbeit über 40 Jahre hinweg so wenig, dass sie unter 1.000 Euro Rente bekommt. Frauen sind damit besonders häufig von Altersarmut betroffen – und materiell von ihren Partnern abhängig. Die Lohnungleichheit zwischen Männern und Frauen liegt unverändert, wie in den vergangenen Jahren, bei 18 Prozent. Eine Aufwertung von sozialen Berufen, in denen überdurchschnittlich viele Frauen arbeiten, gibt es nicht, im Gegenteil: Die Tarifrunde im öffentlichen Dienst, die unter anderem kommunale Kitas, Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen umfasst, schloss unter der Inflationsrate ab. Maßgeblich verantwortlich war dafür die SPD, die durch Innenministerin Nancy Faeser und ver.di-Chef Frank Werneke mit sich selbst verhandelte. Die Sparpolitik der Ampel trifft einerseits besonders feminisierte Berufe und andererseits verschiebt sie die Sorgearbeit noch stärker in die private Sphäre der Familie, wo besonders Frauen diese Arbeit übernehmen müssen. Damit trägt die Kürzungspolitik direkt einen antifeministischen Charakter.

Die Ampel feiert sich für die Streichung von Paragraph 219a Strafgesetzbuch, der Werbung für Schwangerschaftsabbrüche verboten hat. Ein Schritt, der längst überfällig war, und vor allem auf den jahrelangen Kampf von Feminist:innen zurückzuführen war. Gleichzeitig lässt sie Paragraph 218 Strafgesetzbuch unverändert, der Schwangerschaftsabbrüche grundsätzlich unter Strafe stellt. Die Zahl der Abtreibungskliniken hat sich in den letzten 20 Jahren in Deutschland etwa halbiert, bei der Zahl der Geburtskliniken gibt es fast einen ähnlich dramatischen Rückgang. Das stellt das Recht von Frauen und Gebärenden, über ihren Körper selbst zu bestimmen, ernstlich in Frage. Dies ist Folge eines kaputtgesparten Gesundheitssystems, in dem private Träger und Kirchen mehr als zwei Drittel der Kliniken betreiben. Ein System, das mit den Fallpauschalen auf Gewinnmaximierung ausgerichtet ist, was zahlreiche Kliniken in die Insolvenz und Schließung treibt. Daran will auch Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) mit seiner Krankenhausreform festhalten, die zu weiteren Schließungen führen wird.

Das diskriminierende „Transsexuellengesetz“ will die Ampel-Koalition abschaffen, sodass eine Änderung des Geschlechtseintrags im Pass einfach möglich sein soll. Doch sie verbindet das euphemistisch betitelte „Selbstbestimmungsgesetz“ damit, dass mit einer solchen Änderung die Daten an die Sicherheitsbehörden weitergegeben werden. Das stellt nicht nur all jene unter Generalverdacht, die ihren Geschlechtseintrag verändern möchten, wodurch Trans- und Queerfeindlichkeit geschürt werden. Für Nazis, die feste Strukturen in Polizei, Armee und Geheimdiensten haben, ist es außerdem eine ideale Möglichkeit, Listen von „sexuellen Abweichlern“ zu sammeln.

Die moderaten Reformen reichten bereits aus, um einen Kulturkampf der Rechten gegen die „Gender-Ideologie“ zu entfesseln. Unter dem Vorwand, sich für das „Wohl von Familien und Kindern“ einzusetzen, hetzen Union und AfD mit antifeministischen Parolen gegen queere Personen. Die AfD will Abtreibungen beschränken ebenso wie die Sexualaufklärung an Kitas und Schulen. In ihrer verqueren Logik behauptet sie damit, Missbrauch vorzubeugen. Dabei ist Aufklärung eines der wichtigsten Mittel, damit Kinder und Jugendliche selbstbestimmt Entscheidungen treffen könne.n

Auch Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer stimmen in den antifeministischen Chor, indem sie queere Personen als „skurrile Minderheiten“ und „sektiererische Absurditäten“ diffamieren. Sie eint das Ziel, die patriarchale Kernfamilie zu bewahren, als Säule der kapitalistischen Reproduktion.

Auf sexualisierte Gewalt lautet die Antwort von Ampel wie von den Rechten gleichermaßen: mehr Polizei und härtere Strafen. Die Union fordert etwa Fußfesseln und digitale Überwachung von „Gewalttätern“, was weitere repressive Anwendungsmöglichkeiten schafft. AfD und CDU/CSU bezeichnen sexualisierte Gewalt zudem als „importiert“ von Migranten, insbesondere von Muslimen. Sie instrumentalisieren sie für ihre rassistische Hetze, während sie gleichzeitig längst überkommene Rollenbilder propagiert, die Frauen in abhängige Beziehungen drängen soll und trans Personen härtester Diskriminierung aussetzt.

Keine der Parteien ist bereit, materielle Verbesserungen vorzunehmen, die Frauen und trans Personen ein selbstbestimmteres Leben ermöglichen und damit die Möglichkeit bieten, sich vor gewalttätigen Partner:innen zu schützen. Es braucht günstigen Wohnraum, gleichen Lohn für gleiche Arbeit, eine Mindestrente, die für ein würdiges Leben reicht, ein Ende von Outsourcing und Prekarisierung sowie die Vergesellschaftung von Haus- und Care-Arbeit. Gegen die kapitalistische Profitmacherei mit der Gesundheit müssen all jene Kliniken, Pharma- und Gesundheitskonzerne entschädigungslos enteignet werden, die Leistungen kürzen, mit medizinischen Produkten wuchern oder Stationen und Standorte schließen. Es braucht ein sozialistisches Gesundheitssystem, mit der Verstaatlichung aller Kliniken unter Kontrolle der Beschäftigten für eine bedarfsorientierte Versorgung statt Profitmacherei.

Solche Verbesserungen werden Staat und Kapital nicht freiwillig hergeben. Die Gewerkschaften müssen die Arbeitskämpfe in feminisierten Berufen zu Kämpfen für die Rechte von Frauen insgesamt machen. Ansätze dafür existieren bereits, wie die Krankenhausbewegungen in Berlin und NRW für mehr Personal, der Streik von Kita-Beschäftigten am 8. März, dem internationalen Frauentag, oder der selbstorganisierte Kampf für den Erhalt des Kreißsaals in München-Neuperlach. Es gilt, diese Beispiele auszubauen und eine proletarische Frauenbewegung zu schaffen, die sich für die Verbesserung der Lebensbedingungen von Frauen, trans Personen sowie allen Unterdrückten und Ausgebeuteten einsetzt.

7. Für die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich, Arbeit umverteilen gegen Personalmangel

Täglich spüren Kolleg:innen in Schulen, Krankenhäusern und vielen anderen Branchen den Personalmangel. Doch zu seiner Lösung setzt die Bourgeoisie nur auf reaktionäre Antworten wie die rassistische Einordnung von Arbeitskräften. Die Ampel will das „modernste Einwanderungsrecht der Welt“ schaffen. Doch die Mehrheit der Geflüchteten, die in der Duldung oder noch schlimmeren Situationen leben, bleiben von dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz ausgeschlossen.

Darüber hinaus kommen aus den Reihen der Wirtschaft sowie von Union, FDP und AfD immer wieder Stimmen nach einer Verlängerung der Arbeitszeiten, durch die Anhebung des Rentenalters oder der Wochenstunden. Obwohl dank technischer Innovationen eine Verkürzung der Arbeitszeiten möglich wäre, gehen sie den gegenteiligen Weg im Interesse der Konzerne.

Die wichtigsten Gründe für den Arbeitskräftemangel liegen darin, dass der Staat seit Jahrzehnten die notwendigen Investitionen in die öffentliche Infrastruktur verweigert und Millionen Menschen für die Profite des Kapitals in Bereichen eingesetzt werden, die keinen Nutzen für die Gesellschaft haben oder gar ökologisch schädlich sind. Während über 100.000 Pflegekräfte fehlen, liegen die Prioritäten der Ampel-Regierung darin, Start-Ups zu subventionieren oder Rüstungsfabriken zu bauen. Statt den Personalmangel im Gesundheitswesen zu beheben, schließt sie lieber Kliniken.

Millionen Menschen scheiden aus ihren Berufen aus, weil Vollzeitarbeit nicht mit Privatleben, Kindererziehung, Pflege von Angehörigen vereinbar ist.vereinbarist. Dafür sind Ausbildungen mit der minimalen Vergütung für viele Menschen kaum zu bezahlen. Der Mindestlohn muss auch für Azubis gelten, kombiniert mit einer Vier-Tage-Woche, die die Ausbildung attraktiv macht. Auf der anderen Seite werden Millionen Menschen in Teilzeit, Scheinselbstständigkeit und Minijobs gedrängt, sind arbeitslos oder haben erst gar keine Arbeitserlaubnis. Statt eines solchen irrationalen Systems braucht es die Verteilung der Arbeit auf alle Schultern, um gute Arbeitsbedingungen für alle gewährleisten zu können. Wir brauchen die volle Angleichung der Löhne in Ost und West und eine flächendeckende 30-Stunden-Woche bei vollem Inflations- und Lohnausgleich, um angesichts kommender Schließungs- und Entlassungswellen die Arbeit auf alle Schultern gerecht zu verteilen. Wir brauchen außerdem Millionen neue Kita-, Betreuungs- und Pflegeplätze, in der Perspektive einer Vergesellschaftung der Care-Arbeit, damit unzureichende Betreuungsstrukturen nicht dazu führen, dass insbesondere Frauen aufgrund der Betreuung von Kindern und der Pflege von Angehörigen von der Lohnarbeit ausgeschlossen werden . Dies ist notwendig als Maßnahme gegen Altersarmut und damit die Care-Arbeit nicht mehrheitlich auf Frauen abgeladen wird.

Wir schließen damit an die Forderung der IG Metall an, die in der Stahlindustrie bereits eine Vier-Tage-Woche mit 32 Stunden bei vollem Lohnausgleich fordert – jedoch muss diese für alle Arbeiter:innen und auf Kosten der Konzerne erkämpft werden und nicht nur für die bessergestellten Teile der Klasse. Die IG Metall erhebt diese Forderung, um Arbeitsplätze zu sichern in einer Branche, in der hunderttausende Jobs in Gefahr sind. Es ist notwendig, die Arbeitszeitverkürzung mit der Forderung zu verbinden, dass die Beschäftigten die Produktion und den Einsatz der Arbeitskräfte kontrollieren, als Schritt zu einer demokratischen und sozialistischen Planung der Wirtschaft. Dies schafft die Voraussetzungen, die Arbeitskräfte sinnvoll aufzuteilen und den Personalmangel zu beheben. Wir wehren uns hingegen gegen jedes kapitalistische Modell einer Vier-Tage-Woche, die mit Lohnkürzungen oder einer höheren täglichen Arbeitszeit einhergeht.

Die Arbeitszeitverkürzung stellt auch die Frage, wie wir leben wollen: Wir wollen ein glückliches Leben, wir wollen nicht durch Stress und Überlastung in Depressionen und andere psychische und körperliche Krankheiten getrieben werden. Wir brauchen Zeit, um uns um unsere Gesundheit zu kümmern, um uns weiterzubilden und unser Leben mit Freund:innen und Angehörigen voll genießen und ihnen beistehen zu können, wenn sie Unterstützung brauchen. Wir wollen Zeit, um kreativ zu sein und eine Welt voller Inspiration, Kunst und Schönheit zu schaffen. Wir wollen Zeit, um uns zu engagieren für soziale Belange, für die Verbesserung unserer Umwelt und um uns politisch zu organisieren. Wir wollen auch über unsere Arbeit selbst entscheiden, es gibt keinen Grund, sich für die Profite der Kapitalist:innen zugrunde zu schuften. Wir wollen eine selbstbestimmte Welt, in der das Prinzip von Marx gilt: „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen“.

8. Für einen sozialistischen Ausweg aus der Klimakrise

Extremwetterereignisse nehmen zu, die verheerenden Hochwasser 2021 im Ahrtal haben fast 200 Todesopfer hierzulande gefordert. Hitzewellen, Waldbrände und Dürren werden im Sommer zur Normalität. Global betrachtet ist eine radikale Wende in unserer Wirtschaftsweise notwendig, um die menschliche Zivilisation zu erhalten. Der Kapitalismus braucht immer neue Ressourcen und Energie und muss immer neue Güter schaffen, um genug Profite anzuhäufen und sich selbst zu erhalten. Ein solches auf ewiges Wachstum um des Wachstums willen ausgerichtetes System kann nicht nachhaltig sein. Gleichzeitig kann der Kapitalismus grundlegendste Bedürfnisse nach Wohnen, Essen und sauberem Wasser für Millionen Menschen nicht erfüllen. Es ist ein System des Überflusses für Wenige und der Knappheit für die große Mehrheit der Weltbevölkerung. Mit dem Ukraine-Krieg belegte Deutschland Russland mit Sanktionen und koppelte sich vorerst energetisch ab. Die Inflation schoss in die Höhe und die Regierung begab sich auf die Suche nach neuen Energielieferanten. So schloss die Bundesregierung Deals mit den USA sowie den frauenfeindlichen und Krieg führenden Diktaturen Katar und Vereinigte Arabische Emirate ab, um russische Energie durch teures und umweltschädliches Flüssiggas zu ersetzen

Die Grünen erklärten die Umstellung zu einer Chance für die Energiewende. Ihnen schwebt ein „grüner“ Kapitalismus vor mit erneuerbaren Energien und Elektromobilität. Dafür braucht es Handelsbeziehungen in Afrika für die Herstellung von grünem Wasserstoff oder Südamerika für den Abbau von Lithium für E-Auto-Batterien. Dafür werden in Argentinien, Chile und Bolivien ganze Landstriche ausgetrocknet. Der kritische Wassermangel in Ländern wie Uruguay ist ebenfalls Ausdruck der kapitalistischen Plünderung der Erdressourcen und mahnt uns von den verheerenden Auswirkungen der Zerstörung der Erde. Der Widerstand der Bevölkerung in der argentinischen Provinz Jujuy wurde zuletzt gewaltsam von der Polizei niedergeschlagen. Die Aufrüstung der Bundeswehr muss auch vor dem Hintergrund gesehen werden, dass der deutsche Imperialismus dazu imstande sein will, seine Investitionen, Rohstoffquellen und Lieferketten bei Bedarf mit Gewalt zu schützen.

Die Ampel spricht vom Klimaschutz, aber sie ist nicht mal bereit, konsequent die schädlichsten Teile der Wirtschaft umzustellen. Sie plant den Kohleausstieg bis 2038 und hat im Januar das Protestcamp von Lützerath gegen den Kohleabbau gewaltsam räumen lassen. Sie lässt neue Autobahnen bauen und macht zugleich Pläne, die Deutsche Bahn zu zerschlagen. Der Transport würde dann noch weiter privatisiert und noch stärker nach Profitlogik organisiert werden. Dort, wo die Ampel scheinbar Schritte für einen ökologischen Umbau geht, etwa bei der CO2-Steuer oder beim Heizungsgesetz, lädt sie die Kosten auf den Massen ab und bereichert die Kapitalist:innen. Kleine Hauseigentümer:innen werden stark belastet, während Vermieter:innen und große Immobilienkonzerne die Kosten an die Mieter:innen weitergeben können.

Die Klimapolitik der Grünen ist ein elitäres Projekt, bei dem sich einige Konzerne in „grünen“ Wachstumsbranchen stark bereichern. So schenkt die Ampel dem US-Konzern Intel zehn Milliarden Euro für den Bau einer Chip-Fabrik bei Magdeburg. Währenddessen sind besonders in der Autoindustrie hunderttausende Jobs gefährdet. Die Bürokratie der IG Metall lässt sich immer wieder darauf ein, Abfindungen auszuhandeln, statt für den Erhalt aller Arbeitsplätze und für einen ökologischen Umbau unter Kontrolle der Beschäftigten zu kämpfen.

AfD, FDP und Union wollen das Aus für den Verbrenner abwenden. Sie behaupten, mit synthetischen Kraftstoffen seien sie umweltfreundlich oder klimaneutral zu betreiben – eine dreiste Lüge. Doch egal ob E-Autos oder Verbrenner: Das Problem liegt in einem System, das den individualisierten Personenverkehr zur Priorität erklärt, um die Profite der Konzerne zu retten. Statt die Autolobby weiter zu fördern, braucht es den massiven Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs in Stadt und Land sowie die Möglichkeit zu dessen kostenloser Nutzung. Die Energiewirtschaft muss schnellstmöglich auf erneuerbare Energien umgestellt werden. Dies kann nicht gelingen, solange die Konzerne wie RWE damit weiter riesige Gewinne erwirtschaften. Im Gegenteil müssen klimaschädliche Investitionen verboten werden. Konzerne, die hierzulande wie auch im globalen Süden massive Umwetzerstörung betreiben, müssen entschädigungslos enteignet werden.

Es braucht die entschädigungslose Enteignung und Verstaatlichung der Energiekonzerne, des Transportwesens und der Schlüsselindustrien und des Finanzwesens unter Kontrolle der Beschäftigten. Nur so lässt sich auf demokratische Art ein Plan erstellen, was und wie produziert wird und wie es verteilt wird. Es braucht schnellstmöglich eine umfangreiche Umstrukturierung der Wirtschaft, organisiert nicht nach Profitinteressen, sondern nach sozialen und ökologischen Kriterien, inklusive den Erhalt aller Arbeitsplätze und bei Bedarf vollständig finanzierte Umschulungen für das Personal. Zum Umbau zählen auch eine Umgestaltung der Landwirtschaft und Maßnahmen der Klimaanpassung. Immobilienkonzerne müssen ebenso enteignet werden, damit die Kosten von Wohnungssanierungen nicht an die Mieter:innen weitergegeben werden.

Die Klimakatastrophe betrifft besonders die Länder des globalen Südens, die heute schon am meisten unter Überschwemmungen, Hitzewellen und Zerstörung ihrer natürlichen Ressourcen zu leiden haben. Dabei sind es insbesondere imperialistische Konzerne, die für die Naturzerstörung verantwortlich sind und den natürlichen Reichtum dieser Länder in kapitalistische Profite für ihre eigenen Taschen umwandeln. Daher gehört zu einem internationalistischen Programm gegen die Klimakatastrophe und ihre sozialen Auswirkungen notwendigerweise auch die sofortige Streichung der Auslandsschulden der Länder des globalen Südens. Imperialistische Konzerne raus aus den halbkolonialen Ländern!

Unsere Perspektive liegt im Aufbau einer demokratischen, sozialistischen Planwirtschaft. Der Kapitalismus verursacht immer größere Katastrophen. Unser Vorschlag ist nicht utopisch, er ist die einzig realistische Antwort auf die Klimakatastrophe und eskalierende Kriege zwischen Atommächten.

9. Gegen die korrupte „Demokratie“ der Reichen – für volle Demokratie in den Unis, Betrieben und Gewerkschaften

Politik ist in diesem Land etwas für „Expert:innen“, für Jurist:innen, Bänker:innen und Kapitalist:innen. Die Mehrheit der Bevölkerung ist von politischer Teilhabe abgeschnitten und soll sich damit begnügen, alle paar Jahre ihre Stellvertreter:innen zu wählen – wenn sie überhaupt das Wahlrecht besitzen, das 14 Millionen Menschen in Deutschland verweigert wird. Es existiert eine politische Kaste aus Abgeordneten, hohen Beamt:innen und Bürokrat:innen mit fünfstelligen Monatsgehältern und zahlreichen Privilegien, wie Chauffeur-Service, kostenlosen Bahnfahrten, exorbitanten Pensionen oder Vergütungen aus der Wirtschaft. Zu den Kreisen der Macht zählen auch Lobbyist:innen, Bundes- und Verfassungsrichter:innen, Mediendirektor:innen und hohe Funktionär:innen von Verbänden oder die Bischöfe (die ihre bis zu 13.000 Euro Monatsgehalt aus staatlichen Geldern beziehen). Selbst die Vorsitzenden der Gewerkschaften sind mit ihren Gehältern sehr viel näher an den politischen Eliten als an den Arbeiter:innen. DGB-Chefin Fahimi erhält jeden Monat 10.000 Euro für ihr SPD-Mandat im Bundestag und 10.000 Euro für ihre Gewerkschaftstätigkeit.

Ein großer Teil der Bundestagsabgeordnete pflegt beste Beziehungen in die Wirtschaft: Viele von ihnen beziehen mit Aufsichtsratsposten oder Honorarverträgen Gelder direkt von Versicherungen, Banken, Pharmakonzernen, der Waffenindustrie oder Autokonzernen. Auf Platz zwei der bestverdienenden Politiker:innen im Bundestag ist übrigens Sahra Wagenknecht, die mit rassistischer und queerfeindlicher Hetze in ihrem Buch „Die Selbstgerechten“ hunderttausende Euro macht und sich auch Reden bei Banken und Vermögensfonds mit fünfstelligen Beträgen vergüten lässt. Korruption und Netzwerke in die Wirtschaft durchziehen die gesamte politische Kaste bis in die höchsten Posten, wie die Verstrickungen von Olaf Scholz in den Cum-Ex- und den Wirecard-Skandal zeigen, oder die früheren Tätigkeiten von Friedrich Merz (CDU) und Alice Weidel (AfD) für die Investmentgesellschaften Blackrock und Goldman Sachs. Auch die AfD, die vorgibt, gegen Korruption zu sein, steckt tief im Sumpf der korrupten politischen Kaste drin, wie Skandale um illegale Parteispenden von Pharmakonzernen oder dem mittlerweile verstorbenen Milliardär August Finck offenlegten.

Die Korruption der politischen Kaste ist nicht neu. Sie ist fester Bestandteil der Geschichte der Bundesrepublik, deren Regierungen aufs Engste mit den Interessen der Banken und Konzerne verstrickt sind. Entsprechend ist auch der Staatsaufbau darauf ausgerichtet, die Arbeiter:innen und Jugend aus der Politik fernzuhalten: Alle paar Jahre werden Stellvertreter:innen gewählt, die Orte des täglichen Lebens unterliegen hingegen antidemokratischen Beschränkungen: In den Universitäten haben Landespolitik, Konzerne und Professor:innen das Sagen. Die Studierendenvertretungen haben kaum Befugnisse. In den Betrieben bestimmen die Eigentümer:innen und Manager:innen – sie haben sogar die Macht, die Jobs von tausenden Kolleg:innen zu zerstören. In den Gewerkschaften entscheiden die Funktionär:innen mit ihren hohen Gehältern und Beziehungen zu Politik und Bossen – und nicht die Arbeiter:innen selbst.

All diese Mechanismen dienen dazu, die Jugend und die Arbeiter:innenklasse davon abzuhalten, selbst ein politisches Bewusstsein auszubilden. Wir wollen hingegen die volle Demokratie über alle Bereiche unseres Lebens, in Unis, Betrieben und Gewerkschaften: Für Studierendenparlamente, in denen Studierende und Beschäftigte über alle Belange der Universität entscheiden und sie zu einem Ort der gesellschaftlichen politischen Debatte und Intervention machen. Für das Recht von Beschäftigten, in Versammlungen sämtliche Abläufe im Betrieb zu kontrollieren: Arbeitsprozesse, Finanzen, Ein- und Verkauf, Investitionen, Personal und Umstrukturierungsmaßnahmen. Für das Recht der Arbeiter:innen, alle Schritte bei Arbeitskämpfen in Versammlungen selbst zu entscheiden. Funktionär:innen der Gewerkschaften müssen jederzeit wähl- und abwählbar sein und ein durchschnittliches Arbeiter:innengehalt bekommen.

Diese Elemente der Arbeiter:innendemokratie sind für uns ein Vorbild für die politische Ebene. Wir wollen keine korrupte „Demokratie“ der Reichen, die nicht einmal die bürgerlichen Versprechen der Französischen Revolution einhält: Wir sind gegen die 5-Prozent-Hürde, die kleinen Parteien die Teilnahme am Parlament nahezu unmöglich macht. Schon innerhalb des bürgerlich-kapitalistischen Systems sind wir für ein Parlament gewählt aus einem einzigen Wahlkreis, in dem das Wahlergebnis ohne Verzerrung prozentual in der Sitzverteilung abgebildet ist. Institutionen wie der Bundesrat, die Verfassungsgerichte und der Bundespräsident, die keine direkte demokratische Legitimation besitzen, und nur dazu dienen, mehrheitlich beschlossene Gesetzesvorhaben zu kippen, gehören abgeschafft. Jeglicher Lohn über ein durchschnittliches Arbeiter:innengehalt hinaus und jegliche Privilegien von Abgeordneten und hohen Funktionär:innen, wie die Möglichkeit Nebeneinkünfte zu erwirtschaften, sind abzuschaffen.

Wir glauben nicht, dass es möglich ist, mit einer vollständigen Demokratisierung der bürgerlichen Institutionen den Kapitalismus zu stürzen. Dennoch erheben wir diese Forderungen, die es der Arbeiter:innenklasse ermöglichen, die Korruption der politischen Kaste offenzulegen und zu konfrontieren und eigene Stellungen etwa im Parlament zu erobern, um die Kämpfe der Arbeiter:innen zu unterstützen. Die Demokratie der Arbeiter:innenklasse wird sich aber nur in der Selbstorganisierung in den Schulen, Unis und Betrieben vollständig ausprägen können. Wir wollen Aktionskomitees an diesen Orten schaffen, um die Rechten zu konfrontieren und für eine Alternative zur Ampelregierung und den Interessen der Bosse zu kämpfen. Sie können den Ausgangspunkt bilden, um größere Teile der Klasse in den Kampf zu ziehen und die Einheit der Arbeiter:innen herzustellen und letztlich die Kontrolle über unsere Arbeits- und Lebensbedingungen zu gewinnen. Wir wollen eine Rätedemokratie, die die Grundlage bildet, auf die sich eine Arbeiter:innenregierung stützen kann.

10. Für eine Arbeiter:innenregierung, die mit dem Kapitalismus bricht!

Der Kapitalismus kann nicht überwunden werden, indem wir auf Reformen „linker Regierungen“ setzen. Das in den vorherigen Punkten ausgeführte Programm lässt sich ausschließlich in direkter Konfrontation mit der herrschenden Klasse und ihrem Staat durchsetzen, durch die Mobilisierung der Arbeiter:innenklasse und der mit ihnen verbündeten Massen. Die Erfahrung der Periode seit dem Beginn der Weltwirtschaftskrise 2008 hat erneut bewiesen, dass „linke“ bürgerliche Regierungen – wie beispielsweise Syriza in Griechenland, Podemos im Spanischen Staat oder auch Regierungen mit Beteiligung der Partei DIE LINKE – keinen Bruch mit den Interessen des Kapitals darstellen, sondern den Klassenkampf in die ungefährlichen Bahnen der bürgerlichen Institutionen umlenken.

Diese herrschende Klasse übt einen riesigen politischen Einfluss auf die bürgerlichen Regierungen aus. Sei es durch Unternehmensverbände; Medienunternehmen, die in ihrem privaten Besitz sind; Abgeordnete, die für sie Lobbyarbeit machen; aber auch Richter:innen, die in ihrem Namen Streiks verbieten und „das Recht auf Privateigentum“ schützen und in letzter Instanz ein Polizeiapparat, der diese Staatsgewalt durchsetzen soll. Zur Durchsetzung eines Rechtes, andere auszubeuten, in Luxus zu leben, und keine für sie nennenswerten Steuern zu zahlen. Das ist das wahre Gesicht des „Rechtsstaates“, ein Rechtsstaat für die Reichen.

Wir lehnen es ab, die Regierungen der Kapitalist:innen gegen die AfD zu verteidigen, die überhaupt erst zu ihrem Aufstieg beigetragen haben. Die AfD ist eine reale Gefahr, die sich aber nicht mit der „Einheit aller Demokrat:innen“ und Kreuzen in der Wahlkabine bekämpfen lässt, sondern nur mit einer von Staat und Kapital unabhängigen Politik der Organisationen der Linken und Arbeiter:innen, die sich vor den Augen der Massen als ernstzunehmender Gegenentwurf zur kapitalistischen Regierungspolitik beweisen kann.

Wir stellen uns gegen die Regierungsparteien und die bürgerlichen Regierungen im Kapitalismus, das heißt aber nicht, dass wir gegen alle Regierungen sind. Wir kämpfen für die Errichtung einer Arbeiter:innenregierung. Diese Art der Regierung wäre eine Regierung, die sich vornimmt, mit der gesamten Bourgeoisie zu brechen. Das bedeutet die Quelle des unrechten Vermögens der Superreichen anzugreifen, indem alle Großkonzerne entschädigungslos enteignet werden, alle Banken ebenfalls enteignet und zentralisiert werden und eine demokratische Kontrolle der arbeitenden Bevölkerung über die Wirtschaft und das Staatswesen hergestellt wird.

Eine solche Regierung kann nur errungen werden, wenn sie von jeder bürgerlichen Spielart unabhängig ist und sich auf den revolutionären Kampf der Arbeiter:innenklasse stützt, und ein Bündnis mit den anderen ausgebeuteten und unterdrückten Sektoren anführt. Um eine solche Arbeiter:innenregierung gegen Angriffe der Bourgeoisie zu verteidigen und die Enteignungen durchzusetzen, braucht es eine Massenorganisierung und den Aufbau von Komitees in den Betrieben und allen Städten. Diese Strukturen müssen die wichtigsten Stellen in der Produktion und Versorgung im Dienste der arbeitenden Bevölkerung neu organisieren. Und sie müssen die demokratische Selbstorganisierung und die Regierung der Arbeiter:innen gegen die Angriffe der Kapitalist:innen und der imperialistischen Mächte verteidigen. Wir wollen dabei nicht auf nationaler Ebene stehen bleiben, sondern den Kampf für eine Arbeiter:innenregierung als Teil von revolutionären Prozessen weltweit betrachten, die den Imperialismus besiegt, den Hunger abschafft, Wohnraum, Gesundheit und Bildung für alle garantiert und eine sozialistische Gesellschaft aufbaut.

Bauen wir eine unabhängige revolutionäre Kraft in Deutschland auf!

Die linken Kräfte sind den Herausforderungen des Klassenkampfes heute noch nicht gewachsen. Sie sind zersplittert und sich strategisch uneinig. Diese Schwäche hat ihre Ursachen in der Unterordnung unter den Reformismus und der fehlenden Abrechnung mit dem Stalinismus. Große Teile der Linken orientieren sich nach wie vor an der Partei DIE LINKE, die jedoch mit ihrer Anpassung an die Regierungspolitik und ihrem Fokus auf den bürgerlichen Parlamentarismus strategisch gescheitert ist.

DIE LINKE hat angekündigt, einen „Neustart“ hinlegen zu wollen. Eine Abrechnung mit ihrer Politik in Regierungsbeteiligungen bleibt jedoch aus. Und auch die Konzepte für die Arbeit in der Opposition sind wenig konkret. Es solle eine Öffnung geben zu sozialen und ökologischen Bewegungen und Gewerkschaften. Das ist nicht neu – vor allem aber lässt es die Frage aus, auf welcher strategischer Grundlage diese Öffnung geschieht. An Fridays for Future oder Streikaufrufen von ver.di und IG Metall beteiligten sich Millionen Menschen. Trotzdem stellen ihre Führungen die Regierung nicht in Frage, weil sie in ihrer sozialpartnerschaftlichen und institutionellen Logik mit Grünen und SPD verwachsen sind.

Wir sind für eine Arbeit in Bewegungen und Gewerkschaften, aber nicht angepasst an die Führungen, sondern wir verfolgen den Aufbau revolutionärer Fraktionen, die mit einem unabhängigen Programm der Arbeiter:innenbewegung eine Opposition gegen Staat und Kapital aufbauen. Dies fehlt der Partei DIE LINKE. Ihre Strategie ist vollständig auf das Ergattern von Posten in den bürgerlichen Institutionen – „Nichtsalsparlamentarismus“, wie Rosa Luxemburg sagen würde – ausgerichtet. Stattdessen braucht es eine Strategie des revolutionären Bruchs mit dem Kapitalismus, mit Schwerpunkt im Klassenkampf.

Die prominenteste Figur der Partei, Sahra Wagenknecht, hat angekündigt, zu den kommenden Bundestagswahlen nicht mehr für DIE LINKE anzutreten. Stattdessen unternimmt sie Schritte für eine Abspaltung und möglicherweise eine neue Parteigründung. Doch ihr organisatorischer Bruch ist keine strategische Abrechnung mit der Logik des Parlamentarismus. Sie bezieht sich ebenfalls nicht auf den Klassenkampf, sie will lediglich eine Verschiebung der Inhalte: Sie redet von der Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland und meint damit die Interessen des deutschen Imperialismus. Mit chauvinistischer Rhetorik gegen Geflüchtete und trans Personen spielt sie Arbeiter:innen und Unterdrückte gegeneinander aus.

Diese Programmatik ist kein Zufall, sondern im Wesen des Reformismus eingeschrieben. Trotz anderer Rhetorik läuft die Politik der LINKEN in Regierungsbeteiligungen ebenso auf Abschiebungen und weitere arbeiter:innenfeindliche Maßnahmen hinaus. Der Reformismus ist nicht bereit, mit dem Kapital zu brechen, sondern setzt lediglich darauf, Zugeständnisse zu erhalten. Es ist eine Illusion zu glauben, man könne eine revolutionäre Kraft aufbauen, die mit der reformistischen Logik dieser Partei keinen konsequenten Bruch vollzieht.

Aus diesem Grund haben wir zu Beginn dieses Jahres mit Genoss:innen aus der Linksjugend sowie ihrer Mutterpartei eine Konferenz durchgeführt für einen revolutionären Bruch mit dem Reformismus. In der Abschlusserklärung heißt es: „Über die konkrete Intervention in Streiks und Kämpfe hinaus wollen wir eine politische Kraft aufbauen, die den Reformismus auf allen Ebenen – auch auf der Ebene der Wahlen – konfrontieren kann. Wir wollen dabei keine prinzipienlose Fusion verschiedener Organisationen mit unterschiedlichen Strategien oder eine breite Sammlung von antikapitalistischen Aktivist:innen ohne strategische Klarheit. Der Weg zu einer größeren programmatischen und strategischen Klarheit besteht darin, in gemeinsamen Kämpfen Positionen auszutesten und Übereinkünfte weiterzuentwickeln – aber auch darin, beispielsweise gemeinsame Antritte bei Wahlen mit einem Programm der Unabhängigkeit der Arbeiter:innenklasse anzustreben.“

Wir wollen dieses Vorhaben fortsetzen: Wir wollen eine revolutionäre Wahlfront mit einem Programm der Unabhängigkeit der Arbeiter:innenklasse von Kapital, Staat und reformistischer Bürokratien aufbauen. Gerade angesichts der anstehenden Abspaltung des Wagenknecht-Flügels sowie den ungewissen Aussichten der LINKEN, überhaupt nochmal in den Bundestag einzuziehen, ist es eine Pflicht aller Revolutionär:innen, die Diskussion über den Aufbau einer unabhängigen Alternative ernsthaft zu führen. Es wäre fatal, wenn die zersplitterten revolutionären Kräfte in Deutschland die Millionen von Arbeiter:innen und Jugendlichen, die in die kommenden Klassenkampfprozesse gezogen werden, nicht erreichen würden. Wir wollen eine revolutionäre Front entwickeln, die in der Lage ist, Einfluss bei Streiks zu nehmen und mit Kandidat:innen bei Wahlen vor einem Massenpublikum zu sprechen.

Ein Beispiel für eine solche Wahlfront ist die Front der Linken und der Arbeiter:innen (FIT) in Argentinien, die mit einem Programm der Unabhängigkeit der Arbeiter:innenklasse und des Kampfes für eine Arbeiter:innenregierung über eine Million Stimmen erreichen kann. Bei den anstehenden allgemeinen Wahlen in Argentinien im Oktober dieses Jahres ist die FIT die einzige von fünf Listen, die zur Wahl zugelassen sind, welche die Ablehnung der Kürzungsprogramme und der Auslandsschulden des IWF vertritt und ihre Parlamentssitze in den Dienst des Kampfes der Arbeiter:innen und der verarmten Massen stellt. Wir orientieren uns dabei auch an unseren Genoss:innen in Frankreich, die mit dem Eisenbahner Anasse Kazib zu den Vorwahlen für die Präsidentschaft eine beachtliche Reichweite entwickeln konnten und die zuletzt bei den Protesten gegen die Rentenreform das Netzwerk für den Generalstreik mit initiierten. Daran beteiligten sich Vertreter:innen aus den wichtigsten kämpfenden Betrieben wie dem Energiesektor, Verkehr und Entsorgung, die gegen den Willen der Gewerkschaftsbürokratie für die Ausweitung der Streiks eintreten.

Krieg, Klimakatastrophe und der Aufstieg der Rechten werden die Revolutionär:innen in Deutschland und weltweit in den kommenden Jahren vor große Herausforderungen stellen. Doch wir sind nicht allein: Wir wollen mit den fortschrittlichsten Sektoren in den Klassenkämpfen fusionieren, um zum Aufbau einer revolutionären Partei der Arbeiter:innenklasse und der Jugend voranzuschreiten, die das Banner der internationalen, proletarischen Revolution wieder erhebt. Die Bedingungen dafür reifen erneut heran. Es gilt jetzt, nicht an der Seitenlinie zu stehen und dem Reformismus und der Rechten das Feld zu überlassen, sondern eine unabhängige Kraft zu entwickeln.

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