#unteilbar: Und nach der Demo?

13.10.2018, Lesezeit 7 Min.
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#unteilbar gegen den internationalen Rechtsruck und die Politik der Herrschenden; für eine kämpferische Solidarität! Flugblatt der antikapitalistischen Hochschulgruppe organize:strike.

Heute sind zehntausende Menschen auf der Straße, um Solidarität zu zeigen. Solidarität mit uns und all jenen, die ebenso in unterschiedlicher Weise von rassistischer und sexistischer Hetze, von schlechter werdenden Arbeits- und Lebensbedingungen, von Armut, kurz: vom Rechtsruck betroffen sind.

Solidarität ist seit jeher ein wichtiges Motiv der Kämpfe der Ausgebeuteten und Unterdrückten. Denn die Herrschenden und die immer stärker werdende Rechte setzen auf die Losung „Teile und Herrsche“, um ihre Agenda durchzusetzen. Deshalb ist #unteilbar eine sehr fortschrittliche Parole: Gegen die uns aufgezwungene Spaltung nach ausgedachten und gefährlichen Kategorien in Einheimische und Migrant*innen, in Männer und Frauen, in Festangestellte und Leiharbeiter*innen, in Akademiker*innen und Nicht-Akademiker*innen, in Arbeitende und Arbeitslose, in Gesunde und Kranke bzw. Behinderte usw. setzen wir die Einheit im Kampf gegen Unterdrückung.

Diese notwendige Einheit ergibt sich für uns daraus, wer unsere Gegner*innen sind: Denn das sind nicht nur von rassistischem und sexistischem Hass erfüllte Nazis und ihre Helfer*innen, sondern auch die Regierung und das Kapital. Auch wenn AfD und Co. ihre rechte Hetze immer lauter verbreiten, hat die AfD selbst noch niemanden abgeschoben, selbst noch keine schärferen Gesetze gegen Migrant*innen oder schärfere Repression gegen Linke durchgesetzt. Das haben die Parteien in Bundes- und Landesregierungen getan. Und zwar nicht deshalb, weil sie sich gegen die anschwellenden Töne von rechts nicht „wehren“ können, sondern weil sie Interessen durchsetzen, die unseren – denen der Ausgebeuteten und Unterdrückten – entgegengesetzt sind.

Darum können wir nicht einfach Liebe gegen Hass setzen. Denn wir wollen keine Einheit mit den Interessen des Kapitals, welche von der Regierung vertreten wird. Es sind die Unternehmer*innen, die davon profitieren, dass Geflüchtete und Migrant*innen zu besonders billigen Arbeitskräften gemacht werden, unter der ständigen Bedrohung der rassistischen Gesetze; dass Frauen weniger verdienen als Männer; dass Menschen, die sich am Arbeitsplatz organisieren, immer mehr Angst vor Repression haben müssen.

Rechtsruck heißt Prekarisierung und Militarisierung

Die freiheitsfeindliche und menschenverachtende Gesetzgebung, die durch Hartz IV Millionen von Menschen in Armut gestürzt hat, die zu einer Explosion von Befristungen, Teilzeit-und Leiharbeit geführt hat, und die Krise seit 2007/8 sind der Nährboden für den heutigen Rechtsruck. Unter dem Leitsatz der „Schwarzen Null“ wurden Arbeits-und Sozialrechte beschnitten, indem ganz Europa öffentliche Dienstleistungen privatisiert hat und Millionen von Menschen in Altersarmut getrieben.

Gegen diejenigen, die sich dagegen zur Wehr setzten, kennen Staat und Kapital nur eins: Repression. In Bayern wurde erst kürzlich ein neues „Polizeiaufgabengesetz“ eingeführt, mit den erweiterten Befugnissen, gegen noch nicht Angeklagte durchzugreifen. In anderen Bundesländern sind ähnliche Gesetze schon geplant und auch Bundesebene wird das nicht lange auf sich warten lassen. Immer wieder gibt es neue Debatten zum Einsatz der Bundeswehr im Inneren und erst kürzlich hat die Polizeirepression im Hambacher Forst ein Todesopfer gefordert. Ein Einsatz, der einzig und allein den Profitinteressen des Energieriesen RWE durchsetzen sollte.

Und auch in den Betrieben direkt gibt es immer mehr Repression: Die Häufigkeit von gewerkschaftsfeindlichem „Union Busting“ steigt exponentiell, Tarifverträge werden verstärkt angegriffen und Organisierung erschwert.

Die Repression im Innern drückt sich auch in einer Militarisierung der Polizei aus. Zugleich wendet sich der deutsche Imperialismus zunehmend nach außen. Gegen den Unilateralismus von Donald Trump hat die Regierung bisher noch kein adäquates Mittel gefunden, doch die Richtung ist klar: hin zu einem „selbstbewussteren“, aggressiven deutschen Imperialismus, der einen Führungsanspruch in der Welt stellt.

Ein #unteilbar-Protest kann sich daher auch nicht nur gegen Rassismus und Sexismus im Inland richten: Der stärker werdende deutsche Imperialismus und seine geopolitische Rolle (zum Beispiel der „Marshallplan mit Afrika“) verstärkt weltweit Elend und Vertreibung, für den Profit des deutschen Exportkapitals und der Waffenindustrie. Die drei größten deutschen Unternehmen (Rheinmetall, Thyssen Krupp und Krauss-Maffei Wegmann) machten im Jahr 2016 sechs Milliarden Dollar Umsatz mit der Lieferung von Rüstungsgütern – unter anderem in Krisengebiete. Damit rangiert Deutschland auf dem weltweit dritten Platz als Waffenexporteur.

Die Genehmigungen für die Exporte an Drittländer, wie zum Beispiel an Saudi-Arabien, die am Krieg in Jemen beteiligt waren, beschließt der Bundessicherheitsrat. Ohne diese Zustimmung kann die Rüstungsindustrie nicht legal Waffen an menschenrechtsverletzende und kriegführende Staaten exportieren.
Deshalb müssen wir uns für den sofortigen Stopp aller Auslandseinsätze und aller Rüstungsexporte, den Austritt aus der NATO und anderen militärischen Allianzen einsetzen.

Was tun?

Es ist gut, dass heute Zehntausende auf der Straße sind, um sich gegen den Rechtsruck zu positionieren. Damit wir immer mehr werden und letztlich auch diejenigen überwinden, die hinter dem Rechtsruck stehen, kann es aber nicht bei einzelnen Großevents wie einer Demo bleiben.
Um gegen die Angriffe von Kapital und Regierung zu bestehen, brauchen wir eine Organisierung an der Basis der Betriebe, der Schulen, der Universitäten und in den Nachbarschaften – unabhängig von den Parteien der Herrschenden.

Wir müssen unsere demokratischen Rechte gegen den stärker werdenden Rassismus und Sexismus verteidigen – und diesen Kampf mit einem sozialen Programm gegen den Rechtsruck verbinden.

Wir stehen für offene Grenzen, gegen alle Abschiebungen und alle bevormundenden Sondergesetze für Menschen ohne deutschen Pass, für Gesundheits- und Sozialleistungen für alle Lebenskonzepte, für Wahlrecht aller in Deutschland lebenden Menschen, für das Recht auf Arbeit, für den unbeschränkten Zugang zu allen Bildungseinrichtungen von der Kita bis zur Universität, gegen jede Repression gegen Migrant*innen und soziale Kämpfer*innen und für die Freilassung von politischen Gefangenen.
Um dem Erreichen dieser Ziele näher zu kommen, müssen wir uns unsere ureigensten Organisationen zurückholen: die Gewerkschaften. Die Gewerkschaften sind in der Pflicht, dieses demokratische und soziale Programm aufzustellen und auf der Straße und in den Betrieben durchzusetzen – ohne die Gewerkschaft der Polizei (GdP) und mit den Methoden der Arbeiter*innen- und Frauenbewegungen: Streiks, Mobilisierungen und Besetzungen.

Nur wenn wir uns gemeinsam an den Orten zusammenschließen, wo wir leben, lernen und arbeiten – in den Betrieben, Schulen, Universitäten, Nachbarschaften –; nur wenn wir an der Basis der Gewerkschaften eine Politik der kämpferischen Solidarität und der Konfrontation mit den Boss*innen und der Regierung durchsetzen; nur wenn wir gegen die Politik von „Teile und Herrsche“ die #unteilbare Einheit der Ausgebeuteten und Unterdrückten schmieden – nur dann werden wir diesem Rechtsruck wirklich etwas entgegensetzen können.

Wofür kämpfen wir?

Als antikapitalistische Hochschulgruppe sind wir an den Berliner Universitäten aktiv. Wir wollen eine starke Studierendenbewegung aufbauen, die sich gemeinsam mit Arbeiter*innen und Unterdrückten einsetzt für:

  • eine Universität unter Kontrolle der Studierenden und Beschäftigten
  • gleichen Lohn für gleiche Arbeit
  • die bedürfnisorientierte Aufteilung aller Arbeit auf alle Schultern
  • die freie Entscheidung über Familienkonstellationen
  • die Selbstbestimmung darüber, Kinder (nicht) zu bekommen
  • die freie Wahl von Namen, Geschlechtseinträgen, Partner*innen

ein Ende von jenen Machtstrukturen, die jegliche diskriminierende und unterdrückende Gewalt bedingen
Wir setzen auf die Selbstorganisierung der Arbeiter*innen und Unterdrückten, unabhängig von Staat, Kapital oder Bürokratien. In der Verbindung unserer Kämpfe sehen wir eine Perspektive für den tatsächlichen Erfolg dieser Kämpfe.

Interesse mitzumachen?
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