Wie können wir in Zeiten von Trump für Frauenrechte kämpfen?

17.10.2016, Lesezeit 8 Min.
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Nachdem ein Video auftauchte, in dem Donald Trump mit sexuellen Übergriffen prahlt, stellt sich die Frage, wie Frauen gegen Trumps Frauenfeindlichkeit kämpfen können. Hillary ist keine Alternative – wegen ihrer imperialistischen und frauenfeindlichen Politik innerhalb und außerhalb der USA. Mobilisierungen von Frauen in Argentinien und Polen zeigen eine Perspektive im Kampf gegen Frauenfeindlichkeit und für unsere Rechte.

Schon wieder ein neuer Skandal im US-Wahlkampf. Dieser Skandal, der wie der Todesstoß für Trumps Kampagne erscheint, kommt in Form eines Videos von 2005. In diesem prahlt Trump damit, wie er Frauen belästigt und attackiert. Das Problem liegt nicht darin, wie die Medien anfangs schrieben, dass es „anzüglich“ sei, sondern darin, dass Trump zugibt, Frauen sexuell angegriffen zu haben. Seine Begründung dafür ist, „wenn du ein Star bist, lassen sie dich das machen.“

Es ist unmöglich, sich nicht schlecht zu fühlen angesichts der Aussagen von Trump und dem Today-Moderator Billy Bush. Aber dieses Video ist für die meisten keine Überraschung mehr. Es ist keine Überraschung, dass jemand, der Frauen als Hunde bezeichnet, auch genau solche Kommentare macht, wie in diesem Video. Die Liste mit sexistischen Kommentaren geht weiter und weiter. Trump sagte Dinge wie: „Wenn Hillary Clinton ihren Mann nicht befriedigen kann, was lässt sie glauben, dass sie Amerika befriedigen kann?“ Für ihn sind Frauen Sexobjekte, die Männern zur Verfügung stehen. Eigentlich keine Überraschung von einer Person, die twittert: „…25.000 ungemeldete sexuelle Übergriffe in der Armee und nur 238 Verurteilungen. Was haben diese Genies erwartet, als sie Männer & Frauen zusammenbrachten?“ Die Republikanische Partei kann sich überrascht geben und sich von Trumps sinkendem Schiff distanzieren. Der Rest von uns ist erschrocken, aber nicht überrascht.

Trumps Kommentare sollten auf Männer nicht in ihrer Rolle als Ehemann oder Vater abstoßend wirken. Ein Tweet von Mitt Romney steht exemplarisch dafür, was so viele Republikaner*innen sagen: „Verheiratete Frauen anmachen? Nötigung gutheißen? So etwas entwürdigt unsere Ehefrauen und Töchter und ist schlecht für Amerikas Ansehen in der Welt.“ Trumps sexuelle Gewalt ist abstoßend, weil Frauen Menschen sind, die Respekt verdienen und über ihren Körper selbst entscheiden sollen. Und nicht, weil sie einfach nur die Ehefrauen oder Töchter von Männern sind.

Wie es schon vorherzusehen war, übernahm Trump keine Verantwortung für die von ihm ausgehende sexuelle Gewalt. Seine Ansicht ist, dass sexualisierte Gewalt keine große Rolle spielt und sie nur von „wichtigen Themen“ wie Arbeitsplatzverlust oder dem „IS“ ablenkt. Sexualisierte Gewalt wird andauernd als Nebenthema betrachtet, aber genau das ist es eben nicht. In den USA wird jede sechste Frau Opfer einer Vergewaltigung oder eines Versuch davon und alle zwei Minuten wird eine Frau sexualisiert angegriffen.

Hinzu kommt neben seiner sexistischen Rhetorik auch seine frauenfeindliche Politik. Er will Frauen, die abtreiben, bestrafen. In seinem Wahlprogramm stand auch lange nichts über Elternzeit, Kinderbetreuung oder gleiche Löhne. Das zeigt nur, dass es mit ihm keine Fortschritte für Frauen geben kann. Mittlerweile wurde das Programm ergänzt, die neuen Vorschläge helfen aber nur den Reichen und nicht den Arbeiter*innenfamilien.

Mit Clinton gegen Trump?

Für viele ist all das ein Grund mehr, um für Clinton zu stimmen. Gewiss sagt sie nicht solche frauenfeindlichen Dinge wie Trump. Ihre Politik erscheint zunächst frauenfreundlicher – sie unterstützt im Gegensatz zu Trump das Recht auf Abtreibung, gleiche Löhne und Elternzeit. Und sie hat weder sexualisierte Gewalt unterstützt, noch ausgeübt. Trump erhebt gegen sie den Vorwurf, sie würde Beweise für sexualisierte Gewalt ihres Ehemanns an anderen Frauen verheimlichen. Man kann Hillary nicht vorwerfen, dass ihr Ehemann Frauen sexuell angegriffen hat, jedoch dafür, wenn sie tatsächlich die Beweise dafür verheimlichen sollte.

Das Problem sitzt aber tiefer als Trumps Billigung von sexualisierter Gewalt und der Behauptung, Clinton würde Beweise verheimlichen. Es geht um einen Kampf gegen sexualisierte Gewalt, Rape Culture und für das Selbstbestimmungsrecht von Frauen. Es geht um das Recht auf Abtreibung, das Wohlbefinden von Frauen und die Möglichkeit, ohne Angst und frei zu leben. Von dieser Perspektive aus betrachtet wird es offensichtlich, dass auch Clintons Politik frauenfeindlich ist.

Clinton saß im Vorstand von Walmart, dem Paradebeispiel für ausbeuterische Arbeitsbedingungen. Sie hat sich nicht für die die Rechte der Frauen eingesetzt, die überall auf der Welt unter miserablen Bedingungen für Walmart schuften. Sie hat auch nichts für die getan, die in Walmart-Läden für Mindestlohn arbeiten. Sie hat den Frauen nicht geholfen, denen Bill Clinton in seiner Amtszeit die Sozialhilfe gestrichen hat. Sie unterstützte auch Bill Clintons „Crime Bill“, der die Zahl der nicht-weißen Inhaftierten in die Höhe trieb und dafür sorgte, dass immer mehr Frauen in Gefängnissen landen.

Es ist heuchlerisch, wenn ein*e Kandidat*in behauptet, Frauen im eigenen Land zu unterstützen und gleichzeitig Menschen in anderen Ländern bombardiert. Clintons aggressive Außenpolitik führte zum Tod von tausenden Zivilist*innen. Das zeigt nur, wie wenig sie sich um die Leben von Frauen in den Ländern interessiert, in denen sie Krieg führen lässt wie im Falle von Irak oder ihrer Unterstützung für die rechte Militärdiktatur in Honduras. In den US-Bombardements von Serbien der Million „Operation Allied Force“, zu der sie Bill Clinton ihrem Biographen Gail Sheely nach riet, starben mehr als 2.000 Zivilist*innen, darunter 88 Kinder. Und Clintons imperialistische Politik wird weiter gehen.

Einige Demokrat*innen argumentieren dann damit, dass nur mit Clinton als Präsidentin Abtreibungen legal bleiben werden. Werfen wir einen Blick auf die Fakten. Während Obamas Regierungszeit gab es eine deutliche Aushöhlung der Abtreibungsgesetze. Einem Bericht von 2013 zufolge waren Abtreibungsgegner*innen noch nie so erfolgreich wie im Vorjahr. Der Trend hält an: Zwischen 2011 und 2015 wurden 288 Gesetze erlassen, die Abtreibungen einschränken.

Während als das passiert, gab es keine Mobilisierung, um das Recht von Frauen auf Abtreibung zu schützen. Clinton hat nicht dazu aufgerufen, dass Frauen für ihre Rechte demonstrieren sollen. Sie hat stattdessen ihre gesamte Energie darauf gerichtet, gewählt zu werden. Stellt euch vor, alle ihre Ehrenamtlichen würden für Frauenrechte kämpfen. Stellt euch vor, tausende von Clintons Anhänger*innen würden für Berufsverbote für rassistische und sexistische Richter*innen kämpfen – wie etwa für Aaron Persky, der den Student Brock Turner für die Vergewaltigung einer bewusstlosen Frau nur zu sechs Monaten Haft verurteilte.

Von Argentinien und Polen lernen

Für viele scheinen kollektive Aktionen nicht realisierbar. Aber es gibt zwei neue Beispiele von massiver Frauenmobilisierung, die das Gegenteil beweisen. Letztes Wochenende fand die 31. nationale Frauenkonferenz in Argentinien statt. Ungefähr 70.000 Frauen forderten unter dem Motto #NiUnaMenos (Keine Weniger) ein Ende von Frauenmorden, sowie das Recht auf kostenlose, legale und sichere Abtreibungen. Genau diese Art von Konferenz und diese Art der Mobilisierung sind eine Waffe gegen die zunehmende Verschärfung von Abtreibungsgesetzen.

Die Ereignisse in Polen sind ein großartiges Beispiel für das Potenzial, das eine Organisierung von Frauen birgt – besonders der arbeitenden Frauen. Die polnische Regierung war kurz davor, ein Totalverbot von Abtreibungen durchs Parlament zu bringen. Aber Frauen organisierten einen Massenprotest in 60 Städten: An diesem „schwarzen Montag“ zogen sich Frauen schwarz an, viele gingen nicht zur Arbeit. Diese Mobilisierung und der Streik sorgten dafür, dass das Parlament das Gesetz, das schon als sicher galt, mit gewaltiger Mehrheit ablehnen musste. Die konservative Rechte konnte der einen Hälfte der Bevölkerung nicht die Rechte entziehen.

Trump ist furchtbar und wir müssen ihn mit allem, was wir haben, bekämpfen – in Argentinien und Polen sehen wir zwei Beispiele, wie wir kämpfen können. Eine Stimme für Hillary wird unser Recht auf Abtreibung nicht schützen. Wir haben gesehen, wie uns diese Rechte auch unter demokratischer Präsidentschaft genommen wurden. Eine Stimme für Hillary ist eine Stimme für Politik, die Frauen in den USA und im Ausland angreift. Frauenrechte werden nicht mit einer Frau an der Spitze des Staats verteidigt, sondern mit Organisierung am Arbeitsplatz und mit Mobilisierungen auf den Straßen.

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