Wie stehen wir Jugendlichen zum deutschen Staat?

30.04.2016, Lesezeit 4 Min.
Gastbeitrag

Wir sind jeden Tag in seinen Räumen gefangen. Ständig werdem wir mit seiner Ideologie konfrontiert: Was ist der deutsche Staat und wem nützt er?

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Vater Staat. Eine Bezeichnung, die für sich steht.

In dieser Gesellschaft wird permanent das Bild vermittelt, die parlamentarische Demokratie wäre die höchste Errungenschaft aller menschlichen Entwicklung und der Staat, dessen herrschende Regierungsform sie ist, wäre zu dem Nutzen aller, sprich des Volkes, eingerichtet.

Ganz wie der Vater, der sich um seine Kinder kümmert, haben alle etwas davon – solange sie sich zu ihrem Wohl der väterlichen Gewalt unterwerfen.

Eine neutrale Institution?

Besonders als Jugendliche machen wir ständig Erfahrungen mit dem Staat, seiner Gewalt und den Organen, die sein Gewaltmonopol sichern. Nicht nur, wenn wir an politischen Veranstaltungen teilnehmen, die sich gegen die deutsche Politik richten; es reicht schon, wenn wir uns in unseren Vierteln und ‘Problembezirken’ rassistischen Polizeikontrollen gegenübersehen. Während die Bundeswehr dem deutschen Staat nach Außen als Instrument zur Durchsetzung seiner Interessen dient, übernimmt die Polizei diese Funktion im Inneren.

Die vielen Beispiele für Repression und Polizeigewalt gegen Linke und Antifaschist*innen und in besonderem Maß gegen Geflüchtete und migrantische Jugendliche sind daher nicht als Einzelfälle zu betrachten. Sie stellen weder den Missbrauch von Autorität noch das Abweichen von den eigentlichen Aufgaben dar – deswegen wenden wir uns dagegen, diese Ereignisse nur moralisch zu verurteilen.

Das wäre viel zu einfach und führt immer wieder zu der Idee, die Polizei ließe sich irgendwie im Interesse derer, die sie tagtäglich schikaniert, schlägt und misshandelt, umgestalten.

Oft genug wird auf Demonstrationen und als Reaktion auf entsprechende Vorfälle in den Medien an das persönliche Verantwortungsbewusstsein und die Empathiefähigkeit, an den “Menschen, der sich unter der Uniform verbirgt” appelliert.

Der Staat, in dem wir leben, ist aber selbst nur ein Werkzeug der deutschen Kapitalist*innen, um durch die Staatsgewalt die Ausbeutung der Klasse der Lohnabhängigen, des Proletariats, sicherzustellen.

Mit anderen Worten, die

“Organisation, welche sich die bürgerliche Gesellschaft gibt, um die allgemeinen äußern Bedingungen der kapitalistischen Produktionsweise aufrechtzuerhalten gegen Übergriffe sowohl der Arbeiter wie der einzelnen Kapitalisten. Der moderne Staat, was auch seine Form, ist eine wesentlich kapitalistische Maschine, Staat der Kapitalisten, der ideelle Gesamtkapitalist. Je mehr Produktivkräfte er in sein Eigentum übernimmt, desto mehr wird er wirklicher Gesamtkapitalist, desto mehr Staatsbürger beutet er aus. Die Arbeiter bleiben Lohnarbeiter, Proletarier. Das Kapitalverhältnis wird nicht aufgehoben, es wird vielmehr auf die Spitze getrieben. Aber auf der Spitze schlägt es um. Das Staatseigentum an den Produktivkräften ist nicht Lösung des Konflikts, aber es birgt in sich das formelle Mittel, die Handhabe der Lösung.”

Diese Worte von Friedrich Engels kennzeichnen seit jeher den Standpunkt der revolutionären Marxist*innen. Das bedeutet für uns auch, dass wir keinerlei Illusionen in die Reformierbarkeit des kapitalistischen Staates haben dürfen. Auch die vielen Versuche in der Vergangenheit, den Staat zu “demokratisieren”, sind vollends gescheitert: Die HDP in der Türkei und die Syriza in Griechenland sind die jüngsten Beispiele.

Weg mit diesem Staat!

Im Gegensatz dazu liefern die Worte Engels’ neben der Erklärung unserer Haltung dem Staat gegenüber auch die notwendigen Schritte, um ihn zu zerschlagen. Die Vergesellschaftung der Arbeit, bei gleichzeitiger und entschädigungsloser Enteignung der Kapitalist*innen, kann nur auf diesem Wege erreicht werden. So setzen wir der ökonomischen Ausbeutung der Arbeiter*innen durch das Kapital ein Ende. Denn wie Karl Marx schon schrieb:

“In dem Maße, wie die Exploitation[=Ausbeutung] des einen Individuums durch das andere aufgehoben wird, wird die Exploitation einer Nation durch die andere aufgehoben. Mit dem Gegensatz der Klassen im Innern der Nation fällt die feindliche Stellung der Nationen gegeneinander.”

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